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Pop & Tod I+Ii - Heiterkeit,Die
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Produktdetails
Trackliste
CD
1Die Kälte00:03:57
2Betrüge mich gut00:03:07
3Im Zwiespalt00:02:51
4Panama City00:03:06
5Pop & Tod00:02:39
6Vergessen00:03:14
7Große Namen00:03:10
8Haus außerhalb00:02:37
9Dunkelheit wird niemals00:04:55
10The End00:02:44
11Heller Morgen00:02:49
12Weiße Elster00:02:23
13Schlechte Vibes im Universum00:03:18
14Dünnes Eis00:03:39
15Genie bei der Arbeit00:02:39
16Ein gutes Buch00:03:27
17Halt mich zurück00:02:00
18Das Ende der Nacht00:03:33
19Komm mich besuchen00:06:11
20Haben die Kids00:03:00
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2016

Ein bisschen mehr Licht
Die Band "Die Heiterkeit" gibt mit neuem Doppelalbum im warmen Berlin ein unterkühltes Konzert

Es ist heiß, es ist eng, es ist stickig. So ist Berlin, könnte man denken. Und natürlich passt es auch, dass die junge deutsche Band "Die Heiterkeit" ausgerechnet das ACUD, diesen kleinsten aller winzigen Spielorte der Stadt, ausgewählt hat, um ihr neues Doppelalbum "Pop und Tod I + II" zu präsentieren. Wie man auf der Klaviatur der Untertreibung spielt, wissen die vier Musiker um die Sängerin und Gitarristin Stella Sommer. Enttäuschung und Verweigerung gehören zum Programm. Das ist bereits anhand der Jute-Beutel der Fans zu erkennen, die mehrheitlich über Hipster-Schultern hängen und das Band-Logo zeigen: einen bitter dreinschauenden Smiley. Geht dieser Widerspruch auf?

Ja, sehr gut sogar. Das beweist die Band bei einem Konzert, bei dem es vor ausverkauftem Haus in einem viel zu kleinen Raum, der mehr Jugendzentrum als Konzertsaal ist, vor Gegensätzen und Oxymora nur so wimmelt. Obwohl erst das Mikrofon nicht funktioniert und die Qualität des Sounds an versoffene Hobbykeller-Abende erinnert, lässt sich die Sängerin nichts anmerken. Sie beginnt von Neuem und schaut mit ihrem strengen Blick derart böse in die Menge, dass man sich kurzzeitig fragt, ob man als Zuhörer überhaupt erwünscht sei. Aber auch das gehört zum Programm. Und ohnehin ist man ja wegen der Songs da, die wirklich gut, wirklich authentisch geworden sind, auch wenn die unterkühlte Weltschmerz-Lyrik, vielleicht die distanzierteste seit Tocotronic, manchmal etwas arg abgewandt wirkt.

Aber das will die Band ja so, die seit diesem Jahr aus einer vollkommen neuen Besetzung besteht. Nur Stella Sommer ist geblieben, dieser blonde Deprimiertheitsengel mit tiefer Stimmlage und leerem Gesichtsausdruck, der geradezu abwesend das Konzert an sich vorüberrauschen lässt. Passend dazu ist die Stimmung der Musik, die wie in "Weiße Elster", dieser poppigen Entrücktheitsballade, von der Unmöglichkeit der Sinnstiftung zeugt: "Es fällt mir immer auf, es fällt mir immer runter, es kommt immer was dazu. / Und so wie es aussieht, ist hier nichts zu retten."

Auch wenn man es bei der verschwitzten Umgebung des Konzertsaals nicht immer wahrhaben möchte: Die vier Musiker (drei Mädchen an Gitarre, Bass und Keyboard und ein Junge am Schlagzeug) meinen es wirklich ernst mit ihrer Poetik der Kälte. Sie haben sich über den Tod Gedanken gemacht und die Konsequenzen in 20 kurzen Songs sanft aufgefangen. "Dunkelheit wird niemals zu Licht", erfährt man da oder dass der Zwiespalt eine bequeme Sitzposition sei. Natürlich kennt man diese resignative Haltung nur zu gut aus der deutschen, an kopflastiger Konzeptkunst nicht armen Indie-Pop-Geschichte. Trotzdem wirkt der Ansatz immer noch erfrischend, vor allem wenn man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt und den vier Musikern sogar ein bisschen Selbstironie unterstellt. Besonders in Bezug auf Schönwetterbands wie "AnnenMayKantereit" ergibt die gar nicht so heitere, spätromantisch inspirierte Melancholie der "Heiterkeit" wirklich Sinn. Man könnte es auch als Gegenschlag des Gesinnungs-Pop von Adorno-Lesern bezeichnen.

Nur die Performance schmälert den positiven Gesamteindruck ein wenig. Etwas mehr Zuwendung und weniger Distanz würden dem Auftritt nicht schaden. Manchmal will man ein bisschen zappeln und sich von den kurzen Momenten aufflackernder Tanz-Energie mitreißen lassen, aber dazu wirkt die Band zu cool und reserviert. Am Ende gibt es viel Applaus, doch die vier Musiker laufen im Marschtempo davon. Erst hinterher auf dem Hof werden Zärtlichkeiten ausgetauscht. Die hätte man sich bereits während des Konzerts gewünscht.

TOMASZ KURIANOWICZ

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