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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2012

Die erste und die allererste Sängerin
Harald Schmidt nähert sich in der Alten Oper Mozarts "Schauspieldirektor"

Das OEuvre des Komponisten Henri-Joseph Rigel dürften selbst Fachleute nur sehr selten zu Gehör kriegen. Zu Lebzeiten aber war der aus Wertheim stammende Tonsetzer, der sich beizeiten in Paris niederließ, so berühmt, dass sogar Mozart auf seiner Reise in die französische Hauptstadt gegen ihn keine Chance hatte. Das Ensemble "Concerto Köln" vermittelte jetzt bei einem "Pro Arte"-Konzert in der Alten Oper Frankfurt einen Eindruck davon, wie Rigels Sinfonie Nr. 4 c-Moll op. 12 Nr. 4 klingt: Die unmittelbare Nähe zu Haydns mittlerer, oft als "Sturm und Drang" etikettierter Schaffensperiode ist nicht zu verkennen. Verblüffend allerdings der Beginn des Largo non troppo: Das Thema erinnert - hier nur im Dreiermetrum - sehr stark an jenes des langsamen Satzes aus Haydns Sinfonia D-Dur Hob. I:104, die allerdings erst zwei Jahrzehnte später entstand.

Die Musiker des Concerto Köln auf Originalinstrumenten spielten klangvoll und mit großem Engagement. Einen interessanten Vergleich bot Beethovens Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21: Nur 25 Jahre nach Rigels Werk entstanden, offenbart diese Musik nicht nur mehr Eigenwilligkeit, sondern lässt auch das Beben der Französischen Revolution spürbar werden, was die Kölner aber zum Glück nicht übermäßig strapazierten: Nicht martialisch, sondern differenziert und spielfreudig wirkte ihre Interpretation.

Auf Beethoven folgte die Pause und bis dahin war es ein klassisches Konzert. Danach stand mit einer Aufführung des Mozartschen "Schauspieldirektor" KV 486 ein traditionelles Schmerzenskind auf dem Programm: Das einst im Auftrag des Kaisers Joseph II. entstandene Stück wollte und sollte 1786 die Wiener Theatersituation aufs Korn nehmen. Die Originalversion war schon im 19. Jahrhundert ohne Veränderungen kaum mehr aufzuführen und taugt heute erst recht nicht für einen unterhaltsamen Abend: Mozarts "Schauspieldirektor" ist nicht wirklich ein Singspiel, sondern eher eine Komödie mit Musikeinlagen. Diese besteht lediglich aus einer Ouvertüre und vier Gesangsnummern. Für den Rest würde man Schauspieler benötigen, doch kennt die in dem Stück karikierten Theaterstücke längst niemand mehr. So entstand die Idee, diese Lücke mit dem manchen aus dem Fernsehen bekannten Entertainer und Kabarettisten Harald Schmidt zu füllen, der dann auch professionell und kenntnisreich über Eitelkeiten auf und hinter der Bühne, den Regietheaterwahnsinn des 21. Jahrhunderts und manch anderes herzog und dabei Pointen streute, welche die Allgemeinbildung einiger Besucher wohl schon arg herausforderten, wie die ausbleibenden Reaktionen vermuten ließen.

Mit schönen klaren Stimmen gestalteten die Sopranistinnen Julia Bauer (Madame Herz) und Yeree Suh (Mademoiselle Silberklang) sowie der lyrische Tenor Julian Prégardien (Monsieur Vogelsang) die Gesangseinlagen. Mozarts Streit-Terzett "Ich bin die erste Sängerin" berührt ein Thema, das offenbar so alt ist wie das Künstlertum. Donizetti hat es in seiner Oper "Le convenienze ed inconvenienze teatrali" scharf beleuchtet und auch in Tom Johnsons "Riemannoper" wird die Thematik angesprochen. Überholt wird solche Satire lediglich von der Realität - siehe Darmstadt anno 2012.

HARALD BUDWEG

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