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  • 21079 Hamburg
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.2013

Der Sommer ist gerettet
Jedenfalls mit der Pop-Platte von Vampire Weekend

Trifft die vier Herren von Vampire Weekend eine Mitschuld daran, dass heute ein Großteil der Jugendlichen in deutschen Großstädten aussieht wie Segelyachtbesitzerkinder im Praktikum? Womöglich. "Preppie Look" beeilten sich meinungsmächtige Auskenner rasch den von der New Yorker Band spazierengeführten Kleidungsstil zu nennen. Aber Vampire Weekend leisteten mit ihrem famosen Debütalbum noch etwas viel Wichtigeres: Mit Songs wie "Cape Kod Kwassa Kwassa", "A-Punk" und "M79" durchpusteten sie die vermuffte Stube manch eines vorzeitig Musikverdrossenen und ließen eklektischen Independent-Pop wieder wie eine gute Idee klingen. Im Grunde klangen Vampire Weekend so, wie ihr Sänger Ezra Koenig heißt: In den Songs der Band trafen sich Paul Simon und die Schrammel-Götter The Feelies, Sixties-Chamber-Pop und arglose Afro-Anleihen auf einer New Yorker Studentenparty. Danach gab es plötzlich unzählige gut frisierte, modebewusste Schnöselbands. Manche waren gar besser als ihr Ruf, The Drums etwa. Das zweite Vampire-Weekend-Album hatte dann zwar ein schönes Cover, war aber ansonsten eine linde Enttäuschung. Nun ist die dritte Platte erschienen - und wieder scheint der Pop-Sommer gerettet.

Bei Vampire Weekend resultiert die Qualität der Musik nicht zuletzt auch aus ihrer Entstehungsgeschichte: Ezra Koenig und Multiinstrumentalist Rostam Batmanglij werkelten zunächst zu zweit in zwei Ostküsten-Studios an neuen Ideen. Im vergangenen Sommer reisten die beiden dann nach Los Angeles, um dort mit einem Produzenten weiter an den Ideen zu arbeiten. Erst danach holte man Bassist und Schlagzeuger hinzu, die ihre Parts analog einspielten.

Es ist sehr erfrischend zu hören, wie digitaler, verfremdeter Irrsinn und Overdub-Exzentrizitäten auf das warme Spiel der Rhythmusgruppe knallen. Groteske Gesangseffekte treffen auf Engelschöre, Marschtrommeln und tickende Uhren bilden den Rhythmus, Kirchenorgeln, Music-Box-Dancer-Klaviere und Dub-Step-Bässe stehen einander aufs Schönste im Weg. Das wäre allerdings alles nur halb so toll, wenn die Band nicht wieder Songs geschrieben hätte, die für einen ganzen Sommer reichen: "Step" etwa ist spinettdurchklimperter Kammer-Pop, wie ihn weiland The Left Banke produzierten, und hält Zeilen bereit wie "Wisdom's a gift but you'd trade it for youth". Das geht im darauffolgenden "Diane Young" gleich so weiter: "Nobody knows what the future holds / And it's bad enough just getting old", singt Koenig, und die Musik klingt wie wildgewordener Hochschul-R-&-B, zu dem Paul Simon, Prince, die Violent Femmes und die Flaming Lips gemeinsam über den Campus tollen.

Irgendwann verwandelt sich Ezra Koenig in einen schluckaufgeplagten Rock'n'Roll-Sänger auf digitalen Tabletten. Am Schluss steht die Miniatur "Young Lion": putziges Klaviergeklimper, ein bisschen hippieesker Harmoniegesang, dann seufzen die Engel. Ein wie hingeworfenes Ende für eine nahezu perfekte Pop-Platte.

Das lange Wochenende der Vampire geht also weiter: Alles, wovon man annahm, dass es ihnen das Genick brechen könnte - das Weißbrothafte, das Upperclass-mäßige, das Clevere -, ist hier endgültig zur Stärke geworden, zu einer Geheimformel für grandiosen Pop geradezu, in deren Besitz ausschließlich diese vier Bürschchen sind.

ERIC PFEIL

Vampire Weekend, Modern Vampires of the City

XL/Beggars Group 3318040 (Indigo)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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