Autor im Porträt
Daniel Friedman
zur AutorenweltToptitel von Daniel Friedman
Morals and Markets
Don't Ever Look Back
Daniel Friedman
Friedman, DanielDaniel Friedman, geb. 1981 in Memphis, hat in New York Jura studiert, ist Journalist und Blogger. Anregungen zur Figur des Buck Schatz stammen von seiner Gro?tante. Daniel Friedman lebt in Manhattan. "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten" ist sein Debut und wurde fur die wichtigsten amerikanischen Thriller-Preise nominiert, darunter der Edgar Award. Die Filmrechte haben sich die Produzenten von "Sherlock Holmes" gesichert. Sein neuer Buck-Schatz- Roman "Der Alte, der die Rache liebte" erschien 2015.Schwaner, TejaTeja Schwaner, Studium in Hamburg, Frankfurt und London. Arbeitete als Musik- und Filmjournalist.Ubertrug neben Hunter S. Thompson Daniel Woodrell und Daniel Friedmann ins Deutsche.Der Alte... - Literaturfestival 2014
"Wenn man die Chance hat, nichts zu tun, sollte man sie immer ergreifen."
Schrag, witzig, intelligent und auch noch ein herrliches Krimi-Roadmovie - das ist "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten". Daniel Friedman schickt hier einen 87-jahrigen Cop im Ruhestand noch einmal auf Jagd. Dass Buck Schatz, so hei?t unser Held, ein Weltkriegsveteran ist, in deutscher Kriegsgefangenschaft war und als Jude besonders ubel misshandelt wurde, ist wichtig - denn der Mann, den Buck Schatz sucht, hei?t Heinrich Ziegler, ist Nazi und hat ihn damals gequalt.
Buck Schatz, judischer Ex-Cop uber 80, auf der Suche nach einem Nazi und seinem Gold
Schatz, der davon ausging, dass Ziegler langst tot ist und in der Naziholle schmort, erfahrt von einem ehemaligen Kameraden an dessen Totenbett, dass Ziegler noch lebt - und das vermutlich unter falschem Namen irgendwo in den USA. Widerwillig nur ging Schatz uberhaupt ins Krankenhaus, um seinen Kumpel Jim Wallace zu besuchen - denn Buck ist ein echter Griesgram, norgelig, sarkastisch, meist beleidigend ehrlich und wenn er keine Lucky-Strike-Zigaretten in der Tasche…mehr
"Wenn man die Chance hat, nichts zu tun, sollte man sie immer ergreifen."
Schrag, witzig, intelligent und auch noch ein herrliches Krimi-Roadmovie - das ist "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten". Daniel Friedman schickt hier einen 87-jahrigen Cop im Ruhestand noch einmal auf Jagd. Dass Buck Schatz, so hei?t unser Held, ein Weltkriegsveteran ist, in deutscher Kriegsgefangenschaft war und als Jude besonders ubel misshandelt wurde, ist wichtig - denn der Mann, den Buck Schatz sucht, hei?t Heinrich Ziegler, ist Nazi und hat ihn damals gequalt.
Buck Schatz, judischer Ex-Cop uber 80, auf der Suche nach einem Nazi und seinem Gold
Schatz, der davon ausging, dass Ziegler langst tot ist und in der Naziholle schmort, erfahrt von einem ehemaligen Kameraden an dessen Totenbett, dass Ziegler noch lebt - und das vermutlich unter falschem Namen irgendwo in den USA. Widerwillig nur ging Schatz uberhaupt ins Krankenhaus, um seinen Kumpel Jim Wallace zu besuchen - denn Buck ist ein echter Griesgram, norgelig, sarkastisch, meist beleidigend ehrlich und wenn er keine Lucky-Strike-Zigaretten in der Tasche hat, wird der Kettenraucher wirklich sauer. Sein Motto: "Wenn man die Chance hat, Nichts zu tun, sollte man sie immer ergreifen." Wie gut, dass es da auch noch Rose Schatz als ausgleichendes Element gibt. Sie schafft es meist, sich Bucks Gezeter anzuhoren, um dann, milde lachelnd, doch ihren Willen durchzusetzen, oder sie entschuldigt sich fur ihn, wenn er es selbst fur seine Verhaltnisse ubertrieben hat mit der Beschimpfung seiner Mitmenschen.
