19,99 €
inkl. MwSt.

Versandfertig in 3-4 Wochen
Produktdetails
Trackliste
CD
1M'ascolta00:09:44
2Fuoco di gioia00:05:10
3Inaffia l'ugola00:08:29
4O là00:05:57
5Quando narravi00:06:53
6Jago00:07:57
7A questa tua00:07:34
8Un bacio00:05:15
9Ora e per sempre Addio00:04:29
10Datemi ancor00:06:27
11Otello00:10:15
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2010

Hier rülpsen die Vokale
Jazz-Meditationen: Dieter Ilgs Otello-Bearbeitung

Es beginnt mit dem Ende einer Platte, wenn der Tonabnehmer fast schon ans Etikett schrammt: ein Spiel mit dem Wind, durch den "una vela!" ("ein Segel!") gerufen wird, wozu die Trommel nicht ohne Drohung leise dem Ende von Verdis "Otello" zumarschiert, aus deren Themen Dieter Ilg seine neue CD improvisiert hat. Bereits während des Studiums sei er von jener berühmten Kontrabassstelle aus Akt IV derart gebannt worden, dass er sie fortan und bis heute vor jedem Üben spiele. So etwas brennt sich ein und will hinaus, auch wenn das Wesen des Jazz spontanes Entstehen und Vergehen ist, das den Einfall meint und nicht das konservierte Melos.

Es wären andernfalls Variationen über Themen oder, im Free Jazz, Themenmomente um den einzelnen Ton. Dort werden Jazz und Neue Musik bisweilen eines, hier dringt der Jazz in Verdis späte Trauermusik ein, etwa wie der Bass das Marschmotiv von Jagos "Inaffia fugola!" beginnt, wie Rainer Böhms Klavier dies repetierend aufnimmt, bis das Stück in des Schlagzeugers Patrice Herals geradezu stampfenden, elektronisch verrülpsenden Vokalrap übergeht, woraus unmittelbar zärtlich eine Klavierlinie, "A questa tua", aufsteigt, beschlossen vom Amen - so meinte man, doch läuft der Bass auf den erschauernd vergeblichen Kuss hinaus, "un'altro, un'altro". Wie immer wieder das Klavier ins Schlagzeug-Accompagnato gebettet ist, das entspricht den Parlandi, zu denen die Arien des alten Verdi wurden, vollkommen, ein leises, flüsterndes Gespräch: "alzandosi e fissando una plaga del cielo stellato". Doch wir hören das Nachtrauschen der Stadt, das das Klavier beschließt. Wer den im Netz frei zugänglichen Klavierauszug nicht mitlesen mag, sollte bisweilen, über einen zweiten Player, parallel den Verdi hören, leicht verschoben in Ilgs Meditationen gemischt: Sie werden Ohren machen, denn nicht nur gewinnt das Trio auch leichter geschürzten Musen etwas ab, die Verdis drängenden, unabwendbaren Schmelz an die Standards pragmatisch-ironischerer Bedürfnisse eines coolen Jazz-Publikums anpassen, sondern wie leidenschaftlich bohrend wiederum, "inaffia l'ugola", abgegangen wird, ganz plötzlich aus der Sanglichkeit, das ist nicht nur mitreißend, sondern auch ergreifend.

Wenn sich - Otello war ja Schwarzer - Ilgs lange Schlussimprovisation vor Abdullah Ibrahims legendären "Good News from Africa" verneigt, bis der Tonabnehmer in kurz dahingehauchtem, rauhem Rhythmus fast schon ans Etikett schrammt. Verdis Musik aber selbst? Ich empfehle Ihnen aus dem Jahr 1996 Otello in Barcelona unter Alexander Rahbari.

ALBAN NIKOLAI HERBST

Dieter Ilg, Otello. Fullfat 3546274 (Edel)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr