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Trackliste
CD
1If I Could Be The One00:05:08
2Space00:05:05
3Peace00:05:43
4I Can't Make You Love Me (Senza Rabia)00:05:11
5Brighter Day00:05:30
6His Love Endures Forever00:04:36
7The Sky00:06:27
8Move On Up00:07:59
9Sentimental Kiss00:04:26
10Still A Rose00:03:55
11Waiting00:06:21
12Where Can I Go From Your Spirit00:10:40
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2004

Ja zur Blutwurst
Aber alles ist zuviel: Die Jazz-Soul-Rock-Sängerin Jocelyn B. Smith

Alleskönner sind im Musikgeschäft nicht unbedingt zu beneiden. Da sie in keine Schublade passen, fallen sie schnell durch sämtliche Raster. Nirgendwo daheim zu sein kann sich nur leisten, wer schon einmal angekommen war - im Bewußtsein der Öffentlichkeit. Denn darum geht es doch beim Musizieren. Man könnte Jocelyn B. Smith, die schwarze Amerikanerin aus New York, die vor zwanzig Jahren als Mitglied einer Oldie-Revue nach Deutschland kam und in Berlin blieb, fast bedauern um die Vielfältigkeit ihres Talents - oder um das, was daraus geworden ist.

Die Mittvierzigerin stand auf Bühnen aller Größen, zusammen mit ganz unterschiedlichen Musikern. Ihre Gesangskunst wird reflexartig und völlig zu Recht als sensationell gerühmt, doch als Künstlerin blieb sie im Schatten ihrer Darstellungen. Es lag wohl auch daran, daß deren Rahmenbedingungen oft bizarr und beliebig waren. Sie sang die amerikanische Nationalhymne vor Schauboxkämpfen und "Amazing Grace" bei der Berliner Gedenkfeier für die Opfer des 11. September 2001. Sie wurde als Partnerin Harald Juhnkes bei einer Revue im Friedrichstadtpalast rassistisch geschmäht, interpretierte brillant Weill und Gershwin und sang gleichermaßen unbekümmert Duette mit Udo Jürgens und Maceo Parker.

Sie kann eben alles. Ihre Stimme hat Volumen und Farben im Überfluß, und sie besitzt die überragende Fähigkeit, jeden einzelnen Ton als Kunstwerk zu gestalten. Während ihr Gesang also über jeden Zweifel erhaben ist, gilt das keineswegs für ihr musikalisches Material. Das belegt ihre neue CD mit dem gar nicht unbescheidenen Titel "Phenomenal Woman". Es ist Musik zum Jasagen. Die zwölf Stücke, sieben davon hat sie selbst geschrieben, können für sich stehen und unmittelbar überzeugen - als Ausweis soliden Handwerks. Das Programm ist wiederum demonstrativ vielfältig. Jocelyn B. Smith singt Balladen und läßt Rock krachen, sie schwebt auf den Schwingen des Spirituals, kreist um Diskokugeln, phantasiert Jazz und schwitzt Soul. Alle Ausdrücke passen für sich selbst und den Augenblick. Hört man jedoch die Stücke hintereinander weg, fällt die Gleichförmigkeit, ja Beliebigkeit des Musizierens ihrer Begleitband auf. Seit Jahren ist sie besetzt mit renommierten Jazzfachkräften. Doch auf ernüchternde Weise klingt ihr Spiel schal, uninspiriert. Man stellt sich die Musiker vor, wie sie bei der Aufnahme auf die Uhr schielten und daran dachten, beizeiten nach Hause zu kommen.

Der Trompeter Till Brönner sprechsingt ein Duett mit ihr - die Ballade "I Can't Make You Love Me" aus dem Repertoire von Bonnie Raitt -, der Sänger Colin Rich beweist, daß auch er sich an den Funk der Siebziger erinnert, Tony Lakatos läßt sein Saxophon scharfkantig blitzen, und in der schwülen Party-Paraphrase "The Sky" reihen sich vier verschwenderische Bläsersoli aneinander. Das sind die Höhepunkte des Albums, Monolithen, doch ohne Verbindung zueinander. Erst im Nachklang erkennt man, was fehlt: der Wunsch, die Platte wieder zu hören. So, wie der Dorfmetzger die Urkunde der Fleischerinnung über seine Teilnahme am Fortbildungsseminar zur Herstellung von Blutwurst über die Ladentheke hängt, stellt man diese CD ins Regal. Dort wird sie wohl schnell vergessen werden.

ANDREAS OBST

Jocelyn B. Smith, Phenomenal Woman. Blondell CD JBS 239 (Edel)

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