Alte Rechnungen, offene Schulden und der israelische Geheimdienst
Okay, Nazi-Ziegler lebt also irgendwo in Amerika. Das ist schon mal eine Nachricht, die auch Buck Schatz nicht kaltlasst. Doch es gibt noch einen weiteren, durchaus nicht uninteressanten, Anreiz: Goldbarren, viele Goldbarren, Nazigold. Jim Wallace hatte Ziegler nach Kriegsende bei einer Stra?ensperre aufgehalten - der Mercedes sah aus wie tiefergelegt wegen der schweren Fracht. Leider lie? sich Jim von Ziegler mit einem dieser Barren bestechen - und entkam. Was Buck noch nicht wei?: Auch Jims Familie - Tochter Emily und ihr Gatte Norris Feely, ein geldgieriger Widerling, sind hinter dem Gold her. Weiter scharf auf das Gold sind Reverend Dr. Lawrence Kind, der der Versuchung des Glucksspiels anheimgefallen ist und verdammt hohe Spielschulden bei diversen Casinos hat, und, da ist sich Buck Schatz sicher, auch noch Jizchak Steinblatt, ein zwei Meter gro?er Russe, der angeblich vom israelischen Ministerium fur Angelegenheiten der Diaspora kommt und bei Buck und Rose Schatz in der Kuche sitzt. Buck macht sich einen Spa? daraus, ihn "Yid's Kack" zu nennen und glaubt ihm nicht, dass er hier ist, um besondere Bindungen zwischen den Juden in Amerika und denen in Israel zu pflegen. Bestimmt kommt er vom israelischen Geheimdienst ... Nicht vergessenwerden soll der schmierige T. Addleford Pratt, Inkassodirektor und hochst interessiert an der Schuldenerstattung von Reverend Kind. Der liegt namlich inzwischen mausetot und blutuberstromt in seiner Kirche und hat Addleford Pratt an Buck verwiesen. Er hatte einen Haufen Nazigold... Und diese Leiche wird nicht die einzige bleiben.
Die Spur fuhrt nach Missouri: Buck und sein Enkel Tequila machen sich auf den Weg
Das kann ja heiter werden, denn von Heinrich Ziegler und dem Gold fehlt Buck noch jede Spur. Da trifft es sich gut, dass Bucks Enkel William, genannt Tequila, zu Besuch kommt. Gemeinsam versuchen sie nun, Zieglers Fahrte aufzunehmen. Tequila mit allen modernen Netzwerkmoglichkeiten, von denen Buck nichts wissen will und sie "das Google" oder "Googles" nennt - und Buck mit seinen Netzwerken wie dem Jewish Community Center und naturlich einer messerscharfen Kombinationsgabe. Zwar muss sich Tequila so manchen Spruch seines "Pops" anhoren, aber er ist schlie?lich ein echter "Schatz" und hart im Nehmen. Naturlich schaffen es die beiden, Ziegler aufzuspuren - und machen sich mit dem Wagen auf den Weg zu ihm Richtung Missouri. Und hier fangt das eigentliche Abenteuer erst an ...
Der Alte... - Literaturfestival 2014
Daniel Friedman: Buck basiert locker auf meinem Gro?vater, Harold "Buddy" Friedman, der letztes Jahr im Alter von 97 Jahren gestorben ist. Buddy war Verkaufer, kein Polizist, und im Krieg war er im Pazifik und nicht in Europa, aber er hatte genau wie Buck die Angewohnheit, immer das zu sagen, was ihm gerade so in den Sinn kam. Die andere Inspirationsquelle sind die Actionhelden des 20. Jahrhunderts a la Clint Eastwood oder Bruce Willis zum Beispiel. Ich wollte sehen, wie eine solche Figur wohl im Alter ware und die Frage untersuchen, ob es im 21. Jahrhundert fur dieses Mannlichkeitskonzept einen Platz gibt.
Einer dieser herrlichen Buck-Schatz-Satze: "I care about people. I just don't like them." Wie schwer ist es fur Sie, die "Sprache" einer Figur zu entwickeln und wie gehen Sie…mehr
Ihr Held Buck Schatz ist 87, Cop im Ruhestand, Weltkriegsveteran, und macht in "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten" Jagd auf einen untergetauchten Nazi. Eine herrliche Figur - Kettenraucher, sarkastisch, norgelnd, oft beleidigend ehrlich und sehr witzig. Gibt es einen "Buck" in Ihrer Verwandtschaft, oder was/wer hat Sie zu dieser Figur inspiriert?
