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Während einer Rede des Regisseurs David Lynch hatte Moby einen Moment der Erleuchtung. Lynchs simple Kernaussage, dass "Kreativität für sich genommen eine wunderschöne, fantastische Sache ist", war zwar ausgesprochen einfach, doch sie traf Moby mit der Schlagkraft der Rute eines Zenmeisters. Das Ergebnis dieser Erleuchtung, "Wait For Me", unterscheidet sich deutlich von Mobys bisherigen Alben, z. B. der letztjährigen Dancefloor-Hommage "Last Night", Mobys Modern-Rock-Flirt "Hotel" (2005), dem glitzernden Ambient-Exkurs "18" (2002) und natürlich auch der damals zukunftsweisenden melancholischen…mehr

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Produktbeschreibung
Während einer Rede des Regisseurs David Lynch hatte Moby einen Moment der Erleuchtung. Lynchs simple Kernaussage, dass "Kreativität für sich genommen eine wunderschöne, fantastische Sache ist", war zwar ausgesprochen einfach, doch sie traf Moby mit der Schlagkraft der Rute eines Zenmeisters. Das Ergebnis dieser Erleuchtung, "Wait For Me", unterscheidet sich deutlich von Mobys bisherigen Alben, z. B. der letztjährigen Dancefloor-Hommage "Last Night", Mobys Modern-Rock-Flirt "Hotel" (2005), dem glitzernden Ambient-Exkurs "18" (2002) und natürlich auch der damals zukunftsweisenden melancholischen Electronica des 1999er-Albums "Play". Moby verzichtete auf teure Studios, High-Tech-Elektronik und bekannte Gäste, die den Vorgängeralben ihren Stempel aufgedrückt hatten.

Diese Do-it-yourself- Ideologie prägt das gesamte Album, welches von dem legendären Produzenten Ken Thomas (Buzzcocks, Wire, Boyd Rice, Chris & Cosey, Sigur Ros) den gewissen Feinschliff erhielt. Mit der leisen, manchmal verstörenden Anmut von "Wait For Me" ist Moby eine warme, intime und zugleich offene Platte gelungen.
Trackliste
CD
1Division00:01:56
2Pale Horses00:03:37
3Shot In The Back Of The Head00:03:15
4Study war00:04:18
5Walk with me00:04:01
6Stock radio00:00:55
7Mistake00:03:47
8Scream pilots00:02:48
9JLTF-100:01:27
10JLTF00:04:40
11A seated night00:03:23
12Wait For Me00:04:13
13Hope is gone00:03:31
14Ghost return00:02:38
15Slow light00:04:00
16Isolate00:03:28
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2009

Die Diva im Gutmenschen
Der Sound klingt handgemacht, das Cover ist selbstgemalt, dazu gibt es ein Video von David Lynch - und doch bleibt Moby Moby

Eine Kugel hat ihn erwischt! Mel Gibson fasst sich an die Brust und sinkt zu Boden. Das sehe ich bei diesem Stück vor mir. Es handelt sich aber nicht um Filmmusik, sondern um den Eröffnungssong von Mobys neuester Platte "Wait for Me", und er hat dabei mit David Lynch zusammengearbeitet, was vermutlich daher rührt, dass Moby, der selbst begeistert meditiert, heftig für Lynchs Stiftung zur Förderung der Transzendentalen Meditation trommelt. David Lynch hat ein Animationsvideo in Schwarzweiß beigesteuert, das im Internet zu sehen ist. Der Clip ist düster, verspult und ergreifend. Moby rollt dazu einen flächigen Klangteppich mit dem Titel "Shot in the Back of the Head" aus, das Instrumentalstück ist so flauschig, dass man es sich auf ihm bequem machen und in Ruhe das Video anschauen kann, in dem sich eine Hand an das Gesicht einer Frau schmiegt und ihr Kopf und der Arm durch die Nacht treiben.

