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Produktdetails
Trackliste
CD 1
1Versiculus: Deus In Auditorium Meum (Vespro Di San Gabriele Arcangelo)00:00:09
2Responsorium: Domine Ad Adiuvandum00:01:07
3Antiphona 1: Ingresso Zacharia00:00:05
4Dixit Dominus Secondo00:08:37
5Antiphona 1: Ingresso Zacharia00:00:31
6Antiphona 2: Ait Autem Angelus00:00:24
7Confitebor Tibi Domine Secondo00:06:49
8Laudate Dominum In Sanctus Eius00:04:05
9Antiphona 3: Ego Sum Gabriel00:00:07
10Beatus Vir Secondo00:05:54
11Antiphona 3: Ego Sum Gabriel00:00:23
12Antiphona 4: Gabriel Angelus00:00:07
13Laudate Pueri Secondo00:07:12
14Antiphona 4: Gabriel Angelus00:00:36
15Antiphona 5: Dixit Autem Maria00:00:05
16Laudate Dominum Primo00:04:45
17Antiphona 5: Dixit Autem Maria00:00:52
18Hymnus: Christe Sanctorum00:03:19
19Antiphona Ad Magnificat: Angelus Gabriel00:00:49
20Magnificat Secondo00:10:34
Weitere 1 Tracks anzeigen
CD 2
1Versiculus: Deus In Adiutorium Meum (Vespro Di San Giuseppe)00:00:09
2Responsorium: Domine Ad Adiuvandum00:01:04
3Antiphona 1: Iacob Autem Genuit00:00:06
4Dixit Dominus Primo00:11:06
5Antiphona 1: Iacob Autem Genuit00:00:28
6Antiphona 2: Missus Est Angelus Gabriel00:00:04
7Confitebor Tibi Domine Primo00:08:48
8Antiphona 2: Missus Est Angelus Gabriel00:00:35
9Antiphona 3: Cum Esset Desponsata00:00:08
10Beatus Vir Primo00:08:31
11Antiphona 3: Cum Esset Desponsata00:00:34
12Antiphona 4: Ioseph Vir Eius00:00:25
13Laudate Pueri Primo00:07:24
14Iubilet Tota Civitas00:04:21
15Antiphona 5: Angelus Domini00:00:07
16Laudate Dominum Terzo00:04:15
17Antiphona 5: Angelus Domini00:00:50
18Hymnus: Te Ioseph Celebret00:03:42
19Antiphona Ad Magnificat: Exurgens Ioseph00:00:27
20Magnificat Primo00:14:01
Weitere 1 Tracks anzeigen
CD 3
1Laudate Dominum Secondo (Missa Solemnis)00:03:31
2Kyrie00:02:40
3Gloria00:12:21
4Credo00:02:36
5Crucifixus00:03:00
6Et Resurrexit00:01:40
7Et Iterum00:03:52
8Offertorium: Confitebor Tibi Domine Terzo Alla Francese00:06:28
9Communio: Credidi00:04:57
10Sanctus00:03:34
11Agnus Dei00:03:18
12Memento Domine David00:07:45
13Salve Regina. Audi Coelum00:08:53
14Pianto Della Madonna00:08:09
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.08.2010

Triumph des Schönen am Ende der Welt

Der Dirigent singt mit: Die Monteverdi-Deutung von Claudio Cavina und La Venexiana ist mitreißend und originell. Ihr jüngster Wurf: "L'Incoronazione di Poppea".

Leichen pflastern seinen Weg: Nero, römischer Kaiser, ist eines der notorischen Scheusale der Weltgeschichte, ein Giftmörder, Brandstifter und Sadist, raffgierig, jähzornig. Er fasziniert Künstler wie Publikum bis heute, umso mehr, als er eine Gefährtin hatte, seine zweite Gattin, Poppäa, deren Ruf als bildhübsches Luder und machtgeile Schlange dem seinen durchaus angemessen war. Georg Friedrich Händel, Pietro Mascagni, Arrigo Boito und andere mehr haben daraus einen Opernstoff gemacht, aber die erste Nero-Oper, Claudio Monteverdis "Il Nerone, ossia L'incoronazione di Poppea", ist bis heute unerreicht geblieben, obwohl es keine ,Originalpartitur' dazu gibt.

