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Im September 1912 verfasste Kafka "Das Urteil", für ihn - nach seinen eigenen Worten - der "Durchbruch zur Literatur". Er beschreibt hier die Lage eines Sohnes in einer Dreiecksbeziehung zu Vater, Geliebter und zum Freund. Im Jahr 1913 las Kafka seinen Prager Freunden erstmals aus seinem Roman "Die Verschollenen" (erst durch Max Brod veröffentlicht unter dem Titel "Amerika") vor, wobei der erste Abschnitt "Der Heizer" von ihm immer als geschlossene Geschichte angesehen wurde. 1914 folgt dann "In der Strafkolonie" (gedr. 1919). Alle drei Erzählungen zeugen davon, dass Kafkas Schaffen immer…mehr

Produktbeschreibung
Im September 1912 verfasste Kafka "Das Urteil", für ihn - nach seinen eigenen Worten - der "Durchbruch zur Literatur". Er beschreibt hier die Lage eines Sohnes in einer Dreiecksbeziehung zu Vater, Geliebter und zum Freund. Im Jahr 1913 las Kafka seinen Prager Freunden erstmals aus seinem Roman "Die Verschollenen" (erst durch Max Brod veröffentlicht unter dem Titel "Amerika") vor, wobei der erste Abschnitt "Der Heizer" von ihm immer als geschlossene Geschichte angesehen wurde. 1914 folgt dann "In der Strafkolonie" (gedr. 1919). Alle drei Erzählungen zeugen davon, dass Kafkas Schaffen immer wieder vom Gedanken der Gewalt der Rechtsord-nung, die alles Leben überformt, bestimmt war. Im Nachwort werden sachliche und sprachliche Erläuterungen zu den einzelnen Texten gegeben.
Autorenporträt
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als Sohn jüdischer Eltern in Prag geboren. Nach einem Jurastudium, das er 1906 mit der Promotion abschloss, trat Kafka 1908 in die "Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt" ein, deren Beamter er bis zu seiner frühzeitigen Pensionierung im Jahr 1922 blieb. Im Spätsommer 1917 erlitt Franz Kafka einen Blutsturz; es war der Ausbruch der Tuberkulose, an deren Folgen er am 3. Juni 1924, noch nicht 41 Jahre alt, starb.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.01.2013

Schuld und Vater

Wie Kafka in nur einer Nacht eine Erzählung zur Welt brachte, die er auch noch mochte

Am Sonntag, den 22. September 1912 ist Franz Kafka niedergeschlagen. Nachdem der Besuch, welchen seine Familie empfangen hat, endlich verschwunden ist, setzt er sich hin, um Tagebuch zu schreiben. Aber er schreibt nicht Tagebuch, er schreibt, plötzlich und ohne es geplant zu haben, in nur einer Nacht, in acht Stunden, von zehn Uhr abends bis um sechs Uhr morgens, und ohne Unterbrechung, "Das Urteil" - diese komplett rätselhafte Erzählung, in der ein junger, dem ersten Eindruck nach sehr angepasster Mann mit seinem alten Vater eine absurde Unterhaltung über seine Verlobung und einen Freund im fernen Russland beginnt, in der es letztlich nur und immer wieder um die Nichtigkeit und Schuldhaftigkeit des jungen Mannes und die Übermacht des Vaters geht, der seinen Sohn schließlich zum "Tode des Ertrinkens" verurteilt. Der Sohn erhebt keinen Einspruch und geht sich umbringen. Man bekommt diese Geschichte nur schwer mit dem Verstand in den Griff, aber viele haben es versucht: Bis heute zählt sie zu den wohl meistinterpretierten Texten Kafkas (Susan Sontag sprach in diesem Zusammenhang von einer Massenvergewaltigung Kafkas durch die Interpreten). Schwer zu sagen, wie Kafka sich dabei gefühlt hätte, sicher ist aber, dass er, der dazu neigte, seine literarische Produktion für wertlos zu halten, in diesem Fall anders urteilte: "Das Urteil", so befand er, sei eine zweifellose Geschichte. Und jene "Zweifellosigkeit der Geschichte" war es auch, die machte, dass er diesen Text veröffentlichen wollte, ganz ohne Zweifel, und sogar wünschte, dass er als Einzelband erscheinen würde und nicht, wie 1913 erstmals geschehen, in einem Sammelband, nämlich dem von Kurt Wolff und Max Brod herausgegebenen "Arkadia. Ein Jahrbuch für Dichtkunst". Das ist eine unglaubliche Riesenpremiere des Jahres 1913, denn in diesem Text ist eigentlich alles angelegt, was in seinen späteren Werken eine Rolle spielte. Und: Kafka war nett zu diesem Text, er nannte ihn immerhin zweifellos.

Antonia Baum

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