Moby, den kleinen, glatzköpfigen Mann, haben Hits aus den späten Neunzigern berühmt gemacht, "Porcelain" oder "Why Does My Heart Feel So Bad". Noch berühmter als für seine Musik ist Moby aber für den Hass, der ihm entgegenschlägt. Selbst der Sänger von Coldplay, der Makrobiotiker mit Vorliebe für weinerlichen Gitarrenrock, zieht nicht so viel Abscheu auf sich. Viele Leute verbinden mit Moby das Image des Gutmenschen, des Wichtigtuers, der sich in alles einmischt, denn er engagiert sich unter anderem für Veganismus, Musiktherapie und die Verbreitung von Meditation. Den missionarischen Eifer, der ihm ständig unterstellt wird, legt er im Gespräch allerdings nicht an den Tag. Ob er weiß, wieso ihn so viele nicht mögen? "Ich weiß nicht, was mit mir nicht in Ordnung ist, dass ich in Menschen, die ich nie getroffen habe, so einen Hass wecken kann", sagt er.

Wie er so dasitzt, in Laufschuhen, schwarzem T-Shirt und ausgewaschenen Jeans, die auf eine Art weit sind, wie es vor zehn Jahren in war, wirkt er gar nicht unsympathisch. Bei seinem neuen Album hat er auf teure Studios und Hightech-Elektronik verzichtet und es stattdessen in seiner New Yorker Zwei-Zimmer-Wohnung mit Freunden aufgenommen. Auch das Cover stammt von ihm: Auf die Hülle hat er sich mal wieder als tragischen Alien gekritzelt. Kurzum: Moby verkörpert den perfekten Anti-Star.

Plötzlich kommt aber doch die Diva in ihm heraus: Während des Interviews klingelt das Telefon in seiner Hotelsuite. Das gefällt Moby gar nicht. Statt das Läuten zu ignorieren, blafft er in den Hörer, legt auf und faselt weiter etwas von der Unverfrorenheit, den der Akt des Telefonierens darstelle. Damit ihm das zu Hause nicht passiert, hat Moby alle Telefone ausgeschaltet. Für einen Vielmeditierer wirkt Moby nicht besonders entspannt: Dauernd zappelt er mit seinen Beinen herum, wie angetrieben von 180 beats per minute, die nur er selbst hören kann. Später, auf dem Konzert in Berlin, rennt er wie ein hyperaktives Kind über die Bühne. Oder er beargwöhnt schmallippig die Arbeit seiner Tourmusiker.

Wenn Moby etwas nicht passt, dann reißt er wie ein zorniger Schiedsrichter eine Hand in die Höhe, zeigt eine imaginäre gelbe Karte und lässt noch einmal von vorne beginnen. So geschehen bei "New Dawn Fades", einer aufgeblasenen Coverversion des Joy-Divison-Songs. Dem schlanken Original legt Moby mit seinen ewig verzerrten Gitarren und Bässen eine Fettschürze an.

Vielleicht hält Moby das für die Experimentierfreude, derer er sich im Interview selbst rühmt. In der Tat unterscheidet sich das neue Album deutlich von Mobys vorherigem Disco-Experiment "Last Night". Trotzdem: Neu erfunden hat sich der 43-Jährige nicht. Sein neuntes Album klingt zwar analog und handgemacht, verfährt aber schematisch, entwirft also seinen mit Gospelschnipseln oder meditativem Gesumme unterlegten amerikanischen Rock-Techno. Moby bedient sich bei Melodien, die er in leicht abgewandelter Form schon oft verwendet hat. Das ruhige und melancholische Stück "Wait for Me" könnte genauso gut auf seinem Album "Play" sein, das Moby 1999 endgültig den internationalen Durchbruch brachte.

Auch auf dem Konzert sind hauptsächlich Menschen, die sich mit den Neunzigern gut auskennen, damals waren sie nämlich noch jung. Live gönnt sich Moby eine riesige Entourage, zum Beispiel eine Funk-Frau und ein Balladen-Mädchen, und doch hört sich das Ganze oft nach Mini-Playback-Show an. Alles klingt gleich und, weil zur aufgesetzten Lockerheit eine ziemliche Verbissenheit kommt, doch ganz schön spießig. Darin liegt auch Mobys Problem: Sein Image ist viel größer als seine Musik, und gleichzeitig fehlt ihm das, was guten Pop ausmacht: Glamour.

CHRISTINA HOFFMANN

Moby: "Wait for Me" (Ministry of Sound / Edel)

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