1945, kurz vor Kriegsende. Deutschland ist gespalten - die einen überzeugte Nazis, die anderen flehen, dass der Krieg einfach nur enden mag. Inmitten von all dem ein Junge, der nicht weiß, was er denken soll. Der zehnjährige Felix flieht mit seiner Mutter aus dem zerbombten München in einen kleinen Ort. Sein Vater dient an der Front - etwas worauf Felix stolz ist. Doch gleichzeitig wünscht sich Felix, dass der Krieg endet, sehnt sich nach Frieden. Gefangen zwischen den vermeintlichen Werten und zweifelhaften Versprechen für die Zukunft, weiß er nicht, was er denken und fühlen soll. Als dann die Nachricht von dem Tod seines Vaters kommt , doch dieser kurz darauf ans Fenster klopft, ist die Verwirrung komplett ... "Das Glaszimmer und ein Brief an den Führer" beschreibt das Leben eines Jungen in der Nazizeit. Der Roman handelt von den Gefahren der Verführung durch die Kraft der NS-Symbole, der vermeintlichen "Werte" und zweifelhaften Versprechen für die Zukunft. Darüber hinaus werden die Schrecken des tödlichen Krieges deutlich, die das Leben der Menschen damals bestimmten.Der Film zum Buch erschien am 28.04.2022 in den Kinos!n
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2021Brief nach
Braunau
Josef Einwanger erzählt von
seiner Jugend in der NS-Zeit
Josef Einwanger, der mit seinem bayerischen Lausbubenroman, „Toni Goldwascher“, bekannt wurde, beschäftigten schon längere Zeit seine Kindheitserlebnisse am Ende des Zweiten Weltkrieges. Er wollte sie aufschreiben, um den jungen Lesern ein authentisches Bild der NS-Zeit zu vermitteln, um sie kritisch einzustimmen gegen rechte Ideologien, die heute wieder hoffähig geworden sind. Doch erst in diesem Frühjahr konnte er das Manuskript unter dem Titel „Das Glaszimmer und ein Brief an den Führer“ im Buchverlag Kempen veröffentlichen. Obwohl inzwischen 75 Jahre vergangen sind, ist das Besondere an den Erlebnissen seines Alter Egos Felix, dass die Sprache der Zeit zu spüren ist und die Erfahrungen und Erlebnisse eines Zehnjährigen glaubwürdig und sehr authentisch erzählt werden. Zusammen mit seiner Mutter flüchtete er vor dem Bombenterror in München in ein Dorf in der Nähe von Braunau. Hier terrorisiert der Ortsgruppenleiter Feik die Dorfbewohner, und sein Sohn Karri quält die Kinder, und sucht sich sofort Felix als Opfer aus, dessen Vater Soldat ist und dessen Mutter eine sehr kritische Haltung dem Regime gegenüber zeigt. Bei Felix selbst wechseln sich Faszination und Abscheu ab, wenn er das Foto von Hitler anschaut, oder die Gespräche der Erwachsenen über die drohende Niederlage und die Durchhalteparolen der Nazi- Propaganda hört.
Immer bleibt die Erzählung in der kindlichen Welt des Jungen, besonders als er das Nachbarmädchen Martha kennenlernt, die sein Dachzimmer sehen darf, dem Glassplitter an den Wänden ein zauberhaftes Aussehen geben, das die Kinder von einer Welt träumen lässt, ohne Tiefflieger, Hunger, Naziterror und Angst um die Väter. Und so hat Martha einen besonderen Einfall: „Aber der Krieg muss aufhören. Dein Papa und mein Papa müssen heimkommen. Weißt du, was wir tun könnten? Wir schreiben ihm einen Brief.“ Mit ihm meinen sie Hitler und fahren selbst mit dem Brief nach Braunau.