Daniel Friedman: Buck basiert locker auf meinem Gro?vater, Harold "Buddy" Friedman, der letztes Jahr im Alter von 97 Jahren gestorben ist. Buddy war Verkaufer, kein Polizist, und im Krieg war er im Pazifik und nicht in Europa, aber er hatte genau wie Buck die Angewohnheit, immer das zu sagen, was ihm gerade so in den Sinn kam. Die andere Inspirationsquelle sind die Actionhelden des 20. Jahrhunderts a la Clint Eastwood oder Bruce Willis zum Beispiel. Ich wollte sehen, wie eine solche Figur wohl im Alter ware und die Frage untersuchen, ob es im 21. Jahrhundert fur dieses Mannlichkeitskonzept einen Platz gibt.
Einer dieser herrlichen Buck-Schatz-Satze: "I care about people. I just don't like them." Wie schwer ist es fur Sie, die "Sprache" einer Figur zu entwickeln und wie gehen Sie dabei vor?
Daniel Friedman: Die Sprache ist sehr wichtig. Buck sollte witzig sein, damit er nicht vollig unsympathisch wirkt, aber er durfte auch nicht zu albern sein, weil sich die Leser sonst nicht mit den ernsteren Themen beschaftigen. Meine Idee war eine Mischung aus der Sprache eines schrulligen judischen Rentners und der stoischen Prosa eines Actionhelden - ein Typ, der immer einen witzigen Kommentar ablasst, bevor er jemanden uber den Haufen schie?t. Und als ich diese Mischung gefunden hatte, habe ich ihm noch einen Tennessee-Akzent verpasst.
Zuruck zu Buck. Er hat manchmal Schwierigkeiten mit dem Gedachtnis - daraus entwickeln sich naturlich wunderbar witzige Szenen im Buch, aber genauso klar wird, was wohl die meisten von uns im Alter erwartet. Haben Sie in Ihrem familiaren Kreis schon Erfahrung mit Altersdemenz gemacht?
Daniel Friedman: Meine Gro?tante Rose Burson hat acht Jahre lang in einer Demenzklinik gelebt, bevor sie 2010 im Alter von 88 Jahren starb. Sie war pensionierte Lehrerin und hat Bucher geliebt, aber am Ende ihres Lebens konnte sie nicht mal mehr Zeitungsartikel lesen oder einer Unterhaltung folgen. Und bei all der Gewalt und dem ganzen Blut in den Krimis und Filmen beschaftigt sich die populare Kultur doch kaum damit, wie wir tatsachlich sterben - in Phasen, haufig an den Folgen chronisch-degenerativer Erkrankungen. Und wenn sich die Medien doch einmal diesen Themen widmen, sind sie dabei oft nicht ehrlich. Ich glaube nicht, dass sich die Leute mit Plattituden beruhigen lassen und habe das Gefuhl, dass es fur sie wie eine Befreiung oder Katharsis ist, wenn sich endlich mal jemand realistisch mit diesen Fragen auseinandersetzt.
Buck ist ja nicht nur hinter dem vermutlich indenUSA untergetauchten Nazi Heinrich Ziegler her, der ihn im Kriegsgefangenenlager als amerikanischer Jude schwer misshandelt hat, er sucht auch nach angeblichem Nazigold, das sich Ziegler unter den Nagel gerissen haben soll. Und dieses Gold lockt noch ganz andere zwielichtige Gestalten auf den Plan - eine verruckte Jagd beginnt, und es bleiben einige Menschen dabei auf der Strecke. Warum haben Sie sich dafur entschieden, einen Thriller zu schreiben, wenn auch einen urkomischen?
