Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 5. Juni 2009
- Hersteller: Warner Music Group Germany Hol / Warner Music International,
- EAN: 0825646901371
- Artikelnr.: 26243586
- Herstellerkennzeichnung
- Warner Music
- Warner Music Group Germany Holding GmbH
- Alter Wandrahm 14
- 20457 Hamburg
- anfrage@warnermusic.com
CD | |||
1 | 10/10 | 00:02:55 | |
2 | Coming Up Easy | 00:04:17 | |
3 | Growing Up Beside You | 00:03:39 | |
4 | Candy | 00:04:59 | |
5 | Tricks Of The Trade | 00:02:32 | |
6 | Pencil Full Of Lead | 00:02:25 | |
7 | No Other Way | 00:04:26 | |
8 | High Hopes | 00:02:55 | |
9 | Chamber Music | 00:02:27 | |
10 | Simple Things | 00:02:32 | |
11 | Worried Man | 00:03:00 | |
12 | Keep Rolling | 00:02:32 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.09.2009Ein Spiegelei zum Glück
Gewagt, gekonnt: Paolo Nutini ehrt die alten Meister
Wer die Stimme Paolo Nutinis zum ersten Mal hört - und kaum jemand wird vor zwei Jahren seinem Hit "Last request" entgangen sein -, fragt sich unwillkürlich, wer das ist, der da singt. Sie klingt derart rauh und im nächsten Moment wieder durchtrieben gefällig, dass man wegen des Akzents zuerst auf einen behaarten italienischen Unterhaltungssänger in den mittleren Jahren tippt, der in englischer Sprache einen Überraschungs-Hit gelandet hat.
Aber es ist anders: Paolo Nutini ist zweiundzwanzig Jahre alt, kommt aus Schottland und hat einen italienischen Vater, der in Paisley - dies eine zweite hübsche Pointe - einen Fish-and-Chips-Laden führt. Er hat riesige Augen, die er beim Singen meistens schließt, einen ebenso großen Mund, und er bewegt sich bei Improvisationen, bei denen er oberhalb der Hüfte einknickt, noch sonderbarer als Joe Cocker. Ansonsten strahlt er die Schüchternheit eines jungen hochtalentierten Mannes aus, der gute Laune hat, aber in Ruhe gelassen werden möchte.
Nutini ist also leicht zu verkennen. Vielleicht wollte er deshalb mit seinem neuen Album "Sunny Side Up", das seine Plattenfirma diplomatisch als "unfashionably eclectic" bezeichnet, allen beweisen, dass er musikalisch nur schwer einzuordnen ist. Dem Hörer schallt jedenfalls eine immense stimmliche Bandbreite entgegen, die ebenso Respekt einflößt wie zu Vergleichen anregt, weil der erkennbare Nutini-Stil dann doch zu oft hinter die musikalische Kraftprobe zurücktritt.
In der mitreißenden Eingangsnummer "10/10" zum Beispiel schmiegt sich Nutini sängerisch nach dem bläsersatten Ska-Auftakt an Bob Marley an, und auch wenn er diesen Eindruck durch übermütiges Krähen, Johlen und das ihm eigene Tremolo hintertreibt, bleibt das ein gekonnt vorgetragener Reggae, für den man sich keine neue CD kaufen muss. Dennoch ist hier ein Grundakkord angeschlagen, der sich im Album fortentwickelt: traditionelle Arrangements unterschiedlichster Herkunft - Nutini selbst spricht von einem "random mish mash" -, Texte über Liebe, Sonne und das einfache Leben nach dem Motto: Mir reicht ein Spiegelei, um die Sonnenseite des Lebens zu genießen. Man sieht förmlich junge Menschen vor sich auf Lehmböden tanzen.
