Musik in ihrer reinsten Form ist das Konzept der Platte "Memnon." Stimme und Piano. Nichts sonst. Im gleichen Moment, in dem Ruth Wilhelmine Meyer Helge Lien ihre Musik zu Gehör bringen, ist sie sofort und unverzögert fühlbar. Physisch spürbar. Die Klangvermessung von Figauren des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsens reicht von der Ausleuchtung der dunkelsten Ecken der Seele bis hinauf in die höchsten Höhen der Gedanken, die das menschliche Hirn in der Lage ist zu denken. Dabei zeichnet Helge Liens Piano die klaren Schwarz- Weiß-Konturen der musikalischen Psychogramme, während Ruth Wilhelmine Meyers Stimme diese Umrisse mit vollen Farben mächtig ausfüllt. Beide Künstler differenzieren ihren Klangkosmos so aus, dass die jeweilige Figur in größtmöglicher Klarheit erstrahlt. Und diese Ausformulierung ist spannend, wie ein Krimi. Dabei wachsen die Stücke noch, während man ihnen zuhört. Auf "Memnon" wird deutlicher denn je, welch' eine gewaltige Dimension Klang haben kann. Dabei sind die durch Klangporträts gezeichneten musikalischen Psychogramme weitaus präziser, als es Worte je vermöchten. Was mehr wäre Musik in der Lage zu leisten?