Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 28. August 2015
- Hersteller: Act Music / Edel Music & Entertainment CD / DVD,
- EAN: 0614427959720
- Artikelnr.: 43222634
- Herstellerkennzeichnung
- Edel Music & Entertainment GmbH
- Neumühlen 17
- 22763 Hamburg
- www.edel.com
CD | |||
1 | Norwegian wood | 00:08:36 | |
2 | Working class hero | 00:07:27 | |
3 | Just like starting over | 00:10:01 | |
4 | Just because | 00:07:21 | |
5 | Woman | 00:11:44 | |
6 | Imagine | 00:07:22 | |
7 | Help | 00:07:22 | |
8 | Watching the wheels | 00:08:51 | |
9 | Oh my love | 00:05:38 | |
10 | In my life | 00:07:20 | |
11 | Happy xmas, war is over | 00:09:18 | |
12 | All you need is love | 00:07:23 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.11.2015Ein Finne hämmert Putin-Akkorde
Das heißt, den Rädern beim Drehen zusehen: Iiro Rantalas hellsichtige Piano-Hommage an John Lennon
John Lennons "Working Class Hero" wird gelegentlich als billige Arbeiter-Attitüde missverstanden, als Gratismut zum Proletariats-Pop geschmäht. Dabei liefert der Song eine poetische Abrechnung mit dem englischen Klassensystem und ist zugleich Lennons ironischer Selbstkommentar: Sarkasmus statt Narzissmus. Der finnische Pianist Iiro Rantala hat, zu Lennons fünfundsiebzigstem Geburtstag, auf dem Piano-Solo-Album "My Working Class Hero" seine Lesarten der unverwüstlichen, immer noch anrührenden Songs vorgelegt. Lennon-Gedenk-Alben gibt es viele, doch selten war eine Hommage subtiler angelegt.
Im Titelsong tastet sich Rantala auf abgedämpften Klaviersaiten behutsam in die Songstruktur hinein - zunächst perkussiv distanziert, dann immer fordernder und von analytischer Schärfe getrieben. Als Kind ist Rantala selbst in einer "working class family" aufgewachsen, die ein Fahrradgeschäft in Helsinki betrieb. Trotz erster Erfahrungen im berühmten Knabenchor "Cantores Minores", einer klassischen Piano-Ausbildung und späterem Studium an der Manhattan School of Music ist weder ein reiner Klassikpianist noch ein richtiger Jazzmusiker aus ihm geworden. So wie er immer wieder auf seine frühen Heroen Bach und Mozart zurückgreift, so selbstverständlich jammt er heute mit Pop- und Monster-Metal-Musikern.
"Das Schlüsselwort für mich heißt ,Aufrichtigkeit'. John Lennon glaubte an die Dinge, über die er sang. Sein Stern wird für immer hell leuchten." Nicht selten klingen Rantalas Arrangements wie ein "Re-Composing" der Originale: Verfremdungen mit dem Charme des Vertrauten. Er verwandelt die alten Ohrwurmmelodien in perlende Improvisationsketten, ohne den Glutkern der Gefühle, der jeden Song befeuert, zu verraten.
In "Woman" scheint er Lennons musikalischer Gender-Theorie nachzulauschen, sie auf den Prüfstand seiner eigenen Erfahrungen zu stellen, um sich dann darin einzurichten. "Just Like Starting Over" könnte in Rantalas Version von Schubert geschrieben worden sein. In "Norwegian Wood" taucht schemenhaft für Momente die "Peer-Gynt-Suite" von Edvard Grieg auf, während "All You Need Is Love" nicht wie im Beatles-Original mit den Klängen der Marseillaise, sondern mit "God Save The Queen" beginnt. "Watching The Wheels" - das freundliche Manifest, in dem Lennon 1980 mit dem Selbstbild des Macho-Rock-Stars abrechnet - hat ursprünglich einen kulturrevolutionären Kern. Es wendet sich gegen die maskulinen Rollenzuschreibungen der westlichen Zivilisation, wonach ein Mann angriffslustig, ehrgeizig, erfolgsorientiert und dominant zu sein hat. Lennon hatte sich aber vom täglichen rat race der Geschäftigkeit abgewandt und wollte den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Die Geläufigkeit, mit der Rantala die Tastenläufe dieses Schlüsselwerks in sanften Swing überführt, zielt treffsicher auf diese "subversive Gelassenheit".
Auf einem Steinway-D-Flügel entpuppt sich "Imagine" als jubelnde Himmelsode und zugleich als erdenschwere Meditation. Rantalas wagemutige Dekonstruktion von "Help", zunächst nervös suchend, mündet in einen robusten Piano-Rock, um ganz pastoral zu verwehen. "Bei mir beginnt ,Happy Xmas - War Is Over' dissonant, für mich sind das ,Putin-Akkorde'". Schließlich mutiert Lennons musikalische Protestnote gegen den Vietnam-Krieg von 1971 bei Rantala doch noch zu einem mitreißenden Gospel.
