Mark Knopfler, ist einer der erfolgreichsten Musiker, die Großbritanien je hervorgebracht hat, und wird oft, seit seinem großen Durchbruch mit den DIRE STRAITS, als einer der größten Gitarristen aller Zeiten bezeichnet. Mark Knopfler veröffentlicht nun sein zehntes Solo-Studioalbum auf seinem eigenen britischen Grove-Label / Universal Music.
Das Album trägt den Titel “One Deep River“ und enthält 12 neue, unverkennbare Knopfler-Songs. Seine warme, sonore Stimme, seine poetischen Texte und sein unverkennbares Gitarrenspiel sind so präsent wie nie.
Die neuen Songs schöpfen aus einem Leben voller genreübergreifender Zutaten und Einflüsse aus Blues, Folk, Rock und darüber hinaus.
Das Album ist erhältlich als 2CD Deluxe im Digipack, 1CD im Digipack und als schwarze 2LP.
Das Album trägt den Titel “One Deep River“ und enthält 12 neue, unverkennbare Knopfler-Songs. Seine warme, sonore Stimme, seine poetischen Texte und sein unverkennbares Gitarrenspiel sind so präsent wie nie.
Die neuen Songs schöpfen aus einem Leben voller genreübergreifender Zutaten und Einflüsse aus Blues, Folk, Rock und darüber hinaus.
Das Album ist erhältlich als 2CD Deluxe im Digipack, 1CD im Digipack und als schwarze 2LP.
CD | |||
1 | Two Pairs Of Hands | 00:04:06 | |
2 | Ahead Of The Game | 00:03:56 | |
3 | Smart Money | 00:04:27 | |
4 | Scavengers Yard | 00:04:34 | |
5 | Black Tie Jobs | 00:02:57 | |
6 | Tunnel 13 | 00:05:28 | |
7 | Janine | 00:04:43 | |
8 | Watch Me Gone | 00:05:02 | |
9 | Sweeter Than The Rain | 00:04:17 | |
10 | Before My Train Comes | 00:04:05 | |
11 | This One's Not Going To End Well | 00:04:00 | |
12 | One Deep River | 00:04:20 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.04.2024Ein langer, ruhiger Fluss
Mark Knopflers Album "One Deep River" ist ein Alterswerk, das aus tiefer Quelle schöpft, Stärkung in der Routine findet - und sich am Ende zum Gospel emporschwingt.
Sieht hübsch aus, die Tyne Bridge in Newcastle auf dem Plattencover in der vielfarbigen Dämmerung (Ist es Abend? Ein neuer Morgen?) und erst recht im Musikvideo zu Mark Knopflers neuem Song "Watch Me Gone". Ein Doppeldeckerbus und einige Autos fahren drüber, ein paar Vögel fliegen oben durchs Bild, und auch die Wolken scheinen langsam weiterzuziehen. Dann fällt der Blick auf die Beschreibung des Videos: "Animated Visualizer". Auch hier schon wieder digitale Künstlichkeit: Hatten sie nicht genug Geld, einfach den Verkehr auf der Brücke in echt zu filmen? Wären die Vögel vielleicht nicht passend geflogen, wäre der Bus nicht gekommen? Und wenn schon Künstlichkeit, warum nicht etwas gewitztere?
Dann der Gedanke, vielleicht auch nicht ganz originell: Jede Studioproduktion von Musik ist ja ein solcher Schwindel, heute meistens ebenfalls ein digitaler, auch wenn manche noch aufs Tonband schwören, "unplugged" draufschreiben oder behaupten, im Studio "no overdubs" vorgenommen zu haben. Die allermeiste Popmusik, die heute erscheint, hat sich längst vom klanglichen Authentizitätstheater verabschiedet, ist seit der Ära von Drumcomputer, Autotune und Stimmenimitation längst auf dem Weg zur Halb-, wenn nicht gar Vollautomatisierung.
Was hat das nun noch mit Mark Knopfler zu tun? Wer böse wollte, könnte sagen: Auch sein Solowerk, das er 1995 nach Auflösung der Dire Straits begonnen hat, weist inzwischen etwas Automatenhaftes auf. Von Selbstwiederholung sind viele Musiker bedroht, viele auch schon sehr viel früher als der inzwischen 74 Jahre alte Gitarrist und Sänger. Aber warum ist sein neues Album "One Deep River" dann trotzdem so gut geworden? Vielleicht weil es die Wiederholung und das Automatenhafte auf die Spitze treibt - aber zugleich eben doch gerade noch handgemacht genug wirkt, ja an einigen Stellen sogar den "magic touch" zu haben scheint.
Das wird am deutlichsten in dem neuen Song "Two Pairs of Hands" - in seinem Titel und Text sogar auf programmatische Weise. Die auch im Deutschen geläufige Redewendung besagt bekanntlich, dass jemand nur zwei Hände habe. Wenn Knopfler sie verdoppelt und von zwei Paar Händen singt, spielt er darauf an, etwas mit jemandem gemeinsam zu erschaffen und zu bewältigen (und hat selbst schon erklärt, dass er damit die Situation auf der Bühne, in seiner Band meine). Der Text handelt davon, in dieser Situation die Bälle beim Jonglieren in der Luft zu halten: "But they'll all be in the air / When I'm up here on the band / What it is, I'm juggling here / I've only got two pairs of hands".
Die Bescheidenheitsgeste wirkt ironisch, bedenkt man, dass Knopfler schon für die Fingerfertigkeit seiner eigenen Hände allein an der Gitarre auf der ganzen Welt seit Jahrzehnten bewundert wird. Das Sologitarrenspiel, mit dem er einige Dire-Straits-Songs zu Evergreens formte, hat er in seiner Solokarriere deutlich reduziert - und musste es zuletzt wohl auch aus gesundheitlichen Gründen. Umso mehr beschwört er die Einheit mit einer vielköpfigen Band, der neben dem Produzenten Guy Fletcher nun auch der erfahrene Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz angehört.
Die gemeinsam Jonglierenden erzeugen einen Sound, der deutlich an den minimalistischen Bluesrock von J. J. Cale erinnert. "Two Pairs of Hands" könnte man nahtlos auf eines von dessen Signaturstücken wie "Cajun Moon" folgen lassen und kaum einen Klangunterschied bemerken. Aber Knopfler braucht nur ein kleines aus der einlullenden Tonspur herausragendes Gitarrenmotiv, um es doch unverkennbar zu seinem Stück zu machen. Das eben ist der Witz: Knopflers Spieltechnik in ihrer Mischung aus Bending und Vibrato erkennt man nach wenigen Tönen.
Von solchen kleinen, aber unverkennbaren Knopfler-Gimmicks leben noch weitere Songs auf dem Album, etwa "Before My Train Comes" oder auch die Single "Ahead of the Game", eine Hommage an die fleißigen Arbeiter in der Countrymühle von Nashville, an die sich Knopfler selbst schon mit den Dire Straits, dann seiner Kollaboration mit dem Vorbild Chet Atkins und schließlich mit seinen Solowerken immer weiter angenähert hat.
Im Lied zieht er den Hut vor allen Musikern, die wie alte Zirkusgäule immer weitermachen: "We're worn out and weary, all of us / But we know why we came / Banged up and battered like this old bus / Staying just ahead of the game". Klingt der Text auch müde, rollt der alte Bus musikalisch so gut gefedert dahin, dass es sehr beruhigend und wieder leicht belustigend wirkt.
Dass es sich bei dem Album um ein programmatisches Spätwerk handelt, wird besonders gegen Ende deutlich. Erst geht Knopfler mit der Ballade "Watch Me Gone" zurück zu den Wurzeln als Teenager, der unbedingt ein erfolgreicher Musiker werden will, während dieses Ziel noch fast unerreichbar scheint, dann folgen unheimliche Andeutungen in "This One's Not Going to End Well" und schließlich die Titelballade "One Deep River", die ihrerseits einen Bogen zu Knopflers Kindheit in Newcastle schlägt, aber vor allem im Metaphorischen zu Hause ist: nämlich im Reich des Gospels, mit mächtig erhebender Wirkung.
Nimmt man nun noch hinzu, dass Knopfler jüngst viele seiner Gitarren in einer Auktion bei Christie's zur Versteigerung gebracht hat, könnten einen die versammelten Zeichen sehr melancholisch stimmen. Aber zum Glück hat er eingestanden, dass er paradoxerweise auch weiterhin stets auf der Suche nach neuen Gitarren sei. Hoffentlich nicht nur als Sammler. JAN WIELE
Mark Knopfler:
"One Deep River".
EMI 602445525539
(Universal). Erscheint am 12. April.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mark Knopflers Album "One Deep River" ist ein Alterswerk, das aus tiefer Quelle schöpft, Stärkung in der Routine findet - und sich am Ende zum Gospel emporschwingt.
Sieht hübsch aus, die Tyne Bridge in Newcastle auf dem Plattencover in der vielfarbigen Dämmerung (Ist es Abend? Ein neuer Morgen?) und erst recht im Musikvideo zu Mark Knopflers neuem Song "Watch Me Gone". Ein Doppeldeckerbus und einige Autos fahren drüber, ein paar Vögel fliegen oben durchs Bild, und auch die Wolken scheinen langsam weiterzuziehen. Dann fällt der Blick auf die Beschreibung des Videos: "Animated Visualizer". Auch hier schon wieder digitale Künstlichkeit: Hatten sie nicht genug Geld, einfach den Verkehr auf der Brücke in echt zu filmen? Wären die Vögel vielleicht nicht passend geflogen, wäre der Bus nicht gekommen? Und wenn schon Künstlichkeit, warum nicht etwas gewitztere?
Dann der Gedanke, vielleicht auch nicht ganz originell: Jede Studioproduktion von Musik ist ja ein solcher Schwindel, heute meistens ebenfalls ein digitaler, auch wenn manche noch aufs Tonband schwören, "unplugged" draufschreiben oder behaupten, im Studio "no overdubs" vorgenommen zu haben. Die allermeiste Popmusik, die heute erscheint, hat sich längst vom klanglichen Authentizitätstheater verabschiedet, ist seit der Ära von Drumcomputer, Autotune und Stimmenimitation längst auf dem Weg zur Halb-, wenn nicht gar Vollautomatisierung.
