Auf dem Cover seines Albums „Nothing Great About Britain“ posierte Tyron Kaymone Frampton noch nackt und eingequetscht in einem Pranger. Ein Bild mit provokanter Symbolkraft. Machte er doch im Vorfeld der Veröffentlichung mit seiner lautstarken Anti-Brexit-Haltung von sich reden. Seine öffentlichen,
teils aggressiven Anfeindungen gegenüber Theresa May und Boris Johnson darf man gerne im Nachhinein…mehrAuf dem Cover seines Albums „Nothing Great About Britain“ posierte Tyron Kaymone Frampton noch nackt und eingequetscht in einem Pranger. Ein Bild mit provokanter Symbolkraft. Machte er doch im Vorfeld der Veröffentlichung mit seiner lautstarken Anti-Brexit-Haltung von sich reden. Seine öffentlichen, teils aggressiven Anfeindungen gegenüber Theresa May und Boris Johnson darf man gerne im Nachhinein als pubertär und naiv abtun. Dennoch sorgten sie für ein mediales Echo, welches der Karriere des jungen Engländers nicht ganz unnütz gewesen war. Zwei Jahre später legt Slowthai, so der Künstlername, unter dem Frampton seine Musik herausbringt, mit „Tyron“ endlich nach. Und auch wenn der Zweitling wesentlich persönlicher geraten ist, versteht es der Rapper wieder, sich auch hier mit Bildsprache auszudrücken. An einem Apfelbaum lehnend sitzt der Protagonist, dem ein Pfeil im Auge steckt, in einem Teufelskostüm und mit einem Apfel auf dem Kopf. Eine Metapher für den vollzogenen EU-Austritt Großbritanniens? Vom einstigen Satansbraten steckt in Slowthai noch genug drin. Der neueste Streich ist dennoch ein gelungener Versuch, seine Kunst auf ein seriöseres Niveau zu hieven.
Eigentlich stecken in „Tyron“ zwei Alben drin. Auf der ersten Hälfte rappt Slowthai zu aggressiven, aufgepumpten Grime-Beats und gibt sich dabei gewohnt großspurig, so wie in „Cancelled“ (mit seinem Freund und Idol Skepta) oder er berichtet in „Mazza“ über seine Drogen-Fehltritte vergangener Tage. In den Songs weiter hinten beleuchtet er mehr sein Inneres. Musikalisch präsentiert sich Frampton hier facettenreicher, was auch den spannenden Gäste zu verdanken ist. Im folkigen „Push“ kommt die Stimme der hierzulande noch wenig bekannten Singer-Songwriterin Deb Never zu tragen. Vermutlich der brüchigste Moment auf „Tyron“, der, wie alle Songs auf diesem Album, viel zu schnell vorbei ist. „NHS“ ist ein zu Tränen rührendes Loblied auf den „National Health Service“ des Vereinigten Königreichs in Corona-Zeiten. „Feel Away“ mit James Blake ist der herausragende Nummer Sicher-Hit und eine geschmackvolle Vermählung von Pop und Rap. Die Art und Weise wie Slowthai auf „Tyron“ mit Genre-typischen Größenwahn und seiner eigenen Verletzlichkeit jongliert, ist schlichtweg virtuos. Dazu passt auch der progressive Sound des Albums. Der 27-jährige Brite hat merklich an Reife gewonnen (von der ein oder anderen albernen Video-Auskopplung mal abgesehen) und steckt dieses Jahr wieder all seine Konkurrenten in die Tasche.