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Produktdetails
Trackliste
CD
1J00:08:52
2J**00:02:03
3Kohäsion00:05:16
4Window for the curious00:03:38
5Talk00:03:47
6Silo Partikel00:10:04
7Gravity00:04:38
8Loveliness00:03:16
9Darkspace00:04:51
10Tolerance00:03:42
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Das knallt besser als Sekt zu Silvester

Lärm liegt in der Familie. Seit Jahrzehnten hält das Züricher Intakt-Label von Patrik Landolt die Fahne des freien Jazz (und angrenzender Bereiche) hoch, seit einiger Zeit sind auch seine Söhne Dominic und Ramon auf dem Label zu finden. Der Gitarrist und der Keyboarder sind zwei Drittel vom Trio Heinz Herbert (das dritte Drittel verkörpert Schlagzeuger Mario Hänni), das also weder einen Heinz noch einen Herbert beherbergt. Genauso viel Originalität wie auf die Namensgebung verschwenden die drei jungen Musiker auf ihrem neuen Album "Yes" auf die Musik. Die erinnert an die gestörte Elektronik eines Aphex Twin, an die repetitiven Beats aus seligen Krautrock-Zeiten (an diese erinnern die Musiker auch optisch), und natürlich sind auch, wenn man unbedingt will, hier und da ein paar Takte Jazz auszumachen. Vor allem begeistert aber die Unbeirrtheit, mit der hier frische Klänge generiert werden - es rappelt, zischt und kracht, dass es eine Freude ist. Ob man das nun, wie in den Liner Notes von Florian Keller, unbedingt der aktuellen Club-Kultur zuordnen muss, ist sicher mehr eine Hipness-Frage - dass das Trio Heinz Herbert auch live überzeugen kann, hat es mit einem fulminanten Auftritt beim Jazzfest Berlin bewiesen.

roth

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Wer auch nach Weihnachten noch zur Besinnung kommen möchte, dem sei das Album "Gathering Thunders" (Wergo) mit Werken für Schlagzeug solo von Leonie Klein empfohlen. Auf unzähligen metallenen oder hölzernen Selbstklingern und immer wieder neu variierten Fellinstrumenten schält sie mit unbändiger Spielfreude bei metrischer Genauigkeit einer Skiabfahrt-Zeitmessung aus den hier aufgefahrenen Meisterwerken von Mister Universum Karlheinz Stockhausen, Iannis Xenakis, Peter Eötvös bis Helmut Lachenmann Klangfarben- und Rhythmusintensitäten heraus, die auratisch vom asiatischen Gamelan-Orchester bis zum südamerikanischen Candomblé-Ritus den gesamten Erdkreis kulturell umrunden. Oft muss sie aus dem Notenangebot erst einmal eine eigene Spielversion erstellen. Gut siebenhundert in der Tonhöhe bruchlos schwankende Paukenschläge in Peter Eötvös' "Thunder" ersparen einem zu Silvester gar den Champagner. Schon Zuhören macht hier trunken. Das alles bewerkstelligt Leonie Klein stets lächelnd mit dem einnehmenden Charme der jungen Mireille Matthieu als neuer Stern an Deutschlands Perkussionshimmel. Der trägt jetzt ihren Namen.

im

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"Google maps is simply not my style", singt Dotschy Reinhardt auf ihrer neuen CD "Chaplin's Secret" (Galileo MC), und das glaubt man ihr sofort, denn wenn es eines gibt, von dem die Sängerin, Komponistin und Buchautorin jede Menge hat, dann ist es Stil - und Klasse. Charlie Chaplins Geheimnis ist es, dass er nicht - wie in seiner Autobiographie behauptet - in London geboren wurde, sondern in dem englischen Zigeunerflecken Black Patch in der Nähe von Birmingham. Nicht nur deshalb singt Reinhardt sein Lied "Swing Little Girl" (und übrigens auch wieder einen Song in Romani). Wie es selbstverständlich ist, wenn man den Namen Reinhardt trägt, spielt auch Dotschy Reinhardt gern und vorwiegend Gypsy Swing - sie gehört aber nicht zu den öden Traditionalisten, die auf jedem Album Djangos "Nuages" unterbringen müssen, sondern schreibt eigene Songs, singt Bossa Nova (Djavans "Carnaval no Rio") und orientiert sich am amerikanischen Crooner Andy Williams - vor allem, was die Phrasierung angeht. Nur von Alexey Wagner an der Gitarre begleitet, gelingt Dotschy Reinhardt mit "Fly Away" ein besonders schönes Liebeslied.

roth

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Lauter hinreißende, gewitzte, untergründig immer melancholische Musik vereint das neue Album des Geigers Piotr Plawner und des Pianisten Piotr Salajczyk unter dem Titel "Polish Miniatures" (hänssler classic). Die berühmte, in träumerischer Diatonik schwebende Melodie op. 16 Nr. 2 von Ignacy Jan Paderewski, Polens erstem Premierminister nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1918, ist ebenso dabei wie die draufgängerische, dabei doch so noble Mazurka op. 7 von Emil Mlynarski. All diese Petitessen einer kosmopolitischen Belle Époque, die, getränkt mit dem Parfum von Paris, der Süße Wiens und dem Luxus Sankt Petersburgs, das Dasein zum Fest erklären, weil sie um dessen Vergänglichkeit wissen, sind gespickt mit spieltechnischem Aberwitz. Risiko und Genuss stehen hier in heikler Balance, die Plawner und Salajczyk mit lächelndem Todesmut halten. Hört man Plawners blitzblanke Oktaven und Salajczyks beiläufig abwärts rasende Kaskaden im Krakowiak op. 7 von Roman Statkowski, so erlebt man zwei Spitzenvirtuosen im Vollbesitz ihrer Kräfte, die nicht nur über Technik, sondern auch über erlesenen Geschmack verfügen.

jbm.

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