In den letzten Kriegswochen überschlagen sich die dramatischen Ereignisse, geben ein Beispiel dafür, wie sehr Kinder den Kriegswirren ausgeliefert sind, wenn sie von fanatischen Erwachsenen noch für den Volkssturm eingesetzt werden. Denn Felix muss den hundertprozentigen Nazianhänger spielen, um den Vater zu retten, der desertiert ist und sich in ihrer Scheune versteckt. Ständig bespitzelt vom misstrauischen Ortsgruppenleiter und seinem Sohn, trotz der offiziellen Todesnachricht. Geschickt und in letzter Minute gelingt es dem Jungen, die heranrückenden Amerikaner in einem Coup als Retter einzusetzen. (ab 12 Jahre)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Josef Einwanger: Das Glaszimmer und ein Brief an den Führer. Buch Verlag Kempen 2021. 145 Seiten, 8 Euro (Mit Literaturprojekt-Broschüre für Lehrer)
Von einer Welt träumen ohne
Tiefflieger, Hunger, Naziterror
und Angst um die Väter
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Braunau
Josef Einwanger erzählt von
seiner Jugend in der NS-Zeit
Josef Einwanger, der mit seinem bayerischen Lausbubenroman, „Toni Goldwascher“, bekannt wurde, beschäftigten schon längere Zeit seine Kindheitserlebnisse am Ende des Zweiten Weltkrieges. Er wollte sie aufschreiben, um den jungen Lesern ein authentisches Bild der NS-Zeit zu vermitteln, um sie kritisch einzustimmen gegen rechte Ideologien, die heute wieder hoffähig geworden sind. Doch erst in diesem Frühjahr konnte er das Manuskript unter dem Titel „Das Glaszimmer und ein Brief an den Führer“ im Buchverlag Kempen veröffentlichen. Obwohl inzwischen 75 Jahre vergangen sind, ist das Besondere an den Erlebnissen seines Alter Egos Felix, dass die Sprache der Zeit zu spüren ist und die Erfahrungen und Erlebnisse eines Zehnjährigen glaubwürdig und sehr authentisch erzählt werden. Zusammen mit seiner Mutter flüchtete er vor dem Bombenterror in München in ein Dorf in der Nähe von Braunau. Hier terrorisiert der Ortsgruppenleiter Feik die Dorfbewohner, und sein Sohn Karri quält die Kinder, und sucht sich sofort Felix als Opfer aus, dessen Vater Soldat ist und dessen Mutter eine sehr kritische Haltung dem Regime gegenüber zeigt. Bei Felix selbst wechseln sich Faszination und Abscheu ab, wenn er das Foto von Hitler anschaut, oder die Gespräche der Erwachsenen über die drohende Niederlage und die Durchhalteparolen der Nazi- Propaganda hört.
Immer bleibt die Erzählung in der kindlichen Welt des Jungen, besonders als er das Nachbarmädchen Martha kennenlernt, die sein Dachzimmer sehen darf, dem Glassplitter an den Wänden ein zauberhaftes Aussehen geben, das die Kinder von einer Welt träumen lässt, ohne Tiefflieger, Hunger, Naziterror und Angst um die Väter. Und so hat Martha einen besonderen Einfall: „Aber der Krieg muss aufhören. Dein Papa und mein Papa müssen heimkommen. Weißt du, was wir tun könnten? Wir schreiben ihm einen Brief.“ Mit ihm meinen sie Hitler und fahren selbst mit dem Brief nach Braunau.
In den letzten Kriegswochen überschlagen sich die dramatischen Ereignisse, geben ein Beispiel dafür, wie sehr Kinder den Kriegswirren ausgeliefert sind, wenn sie von fanatischen Erwachsenen noch für den Volkssturm eingesetzt werden. Denn Felix muss den hundertprozentigen Nazianhänger spielen, um den Vater zu retten, der desertiert ist und sich in ihrer Scheune versteckt. Ständig bespitzelt vom misstrauischen Ortsgruppenleiter und seinem Sohn, trotz der offiziellen Todesnachricht. Geschickt und in letzter Minute gelingt es dem Jungen, die heranrückenden Amerikaner in einem Coup als Retter einzusetzen. (ab 12 Jahre)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Josef Einwanger: Das Glaszimmer und ein Brief an den Führer. Buch Verlag Kempen 2021. 145 Seiten, 8 Euro (Mit Literaturprojekt-Broschüre für Lehrer)
Von einer Welt träumen ohne
Tiefflieger, Hunger, Naziterror
und Angst um die Väter
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