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Alina Bronsky
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Baba Dunjas letzte Liebe
Baba Dunjas letzte Liebe (eBook, ePUB)
Alina Bronsky
Bronsky, AlinaAlina Bronsky, geboren 1978 in Jekaterinburg/Russland, lebt seit den Neunzigerjahren in Deutschland. Ihr Debütroman »Scherbenpark« wurde zum Bestseller, gefolgt von den Romanen »Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche« und »Nenn mich einfach Superheld«. »Baba Dunjas letzte Liebe« wurde für den Deutschen Buchpreis 2015 nominiert und ein großer Publikumserfolg. 2019 erschien ihr neuer Roman »Der Zopf meiner Großmutter«, der ebenfalls wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand.Interview Alina Bronsky, Baba Dunjas letzte Liebe
Alina Bronsky: Vielleicht gerade wegen dieses Widerspruchs. Der Ort gilt als Hölle auf Erden - aber für einige ist er das Paradies.
Baba Dunja hat sich dafür entschieden, dort zu leben, wo es eigentlich verboten ist. Mit ihr noch einige andere Alte. Eine tolle Heldin haben Sie da erschaffen! Was lieben Sie an Baba Dunja?
Alina Bronsky: Am meisten ihre Bescheidenheit. Sie macht, was getan werden muss, erwartet aber weder Dank noch Anerkennung. Und sie mischt sich nicht in persönliche Angelegenheiten anderer Menschen ein - in dieser Konstellation schon ziemlich einmalig.
Ihr Roman liest sich, obwohl er im verstrahlten Niemandsland spielt, leicht und witzig. Schon Kritik bekommen, weil Sie die Gefahren von Strahlung verharmlosen?
Alina Bronsky: Ja, durchaus. Manche lieben den Roman, einige fühlen sich noch vor der Lektüre provoziert und fragen: Darf man das so…mehr
Ihre Heldin Baba Dunja ist alt und lebt in einer fast märchenhaften Dorfidylle. Man möchte hinziehen ... würde das Dorf nicht in der Todeszone von Tschernobyl liegen. Warum spielt Ihr Roman gerade dort?
Alina Bronsky: Vielleicht gerade wegen dieses Widerspruchs. Der Ort gilt als Hölle auf Erden - aber für einige ist er das Paradies.
Baba Dunja hat sich dafür entschieden, dort zu leben, wo es eigentlich verboten ist. Mit ihr noch einige andere Alte. Eine tolle Heldin haben Sie da erschaffen! Was lieben Sie an Baba Dunja?
Alina Bronsky: Am meisten ihre Bescheidenheit. Sie macht, was getan werden muss, erwartet aber weder Dank noch Anerkennung. Und sie mischt sich nicht in persönliche Angelegenheiten anderer Menschen ein - in dieser Konstellation schon ziemlich einmalig.
Ihr Roman liest sich, obwohl er im verstrahlten Niemandsland spielt, leicht und witzig. Schon Kritik bekommen, weil Sie die Gefahren von Strahlung verharmlosen?
Alina Bronsky: Ja, durchaus. Manche lieben den Roman, einige fühlen sich noch vor der Lektüre provoziert und fragen: Darf man das so machen?
Neben Baba Dunja sind auch die anderen Dorfbewohner wie die Nachbarin Marja, der krebskranke Petrow oder Sidorow wundervoll gezeichnet und fast scheint es normal, dass der Geist eines toten Hahnes auf dem Zaun sitzt oder Baba Dunja mit ihrem verstorbenen Mann spricht, ihn sieht. Es wirkt wie ein zauberhaftes Zwischenreich zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten ... Das muss großen Spaß gemacht haben, sich diese Welt schreibend zu erschaffen ...
Alina Bronsky: Allerdings. Ich hatte große Freude daran.
