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Produktdetails
Trackliste
LP 1
1Shape00:03:32
2The Boat Is Full00:02:59
3Beauty Above All00:03:07
4Walzer Für Niemand00:02:27
5Paris00:03:45
6Round And Round00:03:28
7Birth-Day00:03:19
8Sophie Hunger Blues00:05:17
9The Tourist00:04:14
LP 2
1Teenage Spirit00:03:46
2A Protest Song00:03:21
3Monday's Ghost00:04:51
4Rise & fall00:05:42
5Drainpipes00:03:36
6Muse00:03:52
7Tell The Moon00:03:45
8House Of Gods00:04:17
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2009

Der emotionale Mehrwert

Sie verstehe nicht viel von Musik, offenbarte Sophie Hunger unlängst: "Ich kann kaum Gitarre spielen. Gleiches gilt für mein Pianospiel, das Singen habe ich nie gelernt." Das mag kokett erscheinen angesichts der Tatsache, dass die fünfundzwanzigjährige Schweizer Sängerin in ihrer Heimat mit dem Album "Monday's Ghost" die Hitparade anführt und hofiert wird vom Feuilleton ebenso wie von Kollegen, etwa dem Jazztrompeter Erik Truffaz oder der Industrialband The Young Gods oder dem Rock-Chansonnier Stephan Eicher, der auf ihrem neuesten Album einen Gastauftritt hat ("Monday's Ghost" Two Gentle Men/EmArcy 5706153 im Vertrieb von Universal). Im Kern aber trifft Hungers Aussage zu: Gerade der Schuss Dilettantismus verleiht ihren Folksongs einen emotionalen Mehrwert, der allzu oft unter brillanter, doch im Handwerk verharrender Virtuosität verloren geht.

Wie kann man diese Musik also beschreiben? Man könnte von ihren Bestandteilen reden: Independentrock, atmosphärischer Jazz und balladesker Soul. Oder auf seelenverwandte Schamanen-Sängerinnen wie Feist oder Cat Power verweisen. Oder man könnte ganz nüchtern den Vortragsstil analysieren, der stark vom Wort und dessen Klangzauber geprägt ist. Hunger singt englisch, französisch, hochdeutsch und in Schweizer Mundart. Immer sind es Lautfolgen und sprachliche Rhythmen, in die sie alle Kraft legt. Sie verleibt sich die Sprache ein, kostet jede Silbe aus, haucht ihren Songs eine Zärtlichkeit und einen Zorn ein, der keinen unberührt lässt. Es sind weniger Geschichten, die sie vertont, eher Wort gewordene Stimmungen wie Melancholie oder die Einsamkeit zu zweit. Und manchmal züngelt es einfach aus ihr heraus.

Dazu setzt Sophie Hunger, die mit bürgerlichem Namen Emilie Welti heißt und eine Diplomatentochter ist, gewagte Akzente am Piano, ihre Band unterfüttert einen Swing, der oft so warm-verschroben daherkommt wie bei Paolo Conte und kaum noch an die Rockvergangenheit der Sängerin erinnert: Nein, jetzt dürfen Posaunen, Celli und Vibraphone ihre Klangfarben beisteuern, es kontrastieren verhaltene Bläsersätze mit Latin-Perkussion. Zum Großteil sind Musiker dabei, die schon bei Hungers Debütalbum "Sketches On Sea" mitwirkten. Sie veröffentlichte es im Selbstvertrieb und verkaufte nur ein paar tausend Stück. Vor allem mit ihren intensiven Live-Auftritten machte sie sich einen Namen.

Heute klingt alles ausgereifter, orchestraler. Ob der Erfolg mit einer großen Plattenfirma nicht zur Verseichtung des Repertoires führen könne? Da ist die erratische Persönlichkeit der Sängerin davor. Nein, sagt Hunger, sie höre bis auf sechs, sieben Bob-Dylan-, Jeff-Buckley-, Radiohead- und Nina-Simone-Alben kaum fremde Musik: "Das würde mich zu sehr von mir selbst ablenken." Möge diese selbsterklärte Dilettantin noch viele Songs in sich finden, um uns ein bisschen mit ihrem Wort-Schamanismus anzustecken.

JONATHAN FISCHER

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