Die Rap-Sensation des Jahres: Eminem, der erfolgreichste Musiker des letzten Jahrzehnts, hat sein Album "Recovery" veröffentlicht! Unterstützt wird der in Detroit aufgewachsene Rap-Superstar auf seinem siebten Studioalbum von diversen angesagten Künstlern, mit denen er noch nie zuvor zusammengearbeitet hat: Zu den bislang bestätigten Albumgästen zählen unter anderem DJ Khalil, Just Blaze, Jim Jonsin und Boi-1da! "Recovery" erscheint nur 13 Monate nach seinem letzten Album "Relapse", mit dem Eminem ein unglaublich erfolgreiches Jahrzehnt eindrucksvoll besiegelte.
CD | |||
1 | Cold Wind Blows | 00:05:05 | |
2 | Talkin' 2 Myself | 00:05:02 | |
3 | On Fire | 00:03:35 | |
4 | Won't Back Down | 00:04:27 | |
5 | W.T.P. | 00:04:00 | |
6 | Going Through Changes | 00:05:00 | |
7 | Not Afraid | 00:04:10 | |
8 | Seduction | 00:04:37 | |
9 | No Love | 00:05:01 | |
10 | Space Bound | 00:04:40 | |
11 | Cinderella Man | 00:04:41 | |
12 | 25 To Life | 00:04:03 | |
13 | So Bad | 00:05:27 | |
14 | Almost Famous | 00:04:54 | |
15 | Love The Way You Lie | 00:04:25 | |
16 | You're Never Over | 00:05:05 | |
17 |
Frankfurter Allgemeine ZeitungDer Hass, den ihr kennt
Für wen macht Eminem eigentlich noch seine Platten, auf denen in, wie im Rap üblich, stumpfer Zuverlässigkeit "Parental Advisory: Explicit Content" draufsteht? Was bringt das noch, nachdem man die eigene Mutter und andere Anverwandte, Michael Jackson und Amy Winehouse, George Bush und Sarah Palin ein Jahrzehnt hindurch brüskiert hat? Es mag ja sein, dass Käuferschichten nachwachsen, denen man die ewig gleichen Tiraden, in denen es vor Ausdrücken wie fuck und cunt und pussy und asshole nur so wimmelt, immer wieder aufs Neue andrehen kann. Und es ist ja richtig, dass hier die Hassattacken dazugehören wie das Freundschaftsgetue früher zum Sturm und Drang, der einem ja auch irgendwann auf die Nerven ging, weswegen sich Goethe dann auch bald anders orientiert hat. Von diesem Stadium der abgeklärten Meisterschaft ist Eminem indes noch ein ganzes Stück entfernt. Andererseits muss man sagen, dass er es ja schon auf seinen ersten Platten erreicht hat, mit denen er in den späten neunziger Jahren zum erfolgreichsten Rapper überhaupt aufstieg, der er bis heute ist.
Sein nach dem defizitären Album "Relapse" (F.A.Z. vom 16. Mai 2009), das eine fünfjährige, von Suchtproblemen überschattete Phase künstlerischer Untätigkeit beendete, überraschend schnell gesetzter siebter Streich zeigt allerdings, dass Eminem an Unerschrockenheit, Scharfzüngigkeit und Kraft nur vorübergehend eingebüßt hat. "Recovery" (Aftermath/Interscope/Universal) verheißt nicht nur im Titel Erholung und Besserung, sondern ist, rein musikalisch, eine bemerkenswerte, vom alten Paten Dr. Dre ausgesprochen (wie die Kids sagen:) fett produzierte Platte geworden, deren Sujet eine einzige white trash party ist, wie sie einer der besten Songs, "W.T.P.", feiert und sich damit, wenn auch natürlich unter eindeutig negativ-ätzenden Vorzeichen, fast in die Nähe jenes absolut hemmungs- und rücksichtslosen Hedonismus begibt, mit dem einst die Beastie Boys noch vergleichsweise fröhliche Furore machten.
