Produktdetails
- Anzahl: 3 Audio CDs
- Erscheinungstermin: 26. Oktober 2009
- Hersteller: Naxos Deutschland GmbH / Naxos Opera,
- EAN: 0730099902274
- Artikelnr.: 27359184
CD 1 | |||
1 | Nixon in China: Act I Scene 1: Beginning | ||
2 | Nixon in China: Act I Scene 1: Soldiers of heaven hold the sky (Chorus) | ||
3 | Nixon in China: Act I Scene 1: The people are the heroes now (Chorus) | ||
4 | Nixon in China: Act I Scene 1: Landing of the Spirit of '76 | ||
5 | Nixon in China: Act I Scene 1: Your flight was smooth, I hope? (Chou, Nixon) | ||
6 | Nixon in China: Act I Scene 1: News has a kind of mystery (Nixon, Chou, Kissinger, Chorus) | ||
7 | Nixon in China: Act I Scene 2: Beginning - I can't talk very well. My throat# (Mao, Nixon, Chou, Kissinger, 3 Secretarie | ||
8 | Nixon in China: Act I Scene 2: You know we'll meet with your confrere, the Democratic candidate (Mao, Nixon, Kissinger) | ||
9 | Nixon in China: Act I Scene 2: You've said that there's a certain well-known tree (Chou, Nixon, Mao, Kissinger, 3 Secret | ||
10 | Nixon in China: Act I Scene 2: Founders come first, then profiteers (Mao, 3 Secretaries, Nixon, Chou, Kissinger) | ||
11 | Nixon in China: Act I Scene 2: We no longer need Confucius (Mao, 3 Secretaries) | ||
12 | Nixon in China: Act I Scene 2: Like the Ming Tombs (Nixon, 3 Secretaries, Mao, Chou) | ||
13 | Nixon in China: Act I Scene 3: Beginning - The night is young (Nixon, Pat, Chou, Kissinger, Chorus) | ||
14 | Nixon in China: Act I Scene 3: Ladies and Gentlemen, Comrades and Friends (Chou, Chorus, Pat, Kissinger) | ||
15 | Nixon in China: Act I Scene 3: Mr. Premier, distinguished guests (Nixon, Chorus) | ||
16 | Nixon in China: Act I Scene 3: Cheers! (Chorus, Nixon, Chou, Pat, Kissinger) | ||
CD 2 | |||
1 | Nixon in China: Act II Scene 1: Beginning - I don't daydream and don't look back (Pat) | ||
2 | Nixon in China: Act II Scene 1: Look down at the earth (Chorus, Pat, 3 Secretaries) | ||
3 | Nixon in China: Act II Scene 1: This is prophetic! (Pat) | ||
4 | Nixon in China: Act II Scene 1: At last the weather's warming up (Pat, Chorus) | ||
5 | Nixon in China: Act II Scene 2: Beginning - Young as we are (3 Secretaries) | ||
6 | Nixon in China: Act II Scene 2: O what a day I thought I'd die! (Kissinger as Lao Szu, Chorus as Ching-hua, 3 Secretarie | ||
7 | Nixon in China: Act II Scene 2: Whip her to death! (Kissinger as Lao Szu, Pat, Nixon) | ||
8 | Nixon in China: Act II Scene 2: Tropical Storm: There there, there there (Pat) | ||
9 | Nixon in China: Act II Scene 2: Flesh Rebels (Chorus as Militia) | ||
10 | Nixon in China: Act II Scene 2: I have my brief (Kissinger as Lao Szu, Nixon) | ||
11 | Nixon in China: Act II Scene 2: It seems so strange (Chorus as Ching-hua, Chiang Ch'ing, Pat, Nixon, 3 Secretaries) | ||
12 | Nixon in China: Act II Scene 2: I am the wife of Mao Tse-tung (Chiang Ch'ing, Chorus) | ||
CD 3 | |||
1 | Nixon in China: Act III: Beginning | ||
2 | Nixon in China: Act III: Some men you cannot satisfy (Kissinger, Nixon, Pat, Chou, Chiang Ch'ing) | ||
3 | Nixon in China: Act III: I am no one (Mao, Chou, Kissinger, Chiang Ch'ing, Pat) | ||
4 | Nixon in China: Act III: The Maos Dance (Chiang Ch'ing, Mao, Pat, Nixon, Chou) | ||
5 | Nixon in China: Act III: Sitting around the radio (Nixon, Pat) | ||
6 | Nixon in China: Act III: Let us examine what you did (Mao, Chiang Ch'ing, Chou) | ||