Baba Dunjas Tochter Irina lebt in Deutschland und macht sich Sorgen um ihre Mutter, schickt Pakete mit Medizin und Lebensmitteln. Ihre Enkelin Laura hat Baba Dunja noch nie gesehen und stellt sich ein fleißig lernendes Mädchen vor. Doch Laura hat Probleme und wendet sich nicht an eine Freundin oder gar ihre Mutter, sie schreibt Baba Dunja. Leider ist der Brief auf Englisch verfasst, doch Baba Dunja scheint zu spüren, dass Laura sie braucht. Was tut sie?
Alina Bronsky: Sie bleibt sich treu, indem sie versucht, das Problem auf eigene Faust zu lösen. Anstatt jemanden zu fragen und damit vielleicht Lauras Geheimnis zu verraten, nimmt sie sich vor, Englisch zu lernen.
Vermutlich sind Sie nicht selbst ins Niemandsland rund um Tschernobyl gereist, um zu sehen, wie die real dort lebenden Frauen ihre Tage verbringen. Wie haben Sie bestimmte Fakten recherchiert wie z. B., dass die Spinnen hier andere Netze spinnen ...?
Alina Bronsky: Ich habe viel gelesen und mir Filme angeschaut. Habe nicht nur Berichte zu Tschernobyl, sondern auch zu Fukushima gesucht und auch sonst einiges zusammengetragen, zum Beispiel über die Auswirkung von Strahlung auf das Nervensystem von Insekten.
"Bei uns gibt es keine Zeit. Es gibt keine Fristen und keine Termine. Im Grunde sind unsere täglichen Abläufe eine Art Spiel. Wir stellen nach, was Menschen normalerweise tun. [...] Wir spielen den Tag nach, wie Kinder mit Puppen und Kaufmannsladen das Leben nachspielen." Eine wunderbare Stelle im Buch - sind die Menschen im Dorf wirklich so frei und ohne Angst?
Alina Bronsky: Nein, das wäre ja ganz unglaubwürdig. Ihr Leben ist für sie so normal, dass sie natürlich auch ihre Sorgen und Freuden haben wie Menschen anderswo. Existenzängste sind auch fast immer dabei.
Sie sind Jahrgang 1978 und in Ihren bisherigen Romanen waren die Helden jung. 17 Jahre z. B. Sascha in "Scherbenpark", Ihrem Debüt. Baba Dunja ist 90 - was hat Sie an dieser "Alten" interessiert?
Alina Bronsky: Mich interessieren Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen. Am Anfang ist die Figur da und sie bringt ihr Alter mit.
2009 erschien Ihr Debüt "Scherbenpark" und wurde ein großer Erfolg. Danach waren Sie eine bekannte Schriftstellerin. Hat dieser Erfolg Ihr Schreiben verändert, Ihre Art zu erzählen?
Alina Bronsky: Keine Ahnung. Wenn man keinen Erfolg hat, denkt man: Was kann ich machen, damit Menschen meine Bücher überhaupt lesen? Hat man Erfolg, stellt sich die Frage: Was soll ich jetzt schreiben, damit die Leser nicht enttäuscht werden? Aber im Grunde ist das auch beruhigend, dass man irgendwas richtig gemacht haben muss und den eigenen Geschichten weiter vertrauen kann.
Was bedeutet Ihnen Schreiben, die Sprache?
Alina Bronsky: Darauf konnte ich nie vernünftig antworten. Was bedeutet einem das Essen, die Luft zum Atmen, der Himmel über dem Kopf?
Wie hieß Ihr Lieblingsbuch, als Sie Kind waren?
Alina Bronsky: "Karlsson vom Dach" habe ich sehr gemocht, unter sehr vielen anderen.
Welches Buch lesen Sie aktuell, welches empfehlen Sie?
Alina Bronsky: Gerade jetzt: Kazuo Ishiguros "Der begrabene Riese". Eine aktuelle Empfehlung: "Null bis unendlich" von Lena Gorelik.
Interview: Literaturtest