Produktdetails
  • Anzahl: 1 Audio CD
  • Erscheinungstermin: 12. Oktober 2014
  • Hersteller: NRW Vertrieb / ECM Records,
  • EAN: 0602498751497
  • Artikelnr.: 20834641
  • Herstellerkennzeichnung
  • NRW Vertrieb, a division of Wismart Verlag e.K.
  • Alter Holzhafen 19
  • 23966 Wismar
  • info@mv-nrw.de
Trackliste
CD
1Intro [From "Tuki"]00:03:41
2Jahlena00:04:19
3Loharbye00:06:13
4Kokonum00:08:28
5Rubato00:06:19
6Dunya00:06:02
7Tuki00:03:25
8Kalimba 600:03:36
9Tonya00:03:57
10Osa Yambe00:04:08
11Box00:04:25
12Me00:04:06
13Ending00:03:11
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.2006

Elektrolurchi
Nordsüdgefällig: Jazz-Signale aus Gambia und Schweden

So mühelos, vielfältig und spektakulär sich der Jazz mit der Rockmusik und allen Ethnien dieser Welt verbinden konnte, bei seinen Versuchen, der Elektronik einen integralen Platz in seinem Kosmos zu verschaffen, ist die Bilanz eher mau. Computergenerierte Musik kann (glücklicherweise) die empfindliche "Off Beat"-Rhythmik und, so wie auch der Synthesizer, die im Jazz so wichtige individuelle Klang-Aura der Spieler nicht nachbilden. Und die Scratcher, so man sie ins Elektronikfach hineinzieht, klingen viel zu sehr nach "Tom & Jerry"-Soundtrack, als daß man sie bisher ernst zu nehmen hätte. Zu viele Defizite also für eine große Verbrüderung.

Es gibt natürlich Ausnahmen, vor allem da, wo sich die Elektronik nicht zu sehr in den Vordergrund drängt, sondern nur zu einer sensiblen Mitgestaltung aufgerufen wird. Eine solche ist erstaunlicherweise eine CD des Tenorsaxophonisten Ove Johannsson und der Pianistin Susanna Lindeborg, beides schwedische Altmeister eines neugierig ausfransenden modernen Mainstream; viele Jahre waren sie in der Gruppe "Mwendo Dawa" verbunden.

Ein Märchen kann man zu dieser Musik erfinden von zwei akustischen Instrumenten, die sich in eine riesige Höhle verirren und aus unvorhersehbaren Nischen von Elektrolurchen und anderen Fabelwesen angefallen oder begrüßt werden, selten drohend, öfter lyrisch und einladend. Die beiden Helden müssen sich behaupten, indem sie sich auf die sanfte, auch mal drängende Motorik und die absolut skurrilen Klangangebote einlassen oder die Electronics dazu bewegen, ihrerseits auf die Fremdlinge einzugehen. Gelegentlich scheinen sie sich ihrer selbst vergewissern zu müssen und finden in fein gesponnenen, interaktiven freien Duetten zusammen, in denen klassische Virtuosität und Tonschönheit ihren Rang ausstellen.

Susanna Lindeborg und Ove Johansson spielen diese Musik auch live und setzen ihren Laptop mit allen Bedürfnissen des Jazzmusikers nach Spontaneität durchaus (und mit einigem Stolz) improvisatorisch ein. Auch für die Produktion des Albums im Studio gab es wenig Nachbehandlung.

Kaum eine CD illustriert das Motto ihrer Produktionsfirma ECM "The most beautiful sound next to silence" so eklatant wie die von Miki N'Doye. Der Daumenklavierspieler, Sänger und Perkussionist aus Gambia lebt seit dreißig Jahren in Oslo und ist ein fester Bestandteil der norwegischen Jazzszene, mit deren Exponenten er in unzähligen Kombinationen gespielt hat. Seine erste Platte unter eigenem Namen ist ein Monument bewegter Stille. Die unaufgeregten, sich gleichwohl diffizil entwickelnden afrikanischen Repetitionspatterns des Daumenklaviers und auch der meditativen vokalen Äußerungen werden von drei Norwegern um den Pianisten, Komponisten und erfahrenen Chef verschiedenster Jazzgruppen, Jon Balke, mit zärtlichem Respekt auf einer anderen Ebene kommentiert.

Dabei unterliegen die Beiträge der Norweger einem faszinierend gleitenden Wechsel der Funktionen. Balkes erkennbar nicht gesamplete, sondern an einem elektronischen Keyboard gespielte Musik kann diskrete Folie sein oder rhythmisch gegenläufig grummelnde Grundierung; sie kann N'Doyes ethnisch gebundenes Spiel auf eine surrealistisch anmutende Klangfläche heben oder die modalen afrikanischen Rieselfelder-Strukturen aufnehmen, um sie bis hin zu bizarren Phantasien auszukosten. Die Trompete von Per Jørgensen segelt manchmal wie von magischer Thermik getragen in der Ferne als gelassener himmlischer Beobachter des irdischen Geschehens. Der Perkussionist Helge-Andreas Norbakken ist wenig vernehmbar, kann aber an einer Stelle N'Doye im Duett zu glücklichen Gefühlen afrikanischer Polyrhythmik anregen.

ULRICH OLSHAUSEN

Susanna Lindeborg/Ove Johansson Duo, Lines. LJ Records 5240 (E-Mail: susanna@lj-records.se; Fax: 0046 35 51439)

Miki N'Doye, Tuki. ECM/Universal 1971 9875149

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