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Produktdetails
  • Verlag: KDM
  • Artikelnr. des Verlages: Best.-Nr.20984-142
  • Seitenzahl: 55
  • Abmessung: 300mm
  • Gewicht: 188g
  • ISBN-13: 9783932051418
  • Artikelnr.: 25120500
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.1998

Boys will be boys
Tränen, Tragen, Trauer: Jan Weyrauch legt ein Trostbüchlein für Fans vor

Die Popmusik ist eine zwanghafte Wiederholungstäterin. Die bemerkenswerte Musikzeitschrift "Testcard" widmete jüngst eine ganze Ausgabe den "Retrophänomenen in den neunziger Jahren": Die Formen währen, allein die Motive wechseln. Nahezu alle früheren Top-Ten-Hits bekleidet mittlerweile ein zeitgemäßes Hip-Hop- und Technogewand, und selbst vor der klassischen Musik schreckt man nicht zurück - bald schon wird der komplette Bach verrapt, verpopt, vergeigt vorliegen. Kein Wunder, daß die Altgedienten und Ausrangierten höchstpersönlich wieder die Konzerthallen stürmen, von Rockfossilien (The Who) über maskierte Kinderschocker (Kiss) bis hin zu Punk-Päpsten (Sex Pistols). Und sogar Totgeglaubte (John Lennon, Freddie Mercury) verleihen neuen Liedern eine Stimme. Allein jene Popsternchen sind zu einem kurzzeitigen Dasein verdammt, deren Verfallsdatum bereits in der Bezeichnung prangt: die Boygroups. Denn aus Jungen können nie Männer werden.

Gruppen wie Bed & Breakfast, Backstreet Boys oder Boyzone entstehen nicht, sondern werden gemacht - von Produzenten und Managern. Für die Plattenfirmen spielen diese Gruppen allerdings nur eine marginale Rolle, da Boygroups primär Singles verkaufen, die im Vergleich zu Longplayern wenig einträglich sind. Doch überhaupt vermarkten Boygroups weniger ihre Musik als vielmehr ihre Gesichter. Daher beginnen die meisten Karrieren bezeichnenderweise auch mit einem Auftritt in einem Bravo-Fotocomic oder in einer RTL-Vorabendserie.

Jan Weyrauch, Redakteur und Moderator des brandenburgischen Jugendradiosenders "Fritz", legt nun ein Buch zum Phänomen vor: "Boygroups", die erweiterte Fassung seiner publizistischen Magisterarbeit. Doch anders, als der Titel vermuten läßt, hat Weyrauch keine Abhandlung über Boygroups geschrieben, da der Leser über das Popprodukt, seine Funktions- und Wirkungsmechanismen nur wenig erfährt. Der Autor beläßt es zumeist bei der Aufzählung der verschiedenen Gruppen, ihrer Mitglieder und der ersten Hitsingle. Allein das Interview mit dem Bravo-Chefredakteur Norbert Lalla gewährt Blicke hinter die Posterwirklichkeit.

Dem Autor geht es hauptsächlich um die vorwiegend weiblichen und zwischen zwölf und siebzehn Jahre alten Fans; er hat die Sicht eines mitfühlenden Sozialarbeiters, der unter keinen Umständen etwas Böses sagen will. Seitenweise beschreibt er so Verhaltensmuster auf Konzerten wie das Schmeißen von Teddybären und Kondomen, das Weinen und das Kreischen oder den "Drang nach vorne" - ohne zu bemerken, daß dieses Gebaren alterstypisch ist und unabhängig davon auftritt, ob nun Take That, Blümchen oder Michael Jackson auf der Bühne stehen.

Das größte Manko aber ist der Umstand, daß die Stars des Buches, die Fans, auch die Adressaten sind. Immer wieder entschuldigt sich Weyrauch bei ihnen für "zu trockene" Ausführungen, ihnen gelten die Merkkästen am Ende der Kapitel, für sie wiederholt sich Weyrauch so oft wie ein Pfarrer im Konfirmandenunterricht. Das Buch ist bloß eine hübsche Reliquie, die den Fans, wenn sie älter geworden sind, das unmögliche Comeback ihrer Idole ersetzen wird. MARC DEGENS

Jan Weyrauch: "Boygroups". Das Teenie-FANomen der 90er. Verlag Extent, Berlin 1997. 192 S., Abb., br., 26,80 DM.

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