Produktdetails
Trackliste
CD
1Patience00:02:53
2Amazing00:04:25
3John And Elvis Are Dead00:04:23
4Cars And Trains00:05:51
5Round Here00:05:55
6Shoot The Dog00:05:07
7My Mother Had A Brother00:06:17
8Flawless (Go To The City)00:06:51
9American Angel00:04:07
10Precious Box00:07:36
11Please Send Me Someone (Anselmo's Song)00:05:25
12Freeek! ('04)00:04:28
13Through00:04:52
14Patience [Part 2]00:01:30
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2004

Die erträgliche Seichtigkeit
Im Namen des Onkels: George Michael singt zum Abschied

Zwei Damen singen "dadada-dadada-dadadadada", dazu ein trockener Beat mit klatschenden Perkussionsnachschlägen aus den Siebzigern, umspielt von einem sprunghaft synkopierenden E-Baß, irgendwo eine Gitarre und dann natürlich noch die charmant-leger swingende Tenorstimme, die von umwerfenden ("amazing"!) Frauen oder Männern singt: fertig ist ein George-Michael-Song. Das ist alles gut gemacht, das groovt, das setzt sich in den Ohrwindungen fest. Auch im achtzehnten Jahr seiner Solokarriere schafft es Georgios Kyriakos Panayiotou, wie der Sohn eines griechischen Einwanderers mit bürgerlichem Namen heißt, mit leichter bis seichter Popmusik, die er selbst als Mischung aus R&B, Jazz und Folk bezeichnet, erträglich gute Laune zu verbreiten.

Ein Mann für Innovationen ist der Engländer allerdings auch auf seinem neuen Album nicht. George Michael war immer mehr an der Verfeinerung seines Stils gelegen als an Experimenten, die er sich in kluger Selbstbeschränkung meistens versagte. Seine Bedeutung liegt in der originellen, kommerziell durchweg attraktiven Bearbeitung von Errungenschaften der soullastigen Popmusik. Jedes Jahr an Weihnachten bekennt er über den Kaufhaus-Lautsprecher: "Last Christmas I gave you my heart", das ewige Übrigbleibsel aus seiner Boygroup-Zeit mit Schulfreund Andrew Ridgeley ("Wham"). Daraus ist, eher verhalten, die Suche nach "Someone to love" geworden, bei der irgendwo das "Where are you"-Horn-Streicher-Motiv aus dem Bond-Song "Moonraker" durchschimmert, mit "patience" statt "passion". Von der Machart her liegen zwischen beiden Songs höchstens drei Tage. Geändert hat sich bei George Michael eigentlich nur die Instrumentierung. Früher setzte er noch echte Streicher-Sektionen ein, und in den Songs gab es auch mal ein Saxophon oder ein Cello. Heute sind es nur noch billige Synthesizer-Sphärenklänge, verpackt in ein wenig Klavier- und Gitarren-Sound.

Dabei hätte sich unter dem großen Dutzend Musiker, die an den vierzehn Songs von "Patience" (Sony) mitwirkten, sicherlich jemand gefunden, der noch etwas anderes kann als Keyboards programmieren. Unvorhersehbar sind die Texte auf dem Album, die sich größtenteils von den "I love you, you love me - let us make a family"-Banalitäten abheben, in denen George Michael zudem, nicht sehr britisch, ungewöhnlich viel Persönliches preisgibt. So wie in dem Soft-Blues "My Mother had a Brother", dem Onkel gewidmet, der sich an dem Tag umbrachte, an dem der Neffe geboren wurde, was dieser erst mit siebzehn erfährt - einer der atmosphärisch stimmigsten Songs des Albums. Oder das friedlich dahinplätschernde "Round Here": eine melancholische Liebeserklärung an seine Kindheit im Londoner Stadtteil Kingsbury.

Aufmüpfig gibt sich Michael in dem frechen, gegen George W. Bush und dessen Schoßhündchen Tony Blair gerichteten Antikriegssong "Shoot the Dog" oder dem sexuell wie neu aufgeladenen Disco-Stampfer "Freeek! '04" - dirty Christina läßt grüßen. Mit dem Schwanengesang "Through" beschließt George Michael nicht nur das Album, sondern auch eine von Knebelplattenverträgen und unliebsamem Medienrummel abhängige Karriere: Künftig will Michael alles selbst in die Hand nehmen und seine Musik nur noch im Internet veröffentlichen. Bis dahin gehen aber sicher noch einige "Best of Special-Editions" über den Ladentisch.

URSULA BÖHMER

George Michael, Patience. Sony 515402

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