Der strohblonde Pianist, der so gar nicht zum düster-vergrübelten Künstler-Klischee skandinavischer Provenienz passen will, hat mit diesen zwölf Songs nicht nur Hymnen an einen Helden seiner Jugend vorgelegt - für sein Credo hat er auch das ideale Material gefunden: "Jazz braucht Melodien: Er braucht etwas, an das die Leute andocken können!"
PETER KEMPER
Iiro Rantala: My
Working Class Hero.
ACT Music 9597 (Edel)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das heißt, den Rädern beim Drehen zusehen: Iiro Rantalas hellsichtige Piano-Hommage an John Lennon
John Lennons "Working Class Hero" wird gelegentlich als billige Arbeiter-Attitüde missverstanden, als Gratismut zum Proletariats-Pop geschmäht. Dabei liefert der Song eine poetische Abrechnung mit dem englischen Klassensystem und ist zugleich Lennons ironischer Selbstkommentar: Sarkasmus statt Narzissmus. Der finnische Pianist Iiro Rantala hat, zu Lennons fünfundsiebzigstem Geburtstag, auf dem Piano-Solo-Album "My Working Class Hero" seine Lesarten der unverwüstlichen, immer noch anrührenden Songs vorgelegt. Lennon-Gedenk-Alben gibt es viele, doch selten war eine Hommage subtiler angelegt.
Im Titelsong tastet sich Rantala auf abgedämpften Klaviersaiten behutsam in die Songstruktur hinein - zunächst perkussiv distanziert, dann immer fordernder und von analytischer Schärfe getrieben. Als Kind ist Rantala selbst in einer "working class family" aufgewachsen, die ein Fahrradgeschäft in Helsinki betrieb. Trotz erster Erfahrungen im berühmten Knabenchor "Cantores Minores", einer klassischen Piano-Ausbildung und späterem Studium an der Manhattan School of Music ist weder ein reiner Klassikpianist noch ein richtiger Jazzmusiker aus ihm geworden. So wie er immer wieder auf seine frühen Heroen Bach und Mozart zurückgreift, so selbstverständlich jammt er heute mit Pop- und Monster-Metal-Musikern.
"Das Schlüsselwort für mich heißt ,Aufrichtigkeit'. John Lennon glaubte an die Dinge, über die er sang. Sein Stern wird für immer hell leuchten." Nicht selten klingen Rantalas Arrangements wie ein "Re-Composing" der Originale: Verfremdungen mit dem Charme des Vertrauten. Er verwandelt die alten Ohrwurmmelodien in perlende Improvisationsketten, ohne den Glutkern der Gefühle, der jeden Song befeuert, zu verraten.
In "Woman" scheint er Lennons musikalischer Gender-Theorie nachzulauschen, sie auf den Prüfstand seiner eigenen Erfahrungen zu stellen, um sich dann darin einzurichten. "Just Like Starting Over" könnte in Rantalas Version von Schubert geschrieben worden sein. In "Norwegian Wood" taucht schemenhaft für Momente die "Peer-Gynt-Suite" von Edvard Grieg auf, während "All You Need Is Love" nicht wie im Beatles-Original mit den Klängen der Marseillaise, sondern mit "God Save The Queen" beginnt. "Watching The Wheels" - das freundliche Manifest, in dem Lennon 1980 mit dem Selbstbild des Macho-Rock-Stars abrechnet - hat ursprünglich einen kulturrevolutionären Kern. Es wendet sich gegen die maskulinen Rollenzuschreibungen der westlichen Zivilisation, wonach ein Mann angriffslustig, ehrgeizig, erfolgsorientiert und dominant zu sein hat. Lennon hatte sich aber vom täglichen rat race der Geschäftigkeit abgewandt und wollte den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Die Geläufigkeit, mit der Rantala die Tastenläufe dieses Schlüsselwerks in sanften Swing überführt, zielt treffsicher auf diese "subversive Gelassenheit".
Auf einem Steinway-D-Flügel entpuppt sich "Imagine" als jubelnde Himmelsode und zugleich als erdenschwere Meditation. Rantalas wagemutige Dekonstruktion von "Help", zunächst nervös suchend, mündet in einen robusten Piano-Rock, um ganz pastoral zu verwehen. "Bei mir beginnt ,Happy Xmas - War Is Over' dissonant, für mich sind das ,Putin-Akkorde'". Schließlich mutiert Lennons musikalische Protestnote gegen den Vietnam-Krieg von 1971 bei Rantala doch noch zu einem mitreißenden Gospel.
Der strohblonde Pianist, der so gar nicht zum düster-vergrübelten Künstler-Klischee skandinavischer Provenienz passen will, hat mit diesen zwölf Songs nicht nur Hymnen an einen Helden seiner Jugend vorgelegt - für sein Credo hat er auch das ideale Material gefunden: "Jazz braucht Melodien: Er braucht etwas, an das die Leute andocken können!"
PETER KEMPER
Iiro Rantala: My
Working Class Hero.
ACT Music 9597 (Edel)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main