Autor im Porträt
Christoph Ransmayr
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Egal wohin, Baby
Hier macht einer sein Leben in Schnappschüssen sichtbar, überfliegt dabei erzählend Kontinente und Zeiten und bringt die Flüchtigkeit des Augenblicks manchmal ironisch, aber immer mit Leidenschaft und virtuos zur Sprache.
In Erinnerung an das klassische Fotoalbum, in dem unter oft unscharfen Bildern die Abenteuer des Augenblicks in Stichworten dokumentiert wurden, erzählt Christoph Ransmayr in »Egal wohin, Baby« siebzig zu Mikroromanen kondensierte Geschichten zu siebzig seiner Fotografien in Schwarz-Weiß. Jedes Foto eine optische Notiz, geschuldet der Zufälligkeit der Anwesenheit und im Vorübergehen aufgezeichnet mit einem Smartphone oder einer Digitalkamera. Jeder Text zum Bild wird zu einem in sich geschlossenen, ausgefeilten Stück Prosa: zu einem Mikroroman. Denn von Expeditionen in die Augenblicke der Wirklichkeit und in die Grenzenlosigkeit der Phantasie kann auch in wenigen Zeilen erzähltwerden - zumal, wenn es mit der Beobachtungsgabe und der Formulierungskunst des welterfahrenen Christoph Ransmayr geschieht.
»Christoph Ransmayr ist neugierig auf die Welt und verfügt über eine Sprache, diese Neugier in Texten von hypnotisierender Schönheit ansteckend zu machen.«
Denis Scheck, Druckfrisch
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Der Fallmeister
Im tosenden Wildwasser stürzt ein Langboot die gefürchteten Kaskaden des Weißen Flusses hinab. Fünf Menschen ertrinken. Der »Der Fallmeister« , ein in den Uferdörfern geachteter Schleusenwärter, hätte dieses Unglück verhindern müssen. Als er ein Jahr nach der Katastrophe verschwindet, beginnt sein Sohn zu zweifeln: War sein jähzorniger, von der Vergangenheit besessener Vater ein Mörder? Die Suche nach der Wahrheit führt den Sohn des Fallmeisters tief zurück in die eigene Vergangenheit: Getrieben von seiner Leidenschaft für die eigene Schwester und der Empörung über das Schicksal seiner aus dem Land gejagten Mutter, folgt er den Spuren seines Vaters. Sein Weg führt ihn durch eine düstere, in Kleinstaaten zerfallene Welt. Größenwahnsinnige Herrscher ziehen immer engere Grenzen und führen Kämpfe um die Ressourcen des Trinkwassers. Bildmächtig und mit großer Intensität erzählt Christoph Ransmayr von einer bedrohten Welt und der menschlichen Hoffnung auf Vergebung.
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Christoph Ransmayr
Ein Schriftsteller? Ein Dichter? Ein Erzähler? Christoph Ransmayr erhebt keinen Anspruch auf Titel: "Nennen Sie mich, wie sie wollen." In "Geständnisse eines Touristen - ein Verhör" (2004) verrät er vielmehr, dass er in Formularen am liebsten die Felder mag, in die man das Wort "Tourist" eintragen kann, "denn Ahnungslosigkeit, Sprachlosigkeit, leichtes Gepäck, Neugier oder zumindest die Bereitschaft, über die Welt nicht bloß zu urteilen, sondern sie zu erfahren, zu durchwandern, von mir aus: zu umsegeln, erklettern, durchschwimmen, notfalls zu erleiden, gehören wohl mit zu den Voraussetzungen des Erzählens."Geboren 1954 in Wels, Oberösterreich, wuchs Ransmayr in Roitham am Traunsee auf und besuchte das Stiftsgymnasium der Benediktiner in Lambach. Nach dem Studium der Philosophie und Ethnologie in Wien arbeitete er zunächst als Kulturredakteur bei der Wiener Monatszeitschrift Extrablatt und als Verfasser von Reportagen und Essays für Zeitschriften wie TransAtlantik, Merian oder Geo. Ransmayr verfasste Romane wie "Der Schrecken des Eises und der Finsternis" (1984), "Die letzte Welt" (1988), "Morbus Kitahara" (1995) und "Der fliegende Berg" (2006) sowie Prosaarbeiten zu