Sam Cooke ist der stimmliche Türöffner für "Coming up easy", eine Soul-Nummer, die erst allmählich durch mutwillige, allerdings an Janis Joplin erinnernde Phrasierungen an Kontur gewinnt, bevor sie im entfesselten Schlussgesang wirklich eigenständig wird. Unvergesslich, wie druckvoll Nutini sich im Refrain "It was in love I was created and in love is / how I hope I die (oh aye)" in Ekstase steigert und wild schreiend sogar Screamin' Jay Hawkins Konkurrenz macht. Hier berauscht sich der begnadete Sänger am instinktsicheren Songwriter.
Musste man ihn gerade noch anbinden, sitzt er, man sieht es im Video, im nächsten Stück, "Growing up Beside You", hellhörig und friedlich mit seiner Band, den Vipers, in einem hüttenähnlichen Anwesen und spielt live eine extrem entspannte Akkordeon-Ballade ein. "Candy" ist dann eine jener typisch rätselhaft-flirrenden Nutini-Balladen, wobei es in dieser hier gerade regnet und ein Mann zu seiner Frau zurück will, der er, eine ungewöhnliche Zeile für populäre Musik, sogar "die Kleider waschen" würde, wenn sie ihn nur erhört.
Als Sänger und Songwriter kann Nutini aber nicht alles. In "Tricks of Trade" gelingt es ihm nicht einmal in Ansätzen, wie ein prophetischer Folkbarde zu klingen. Das Ganze wirkt eher wie eine verunglückte Richie-Havens-Kopie. Und eine kleine Enttäuschung ist das ihm nach eigener Aussage besonders wichtige Stück "Simple Things", textlich eine Respektbezeugung für den eigenen Vater, die in eine gänzlich ungebrochene Feier des einfachen Lebens hinter der Friteuse mündet und damit das Ursubversive des Ansatzes verschenkt.
Offenbar hält man den noch von Ahmet Ertegun entdeckten Nutini, der, als eine Art Maskottchen seiner Plattenfirma, schon mit den Rolling Stones, Led Zeppelin und Ben E. King auf der Bühne stand, bei Atlantic für derart talentiert, dass man ihn sich in Ruhe ausprobieren lässt. Bei dieser CD, die immerhin drei bis vier herausragende Stücke enthält, aber den musikalischen Vorbildern zu wenig Zukunftsfähiges abgewinnt, hat man es ihm jedoch zu leicht gemacht. Man kann das ungenutzte Potential dieses Ausnahmemusikers an vielen Stellen deutlich hören.
UWE EBBINGHAUS
Paolo Nutini, Sunny Side Up. Atlantic 555753 (Warner)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gewagt, gekonnt: Paolo Nutini ehrt die alten Meister
Wer die Stimme Paolo Nutinis zum ersten Mal hört - und kaum jemand wird vor zwei Jahren seinem Hit "Last request" entgangen sein -, fragt sich unwillkürlich, wer das ist, der da singt. Sie klingt derart rauh und im nächsten Moment wieder durchtrieben gefällig, dass man wegen des Akzents zuerst auf einen behaarten italienischen Unterhaltungssänger in den mittleren Jahren tippt, der in englischer Sprache einen Überraschungs-Hit gelandet hat.
Aber es ist anders: Paolo Nutini ist zweiundzwanzig Jahre alt, kommt aus Schottland und hat einen italienischen Vater, der in Paisley - dies eine zweite hübsche Pointe - einen Fish-and-Chips-Laden führt. Er hat riesige Augen, die er beim Singen meistens schließt, einen ebenso großen Mund, und er bewegt sich bei Improvisationen, bei denen er oberhalb der Hüfte einknickt, noch sonderbarer als Joe Cocker. Ansonsten strahlt er die Schüchternheit eines jungen hochtalentierten Mannes aus, der gute Laune hat, aber in Ruhe gelassen werden möchte.
