Der Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität hat zum Sommersemester 2013 seine bisherigen Räume auf dem Campus Bockenheim verlassen und das neue PEG-Gebäude auf dem Campus Westend in unmittelbarer Nähe des IG Farben-Hauses bezogen. Zeit zurück und nach vorne zu schauen, vor allem aber Zeit, um das Leben und die Studienbedingungen im geliebt-gehassten AfE-Turm sowie dem FLAT in den Blick zu nehmen. In diesem Sammelband haben sowohl Studierende als auch Lehrende ihre individuellen Sichtweisen, Erlebnisse und Anmerkungen aufgeschrieben, dies sowohl in der Methodik als auch in der Form höchst unterschiedlich: Hier findet sich ein kurzer Abriss über die wechselvolle Geschichte der Erziehungswissenschaften in Frankfurt am Main, wie auch ein Einblick in die Ergebnisse einer Fragebogen-Untersuchung mit etwa 400 Studierenden am Fachbereich zur Wahrnehmung der Studienbedingungen und zum Verhalten im Studium. Daneben thematisieren zwei Beiträge eben diesen Studienbedingungen mit Hilfe der reflexiven Fotografie. Auch persönliche Referen-zen wie kritische Positionen werden anhand des ¿Turms¿ aufgezeigt. Schließlich wird auch die finanzielle Ausstattung des Fachbereichs in den Blick genommen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.01.2014Beton statt Elfenbein
Ein Sammelband zum Abschied vom AfE-Turm
trau. FRANKFURT. Jetzt ist das Hochhaus an der Ecke von Senckenberg-Anlage und Robert-Mayer-Straße auf das reduziert, was für viele schon immer sein Wesen war: nackter Beton. Studenten und Personal sind längst auf den Westend-Campus der Goethe-Universität umgezogen, Einrichtungsgegenstände, selbst die Fensterscheiben sind entsorgt, und in den Stützpfeilern klaffen Löcher für die Sprengsätze. Nur noch der Schriftzug an der Hochhauskrone ist geblieben. "Elfenbein" hat vor einigen Jahren jemand dorthin geschrieben.
Auf die weithin sichtbaren Lettern am AfE-Turm kommt auch das Vorwort von "Leben und Studieren am Fachbereich Erziehungswissenschaften - Abschied vom Campus Bockenheim" gleich zu sprechen. Doch so witzig das Wortspiel sein mag: Ein "Elfenbeinturm" war dieses Hochhaus nie, weder für die Lehrenden noch für die Lernenden. Dafür liefert der von Günter Burkart und Nikolaus Meyer herausgegebene, nun in der Reihe "Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft" erschienene Sammelband gleich mehrere Beispiele.
Etwa die Hälfte der rund 260 Seiten ist der Dokumentation des Seminars "Sozialforschung und Fotografie" gewidmet, dessen Teilnehmer die Studienbedingungen im Turm und auf dem Campus Bockenheim mit den Mitteln des Interviews und der Fotografie erforschten. Mit "Elfenbein" hat das wenig zu tun, mit einer wenn auch etwas selbstreferentiellen Praxisnähe aber viel. Man muss allerdings auch sagen, dass der Wert der dabei gewonnenen Erfahrungen für die Studenten sicher höher liegt als der Erkenntnisgewinn für den unbeteiligten Leser.
Von größerem allgemeinen Interesse ist der einleitende Aufsatz von Nikolaus Meyer über "Die wechselvolle Geschichte der Pädagogik in Frankfurt", deren Angelpunkt die Eingliederung der "Abteilung für Erziehungswissenschaft" war. Für ihre Teildisziplinen Pädagogik, Fachdidaktiken, Pädagogische Psychologie, Soziologie und Politologie wurde der AfE-Turm Anfang der siebziger Jahre errichtet. Ein von der Welt abgeschottetes, wirklichkeitsfernes Studium war dort schon deshalb nicht möglich, weil gesellschaftliche Konflikte im Bauwerk selbst ausgetragen wurden - von den Turmblockaden streikender Studenten bis zum Streit um das selbstverwaltete Turm-Café "TuCa".
