Produktdetails
- Anzahl: 1 Vinyl
- Erscheinungstermin: 4. August 2017
- Hersteller: Universal Vertrieb - A Divisio / Verve,
- EAN: 0602557587890
- Artikelnr.: 48345095
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- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Dort, wo die deutsche Romantik noch hell ist, wo ihre Natur-, Volks- und Erdverbundenheit etwas Heiteres hat und keinerlei Aggressivität kennt, wo auch ihre gelegentliche Sympathie mit dem Tode jene mit dem Leben noch nicht überwiegt und die deutsche Sprache sich in ihrer ganzen Anmut zeigt, da hat sie in dem Chordirigenten Frieder Bernius einen ihrer besten Anwälte. Mit dem Kammerchor Stuttgart nahm Bernius in den letzten Jahren viele Raritäten von Louis Spohr, Otto Nicolai und Franz Danzi auf, die lange als Biedermeier verpönt waren, aber dann in ihrer Kunstfertigkeit, Leichtigkeit und Grazie eigenen Reiz offenbarten. Zu seinem siebzigsten Geburtstag am 22. Juni hat Bernius sich und uns mit seinem Chor, den er schon als Zwanzigjähriger gründete, "Lieder im Freien zu singen" von Felix Mendelssohn Bartholdy geschenkt (Carus/Note 1). Allesamt Lieder für vierstimmigen Chor, von denen sich Mendelssohn wünschte, sie würden bei Wiesenspaziergängen, Waldwanderungen und Kahnpartien gemeinschaftlich gesungen. "O Täler weit, o Höhen" hat es tatsächlich zum Volkslied gebracht. Ganz leicht zu singen ist es nicht, aber hier klingt es so. Und das ist große Kunst.
jbm.
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Der Hype um The West Coast Get Down, das lose Musiker-Kollektiv, das sowohl für den Rapper Kendrick Lamar als auch für den derzeit als heißester Jazz-Saxophonist der Welt geltenden Kamasi Washington spielt, könnte einen fast schon missmutig stimmen, wenn nicht immer wieder Platten von einer Qualität erschienen wie jetzt "Uprising" (Verve/Universal) des Bassisten Miles Mosley. Der steht für fast schon altmodische Tugenden wie ein mit kreischendem Wah-Wah-Pedal ausgestattetes Instrument und elf Songs, die glatt aus einem Soul-Album der siebziger Jahre stammen könnten und beispielsweise Sly & The Family Stone zur Ehre gereichen würden. Dass die schmutzig und druckvoll produzierten Lieder dann doch von heute sind, merkt man an Kleinigkeiten wie dem schwer verzerrten Bass-Solo in der nach vorne stürmenden Single "Abraham" oder dem entfesselten Schlagzeug in der mit stilsicher eingesetzten Bläsern versehenen Rhythm-&-Blues-Hymne "Heartbreaking Effort of Others". Miles Mosley ist auch ein gemütvoll intonierender Sänger und verleiht der Musik so Glut und Seele. Dass seine psychedelischen Funk-Riffs gleichzeitig roh und unbehauen klingen, macht "Uprising" besonders attraktiv.
roth.
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Als Antonín Dvorák 1893 in New York die Uraufführung des Klaviertrios op. 1 von Ruben Goldmark (er lebte von 1872 bis 1936) hörte, war er begeistert. Ab jetzt gebe es zwei Goldmarks, soll er im Blick auf den berühmten Onkel seines jungen Schülers ausgerufen haben. Gemeint war der österreichische Komponist Karl Goldmark. Der in New York geborene Neffe war mit 17 Jahren nach Wien gezogen, um bei Robert Fuchs Komposition zu studieren. In seiner Heimatstadt ging er dann bei Dvorák in die Lehre und unterrichtete später George Gershwin und Aaron Copland. Ein lohnendes Album des Hyperion-Trios (cpo) koppelt Ruben Goldmarks musikantisch-vitales Gesellenstück mit dem reifen Gattungsbeitrag op. 65 von Felix Woyrsch (1860 bis 1944). Ergänzend singt die Sopranistin Carolina Ullrich dessen frühe Lieder op. 2. Der aus Schlesien stammende Autodidakt hat sie noch vor der Ankunft seines Altersgenossen Gustav Mahler in Hamburg komponiert. Mehr als 40 Jahre später ist dort sein kontrapunktisch dichtes, in spätromantisch gewendetem Brahms-Ton gehaltenes e-Moll-Trio entstanden.
wmg.
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Jason Isbell wuchs in Alabama auf, ganz in der Nähe von Muscle Shoals, und so klingt er auch: erdig, "ehrlich", kompakt. Er war lange bei den Drive By Truckers, bis er sich vor zehn Jahren selbständig machte. Mit dem Album "Something More Than Free" (2015) gewann er sogar zwei Grammys. Seine sechste Studioplatte (zwei Livealben gibt es auch) firmiert wieder unter Jason Isbell and the 400 Unit. Sie ist nicht allzu originell betitelt, trägt dafür aber den richtigen Herkunftsstempel: "Nashville Sound" (Southeastern Records/Thirty Tigers/Alive) wurde in den RCA-Studios von Nashville aufgenommen, in denen in den Sechzigern und den Siebzigern fast jeder mal landete, der eine Musik im Sinn hatte, für die es damals noch nicht die Sammelbezeichnung "Americana" gab. "It will light a fire under your ass", teilt die Plattenfirma nun mit, und das klingt doch vielversprechend. In der Tat spielt dieser Südstaaten-Bruce-Springsteen, der die leise, mittlere und krachende Gangart gleichermaßen beherrscht, hier wieder überzeugend auf. Seine Songs können als spätes Gegengift zum selbstzufriedenen Southern-Patriotismus Marke Lynyrd Skynyrd gehört werden; "White Man's World" klingt in seiner bedrohlichen Schärfe fast nach einer Protestnote, während gut dosierte Rockstücke wie "Molotov" oder "Hope the High Road" einfach bloß Vergnügen bereiten. Jason Isbell mag kein Gesangswunder sein, aber seine Stimme intoniert jederzeit dringlich. Fürs Feuer unterm Hintern reicht's allemal.
edo.
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