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Produktdetails
Trackliste
CD
1Vieni fra questa braccia00:05:12
2Le Comte Ory (Oper in 2 Akten) (Auszug)
3L'occasione fa il ladro (Oper in 1. Akt) (Auszug)
4Otello (Othello, Oper in 3 Akten) (Auszug)
5Semiramide (Semiramis, Oper in 2 Akten) (Auszug)
6Il Turco in Italia (Der Türke in Italien, Oper in 2 Akten) (Auszug)
7La Donna del lago (Das Fräulein vom See, Oper in 2 Akten) (Auszug)
8Zelmira (Oper in 2 Akten) (Auszug)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2014

Dieses Kind, der Sonne Morgenröte

Obdachlosigkeit und Kindermassenmord gehören zu den Begleitumständen des Krippenkindes samt Ochs und Esel. Jedes Idyll ist den Zumutungen einer missgünstigen Welt abgetrotzt, erst recht das größte aller Zeiten: Weihnachten. Das Album "Mirabile Mysterium" (Deutsche Harmonia Mundi/Sony) des eisblumenzart musizierenden Huelgas Ensembles unter Paul van Nevel setzt Idyll und Zumutung mit leichter Hand und klugem Sinn ins Verhältnis. Ja, man möchte gern mittanzen bei dem spanischen Reigen "Dieses Kind, das die Sonne der Morgenröte ist". Aber erschütternd, fast so herzzerreißend wie das Miserere von Grigorio Allegri, ist die Motette "Aus Rama erklang eine Stimme" von Giaches de Wert aus dem sechzehnten Jahrhundert: die Klage einer Frau, die beim Massaker des Herodes all ihre Söhne verlor. Die musikalische Weihnachtserzählung dieses Albums spannt sich über sechshundert Jahre, von 1300 bis etwa 1900. Das kühnste Stück steuerte Jacobus Gallus anno 1586 bei: die fünfstimmige Motette "Mirabile Mysterium" über das Wunder der Menschwerdung Gottes in einer abenteuerlichen Harmonik, die das Unfassbare zu fassen sucht.

jbm.

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Wie betrüblich, schrieb Honoré de Balzac in "Massimilla Doni", dass die Musiker von der Masse gezwungen worden seien, die Aussagen an Worte zu heften, weil sie sonst nicht verstanden würden. Den wahren Liebhabern sei nur die Koloratur geblieben, die höchste Ausdrucksform fleckenloser Kunst. Diese wahren Liebhaber beglückt Lawrence Brownlee mit einem erlesenen Geschenk: "Virtuoso Rossini Arias" (Delos/Naxos). Nach Juán Diego Florez und Xavier Camarena ist Brownlee heute als der dritte Musketier des Tenorgesangs zu bezeichnen. Im letzten Sommer versetzte er als Arturo in Bellinis "I Puritani" das Publikum der Met mit einem zweigestrichenen F in verzücktes Staunen (inzwischen auch als Youtube-Favorit zu bewundern). Auf seinem ersten Album versammelt er acht Rossini-Raritäten. Das begleitende Kansas City Symphony Orchestra agiert leider spannungslos, Brownlee indes singt er mit frappierender Brillanz und aristokratischer Eleganz. Die endlose Zweiunddreißigstel-Vokalise in "Ah, dov'è il cimento", die auf dem Notenpapier aussieht wie eine Paganini-Etüde, nutzt er für ein Ballett der Stimme. Die Triolen in "D'ogni più sacro" aus der Oper "L'occasione fa il ladro" formt er geschmeidig, mit feinen dynamischen Schattierungen. Das rhythmische Zeitmanagement der Kadenzen: einfach fabelhaft! Und die wie von einem Trampolin abgefederten hohen, höchsten Töne seiner quellfrischen Stimme, etwa das hohe D in der Arie des Narciso aus "Il Turco in Italia": Juwelen für die Belcanto-Krone.

J.K.

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Was für ein herzergreifender Plattentitel: "Il Pianto d'Orfeo" - "Tränen des Orpheus" - heißt das neue Album des Ensembles Scherzi Musicali um den belgischen Alte-Musik-Tausendsassa Nicolas Achten (Deutsche Harmonia Mundi/Sony). Es geht um die hochproduktive Zeit nach 1600, als im Umkreis der Florentiner Camerata etliche Komponisten gleichzeitig mit neuen Formen einer Theaterdarbietung experimentierten, bei denen die Musik ein entscheidendes Wort mitreden sollte. Aus diesen Versuchen mit dem "recitar cantando" entstand die Erfolgsgattung Oper, Claudio Monteverdi schrieb mit "L'Orfeo" im Jahre 1607 deren frühes Meisterwerk. Doch auch Monteverdis Vorläufer und Konkurrenten, Jacopo Peri und Giulio Caccini zum Beispiel, nahmen sich auffällig häufig der Sänger-Sage an - musste man doch bei einem mythischen Barden nicht lange erläutern, warum er überhaupt auf der Bühne singe (was anfangs sehr wohl erläuterungsbedürftig war). Achten und sein herrlich klangsinnlich tönendes Ensemble erzählen diese Urgeschichte in zehn musikalischen Varianten. Darunter finden sich Raritäten, etwa von Andrea Falconieri und Stefano Landi, eine schöner als die andere.

wild

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Gerade in ihrer Radikalität sind der späte Ludwig van Beethoven und der frühe Karlheinz Stockhausen Nachbarn. Dies zu erfahren, hilft das neue Album "Stockhausen/Beethoven" der Pianistin Pi-hsien Chen, die nach John Cage und Domenico Scarlatti nunmehr Beethovens Sonaten op. 101 und 111 mit Stockhausens Stücken I-VI quasi interaktiv in Beziehung zueinander setzt. Das Ergebnis ist frappant. Die Extreme von Tonalität und seriellem Punktualismus bleiben unüberhörbar. Aber die subkutanen Strategien sind verwandt, im Widerspiel von Konstruktion und Dekonstruktion, strikter Fixierung und spielerischer Verflüssigung. Die Reihenfolge:Stücke I-IV, op. 101, Stück V, op. 111, Stück VI wirkt platter Analogiebildung entgegen, obschon eine Polarität des späten Beethoven sich auch beim jungen Stockhausen findet. Faszinierend, wie die punktualistische Disparatheit der ersten Stücke sich in feldhafte Tongruppen auflöst - bis hin zu regelrechten Girlanden in Nr. VI, die sogar einmal die Rätsel-Koloraturen von Schumanns "Vogel als Prophet" assoziieren lassen. Das Spiel der Pianistin lässt bei Beethoven die heikle Tendenz zur Sakralisierung heilsam vergessen, Ohr wie Hirn werden neu durchlüftet.

G.R.K.

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