Nutini ist also leicht zu verkennen. Vielleicht wollte er deshalb mit seinem neuen Album "Sunny Side Up", das seine Plattenfirma diplomatisch als "unfashionably eclectic" bezeichnet, allen beweisen, dass er musikalisch nur schwer einzuordnen ist. Dem Hörer schallt jedenfalls eine immense stimmliche Bandbreite entgegen, die ebenso Respekt einflößt wie zu Vergleichen anregt, weil der erkennbare Nutini-Stil dann doch zu oft hinter die musikalische Kraftprobe zurücktritt.
In der mitreißenden Eingangsnummer "10/10" zum Beispiel schmiegt sich Nutini sängerisch nach dem bläsersatten Ska-Auftakt an Bob Marley an, und auch wenn er diesen Eindruck durch übermütiges Krähen, Johlen und das ihm eigene Tremolo hintertreibt, bleibt das ein gekonnt vorgetragener Reggae, für den man sich keine neue CD kaufen muss. Dennoch ist hier ein Grundakkord angeschlagen, der sich im Album fortentwickelt: traditionelle Arrangements unterschiedlichster Herkunft - Nutini selbst spricht von einem "random mish mash" -, Texte über Liebe, Sonne und das einfache Leben nach dem Motto: Mir reicht ein Spiegelei, um die Sonnenseite des Lebens zu genießen. Man sieht förmlich junge Menschen vor sich auf Lehmböden tanzen.
Sam Cooke ist der stimmliche Türöffner für "Coming up easy", eine Soul-Nummer, die erst allmählich durch mutwillige, allerdings an Janis Joplin erinnernde Phrasierungen an Kontur gewinnt, bevor sie im entfesselten Schlussgesang wirklich eigenständig wird. Unvergesslich, wie druckvoll Nutini sich im Refrain "It was in love I was created and in love is / how I hope I die (oh aye)" in Ekstase steigert und wild schreiend sogar Screamin' Jay Hawkins Konkurrenz macht. Hier berauscht sich der begnadete Sänger am instinktsicheren Songwriter.
Musste man ihn gerade noch anbinden, sitzt er, man sieht es im Video, im nächsten Stück, "Growing up Beside You", hellhörig und friedlich mit seiner Band, den Vipers, in einem hüttenähnlichen Anwesen und spielt live eine extrem entspannte Akkordeon-Ballade ein. "Candy" ist dann eine jener typisch rätselhaft-flirrenden Nutini-Balladen, wobei es in dieser hier gerade regnet und ein Mann zu seiner Frau zurück will, der er, eine ungewöhnliche Zeile für populäre Musik, sogar "die Kleider waschen" würde, wenn sie ihn nur erhört.
Als Sänger und Songwriter kann Nutini aber nicht alles. In "Tricks of Trade" gelingt es ihm nicht einmal in Ansätzen, wie ein prophetischer Folkbarde zu klingen. Das Ganze wirkt eher wie eine verunglückte Richie-Havens-Kopie. Und eine kleine Enttäuschung ist das ihm nach eigener Aussage besonders wichtige Stück "Simple Things", textlich eine Respektbezeugung für den eigenen Vater, die in eine gänzlich ungebrochene Feier des einfachen Lebens hinter der Friteuse mündet und damit das Ursubversive des Ansatzes verschenkt.
Offenbar hält man den noch von Ahmet Ertegun entdeckten Nutini, der, als eine Art Maskottchen seiner Plattenfirma, schon mit den Rolling Stones, Led Zeppelin und Ben E. King auf der Bühne stand, bei Atlantic für derart talentiert, dass man ihn sich in Ruhe ausprobieren lässt. Bei dieser CD, die immerhin drei bis vier herausragende Stücke enthält, aber den musikalischen Vorbildern zu wenig Zukunftsfähiges abgewinnt, hat man es ihm jedoch zu leicht gemacht. Man kann das ungenutzte Potential dieses Ausnahmemusikers an vielen Stellen deutlich hören.
UWE EBBINGHAUS
Paolo Nutini, Sunny Side Up. Atlantic 555753 (Warner)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main