7 | Nixon in China: Act III: When I woke up I dimly realized the Jap Bombers had given us a miss (Nixon, Pat) | ||
8 | Nixon in China: Act III: I have no offspring (Chou, Mao, Chiang Ch'ing) | ||
9 | Nixon in China: Act III: I can keep still (Chiang Ch'ing) | ||
10 | Nixon in China: Act III: After that the sweat had soaked my uniform (Nixon, Pat, Chiang Ch'ing, Mao, Chou) | ||
11 | Nixon in China: Act III: Peking watches the stars (Chiang Ch'ing, Mao) | ||
12 | Nixon in China: Act III: You won at poker (Pat, Nixon, Chiang Ch'ing, Mao) | ||
13 | Nixon in China: Act III: I am old and I cannot sleep (Chou) |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2011Knallroter Mantel vor tarngrünen Anzügen
Nach einem Vierteljahrhundert endlich an der Met: Peter Sellars inszeniert "Nixon in China" von John Adams
NEW YORK, 7. Februar
Henry Kissinger gab es nur auf der Bühne zu sehen und zu hören. Bei der ersten, allerdings längst fälligen Aufführung von John Adams' "Nixon in China" an der Metropolitan Opera war der ehemalige amerikanische Außenminister im Zuschauerraum nirgendwo zu entdecken. Wie nicht anders zu erwarten. Denn im Gegensatz zu Richard Nixon und seiner Frau Pat, zu Mao, seiner Frau Jiang Qing und seinem Premierminister Tschou-En-lai gehen diesem Opern-Kissinger, obwohl als Buffobass vorgesehen, alle sympathischen Züge ab. Dafür hat das Original jetzt gegenüber den damaligen Protagonisten den Vorzug, noch am Leben zu sein.
Zusammentrommeln konnte die Met aber viele andere Teilnehmer des Staatsbesuchs, der Nixon 1972 nach Peking führte und eine Neuordnung der Welt einleitete. Journalisten und Diplomaten, die dabei waren, gaben zwischen den Akten schon bei der Generalprobe freundlich Auskunft über ihre Eindrücke - die von damals und von heute. Max Frankel, der für die "New York Times" mitgereist war, fand die Bühnenversion höchst effektiv, vermochte aber in den Dialogen nicht viel Authentisches erkennen. Winston Lord, der in Kissingers Tross eine führende Rolle spielte, meinte hingegen, in der Metaphorik, mit der Mao von der Librettistin Alice Goodman ausgestattet wurde, viel Vertrautes wiederzuvernehmen. Und den Geist der Zeit, wie er über dem Besuch schwebte, wollte er nun auch in der Yorker Musiktheatergegenwart spüren.
Was die Augenzeugen da im Pausengespräch zu sagen hatten, ist im Grunde völlig egal. "Nixon in China", ein Schlüsselwerk des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, uraufgeführt 1987 in Houston und seitdem immer wieder nachgespielt, ist heute ein historisches Stück. Einem jungen Publikum, wie es in der Met zahlreich erschienen war, sind Nixon und Mao nicht mehr von den Fernsehnachrichten her, sondern bestenfalls aus den Geschichtsbüchern bekannt. Um neu zu schocken, müsste ein Operntitel jetzt vielleicht lauten: "Obama bei Bin Ladin". Historisch ist der Abend aber auch in seiner weitgehend unveränderten Aufführungsform. Der Regisseur Peter Sellars, der Choreograph Mark Morris, die Bühnenbildnerin Adrianne Lobel, die Kostümdesignerin Dunya Ramicova, der Lichtkünstler James F. Ingalls, sie alle waren schon bei der Uraufführung dabei, und in den Grundzügen lassen sie ihre Arbeit unangetastet. So kann die Met eine inzwischen legendäre, ikonische Aufführung, die hier eigentlich vor einem Vierteljahrhundert hätte stattfinden müssen, zumindest nachträglich noch für sich verbuchen.