Spielformen des Erzählens wie "Geständnisse eines Touristen" (2004), das Theaterstück "Odysseus, Verbrecher" (2010) oder den "Atlas eines ängstlichen Mannes" (2012), eine Erzählung, die in siebzig Episoden durch die ganze Welt führt.Wie in seinem neuen Roman "Cox oder Der Lauf der Zeit" (2016) verknüpft Ransmayr in vielen seiner literarischen Werke historische Begebenheiten mit Fiktionen. Oftmals schildert er dabei grenzüberschreitende Erfahrungen und bearbeitet historische Ereignisse, verbindet und bricht sie mit Momenten aus der Gegenwart.Wegen seiner poetischen und rhythmischen Sprache, seiner stilistischen Eleganz und seiner bildmächtigen Traum- und Albtraumwelten wurde sein Roman "Die letzte Welt" (1988) von der Kritik gelobt. Dessen historischer Ausgangspunkt ist die Verbannung des römischen Dichters Ovid durch Kaiser Augustus im Jahr 8 nach Christus. Als Gerüchte um den Tod Ovids in Rom umgehen, macht sich der Römer Cotta am Schwarzen Meer auf die Suche nach dem Verbannten, in deren Verlauf er immer rätselhaftere Zeichen der "Metamorphosen" in Bildern, Figuren und wunderbaren Begebenheiten findet.In dem Roman "Der fliegende Berg" (2006) erzählt Ransmayr die Geschichte zweier Brüder, die im Transhimalaya, in dem Land Kham und in den Gebirgen Osttibets wider besseres, durch Satelliten und Computersysteme gestütztes Wissen nach einem namenlosen Berg suchen, dem vielleicht letzten weißen Fleck auf der Weltkarte. Zentrales Motiv in Ransmayrs Werk ist "die Erfahrung des Fremden, die das Geheimnis von Menschen, Orten und Geschichten nicht zu lüften versucht", wie die Kritikerin Felicitas von Lovenberg schreibt. Diese Erfahrung steht auch im Mittelpunkt von Ransmayrs neuestem Roman "Cox oder Der Lauf der Zeit."Literaturfestival - Cox - Christoph Ransmayr
Die Vermessung der Ewigkeit
Als der englische Uhrmacher und Automatenbauer Alister Cox und seine Gefährten im Oktober 1753 das chinesische Festland erreichen, werden sie Zeugen der Macht des chinesischen Kaisers Qiánlóng. Im Hafen werden 27 betrügerischen Steuerbeamten und Wertpapierhändlern die Nasen abgeschnitten. Der maßlose Kaiser selbst ist zwar in dieser Szene noch nicht sichtbar, doch ist er schon allgegenwärtig. Er ist "der mächtigste Mann der Welt", ein gottgleicher Herrscher mit einem riesigen Hofstaat und zahllosen Titeln, "Himmelssohn" und "Herrscher über die Zeit" seiner Untertanen. Und Qiánlóng ist ein leidenschaftlicher Liebhaber und Sammler von Uhren und Automaten.
Cox, der Meister aus England, Herr über 900 Feinmechaniker, Juweliere, Gold- und Silberschmiede in Manufakturen in Liverpool, London und Manchester, wurde an den Hof in Peking eingeladen, um dort "als erster Mensch der abendländischen Welt in der Verbotenen Stadt Quartier zu beziehen" und Uhren und Automaten für Qiánlóng nach dessen Wünschen zu fertigen. Um über den Tod seiner fünfjährigen Tochter Abigail hinwegzukommen, nimmt er die Einladung an. Und ist…mehr
Die Vermessung der Ewigkeit
Als der englische Uhrmacher und Automatenbauer Alister Cox und seine Gefährten im Oktober 1753 das chinesische Festland erreichen, werden sie Zeugen der Macht des chinesischen Kaisers Qiánlóng. Im Hafen werden 27 betrügerischen Steuerbeamten und Wertpapierhändlern die Nasen abgeschnitten. Der maßlose Kaiser selbst ist zwar in dieser Szene noch nicht sichtbar, doch ist er schon allgegenwärtig. Er ist "der mächtigste Mann der Welt", ein gottgleicher Herrscher mit einem riesigen Hofstaat und zahllosen Titeln, "Himmelssohn" und "Herrscher über die Zeit" seiner Untertanen. Und Qiánlóng ist ein leidenschaftlicher Liebhaber und Sammler von Uhren und Automaten.
