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Produktdetails
  • Verlag: Haffmans
  • Seitenzahl: 255
  • Abmessung: 250mm
  • Gewicht: 764g
  • ISBN-13: 9783251003600
  • Artikelnr.: 27154932
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.11.2010

A gmahde Wiesn
Zwei vergriffene Bücher der „Biermösl Blosn“ sind nun in einem Band wieder auf dem Markt
Von Hermann Unterstöger
München – Die Neue Frankfurter Schule hat uns, neben vielem anderen, den Spruch beschert: „Die schärfsten Kritiker der Elche / waren früher selber welche.“ Daraus spricht eine große Einsicht in den Lauf der Dinge, doch nicht minder richtig ist, dass, wer früher gegen die Idole angerannt ist, eines Tages selber eines wird. Dieser Prozess hat bei der Biermösl Blosn früh eingesetzt, was nicht daran lag, dass die drei frechen Musikanten früh zu Götzen verknöchert wären. Es lag an der Frische ihres Zugriffs und der musikalischen Qualität ihrer Nummern. Wer derart gut ist, wird sich der Idolisierung auf Dauer nicht entziehen können, und so sehen wir die Biermösls mittlerweile in einer Reihe mit der Wieskirche, dem Edelweiß, der Erdfunkstelle Raisting und der Liberalitas Bavariae. Selber schuld.
Die Brüder sind jetzt 57, 52 und 50 Jahre. Das ist nicht die Welt, aber in Zeiten, da manch einer schon mit 40 für sein Lebenswerk geehrt wird, durchaus ein Alter, um die Lebensleistung zu sammeln. Auch in diesem Punkt sind die Well-Buben zeitig auf dem Quivive gewesen. Schon 1994 haben sie ein Gutteil der Ernte eingefahren. Zwei Bücher waren das, ein schmaleres, von Reinhard Michl einfühlsam illustriertes, sowie ein dickeres, mit Fotos aus Familie und Karriere durchsetztes. Beide waren bei Haffmans erschienen, für beide hatte René Senn den Notensatz erarbeitet, in beiden stand ein Vorwort von Gerhard Polt, und beide liefen so gut, dass sie vergriffen sind.
Aus dieser Not die Tugend einer vermehrten Neuauflage zu machen, war das Gebot der Stunde und eine Aufgabe für den Zürcher Verlag Kein & Aber, der ja einiges fortführt, was bei Haffmans begonnen hatte. Nun liegt also „Grüß Gott, mein Bayernland“ abermals vor, beinahe doppelt so dick wie das alte und für 29,90 Euro durchaus erschwinglich. Der Verlag preist es als „Das ultimative Liederbuch!“ an, eine Marktschreierei, der man mit Augenmaß begegnen sollte. Die meisten dieser ultimativen, also letztgültigen Sachen waren schon in der 1994er Ausgabe enthalten, sogar das nur winzig modifizierte poltsche Geleitwort, sodass man eher sagen müsste, die Neuauflage sei für Kein & Aber das gewesen, was man im Biermoos und drum herum „a gmahde Wiesn“ nennt.
Erfreulicherweise sind gemähte Wiesen dieser Art nicht leer, sondern immer noch voll reizender, herzhaft duftender Blumen und Gräser. Das Buch enthält jetzt alle Lieder und Musikstücke, nach einer überschlägigen Rechnung sind ein Drittel der Lieder neu, bei den Instrumentalstücken sogar die Hälfte. Um gleich bei diesen zu verweilen, so ist der Zugewinn insofern gewaltig, als man nun auch bei Sachen wie der von Irland träumenden „Großlappener Schuttkrähe“, dem „Hölzernen Glachter“ und dem wahrhaft atemraubenden „Divertimento à la Mozart“ mitlesen kann. Wen freilich die Versuchung anwandeln sollte, sich auf Harfe, Xylophon oder gar Trompete an diesen Piecen zu versuchen, der wird schneller, als seinem Selbstbewusstsein lieb ist, einsehen müssen, dass seine Virtuosität andere Grenzen hat als die der Biermösls, nämlich verdammt enge.
Die Zugänge bei den Liedern befassen sich naturgemäß mit Affären neueren Datums. Da finden wir beispielsweise den Deutschen Orden und seine pikanten Beziehungen zur Landesregierung, da finden wir die Vogelgrippe und die ominöse Millionenspende an das Tegernseer Gymnasium, und da finden wir auch die Rieder Burschen, die den Hausener Maibaum stehlen wollen und stattdessen einen Sendemast aus Aluguss nach Hause schleppen. Was nicht fehlen durfte, war natürlich der zugewanderte und in der Schlierseer Gegend erlegte Braunbär Bruno. Das ihm gewidmete Lied ist eine Parodie der Moritat vom Wildschützen Jennerwein; im Instrumentalteil wird es ergänzt durch ein ebenfalls hoch parodistisches Requiem für drei Alphörner.
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-Die drei Well-Brüder sind nämlich Chronisten, und die von ihnen beschriebenen und besungenen Gestalten selten Sagenfiguren, sondern zumeist aus echtem Schrot und Korn. Manche tragen Trachtenanzüge, und politisch stehen sie ungefähr da, wo man sagt: -I brauch koa Opposition, weil i bin scho a Demokrat.- (Aus dem Grußwort von Gerhard Polt)