Sicher hätte viel dafür gesprochen, mit einem neuen Team eine völlig neue Sicht auf die ehemalige Opernsensation zu wagen. Aber da sich auch unser Blick auf Werk und Welt verändert hat, fehlt es der Aufführung nicht an Spannung und Witz. Der Frisson, eine fast noch aktuelle Episode der Weltpolitik auf der Opernbühne zu entdecken, ist freilich dahin. Für "Nixon in China" ist das ein Segen. Jetzt erst, in größerer Entfernung von ihrer nachrichtlichen Quelle, können wir die Oper, die Amerikaner gern als Prototyp einer gegenwartshörigen, aktualitätssüchtigen "CNN Opera" missverstehen, im Reichtum und in der Vielschichtigkeit ihrer Partitur und ihres Librettos wahrnehmen. Goodmans Libretto darf endlich seine Zeitbezogenheit abstreifen und dabei bis ins Mythische vordringen. In einem poetischen Mix aus reimenden Versen, flapsigen Sprüchen und skurrilem Geraune enthüllen sich hinter dem Image der prominenten Figuren Abgründe der Zerrissenheit und Verderbnis, aber immer auch überraschende Wesenszüge der Milde und des Mitgefühls. Statt den stereotypen Idolen und Witzfiguren aus den Nachrichtensendungen hat die Bühne auf einmal Menschen zu bieten.
Das Zeitstück erweist sich als ebenso zeitlos in der musikalischen Gestaltung. Adams hat als Partitur ein musikalisches Puzzle vorgelegt, und als Dirigent setzt er es überzeugend zusammen, auch wenn sich dabei das Orchester über einige ungewohnte Stellen zu mogeln hat. Wie in Goodmans subtiler, enigmatischer Charakterisierungskunst schillern hier endlose Facetten, die sich aus dem minimalistischen Ansatz einer hypnotisch pulsierenden, repetitiven Überwältigungsmusik entwickeln. Parodistische und erhabene Momente, Zeremonienpomp und psychologische Durchdringung, Big-Band-Reminiszenzen und unverhohlene Wagner-Anleihen, kesse Saxophonpassagen und delikate Bläsertupfer, rhythmische Akzentverschiebungen und Kantilenenluxus verdichten sich zu einer Collage, die mit ihren Verweisen auf die abendländische Operntradition, auf Balletteinlagen, Bravourarien und Rollentypen gleichwohl wie aus einem Guss erscheint. Zumal Pat Nixons Part, von Janis Kelly einfühlsam durchlebt, ist ein Wunder der Widersprüche. Niemand wird mehr herablassend grinsen, wenn die Frau mit der blonden Gipsfrisur und dem knallroten Mantel versucht, Frust und Stress unter eine stählerne Zuversicht zu zwingen.
Mao wird zum fragilen, dennoch sexhungrigen, vom nahen Tod gezeichneten Zweifler. Seine Frau, das ideologisch verbohrte Unterhaltungsbiet, zur verletzlichen Leidensfigur. Sein Premierminister Tschou-En-lai zum Philosophen, der auch im Schlusswort nicht seine Ratlosigkeit überwindet. Allein Kissinger muss sich mit seiner Karikatur begnügen. Adams, Goodman und Sellars kennen ihm gegenüber kein Pardon. Ansonsten verbergen sie nicht ihre gespaltene Zuneigung zu den fünf Hauptdarstellern, die von der Welt- auf die Opernbühne übergewechselt sind. Sellars scheut sich auch nicht, Korrekturen an seiner Originalregie anzubringen, bis hin zur anachronistischen Andeutung des blutigen Aufruhrs auf dem Tiananmen-Platz. Nie aber entgleist "Nixon in China" zum banalen politischen Kommentar der sino-amerikanischen Beziehungen von einst oder heute oder morgen. Dass Staats- und Parteichef Hu Jintao gerade in Washington vorbeischaute, ist allenfalls ein hübscher Zufall.