Cox, der Meister aus England, Herr über 900 Feinmechaniker, Juweliere, Gold- und Silberschmiede in Manufakturen in Liverpool, London und Manchester, wurde an den Hof in Peking eingeladen, um dort "als erster Mensch der abendländischen Welt in der Verbotenen Stadt Quartier zu beziehen" und Uhren und Automaten für Qiánlóng nach dessen Wünschen zu fertigen. Um über den Tod seiner fünfjährigen Tochter Abigail hinwegzukommen, nimmt er die Einladung an. Und ist überrascht, als der Kaiser ihm seinen ersten Wunsch offenbart: Cox soll Uhren bauen, an denen die unterschiedlichen Geschwindigkeiten "der fliegenden, der kriechenden oder der erstarrten Zeiten", der Zeiten des Glücks, der Kindheit, der Liebe und des Todes abzulesen sind.
Nachdem Cox die Arbeit in der fremden Welt der Verbotenen Stadt aufgenommen hat, stellt sich bald heraus, dass dieser Auftrag nur eine erste Fingerübung sein sollte, um die Fähigkeiten des englischen Uhrenmachers zu prüfen. Denn nun erhält er einen weitaus gewichtigeren Auftrag: Qiánlóng will, dass Cox eine Uhr baut, welche "die Sekunden, die Augenblicke, die Jahrtausende der Welt, die Äonen der Ewigkeit messen kann." Er soll ein nie da gewesenes Uhrwerk schaffen, das über alle Zeit Bestand hat und nie stillsteht, kurzum: ein Perpetuum mobile. Cox fühlt sich dem Kaiser durch diesen Wunsch zwar sehr nahe, hat er doch sein Leben lang selbst von der Verwirklichung dieser alten Sehnsucht geträumt, doch befindet er sich in einer gefährlichen Lage: Lehnt er den Auftrag ab, droht ihm der Tod. Erfüllt er ihn und baut er ein solches Uhrwerk, begibt er sich ebenfalls in Gefahr, denn damit stellt er die Position des allmächtigen Herrschers infrage, schließlich ist der Kaiser der alleinige Herr über die Zeit. Trotzdem macht sich Cox, dieser "mecanicus, in dem sich Mensch und Uhrwerk verbinden" (FAZ), an die Arbeit.
Christoph Ransmayer greift in seinem neuen Roman auf eine historische Figur zurück: Der Uhrenmacher und Automatenbauer Cox lebte im 18. Jahrhundert; seine Werke sind heute in Museen in Europa und in den Pavillons der Verbotenen Stadt zu sehen. Allerdings hieß er nicht Alister, sondern James und er war auch nie in China, hat aber in London für die Ostindische Kompanie Uhren gebaut, die ihre Werke dem Kaiser von China schenkte. Ransmayr erfindet die Geschichte der Chinareise des berühmten Uhrenbauers neu und erzählt in eleganter Sprache und mit Einfühlungsvermögen in die Menschen dieser Epoche, was der Engländer Cox in der Konfrontation mit der Fremde auf seiner Reise erlebt.
Mit dem Roman "Cox oder Der Lauf der Zeit" behandelt Ransmayr das ewige Thema der Vergänglichkeit. Der Traum von dem Uhrwerk, das alle Zeit übersteht, den der Kaiser und der Uhrmacher teilen, ist der Traum der Literatur, die ihre Gültigkeit behält, der Traum, dass man mit dem Erzählen über die Zeit triumphieren kann.
Cox selbst erfährt in der Fremde ebensolche Momente der Zeitlosigkeit: "Er empfand, dass dieser eine Augenblick im Angesicht des Kaisers und seiner Geliebten keiner Zeit mehr angehörte, sondern ohne Anfang und Ende war, um vieles kürzer als das Aufleuchten eines Meteoriten und doch von der Überfülle der Ewigkeit: von keiner Uhr zu messen . . ."