Was hat das nun noch mit Mark Knopfler zu tun? Wer böse wollte, könnte sagen: Auch sein Solowerk, das er 1995 nach Auflösung der Dire Straits begonnen hat, weist inzwischen etwas Automatenhaftes auf. Von Selbstwiederholung sind viele Musiker bedroht, viele auch schon sehr viel früher als der inzwischen 74 Jahre alte Gitarrist und Sänger. Aber warum ist sein neues Album "One Deep River" dann trotzdem so gut geworden? Vielleicht weil es die Wiederholung und das Automatenhafte auf die Spitze treibt - aber zugleich eben doch gerade noch handgemacht genug wirkt, ja an einigen Stellen sogar den "magic touch" zu haben scheint.
Das wird am deutlichsten in dem neuen Song "Two Pairs of Hands" - in seinem Titel und Text sogar auf programmatische Weise. Die auch im Deutschen geläufige Redewendung besagt bekanntlich, dass jemand nur zwei Hände habe. Wenn Knopfler sie verdoppelt und von zwei Paar Händen singt, spielt er darauf an, etwas mit jemandem gemeinsam zu erschaffen und zu bewältigen (und hat selbst schon erklärt, dass er damit die Situation auf der Bühne, in seiner Band meine). Der Text handelt davon, in dieser Situation die Bälle beim Jonglieren in der Luft zu halten: "But they'll all be in the air / When I'm up here on the band / What it is, I'm juggling here / I've only got two pairs of hands".
Die Bescheidenheitsgeste wirkt ironisch, bedenkt man, dass Knopfler schon für die Fingerfertigkeit seiner eigenen Hände allein an der Gitarre auf der ganzen Welt seit Jahrzehnten bewundert wird. Das Sologitarrenspiel, mit dem er einige Dire-Straits-Songs zu Evergreens formte, hat er in seiner Solokarriere deutlich reduziert - und musste es zuletzt wohl auch aus gesundheitlichen Gründen. Umso mehr beschwört er die Einheit mit einer vielköpfigen Band, der neben dem Produzenten Guy Fletcher nun auch der erfahrene Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz angehört.
Die gemeinsam Jonglierenden erzeugen einen Sound, der deutlich an den minimalistischen Bluesrock von J. J. Cale erinnert. "Two Pairs of Hands" könnte man nahtlos auf eines von dessen Signaturstücken wie "Cajun Moon" folgen lassen und kaum einen Klangunterschied bemerken. Aber Knopfler braucht nur ein kleines aus der einlullenden Tonspur herausragendes Gitarrenmotiv, um es doch unverkennbar zu seinem Stück zu machen. Das eben ist der Witz: Knopflers Spieltechnik in ihrer Mischung aus Bending und Vibrato erkennt man nach wenigen Tönen.
Von solchen kleinen, aber unverkennbaren Knopfler-Gimmicks leben noch weitere Songs auf dem Album, etwa "Before My Train Comes" oder auch die Single "Ahead of the Game", eine Hommage an die fleißigen Arbeiter in der Countrymühle von Nashville, an die sich Knopfler selbst schon mit den Dire Straits, dann seiner Kollaboration mit dem Vorbild Chet Atkins und schließlich mit seinen Solowerken immer weiter angenähert hat.
Im Lied zieht er den Hut vor allen Musikern, die wie alte Zirkusgäule immer weitermachen: "We're worn out and weary, all of us / But we know why we came / Banged up and battered like this old bus / Staying just ahead of the game". Klingt der Text auch müde, rollt der alte Bus musikalisch so gut gefedert dahin, dass es sehr beruhigend und wieder leicht belustigend wirkt.
Dass es sich bei dem Album um ein programmatisches Spätwerk handelt, wird besonders gegen Ende deutlich. Erst geht Knopfler mit der Ballade "Watch Me Gone" zurück zu den Wurzeln als Teenager, der unbedingt ein erfolgreicher Musiker werden will, während dieses Ziel noch fast unerreichbar scheint, dann folgen unheimliche Andeutungen in "This One's Not Going to End Well" und schließlich die Titelballade "One Deep River", die ihrerseits einen Bogen zu Knopflers Kindheit in Newcastle schlägt, aber vor allem im Metaphorischen zu Hause ist: nämlich im Reich des Gospels, mit mächtig erhebender Wirkung.
Nimmt man nun noch hinzu, dass Knopfler jüngst viele seiner Gitarren in einer Auktion bei Christie's zur Versteigerung gebracht hat, könnten einen die versammelten Zeichen sehr melancholisch stimmen. Aber zum Glück hat er eingestanden, dass er paradoxerweise auch weiterhin stets auf der Suche nach neuen Gitarren sei. Hoffentlich nicht nur als Sammler. JAN WIELE
Mark Knopfler:
"One Deep River".
EMI 602445525539
(Universal). Erscheint am 12. April.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main