Die Aufführung an der Met, spät, wie sie kommt, nährt dagegen die Hoffnung, dass auch ein Publikum, das einmal keine Ahnung mehr von Nixon und Mao hat, sich noch von der in Musik gesetzten Ergründung menschlicher Rätselhaftigkeit fesseln lässt. Adams' erste Oper ist sein Hauptwerk für die Bühne geblieben. Die Met war verpflichtet, "Nixon in China" in ihr Repertoire aufzunehmen. Es ist ihr eindrucksvoll gelungen, mit den alten Künstlerkämpen und einem ausdrucksstarken Ensemble, das, abgesehen von James Maddalenas patentiertem Nixon, neu zusammengestellt war. Jetzt wäre es wohl an der Zeit, einen Ausflug nach China zu planen und die Produktion dort auszuprobieren. "Nixon in China" in China, das wäre die Sensation. Und gäbe wieder Auskunft über den aktuellen Stand der politischen Dinge.
JORDAN MEJIAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nach einem Vierteljahrhundert endlich an der Met: Peter Sellars inszeniert "Nixon in China" von John Adams
NEW YORK, 7. Februar
Henry Kissinger gab es nur auf der Bühne zu sehen und zu hören. Bei der ersten, allerdings längst fälligen Aufführung von John Adams' "Nixon in China" an der Metropolitan Opera war der ehemalige amerikanische Außenminister im Zuschauerraum nirgendwo zu entdecken. Wie nicht anders zu erwarten. Denn im Gegensatz zu Richard Nixon und seiner Frau Pat, zu Mao, seiner Frau Jiang Qing und seinem Premierminister Tschou-En-lai gehen diesem Opern-Kissinger, obwohl als Buffobass vorgesehen, alle sympathischen Züge ab. Dafür hat das Original jetzt gegenüber den damaligen Protagonisten den Vorzug, noch am Leben zu sein.
Zusammentrommeln konnte die Met aber viele andere Teilnehmer des Staatsbesuchs, der Nixon 1972 nach Peking führte und eine Neuordnung der Welt einleitete. Journalisten und Diplomaten, die dabei waren, gaben zwischen den Akten schon bei der Generalprobe freundlich Auskunft über ihre Eindrücke - die von damals und von heute. Max Frankel, der für die "New York Times" mitgereist war, fand die Bühnenversion höchst effektiv, vermochte aber in den Dialogen nicht viel Authentisches erkennen. Winston Lord, der in Kissingers Tross eine führende Rolle spielte, meinte hingegen, in der Metaphorik, mit der Mao von der Librettistin Alice Goodman ausgestattet wurde, viel Vertrautes wiederzuvernehmen. Und den Geist der Zeit, wie er über dem Besuch schwebte, wollte er nun auch in der Yorker Musiktheatergegenwart spüren.
Was die Augenzeugen da im Pausengespräch zu sagen hatten, ist im Grunde völlig egal. "Nixon in China", ein Schlüsselwerk des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, uraufgeführt 1987 in Houston und seitdem immer wieder nachgespielt, ist heute ein historisches Stück. Einem jungen Publikum, wie es in der Met zahlreich erschienen war, sind Nixon und Mao nicht mehr von den Fernsehnachrichten her, sondern bestenfalls aus den Geschichtsbüchern bekannt. Um neu zu schocken, müsste ein Operntitel jetzt vielleicht lauten: "Obama bei Bin Ladin". Historisch ist der Abend aber auch in seiner weitgehend unveränderten Aufführungsform. Der Regisseur Peter Sellars, der Choreograph Mark Morris, die Bühnenbildnerin Adrianne Lobel, die Kostümdesignerin Dunya Ramicova, der Lichtkünstler James F. Ingalls, sie alle waren schon bei der Uraufführung dabei, und in den Grundzügen lassen sie ihre Arbeit unangetastet. So kann die Met eine inzwischen legendäre, ikonische Aufführung, die hier eigentlich vor einem Vierteljahrhundert hätte stattfinden müssen, zumindest nachträglich noch für sich verbuchen.
