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Produktdetails
  • Anzahl: 1 Audio CD
  • Erscheinungstermin: 13. April 2004
  • Hersteller: Universal Music,
  • EAN: 0602498622469
  • Artikelnr.: 20038439
Trackliste
CD
1Stop This World00:04:00
2The Girl In The Other Room00:04:07
3Temptation00:04:30
4Almost Blue00:04:07
5I've Changed My Address00:04:49
6Love Me Like A Man00:05:53
7I'm Pulling Through00:04:05
8Black Crow00:04:58
9Narrow Daylight00:03:34
10Abandoned Masquerade00:05:13
11I'm Coming Through00:05:10
12Departure Bay00:05:41
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.04.2004

Die Masken sind abgelegt
Himmelsmacht: Diana Krall singt von Liebe, Tod und Elvis Costello

Es muß nicht gegen die Musik sprechen, wenn die Platten einer gewissen Jazzpianistin gern in Restaurants, Bars und an anderen Orten öffentlicher Geselligkeit gespielt werden. Diana Kralls sagenhaft erfolgreiche Alben "When I Look In Your Eyes" (1999) und "The Look Of Love" (2001) kann man gelegentlich auch in Feinkostgeschäften hören, in coffee shops und, o Graus, in Fahrstühlen. Und trotzdem gehören sie nicht nur zum Populärsten, sondern auch zum Besten, was der zeitgenössische Jazz hervorgebracht hat.

Woran es auch liegen mag - an ihrem vielzitierten Mentor Jimmy Rowles (der schon Billie Holiday, Sarah Vaughn und Ella Fitzgerald in die richtigen Schuhe half), an ihrem frischgebackenen Ehemann und Rock-Orakel Elvis Costello, am schmerzhaften Verlust der Mutter durch eine Krebserkrankung oder an ihrem nahenden vierzigsten Geburtstag: Das neue, achte Album der Kanadierin wird, soviel ist sicher, nicht als dezente Untermalung von Einkaufstouren und Kaffeekränzchen zu hören sein. Dazu ist es zu unerwartet, zu ungewöhnlich und zu anspruchsvoll. Zu gut.

"The Girl In The Other Room" mag äußerlich mit schick abgerundeten Ecken und als luxuriös anmutende "Super Audio CD" daherkommen, doch musikalisch ist dies ein Werk mit Ecken und Kanten. Jene Brüche, die Diana Krall nolens volens zu einer so einfühlsamen Sängerin gemacht haben müssen, prägen nun auch ihre Eigenkompositionen. Sechs Stücke, die Hälfte des neuen Albums, stammen von ihr selbst. Die Liedtexte verdichtete Elvis Costello nach den Aufzeichnungen und Beschreibungen seiner Frau. Eine intensive, intime Arbeitsgemeinschaft: Er saß am Schreibtisch und brütete über den Worten, während sie im Zimmer nebenan am Klavier nach Melodien suchte, in der sich die Komplexität ihrer Gedanken und Emotionen ausdrücken ließe. Das Ergebnis ist eine mutige Mischung aus temperamentvoller Lebenslust und ungefilterter Melancholie, von gewohnt lässiger sophistication, doch glücklicherweise weniger romantisch und rührselig, als man es von einem Produkt der Brautzeit befürchtet hätte.

Nicht die anderen, die großen Vorbilder stehen im Zentrum dieses Albums, sondern erstmals Diana Krall selbst. Sie hat es nicht mehr nötig, den blonden Schopf und die langen Beine einzusetzen, um Käufer über die kommerzielle Schwelle zu locken. Genau wie ihre Stimme, die von augenzwinkernder Eleganz bis herber Laszivität, quasi von Katherine Hepburn bis Kathleen Turner alle Klangposen souverän beherrscht, sind auch ihre Songs von einer selbstbewußten, entschiedenen Dramaturgie.

Entspannt, mit einer übergeworfenen Jacke, zeigt das Cover sie am Klavier, versunken in die Musik, und ebenso lässig verlangt sie gleich zu Beginn: "Stop This World." Nachdem also die Tür verschlossen, der Vorhang zugezogen und die Anlage lauter gestellt ist, erzählt sie die Geschichte vom Mädchen im Zimmer nebenan. Es hat lernen müssen, daß eigentlich alle Ängste begründet sind. Es hat die Mutter verloren und die große Liebe gefunden; wenn es heute auf den Ring am Finger blickt, sieht es vor allem die Hand der Mutter, der sie versichert: "I'm coming through." Das Mädchen hat inmitten der Trauer Hoffnung gefunden, die Musikerin ihren ureigenen Stil. Kein Zweifel: Diana Krall ist durchgekommen.

Daß Joni Mitchell das geheime Epizentrum ihrer Musik ist, konnte ahnen, wer auf der "Live In Paris"-Platte ihre Version von "A Case of You" vernahm; dieses Mal ist es "Black Crow". Doch noch ein anderer Song funkelt im Dunkel: Diana Kralls Interpretation von Costellos "Almost Blue". Der Biß und die Wut, welche diese Frau in ihr Klavierspiel legen kann, veredeln "Temptation" von Tom Waits. Überhaupt ist diese Sängerin völlig unfähig zu schmachten. In ihrer Stimme liegt stets ein berückendes Grollen, ein verschwörerischer Ton, gepaart mit einer unschuldigen Ironie, als könnte ein anständiges Mädchen aus Vancouver Island doch eigentlich gar nicht wissen, wovon sie da singt.

Doch jetzt, in den desolaten Kadenzen von "Narrow Daylight" oder der brutal aufrichtigen, selbstentlarvenden "Abandoned Masquerade", gibt sie zu, daß sie noch viel mehr weiß als das, wovon sich singend berichten läßt. Im letzten Stück, dem grandios wehmütigen "Departure Bay", kehrt sie ohne die Mutter in ihr Elternhaus zurück und nimmt Abschied von der behüteten Kindheit. Auch musikalisch ist die Abnabelung inzwischen gelungen: Diana Krall, die berühmt wurde für ihre Interpretationen der Großen, wird demnächst wohl selbst interpretiert werden.

FELICITAS VON LOVENBERG

Diana Krall, The Girl In The Other Room. Verve 62046

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