Schon das erste Lied "Cold Wind Blows" markiert, trotz aller Obszönität und Drastik, auf die man ja nicht immer wieder im Einzelnen eingehen muss, jenen prinzipiellen Hass auf in der Tat hassenswerte Umstände, der von Anfang an der Motor von Eminems Musik war. "Talkin' 2 Myself" ist ein überzeugender Beleg dafür, wie sehr dieser Musiker auch von den Errungenschaften der Blaxploitation der siebziger Jahre profitiert, vor allem natürlich von deren Militanz, und sich dem damit verbundenen Soulstil immerhin bis auf Hörweite zu nähern vermag. "On Fire" ist fast ein Popstück, wie denn das Album überhaupt mit Streicher- und zuweilen fast gospelhaften Hintergrundgesangsarrangements nicht geizt. Auch wenn eine Eminem-Platte heute kein Ereignis mehr sein kann wie vor zehn Jahren, weil sich selbst das unabgebrühte Publikum an die Provokationen des Rap/Hip-Hop gewöhnt hat - diese Rückmeldung ist aufgrund ihrer Frische geradezu willkommen.
EDO REENTS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für wen macht Eminem eigentlich noch seine Platten, auf denen in, wie im Rap üblich, stumpfer Zuverlässigkeit "Parental Advisory: Explicit Content" draufsteht? Was bringt das noch, nachdem man die eigene Mutter und andere Anverwandte, Michael Jackson und Amy Winehouse, George Bush und Sarah Palin ein Jahrzehnt hindurch brüskiert hat? Es mag ja sein, dass Käuferschichten nachwachsen, denen man die ewig gleichen Tiraden, in denen es vor Ausdrücken wie fuck und cunt und pussy und asshole nur so wimmelt, immer wieder aufs Neue andrehen kann. Und es ist ja richtig, dass hier die Hassattacken dazugehören wie das Freundschaftsgetue früher zum Sturm und Drang, der einem ja auch irgendwann auf die Nerven ging, weswegen sich Goethe dann auch bald anders orientiert hat. Von diesem Stadium der abgeklärten Meisterschaft ist Eminem indes noch ein ganzes Stück entfernt. Andererseits muss man sagen, dass er es ja schon auf seinen ersten Platten erreicht hat, mit denen er in den späten neunziger Jahren zum erfolgreichsten Rapper überhaupt aufstieg, der er bis heute ist.
Sein nach dem defizitären Album "Relapse" (F.A.Z. vom 16. Mai 2009), das eine fünfjährige, von Suchtproblemen überschattete Phase künstlerischer Untätigkeit beendete, überraschend schnell gesetzter siebter Streich zeigt allerdings, dass Eminem an Unerschrockenheit, Scharfzüngigkeit und Kraft nur vorübergehend eingebüßt hat. "Recovery" (Aftermath/Interscope/Universal) verheißt nicht nur im Titel Erholung und Besserung, sondern ist, rein musikalisch, eine bemerkenswerte, vom alten Paten Dr. Dre ausgesprochen (wie die Kids sagen:) fett produzierte Platte geworden, deren Sujet eine einzige white trash party ist, wie sie einer der besten Songs, "W.T.P.", feiert und sich damit, wenn auch natürlich unter eindeutig negativ-ätzenden Vorzeichen, fast in die Nähe jenes absolut hemmungs- und rücksichtslosen Hedonismus begibt, mit dem einst die Beastie Boys noch vergleichsweise fröhliche Furore machten.
Schon das erste Lied "Cold Wind Blows" markiert, trotz aller Obszönität und Drastik, auf die man ja nicht immer wieder im Einzelnen eingehen muss, jenen prinzipiellen Hass auf in der Tat hassenswerte Umstände, der von Anfang an der Motor von Eminems Musik war. "Talkin' 2 Myself" ist ein überzeugender Beleg dafür, wie sehr dieser Musiker auch von den Errungenschaften der Blaxploitation der siebziger Jahre profitiert, vor allem natürlich von deren Militanz, und sich dem damit verbundenen Soulstil immerhin bis auf Hörweite zu nähern vermag. "On Fire" ist fast ein Popstück, wie denn das Album überhaupt mit Streicher- und zuweilen fast gospelhaften Hintergrundgesangsarrangements nicht geizt. Auch wenn eine Eminem-Platte heute kein Ereignis mehr sein kann wie vor zehn Jahren, weil sich selbst das unabgebrühte Publikum an die Provokationen des Rap/Hip-Hop gewöhnt hat - diese Rückmeldung ist aufgrund ihrer Frische geradezu willkommen.
EDO REENTS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main