Sicher hätte viel dafür gesprochen, mit einem neuen Team eine völlig neue Sicht auf die ehemalige Opernsensation zu wagen. Aber da sich auch unser Blick auf Werk und Welt verändert hat, fehlt es der Aufführung nicht an Spannung und Witz. Der Frisson, eine fast noch aktuelle Episode der Weltpolitik auf der Opernbühne zu entdecken, ist freilich dahin. Für "Nixon in China" ist das ein Segen. Jetzt erst, in größerer Entfernung von ihrer nachrichtlichen Quelle, können wir die Oper, die Amerikaner gern als Prototyp einer gegenwartshörigen, aktualitätssüchtigen "CNN Opera" missverstehen, im Reichtum und in der Vielschichtigkeit ihrer Partitur und ihres Librettos wahrnehmen. Goodmans Libretto darf endlich seine Zeitbezogenheit abstreifen und dabei bis ins Mythische vordringen. In einem poetischen Mix aus reimenden Versen, flapsigen Sprüchen und skurrilem Geraune enthüllen sich hinter dem Image der prominenten Figuren Abgründe der Zerrissenheit und Verderbnis, aber immer auch überraschende Wesenszüge der Milde und des Mitgefühls. Statt den stereotypen Idolen und Witzfiguren aus den Nachrichtensendungen hat die Bühne auf einmal Menschen zu bieten.
Das Zeitstück erweist sich als ebenso zeitlos in der musikalischen Gestaltung. Adams hat als Partitur ein musikalisches Puzzle vorgelegt, und als Dirigent setzt er es überzeugend zusammen, auch wenn sich dabei das Orchester über einige ungewohnte Stellen zu mogeln hat. Wie in Goodmans subtiler, enigmatischer Charakterisierungskunst schillern hier endlose Facetten, die sich aus dem minimalistischen Ansatz einer hypnotisch pulsierenden, repetitiven Überwältigungsmusik entwickeln. Parodistische und erhabene Momente, Zeremonienpomp und psychologische Durchdringung, Big-Band-Reminiszenzen und unverhohlene Wagner-Anleihen, kesse Saxophonpassagen und delikate Bläsertupfer, rhythmische Akzentverschiebungen und Kantilenenluxus verdichten sich zu einer Collage, die mit ihren Verweisen auf die abendländische Operntradition, auf Balletteinlagen, Bravourarien und Rollentypen gleichwohl wie aus einem Guss erscheint. Zumal Pat Nixons Part, von Janis Kelly einfühlsam durchlebt, ist ein Wunder der Widersprüche. Niemand wird mehr herablassend grinsen, wenn die Frau mit der blonden Gipsfrisur und dem knallroten Mantel versucht, Frust und Stress unter eine stählerne Zuversicht zu zwingen.
Mao wird zum fragilen, dennoch sexhungrigen, vom nahen Tod gezeichneten Zweifler. Seine Frau, das ideologisch verbohrte Unterhaltungsbiet, zur verletzlichen Leidensfigur. Sein Premierminister Tschou-En-lai zum Philosophen, der auch im Schlusswort nicht seine Ratlosigkeit überwindet. Allein Kissinger muss sich mit seiner Karikatur begnügen. Adams, Goodman und Sellars kennen ihm gegenüber kein Pardon. Ansonsten verbergen sie nicht ihre gespaltene Zuneigung zu den fünf Hauptdarstellern, die von der Welt- auf die Opernbühne übergewechselt sind. Sellars scheut sich auch nicht, Korrekturen an seiner Originalregie anzubringen, bis hin zur anachronistischen Andeutung des blutigen Aufruhrs auf dem Tiananmen-Platz. Nie aber entgleist "Nixon in China" zum banalen politischen Kommentar der sino-amerikanischen Beziehungen von einst oder heute oder morgen. Dass Staats- und Parteichef Hu Jintao gerade in Washington vorbeischaute, ist allenfalls ein hübscher Zufall.
Die Aufführung an der Met, spät, wie sie kommt, nährt dagegen die Hoffnung, dass auch ein Publikum, das einmal keine Ahnung mehr von Nixon und Mao hat, sich noch von der in Musik gesetzten Ergründung menschlicher Rätselhaftigkeit fesseln lässt. Adams' erste Oper ist sein Hauptwerk für die Bühne geblieben. Die Met war verpflichtet, "Nixon in China" in ihr Repertoire aufzunehmen. Es ist ihr eindrucksvoll gelungen, mit den alten Künstlerkämpen und einem ausdrucksstarken Ensemble, das, abgesehen von James Maddalenas patentiertem Nixon, neu zusammengestellt war. Jetzt wäre es wohl an der Zeit, einen Ausflug nach China zu planen und die Produktion dort auszuprobieren. "Nixon in China" in China, das wäre die Sensation. Und gäbe wieder Auskunft über den aktuellen Stand der politischen Dinge.
JORDAN MEJIAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main