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Produktdetails
Trackliste
CD
1To whom it may concern00:10:47
2Hüben Ohne Drüben00:04:39
3Scratching at the Tonhalle00:04:52
4Jungle beat 3 - The train and the river00:05:49
5Homage to Don Cherry00:03:59
6Ida Lupino00:03:48
7Four in one00:02:51
8Bleu foncé00:04:18
9Xaba00:04:24
10Final ending00:05:50
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Revolte, Utopie, Wagnis
Zürcher Solo-Triumph der Jazzpianistin Irène Schweizer

Von Ulrich Olshausen

Irène Schweizer ist Schweizerin und seit einem knappen halben Jahrhundert das sympathischste Aushängeschild des schweizerischen Jazz. So weit die Ortsbestimmung. Mit unzähmbarer Neugier hat sich die aus Schaffhausen stammende Pianistin auf die Herausforderungen des großen Umbruchs im amerikanischen Jazz der sechziger Jahre eigene Reime gemacht. Mit vielen Musikern, auch amerikanischen, hat sie den neuen Freiheiten Struktur gegeben, sie hat mitgewirkt bei der Gründung von Schallplattenfirmen und Festivals, war treibende Kraft in jeder Art von Experiment, Ansprechpartnerin auf allen einschlägigen Konzerten des Kontinents. "Unerschöpfliche Spielfreude" und "wilde Wagnisse" wurden ihr attestiert, gefeiert wurde sie als Mitglied des inneren Kreises der Berliner Free Music Production - "die 1968 als europäisches Echo auf die musikalische Befreiung des amerikanischen schwarzen Free Jazz entstand und aus dem riesigen Ideenvorrat an Emanzipation, Revolte und Utopie schöpfte", wie es Patrik Landolt beschreibt, ihr heutiger Produzent.

Dieser Tage wird Irène Schweizer einundsiebzig, und was sie auf ihren aktuellen CDs demonstriert, nennen wir mal Lebensstil: eine betörende, wundervolle Bilanz endloser Erfahrungen und Vorlieben, von Wanderungen und Rastplätzen. Man wird diesen Stil wohl ebenso gewachsener Weisheit zuschreiben können, wie der Erkenntnis, dass es längst keine Speerspitze einer avantgardistischen Entwicklung mehr gibt, nur unübersichtlich viele Verzweigungen. "Man könnte sagen, dass ich heute eine Vielzahl musikalischer Materialien vom freien Spiel aus interpretiere", so Schweizer. Das ist jetzt nachzuhören im Mitschnitt des triumphalen Solokonzertes, das sie letztes Jahr in der Tonhalle Zürich gab: "To Whom It May Concern". Mit höchstem Unterhaltungswert werden hier scheinbar disparate Elemente künstlerisch logisch an- und ineinander gefügt. Spielt da Arnold Schönberg den Blues? Überlegt sich Bach das nächste Fugenthema? Will Erroll Garner auch mal an sich erinnern? Schmollt Cecil Taylor, weil sein Einfluss nicht mehr so dominant ist wie am Anfang von Schweizers Karriere? Sanft-respektvoll geht sie mit Fremdkompositionen von Thelonious Monk, Carla Bley, Dollar Brand und anderen um. Auf dem Gebiet der großen Solo-Performer des Jazzklaviers liegt sie hier neben Keith Jarrett, aber nicht in derselben Schublade!

Und eine neue Ensemble-CD von Irène Schweizer gibt es auch noch: Im European Quartet ihres Landsmannes, des Saxophonisten Jürg Wickihalder, spielt sie ihre Fähigkeiten hitzig antreibender Dialoge, zarter Kommentare mit Furor und Feingefühl aus ("Jump"/Intakt). Hier darf sie auch mal ganz normal über konventioneller Rhythmusgruppe swingen.

Irène Schweizer, To Whom It May Concern.

Intakt 200 (harmonia mundi)

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