Tangents ist das neue Album von Englands führendem Tangoensemble Tango Siempre. Das Album ist das Resultat der Zusammenarbeit der Band mit dem Jazz Saxophonisten Gilad Atzmon und dem Schlagzeuger und Remixer Steve Argüelles. Das Ergebnis ist eine kraftvolle und neue Fusion von Tango und Jazz. Die Musik ist leidenschaftlich, intensiv, und haucht dem Tango Nuevo mit viel Seele, feurigen Improvisationen, glänzendem Zusammenspiel und soliden Grooves neues Leben ein. Mit der Ausnahme der Coverversion von "La Cumparsita" und einer neuen Komposition von Gilad Atzmon (eine Fusion von arabischer Musik, Tango und Jazz) sind alle Stücke aus der Feder der drei Tango Siempre Musiker Ros Stephen (Geige), Jonathan Taylor (Piano) und Pete Rosser (Akkordeon).
CD | |||
1 | Diablo Slow | ||
2 | Diablo Fast | ||
3 | Beach 26 | ||
4 | Sweet Dreams | ||
5 | Cascada | ||
6 | Los Pasos Gigantes | ||
7 | Nazareth | ||
8 | No te Olvido | ||
9 | Cumparsita |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2007Bittere Süße
Ob global, lokal oder auch einmal mitteleuropäisch: Der Tango lebt
Es könnte ein Muezzin sein, der da in den Abend hinaustönt. Gilad Atzmon spielt den orientalischen Ruf auf dem Saxophon, bis sich plötzlich der Bass mit unverkennbarem Tango-Rhythmus einschleicht und schließlich auch noch das Akkordeon einsteigt. Dieses Stück der britischen Formation "Tango siempre" heißt "Nazareth" - womit freilich ein Vorort von Buenos Aires gemeint ist. "Tango siempre" sind Meister darin, immer wieder zum Tango zurückzufinden, von welcher Ecke der Welt aus auch immer. Eine "Fusion" ist schon ihr Mix aus natürlichen und synthetischen Klängen, fusioniert werden auch Klassik und Jazz, Orient und Okzident. Das erste Stück des neuen Albums mit dem hübschen Titel "Diablo fast" klingt so, als ob der Tango-Rhythmus nur ausgebüchst sei und nun unkontrolliert durch die Gegend rase - ein herb instrumentiertes Stück wie eine Achterbahn.
Zwei klassische Trio-Formationen aus Violine, Cello und Klavier haben sich der Tangos Astor Piazzollas angenommen und dabei unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Die "Vier Jahreszeiten", "Oblivion" und "Le Grand Tango" stehen vergleichsfreundlich auf beider Programm. Friedemann Eichhorn, Julius Berger und José Gallardo verbinden die makellose Technik ihrer klassischen Ausbildung mit einem bemerkenswerten Gespür für den Tango-Sexappeal. Mit voller Attacke, aber nie ohne Eleganz stürzt sich Eichhorn mit seiner Violine ins Getümmel, ficht in den hochvirtuosen Passagen wie mit dem Florett, schluchzt andernorts hemmungslos. Auf wunderbare Weise bewahrt er, aller Finesse zum Trotz, die Aura eines Stehgeigers. Berger begreift sein Cello nicht nur als Melodie-, sondern auch als Farbinstrument, er steuert im Hintergrund oft so näselnde Töne bei, dass man glauben könnte, sie stammten von einem Akkordeon.
In solchen Momenten scheint sich hinter der Musik ein Sehnsuchtsraum aufzutun. Gallardo am Klavier ist ein ungeheuer fingerfertiger, eleganter Begleiter, der selbst halsbrecherische Passagen mit unfehlbarem Rhythmusgespür meistert. Das Devich-Trio geht an die Sache eher mitteleuropäisch heran, es stellt seine beträchtliche klassisch-romantische Klangkultur in den Dienst des Tanzes. Vieles gerät dadurch berückend schön, in der Tat kann Piazzollas Musik ja auch Tonschönheit gut gebrauchen. Aber auch die bittere Süße, den Weltschmerz gibt es hier in Hülle und Fülle. Das Devich-Trio spielt präzise, leidenschaftlich, innig, und es verfügt über alle Tugenden eines klassischen Trios. Über Nonchalance freilich verfügen sie nicht. Ihr Piazolla klingt stets ein wenig so, als sei er von Brahms komponiert worden.