Fünfzehn Gesamtaufnahmen von Monteverdis "Poppea" sind zurzeit im Handel. Die neueste stammt von dem 1998 gegründeten italienischen Ensemble La Venexiana, sie dürfte in ihrer theatralischen Kraft und musikalischen Schlüssigkeit schwerlich zu übertreffen sein. Der Name der Band leitet sich vom Titel einer berühmten anonymen Renaissance-Komödie ab, einer Vorläuferin der Commedia dell'arte, und ist Programm insofern, da er in dem ewigen Opernstreit vorbehaltlos Stellung nimmt: "prima le parole, dopo la musica". Sämtliche Madrigalbücher Monteverdis hat La Venexiana schon herausgebracht, die Oper "Orfeo" ebenso wie etliche Werksammlungen von Zeitgenossen und, im vorigen Jahr, "Selva morale e spirituale", eine Sammlung später geistlicher Werke Monteverdis.

Dabei ist der Verzicht auf enzyklopädische Vollständigkeit typisch für die Prinzipien des Ensembles und ihres Leiters Claudio Cavina (der selbst als Altus mitsingt). Was dem Theater recht ist, soll der Kirche billig sein, es werden also Vorstellungen geboten, wie sie auf der Kirchen-Bühne hätten stattfinden können: zwei Vespern, Abendgottesdienste unterschiedlichen Charakters, eine feierliche Messe. Das erlaubt eine lebendige Dramaturgie und klangliche Abwechslung. Natürlich sind alle berühmten Stücke wie das erste Magnificat oder das siebenstimmige Gloria in dieser Edition zu finden, die abschließende Marienklage ist nichts anderes als die Musik des "Lamento d'Arianna", versehen mit neuem, geistlichem Text.

Danach brachte La Venexiana, als Vorbote für die "Poppea", Monteverdis "Scherzi musicali" von 1632 heraus, eine um einige Nummern erweiterte Sammlung leichter, eleganter Stücke, von denen freilich zwei geopfert wurden, damit daraus ein Soloalbum für Emanuela Galli werden konnte, als roter Teppich für die künftige Hauptdarstellerin. Gallis kokette Poppea-Töne erinnern mit ihren artifiziellen, aber der Textverdeutlichung dienenden, leichten Vokalverfärbungen ein wenig an Elisabeth Schwarzkopf. Gelegentlich (etwa in "Ohimè ch'io cado") swingt diese Musik so, dass man am liebsten dazu tanzen würde.

Und nun also "Il Nerone", basierend auf der kammermusikalischen sogenannten Neapolitaner Fassung. Sie wurde einige Jahre nach der Uraufführung in Venedig und erst Jahre nach Monteverdis Tod von einer Wanderbühne eingerichtet, stammt aber vermutlich ebenfalls aus Oberitalien, auch wenn nur die Aufführung in Neapel dokumentiert ist. Material aus beiden Fassungen haben Interpreten schon früher benutzt, etwa René Jacobs, dessen Aufnahme, neben der ersten von Nikolaus Harnoncourt, nach wie vor als besonders gelungen gelten darf. Die Dichtung von Busenello ist mehrfach handschriftlich überliefert, aber man weiß nicht sicher, ob Monteverdi selbst es war, der größere Teile des überlieferten Notenmaterials komponiert hatte. Eher nicht, vermuten die Experten. La Venexiana nennen deshalb ein halbes Dutzend weiterer Komponisten, als wichtigsten Francesco Cavalli.

Dass damals eine Opernaufführung nach aktuellem Bedarf verändert wurde, dass man strich und hinzufügte, war gängige Praxis. Cavalli, als einer der rührigsten Theaterproduzenten, trug gewiss seinen Teil zu dem Werk bei, so, wie wir es heute kennen. Die Debatten darüber, welche Fassung und wie verwendet werden sollte, darf man aber wohl getrost den Spezialisten überlassen. Wichtig ist freilich, welche Stimmen und welches Instrumentarium gewählt werden.

