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Trackliste
CD
1Melodie einer Nacht
2Komm doch zu mir
3Komm, leg deinen Arm um mich
4Du bist so weit von mir
5Morgen ist alles vorüber
6Bonjour L'amour
7Ich fand mein Glück
8Das ist meine Liebe
9Mein Weg nach Haus
10Noch Einen Tanz
11Schönes Mädchen
12Wenn Ich Bei Dir Sein Kann
13Ich frag' mich, was wird aus mir
14Bye, Biddy - Bye Bye, Jack
15Du machst dir Sorgen
16Von dir hat man gar nichts
17Drunten im Tale
18Die Wahrheit (Die Fahrt Ins Heu)
19Le Cité De Mon Coeur
20T'en Vas Pas
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Eine Aufforderung zum Beischlaf?

"Du Teufel, du, mach mich doch glücklich!" Als habe sie gerade Lotte Lenyas "Nimm doch die Pfeife aus dem Maul, du Hund" gehört, so schrie Esther Ofarim diese Zeilen in ihrem Lied "Von dir hat man gar nichts". Da runzelten deutsche Schlagerfreunde die Stirn. Es war 1965, man liebte die sanfte Weiblichkeit und samtene Stimmen wie die von Margot Eskens oder Heidi Brühl. Scheiternde Lieben wollte man mit dezentem Tränenflor gesungen hören. Aufbegehren - das waren die anderen, die Piaf, die Greco oder die sündige Peggy Lee, in deren Amerika die abtrünnige Valente nun gefälligst mit ihrem harten Jazzorgan bleiben sollte. Wie letztere hatte auch Esther Ofarim zunächst dem deutschen Gemüt und seinen Vorstellungen vom ewig und einzig zulässigen Weiblichen geschmeichelt: "Melodie einer Nacht" war 1963 ihr erster Hit gewesen, eine distinkte Bettelei, der Angebetete möge für immer bleiben. Daß die französische Ursprungsversion "T'en va pas" beim Londoner Grand Prix desselben Jahres eine ganz andere Ofarim, eine fordernde, verzweifelte, präsentiert hatte, war vergessen worden. Und daß 1962 ein mit ihrem Mann Abraham aufgenommenes Album internationaler Folksongs von der Kritik als geradezu genial gefeiert worden war, blieb unbeachtet. Esther Ofarim erreichte das große Publikum als sanfte Nofretete in Moll. Stimmlich war sie dem hiesigen Schlagerdurchschnitt haushoch überlegen, doch ihr anfänglich sehr introvertierter Gesangsstil, ihre warme, zu jener Zeit immer ein wenig abwesend und versonnen klingende Stimme machten sie zur Königin der ultrafemininen Klänge: "Morgen ist alles vorüber" hieß ihr zweiter Hit, in dem sie mit einem madonnigen "Laß dir noch einmal danken, danken für so viel Glück" die Meisterprüfung der heilen Welt bestand.

Bis 1966 führte die Sängerin in Deutschland eine Doppelexistenz, feilte in kleinen Studios am zweiten Folk-Album und in großen an Schlagern, sang Dylan in Universitätsaulen und Werner Scharfenberger im familienfreundlichen Abendprogramm des bundesdeutschen Fernsehens. Doch mitunter gab es Störungen. Ende 1963 kam "Komm, leg deinen Arm um mich" heraus, die Titelmelodie zu Will Trempers so ambitiösem wie fadem Film "Die endlose Nacht", in dem Esther Ofarim eine winzige Nebenrolle spielte. "Bei Tag, bei Nacht, und immerzu, komm, was ich mir wünsche, bist du": In solchen harmlosen Reimchen witterte mancher jenes Anstößige, das in den allmächtigen Wohnzimmern und Kaffeekränzchen des Wirtschaftswunderlandes entrüstet und prüde als "freie Liebe" umschrieben wurde. Nicht die Moral, aber die Hörgewohnheiten irritierte im selben Jahr noch "Du bist so weit von mir"; ein angejazzter Titel, dessen grellen Bläsersätzen die Stimme der Ofarim mit plötzlich schneidendem und federndem Sopran Paroli bot, als wollte sie daran erinnern, daß Frank Sinatra sie 1960, nach ihrem Auftritt in Otto Premingers "Exodus", als Sängerin für seine Fernsehshows hatte engagieren lassen.

Von Lied zu Lied nahmen Stil und Stimme Esther Ofarims aggressivere Züge an; Stahl statt Samt bot sie, ermutigt vom Produzenten Peter Thomas, der die Folk- und Jazzsängerin mit der Schlagerfrau verschmelzen wollte. Musikalisch gelang das, doch die Texte dieser Phase, gipfelnd im Stammeldeutsch von "Schönes Mädchen ist ach so traurig, schönes Mädchen hat Herz so schwer", unterliefen oft noch das Niveau der bundesdeutschen Gebrauchsdichtung. Endlich hatte das Schicksal ein Einsehen mit der Sängerin und den Deutschen: Die Verkaufszahlen der Folk-Alben erreichten Höhen, die in den Horizont der Produzentenblicke vorstießen, und die neue Generation Deutscher, der Vaters Schlager zu seicht, Woodstock zu schmuddelig und die Studentenbewegung zu militant war, fand in dem Duo Esther und Abi Ofarim ihr Ideal. Als dann noch die "Bee Gees" den beiden mit "Morning Of My Life" eine hinreißende Flower-Power-Ode komponierten, zog von Flensburg bis Pfaffenhofen ein Hauch San Francisco durch die zu Weltläufigkeit erwachende Republik.

Wer die grandiosen Lieder jener kurzen Weltstar-Ära im Ohr hat, wird die frühen Schlager, die nun auf der CD "Melodie einer Nacht" (bei Bear Family) versammelt sind, bestenfalls als Kuriosa registrieren. Obwohl: Legt man bei einem Lied wie "Komm doch zu mir" (1963), in dem die Stimme der Ofarim warm über dem sirrenden Ton einer Querflöte schwebt, nicht jedes - die vier Elemente als Liebeszeugen aufrufende - Wort auf die Goldwaage, dann ist das Hören Genuß. Und "Noch einen Tanz", eine herrlich zickig gesungene Alt-Wiener Farce über eine grüne Witwe, die ihren eben noch angebeteten Gigolo zum Teufel schickt, kaum daß sie eine erbende echte geworden ist, bietet reines Vergnügen. Zur lohnenden Anschaffung aber wird diese CD durch ihren "Bonus": Es ist das seit Jahrzehnten vergriffene "T'en vas pas". Wie Brels "Ne me quitte pas" krallt sich diese trostlose Klage ins Unterbewußtsein; ein Chanson über vergebliche Liebe, das ein jedes Leben und jeden Trend überdauert.

DIETER BARTETZKO

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