MICHAEL GASSMANN
Tangents. Tango siempre. Galileo MC 024
Astor Piazzolla, Le Grand Tango. Friedemann Eichhorn, Julius Berger, José Gallardo. Hänssler classic 93.205 (Naxos)
Tango Romances. Piazzolla & Bragato. Devich Trio. Challenge Classics 72178 (Sunny Moon)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ob global, lokal oder auch einmal mitteleuropäisch: Der Tango lebt
Es könnte ein Muezzin sein, der da in den Abend hinaustönt. Gilad Atzmon spielt den orientalischen Ruf auf dem Saxophon, bis sich plötzlich der Bass mit unverkennbarem Tango-Rhythmus einschleicht und schließlich auch noch das Akkordeon einsteigt. Dieses Stück der britischen Formation "Tango siempre" heißt "Nazareth" - womit freilich ein Vorort von Buenos Aires gemeint ist. "Tango siempre" sind Meister darin, immer wieder zum Tango zurückzufinden, von welcher Ecke der Welt aus auch immer. Eine "Fusion" ist schon ihr Mix aus natürlichen und synthetischen Klängen, fusioniert werden auch Klassik und Jazz, Orient und Okzident. Das erste Stück des neuen Albums mit dem hübschen Titel "Diablo fast" klingt so, als ob der Tango-Rhythmus nur ausgebüchst sei und nun unkontrolliert durch die Gegend rase - ein herb instrumentiertes Stück wie eine Achterbahn.
Zwei klassische Trio-Formationen aus Violine, Cello und Klavier haben sich der Tangos Astor Piazzollas angenommen und dabei unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Die "Vier Jahreszeiten", "Oblivion" und "Le Grand Tango" stehen vergleichsfreundlich auf beider Programm. Friedemann Eichhorn, Julius Berger und José Gallardo verbinden die makellose Technik ihrer klassischen Ausbildung mit einem bemerkenswerten Gespür für den Tango-Sexappeal. Mit voller Attacke, aber nie ohne Eleganz stürzt sich Eichhorn mit seiner Violine ins Getümmel, ficht in den hochvirtuosen Passagen wie mit dem Florett, schluchzt andernorts hemmungslos. Auf wunderbare Weise bewahrt er, aller Finesse zum Trotz, die Aura eines Stehgeigers. Berger begreift sein Cello nicht nur als Melodie-, sondern auch als Farbinstrument, er steuert im Hintergrund oft so näselnde Töne bei, dass man glauben könnte, sie stammten von einem Akkordeon.
In solchen Momenten scheint sich hinter der Musik ein Sehnsuchtsraum aufzutun. Gallardo am Klavier ist ein ungeheuer fingerfertiger, eleganter Begleiter, der selbst halsbrecherische Passagen mit unfehlbarem Rhythmusgespür meistert. Das Devich-Trio geht an die Sache eher mitteleuropäisch heran, es stellt seine beträchtliche klassisch-romantische Klangkultur in den Dienst des Tanzes. Vieles gerät dadurch berückend schön, in der Tat kann Piazzollas Musik ja auch Tonschönheit gut gebrauchen. Aber auch die bittere Süße, den Weltschmerz gibt es hier in Hülle und Fülle. Das Devich-Trio spielt präzise, leidenschaftlich, innig, und es verfügt über alle Tugenden eines klassischen Trios. Über Nonchalance freilich verfügen sie nicht. Ihr Piazolla klingt stets ein wenig so, als sei er von Brahms komponiert worden.
MICHAEL GASSMANN
Tangents. Tango siempre. Galileo MC 024
Astor Piazzolla, Le Grand Tango. Friedemann Eichhorn, Julius Berger, José Gallardo. Hänssler classic 93.205 (Naxos)
Tango Romances. Piazzolla & Bragato. Devich Trio. Challenge Classics 72178 (Sunny Moon)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main