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Produktdetails
  • Anzahl: 1 Audio CD
  • Erscheinungstermin: 26. März 2010
  • Hersteller: GOODTOGO / DOMINO RECORDS,
  • EAN: 5034202025726
  • Artikelnr.: 28894318
Trackliste
CD
1Troublesome Houses00:04:22
2Teach Me To Bear You00:05:43
3With Cornstalks Or Among Them00:03:08
4The Sounds Are Always Begging00:04:57
5Go Folks, Go00:05:53
6That's What Our Love Is00:07:23
7Merciless And Great00:05:31
8Where Wind Blows00:04:15
9Someone Coming Through00:03:46
10Kids00:02:47
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2010

Mit dem Mut des Pessimisten

Liebe und Endzeitstimmung: Bonnie "Prince" Billy erkundet auf seinem neuen Album die Wunder der besten aller Welten.

Der amerikanische Singer/Songwriter Will Oldham, besser bekannt unter dem Namen Bonnie "Prince" Billy, begann seine Karriere mit erratischen, zerrütteten Folk-, Blues- und Country-Songs, die oft in Lo-Fi-Manier dargeboten wurden. Seine Alben "I See A Darkness" - den Titelsong coverte vor gut zehn Jahren und sehr eindrucksvoll Johnny Cash auf seiner dritten American-Recordings-Platte - und "Master And Everyone" sind inzwischen moderne Klassiker, während das dazwischengeschobene, außerordentlich schöne "Ease Down The Road" von 2001 wegen seiner gefälligen Produktion zunächst auf weniger Gegenliebe stieß. Dabei deutete sich damals schon an, wohin die Reise gehen würde. Oldham, den man aufgrund seiner Texte für den einsamsten und verzweifeltsten Menschen auf Erden halten konnte, hatte offenbar Hoffnung geschöpft. In den vergangenen Jahren, spätestens mit "The Letting Go", wurden die Arrangements luftiger und heller, es gesellten sich Liebeslieder von unvergleichlicher Schönheit neben die düsteren Hymnen auf die Schattenseiten des Daseins. Zur naiven Frohnatur ist der bärtige Thronfolger freilich nicht geworden. Aber die Kompositionen des 1970 in Louisville, Kentucky, geborenen Grüblers wirken seitdem entspannter, weniger kunstsinnig und sperrig. Ihm deswegen eine Anbiederung an den Mainstream zu unterstellen wäre dennoch Unsinn. Dafür ist er weiterhin zu eigensinnig, kompromisslos und talentiert.

"The Wonder Show Of The World", das zehnte Studioalbum unter dem Signet Bonnie "Prince" Billy, kann als Ausdifferenzierung dieser Entwicklung gelesen werden. Schon allein durch den bescheidenen Gestus, mit dem es daherkommt, nimmt es für sich ein. Es klingt, als hätten ein paar Freunde spontan zusammengefunden, um gemeinsam zu musizieren. Zurückgelehnt zupfen sie die Gitarrensaiten, lassen sich forttragen von einer feinen Melodie und vertrauen sich ihren Improvisationskünsten an. Sie wärmen sich an einem akustischen Lagerfeuer, das in der Geschichte des Folk seit den sechziger Jahren brennt, neuerlich angeheizt von Oldhams behaglicher Stimme. Es sind Freunde, vor denen man sich nicht einmal rechtfertigen muss, weil man zwielichtige Etablissements besucht, wie es der Auftakt von "Troublesome Houses" kundtut: "I once loved a girl, but she couldn't take that I visited troublesome houses. (...) When she was gone I missed her, I did ... and still went to trouble-some places." Dieses traurige Eingeständnis, das den Verlust einer Geliebten nach sich zieht, wird von der Begleitband The Cairo Gang verdichtet. Sie besteht vor allem aus dem kalifornischen Gitarristen Emmett Kelly, der bereits auf einigen Alben Oldhams zu hören war. Ihr Stelldichein erschafft eine dichte, beinahe schmucklose Atmosphäre, die ungezwungener wirkt als frühere Kollaborationen, etwa mit den Postrockern von Tortoise oder mit Matt Sweeney. Unterstützt werden die beiden außerdem von Phil Elverum von der Band Mount Eerie, der unter anderem den Chor von "Go Folks, Go" bereichert, und von Shahzad Ismaily, der gelegentlich Bass und Perkussion beisteuert.

Die schlichte Instrumentierung der Combo verstärkt den Eindruck einer intimen, auf das Wesentliche konzentrierten Zusammenarbeit. Ihren Höhepunkt findet sie in der Ballade "That's What Our Love Is", die behutsam und tastend ein Konzept der Liebe entwirft. In gut sieben Minuten erkundet sie der Song, gefangen zwischen Fatalismus und Verführung, Glück und Endzeitstimmung: "I believe these are end times. Wouldn't it be best to be together then?" Die Liebe ist nur eines von vielen Wundern dieser Welt in Will Oldhams Lesart. Trotzig, doch in sanftem Tonfall wird sie gegen die widrigen Verhältnisse behauptet. Gibt er zu Beginn noch den gar nicht so reumütigen Sünder, sucht er später demütig nach Wahrheit, Vergebung und Erlösung. Im ätherischen "Merciless and Great" und im zartbesaiteten "Where Wind Blows" zeigt er sich von seiner verletzlichsten Seite. Für seine Schuld hat er inzwischen bezahlt. Oldhams ebenso zweifelnder wie selbstbewusster Gesang erhebt sich über das leise Knistern einer in den Hintergrund tretenden Gitarre: "So it isn't clear what's wrong with me. I get my feet wet, I have paid my debt, I am loved yet."

Wenn etwas die jüngsten Texte von Will Oldham auszeichnet, so ist es das ehrliche Bekenntnis der menschlichen Schwächen, das nun allerdings von tröstlichen Botschaften begleitet wird. Große Worte muss er nicht machen, um sich an die großen Fragen zu wagen. Er weiß, dass es um die Weltenordnung in einem dies- wie jenseitigen Sinne nicht unbedingt zum Besten bestellt ist. Damit abgefunden hat er sich noch lange nicht. Seinem Ringen um Erkenntnis zuzuhören ist trotz des hin und wieder aufkeimenden Pessimismus heilsam und ermutigend.

ALEXANDER MÜLLER

Bonnie "Prince" Billy & The Cairo Gang, The Wonder Show Of The World. Drag City/Domino 257

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