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Während der Ferien trifft der 13-jährige Jean die gleichaltrige Christine. Doch seine Familie unternimmt alles, um sie vor ihm zu verbergen. In Léviathan nimmt sich der Kapitän eines Schiffes eines schweigenden Mitreisenden an und versucht, ihn zum Sprechen zu bringen.

Produktbeschreibung
Während der Ferien trifft der 13-jährige Jean die gleichaltrige Christine. Doch seine Familie unternimmt alles, um sie vor ihm zu verbergen.
In Léviathan nimmt sich der Kapitän eines Schiffes eines schweigenden Mitreisenden an und versucht, ihn zum Sprechen zu bringen.
Autorenporträt
Julien Green wurde am 6.September 1900 in Paris geboren. Nach einem Studienaufenthalt in den USA kehrte er 1922 nach Paris zurück, hier erschienen auch seine ersten beiden Veröffentlichungen, darunter die Romane "Mont-Cinere" und "Leviathan".
Während einer USA-Reise wurde Green vom Ausbruch des zweiten Weltkrieges überrascht und verbrachte daher einige Zeit als Lehrer am College in Baltimore. 1945 kehrte er nach Paris zurück und blieb dort, nur unterbrochen von zahlreichen Reisen, bis zu seinem Tod.
Julien Green erhielt viel renommierte Preise und war seit 1971 Mitglied der Academie Francaise.
Er starb am 13.08.1998 in seiner Pariser Wohnung.
Schon seit Erscheinen seines ersten Buches, 1926 auch in Deutschland, hatte er enthusiastische Leser wie Walter Benjamin, Klaus Mann und Hermann Kesten. Seine Bücher sind geprägt von Leidenschaft und Askese, atmosphärisch dichter Beschreibung und psychologischem Scharfblick.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.01.2005

Band 43
Gefallene Engel, zerstörte Zärtlichkeit
Julien Greens Roman „Leviathan”
Dieser Roman liegt auf halbem Weg zwischen den „Blumen des Bösen” und dem Theater der Grausamkeit. Er ist ein Liebesroman, aber keiner der flammenden Leidenschaften, keine Leuchtspur der offenbarten Gefühle, sondern ein Glimmen in dunkler Nacht, ein jähes Aufflackern, ein fahles Verglühen. Die dumpfe Verbissenheit, mit der Paul Guéret sich nachts an der Hausfassade unterm Fenster der Angèle abarbeitet, die Finger in den Stein und das Eisengitter verkrallt, sich hochstemmt, zurückfällt, neu gegen die Wand springt, ächzt, die Hände sich blutig reibt, hat man so nirgends sonst gelesen. Ist das ein wild nagendes Feuer oder eher ein vegetabilisch wucherndes Ranken und Erdrosseln? Jedenfalls ist es kein lauschiges Rendezvous im Mondschein: Edle Gefühle sind den Helden Julien Greens versagt. Auf dem abschüssigen Gelände ihrer Obsessionen und Triebe müssen diese sich mit ihrer verworrenen inneren Leere abmühen.
Vielleicht beginnt es schon damit, dass Guéret den Namen des Wäschereimädchens Angèle zu wörtlich nimmt. Engelhaft rein können Menschen nicht sein, mag man sie noch so intensiv aus der Ferne umträumen. Wenn Guéret im Speiselokal der Madame Londe beim Mittagstisch erfährt, dass Angèle es mit all den Herren treibt, dass die Termine und Tarife am besten am Tresen ausgemacht werden, dass die kommenden Sonntage aber wohl schon ausgebucht sind, ist das zu viel. Nicht, dass da eine Welt zusammenbräche - die stand im Leben des aus Paris im abgelegenen Chanteilles gelandeten Hauslehrers schon lange schief. Nur treibt die gerade erfahrene Wahrheit den, dem Zärtlichkeit stets zum brüsken Zupacken gerät und der als Liebesgeschenk nur einen gestohlenen Ring seiner Frau mitzubringen weiß, in die letzte Konsequenz seines Seins: unbeherrschte Schläge, verstümmelnde Gewalt, beiläufig ein Mord und dann Vegetieren.
Green war neunundzwanzig, als dieser Roman 1929 erschien, und stand noch in der finsteren, von Gewalt geprägten Schaffensphase seiner frühen Romane. Es ist nicht die befreiende Gewalt der Ekstase auf den Spuren von Nietzsche zu Georges Bataille, sondern das aus unerfüllter Glückserwartung resultierende Grübeln und eruptive Aufbrechen, wie es Freud oder den jungen André Gide interessierte. Greens scharfer Realismus, der Figuren und Landschaften wie eine Filmkamera auf Risse, Hohlräume und verborgene Abgründe abtastet, taucht die unterschwellige Liebesgeschichte in ein faszinierendes Schwarz-Weiß der Profile und Halbschatten, deren Grautöne in allen Nuancen schimmern.
Madame Londe thront über den gebeugten Rücken der Suppe löffelnden Stammgäste. Madame Grosgeorge, die strenge Herrin der Villa „Mon Idée”, bei der Guéret im Hauslehrerdienst steht, teilt ihrem Sohn mit jener geballten Konzentration Ohrfeigen aus, mit der ein Kugelwerfer seine Kugeln von sich stößt. Frauen sind bei Julien Green, und in diesem Roman ganz besonders, die raffinierten, einschüchternden und nie ganz durchschaubaren Drahtzieherinnen des Geschehens. Sie spielen ihre Spiele mit Guéret selbst dort, wo ihre Schönheit verunstaltet, ihre Macht gebrochen, ihr Ansehen lädiert ist. Dieser Liebesroman im Zeichen der Psychoanalyse, der Perversion, der Moral, der Provinz- und Familienenge bietet kein erotisches Schauern, kein Aufbäumen und beglücktes Hinsinken. Er bietet mehr als Erotik: die Spannung stets am Rand der Ermattung, die Schläge erteilt und Sinnlichkeit meint.
JOSEPH HANIMANN
Julien Green
Foto: Isolde Ohlbaum
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