Dementsprechend wehmütige Empfindungen weckt der nunmehr bevorstehende "Abschied vom Turm", den Wolfgang Müller-Commichau zu Thema und Titel seines Beitrags gemacht hat. Seine Erinnerungen an "das geliebt-gehasste Monstrum aus Stahl, Beton und Glas" werden viele ehemalige Turm-Nutzer teilen können. Und manche von ihnen werden auch Dieter Nittel zustimmen, der im Turm "die in Beton gegossene Form der Verzahnung zwischen kritischer Erziehungswissenschaft und Frankfurter Schule" erkennt und davor warnt, nach dem Umzug auf den Westend-Campus die Verbindungen zu Adorno und Horkheimer ganz zu kappen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Sammelband zum Abschied vom AfE-Turm
trau. FRANKFURT. Jetzt ist das Hochhaus an der Ecke von Senckenberg-Anlage und Robert-Mayer-Straße auf das reduziert, was für viele schon immer sein Wesen war: nackter Beton. Studenten und Personal sind längst auf den Westend-Campus der Goethe-Universität umgezogen, Einrichtungsgegenstände, selbst die Fensterscheiben sind entsorgt, und in den Stützpfeilern klaffen Löcher für die Sprengsätze. Nur noch der Schriftzug an der Hochhauskrone ist geblieben. "Elfenbein" hat vor einigen Jahren jemand dorthin geschrieben.
Auf die weithin sichtbaren Lettern am AfE-Turm kommt auch das Vorwort von "Leben und Studieren am Fachbereich Erziehungswissenschaften - Abschied vom Campus Bockenheim" gleich zu sprechen. Doch so witzig das Wortspiel sein mag: Ein "Elfenbeinturm" war dieses Hochhaus nie, weder für die Lehrenden noch für die Lernenden. Dafür liefert der von Günter Burkart und Nikolaus Meyer herausgegebene, nun in der Reihe "Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft" erschienene Sammelband gleich mehrere Beispiele.
Etwa die Hälfte der rund 260 Seiten ist der Dokumentation des Seminars "Sozialforschung und Fotografie" gewidmet, dessen Teilnehmer die Studienbedingungen im Turm und auf dem Campus Bockenheim mit den Mitteln des Interviews und der Fotografie erforschten. Mit "Elfenbein" hat das wenig zu tun, mit einer wenn auch etwas selbstreferentiellen Praxisnähe aber viel. Man muss allerdings auch sagen, dass der Wert der dabei gewonnenen Erfahrungen für die Studenten sicher höher liegt als der Erkenntnisgewinn für den unbeteiligten Leser.
Von größerem allgemeinen Interesse ist der einleitende Aufsatz von Nikolaus Meyer über "Die wechselvolle Geschichte der Pädagogik in Frankfurt", deren Angelpunkt die Eingliederung der "Abteilung für Erziehungswissenschaft" war. Für ihre Teildisziplinen Pädagogik, Fachdidaktiken, Pädagogische Psychologie, Soziologie und Politologie wurde der AfE-Turm Anfang der siebziger Jahre errichtet. Ein von der Welt abgeschottetes, wirklichkeitsfernes Studium war dort schon deshalb nicht möglich, weil gesellschaftliche Konflikte im Bauwerk selbst ausgetragen wurden - von den Turmblockaden streikender Studenten bis zum Streit um das selbstverwaltete Turm-Café "TuCa".
Dementsprechend wehmütige Empfindungen weckt der nunmehr bevorstehende "Abschied vom Turm", den Wolfgang Müller-Commichau zu Thema und Titel seines Beitrags gemacht hat. Seine Erinnerungen an "das geliebt-gehasste Monstrum aus Stahl, Beton und Glas" werden viele ehemalige Turm-Nutzer teilen können. Und manche von ihnen werden auch Dieter Nittel zustimmen, der im Turm "die in Beton gegossene Form der Verzahnung zwischen kritischer Erziehungswissenschaft und Frankfurter Schule" erkennt und davor warnt, nach dem Umzug auf den Westend-Campus die Verbindungen zu Adorno und Horkheimer ganz zu kappen.
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