La Venexiana besetzt die Kastratenrollen mit Frauen. Den Nero singt Roberta Mameli mit einem metallisch strahlenden Sopran, der sich von der schmiegsameren Poppea Emanuela Gallis klar unterscheidet, während Otho, der verratene Liebhaber, ein willensschwacher Waschlappen, von Josè Maria Lo Monaco mit ihrem milchigen Mezzosopran treffend verkörpert wird. Kerniger, als Charakter kraftvoller, klingt Xenia Meijer in der Rolle der verlassenen Kaiserin Octavia. Die beiden grotesken Ammen, komische Alte, werden von Tenören gesungen, dabei hält sich Makoto Sakurada eher zurück, während Ian Honeyman als Arnalta dem Affen ungeniert Zucker gibt, auch mit Mut zur Hässlichkeit. Die Basspartie des Seneca singt Raffaele Constantini angemessen salbungsvoll. Leicht und virtuos Francesca Cassinari als Drusilla und Alena Dantcheva, die als Page und Cupido auftritt und mit ihrer Tongebung verblüffend der Poppea von Galli ähnelt. Ein wunderbares Ensemble!

Überraschend, dass diese Krönung der Kaiserin ohne festliche Trompeten und ohne die jubilierenden Flötengirlanden der Amoretten auskommt. Cavina verzichtet auf Bläser, er beschränkt sich auf ein Quintett von Streichern und verwendet als Continuo vier Theorben, Gitarre, Laute und zwei Cembali (für die Seneca-Szenen aber ein Orgelpositiv). Anders als in höfischer oder kirchlicher Musik waren damals in den freien Theatern Bläser nicht üblich, erläutert dazu das Beiheft; denn farbenprächtige Klanggemälde, wie wir sie in der Alten Musik heute so schätzen, lenken vom Drama ab, von der Ausdruckskraft der Sänger. Doch wie viele Klangfarben bringen diese zehn Instrumentalisten zustande, welche Tiefenperspektiven, was für perkussive Attacken! Musikalisch mutet das, mit Exaltationen bis zu mitunter schrillen Dissonanzen, erstaunlich modern an, auch wenn im Großen und Ganzen der Wohlklang dominiert.

Mit der Krönungsszene und dem Triumph der Venus ist das Stück an sich zu Ende. Folgt das bekannte Liebesduett "Pur ti miro, pur ti godo" - ein wunderschöner, lyrischer Abgesang, bei dem man glatt vergessen könnte, dass da zwei abgefeimte Bösewichter einander ansingen und dass der Triumph ihrer Liebe, genau besehen, ein Triumph purer Geilheit ist. In dieser Neuaufnahme mit La Venexiana geschieht nun Folgendes: Nach einigen Sekunden der Stille setzt das Continuo ein mit einer Folge von jeweils vier gebrochenen Akkorden über einer fallenden Basslinie - erst nur ein Cembalo, dann zunehmend die Lauten, immer dunkler, immer mächtiger. Eine Passacaglia entfaltet sich, über deren schweren Schritten die beiden Soprane wie überirdische Stimmen einander leidenschaftlich umspielen und umschlingen. Ein mondlos dunkler Sternenhimmel hat sich über dieser Szene aufgetan, musica metafisica, der Welt entrückt. Dieses Lamento hat bei Monteverdi einen Vorgänger: das "Lamento della ninfa" aus dem achten Madrigalbuch. La Venexiana nahmen sich die Freiheit, das Schlussduett der "Poppea" zu verwandeln in einen musikalischen Kommentar zum Lauf der Welt, in einen Klagegesang über das irdische Jammertal. Dass er in Dur steht, macht seine Schönheit noch schmerzhafter. Die emotionale Wirkung ist ungeheuer. Für die übliche Art, das Schlussduett dieser Oper zu präsentieren, ist man danach verloren.

RUDOLPH GANZ

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