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Silk Road Journeys: Beyond The Horizon - Ma,Yo-Yo/Silk Road Ensemble
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Produktdetails
Trackliste
CD
1Mohini (Enchantment)00:01:47
2Oasis00:03:00
3Distant Green Valley00:07:06
4Akhalqalaqi Dance00:01:22
5Echoes of a Lost City00:01:18
6Mountains are Far Away00:06:09
7Yanzi (Swallow Song)00:03:25
8Battle Remembered00:04:00
9Summer in the High Grassland00:04:37
10Kor Arab (The Blind Arab)00:04:08
11Shikasta (Minstrel's Song)00:01:48
12Night at the Caravanserai00:07:56
13Gallop of A Thousand Horses00:05:07
14Tarang (Currents)00:06:27
15Sacred Cloud Music00:05:30
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2005

Nur das Cello schweift noch weiter

Es ist eine schöne Vorstellung, Musik und nur Musik sei das Medium, das Menschen verbinden könne über alle Unterschiede und Unwägbarkeiten hinweg: die einzige echte Universalsprache. Yo-Yo Ma, der chinesischstämmige, in Paris geborene amerikanische Cellist, der gestern seinen fünfzigsten Geburtstag feierte, versteht es wie kein zweiter, diese Vision zu vermitteln. Als Musiker notorisch neugierig, ist Ma auch ein mitreißender Ideenrattenfänger. Über die Tellerränder des geläufigen klassischen Repertoires blicken zwar heutzutage - halb geschubst, halb gezogen von ihren jeweiligen Plattenfirmen - auch viele andere Stars der Klassikszene, doch erscheint Yo-Yo Mas Neugier nicht im entferntesten als Geschäftskalkül. Stets schwingt im Gespräch, auf der Bühne und vor allem in seinem Musizieren eine schwer faßliche, dabei authentisch wirkende Begeisterung für das eigene Tun mit. Sie legt sich wie ein Schutzmantel über manche Naivität, die sowohl aus Mas Worten wie aus seinen musikalischen Taten klingt: Ob er nun Bach als Steinbruch des Lebens bezeichnet und seiner zweiten Gesamteinspielung der Suiten für Solocello sechs interpretierende, kommentierende, vor allem aber angestrengt ambitionierte Filme beifügt - oder ob er mit amerikanischen Folkmusikern in den Appalachen tanzt, zur wechselseitigen Bewußtseinserweiterung die Buschmänner in der Kalahari-Wüste besucht, der Seele des Tangos in Buenos Aires nachspürt oder mit seinem sinnlich-süßen Kantilenenspiel allerlei esoterische Bedenkenträgerstücke gegen den Krieg und für die Rückgabe Hongkongs an China mitträgt. Das Windmühlenflügelschlagen Yo-Yo Mas läßt alle Einwände davonwehen, weniger Enthusiasmierte sehen in seinem Schatten leicht wie Spaßverderber aus. Und einen wie ihn lieben auch die Schallplattenfirmen.

Yo-Yo Mas Rastlosigkeit, die ihn gelegentlich zu dem Bekenntnis führte, allein mit der Musik langweile er sich, öffnete bisher unerschlossene Absatzmärkte: Insofern ist dieser Cellist auch ein Marketing-Phänomen. Sein bislang größter Coup ist das Silk-Road-Projekt: die musikalische Erkundung des historischen Handelswegs zwischen Mittelmeer und China im musikalischen Rück- und Vorausgriff zugleich. Das Unternehmen, für das Ma eine eigene Firma gründete, hat schon vielfältige Aktivitäten erzeugt. Zahlreiche Komponisten erhielten Kompositionsaufträge, Konzerttourneen führten Ma und sein Silk-Road-Ensemble (mit Musikern aus dem Westen sowie Vokalisten und Instrumentalisten aus den Ländern entlang der Route) hinaus in alle Welt. Auch steht das didaktische Material einer Unterrichtsreihe für Musikschüler zum Thema im Internet zum Herunterladen bereit (www.silkroadproject.org). Finanziert wird das Projekt aus dem Aga-Khan-Kulturfonds sowie durch Spenden verschiedener musikbranchenfremder Industriefirmen - es wollte damit von Anfang an seine Unabhängigkeit wahren vor eventuellen Zugriffsversuchen aus Politik oder Musikindustrie.

Auf Yo-Yo Mas Seidenstraße soll es allein um die Schönheit der Musik gehen. Und um menschliche Begegnungen. So hat er es von Anfang an mantraartig betont. Schon bei der ersten Vorstellung des Unternehmens auf der Bühne war das zu erkennen, im Sommer 2001 beim Schleswig-Holstein-Musik-Festival. Das erste Album zum Thema wurde kurz darauf veröffentlicht. Sein programmatischer Titel: "When Strangers Meet". Nun ist nach einem Sampler mit angeblich ganz und gar authentischer Musik von der Seidenstraße, die von der skurrilen Vorstellung ausgeht, Marco Polo hätte bei seinen Erkundungsreisen ein Aufnahmegerät mit sich geführt, der zweite Zugriff Mas auf die Klangschätze der Kulturen entlang der achttausend Kilometer langen Trans-Asien-Strecke erschienen. Die CD trägt zwar den Titel "Beyond the Horizon" (Sony Classical SK 93962), doch scheint hier das ursprüngliche Konzept von der Gleichberechtigung der musikalischen Beiträge aus Ost und West nunmehr vollends aufgehoben zugunsten eines Passepartout-Universal-Klangs. Einzelnen Stücken ist ihre Herkunft kaum noch anzumerken - sie fügen sich, meist von großen Ensemblebesetzungen ausgeführt, zu einem Soundtrack des irgendwie Exotischen, fremdartig Tönenden: Ungefähr diese Klänge waren es, die einst in den Zeiten vor dem global allumfassenden Siegeszug der Popmusik lehrreiche ethnologische Dokumentarfilme über die Erforschung der Welt grundiert hatten. Dann läßt Yo-Yo Ma sein Cello singen. Im Hintergrund summt und brummt es, Darmsaiten sirren, Blasinstrumente zirpen, und immerzu klöppelt jemand auf einer Trommel. Eigenartig erschöpft klingt diese Musik, als sei sie zurückgekehrt nach einem langen Marsch. Und als ob jene, die mit großen Hoffnungen aufgebrochen waren, froh sind, endlich wieder nach Hause zu kommen. Nur das Cello möchte immer weiter und weiter schweben. Als sei die Reise Yo-Yo Mas auf der Seidenstraße am Ende doch nur ein Egotrip in die Unendlichkeiten des Kitsches.

ANDREAS OBST

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