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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.2024

Rosenkavalier

Von Guido Holze

Angesiedelt ist die Handlung der "Komödie für Musik" um 1740 in Wien zur Zeit Maria Theresias. Doch sagt die Oper "Der Rosenkavalier" von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal mehr über ihre Entstehungszeit aus. Uraufgeführt 1911, ist sie ein typisches Werk der späten Kaiserzeit und einer Epoche, die bald unter ihrer eigenen Last zusammenbrechen sollte. Dass Strauss, nach seinen modernen Opern "Salome" und "Elektra" stilistisch eine Rolle rückwärts vollzieht, ist dabei teils dem Sujet geschuldet.

Doch kommt zugleich den Walzern eine besondere Funktion zu, die - im Unterschied zur Figur des Octavian - eben keine Reverenz an die Zeit Maria Theresias und Mozarts sind. Vielmehr nehmen sie Bezug auf die Wiener-Walzer-Dynastie, die mit dem Tod von Johann Strauß (Sohn) 1899 gerade kaum vorüber ist.

Dieser Gesellschaftstanz, der das Signum einer goldenen Zeit ist, kann auch im "Rosenkavalier" noch federn und elegant klingen. Doch bekommt er an vielen Stellen auch derbere, bajuwarische, verfremdete Züge, die man im Stück der Sphäre des Barons Ochs zuordnet. Es klingt latent aggressiv und so, als sei da etwas am Brodeln, als braue sich eine gefährliche Mischung zusammen. Gerade darin ist die Atmosphäre der Entstehungszeit zu erspüren. Zumindest im Rückblick glaubt man zu hören, wie sich da schon ein Bruch andeutet.

Das Fanal des Ersten Weltkriegs, die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, ist nicht mehr fern. Maurice Ravel, der selbst im Krieg war, zertrümmert die Wiener Walzerseligkeit mit seinem zwischen 1906 und 1920 entstandenen Orchesterstück "La Valse" endgültig - vielleicht nicht einmal beabsichtigt. Geniale Komponisten haben aber ein besonderes Sensorium für ihre Zeit.

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