Daniel Friedman: Es ist ja ein ziemlich grundlegendes literarisches Muster, eine Figur einzufuhren, die ein Problem nicht erkennen oder ihm ausweichen will, und sie dann dazu zu zwingen, sich doch damit auseinanderzusetzen, durch eine wie auch immer geartete Erleuchtung, die sie verandert. Ich wollte uber eine Figur schreiben, die mit ihrer Trauer und ihrer existenziellen Panik konfrontiert wird, aber sich irgendwie weigert, das anzuerkennen. Das allein macht aber noch keine Geschichte aus - also habe ich das uber die Struktur eines Krimis gelegt. Buck ist in dieser Geschichte von Trauer und Niedergang gefangen und versucht, die Kontrolle uber seine Geschichte zuruckzuerlangen, indem er sich auf die Suche begibt. Buck ist ein findiger und erfahrener Detektiv und hat dadurch, auch wenn er im ersten Stadium der Demenz ist und korperlich stark abgebaut hat, gute Voraussetzungen fur die Jagd nach dem fluchtigen Kriegsverbrecher Heinrich Ziegler und dem von ihm gehorteten Raubgold. Aber seine eigentliche Motivation fur die Jagd nach Ziegler sind seine anderen Probleme, mit denen er nicht umgehen kann. Und am Ende der Geschichte kann kein Stapel von Goldbarren und kein Sieg uber alte Feinde Buck das zuruckbringen, was er verloren hat.
Buck ist nicht allein auf seiner Jagd nach Ziegler. Sein Enkel, genannt Tequila, begleitet ihn und hilft ihm vor allem mit modernen Kommunikationsmitteln, die Buck z. B. "das Google" nennt. Wie kamen Sie auf die Idee, Buck seinen Enkel zur Seite zu stellen?
Daniel Friedman: Bucks verstorbener Sohn war Tequilas Vater, also trauern beide Figuren, und indem sie sich einander offnen, versuchen sie, diese Trauer zu bewaltigen. Buck versucht, so etwas wie eine Verlangerung seiner selbst in Tequila zu finden, aber in Wirklichkeit lebt der in einer Welt, deren Normen sich weit von Bucks Werten entfernt haben. Tequila wiederum hofft bei Buck so etwas wie vaterliche Anerkennung zu finden, sto?t aber auf Missbilligung. Ich denke, beide suchen Vergebung, aber keiner von ihnen kann sie dem anderen gewahren, weil sie sich selbst nicht vergeben konnen. Aber das Ganze ist auch fur den einen oder anderen Joke gut ...
Sie haben Jura studiert und arbeiten als Journalist und Blogger. "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten" ist Ihr Debut. Das Buch wurde sofort fur Preise nominiert, und die Produzenten von "Sherlock Holmes" haben sich sogar schon die Filmrechte dafur gesichert. Was ist das fur ein Gefuhl undwie geht es Ihnen mit diesem Erfolg?
Daniel Friedman: In den USA ist Jura ein dreijahriges Aufbaustudium, nachdem man einen Universitatsabschluss gemacht hat. Studiert hatte ich vorher Journalismus und Politikwissenschaft an der University of Maryland und direkt im Anschluss habe ich dann an der New York University Jura studiert. Das Schreiben habe ich von Zeitungs- und Magazinreportern gelernt, und Stil und Struktur meines Schreibens sind stark von den Werten dieser Genres beeinflusst, auch wenn ich nie als Journalist gearbeitet habe. Gearbeitet habe ich als Partner in einer New Yorker Anwaltskanzlei, aber heute lebe ich nur vom Schreiben. Der Erfolg ist naturlich toll, aber es gibt immer wieder neue Herausforderungen und man kann das Ganze auch schnell versauen. Im Augenblick bin ich ein bisschen nervos, weil mein erstes Buch jetzt auch auf Deutsch erscheint und in den USA mein zweites Buch herauskommt. Mein drittes Buch, das im nachsten Jahr erscheint, wird dann etwas vollig anderes sein - ein historischer Krimi um den romantischen Poeten Lord Byron. Ich bin sehr gespannt, wie die Leser darauf reagieren werden.
Sie haben den Schritt vom Journalisten zum Autor gemacht: Wann dachten Sie das erste Mal daruber nach, ein Buch zu schreiben und wie entwickelte sich der Gedanke dann weiter?
Daniel Friedman: Angefangen mit dem Schreiben habe ich im Sommer 2007. Ich war damals mit einem umfangreichen und langwierigen kartellrechtlichen Verfahren beschaftigt, und da das Ganze au?erhalb der Stadt stattfand, habe ich in der Zeit in einem Hotel gewohnt. Die Geschichte, an der ich in diesem Sommer arbeitete, hatte einige strukturelle und konzeptuelle Probleme, aber als ich wieder in New York war, habe ich viel Zeit ins Schreiben investiert. Ich habe einfach weniger geschlafen, mein Sozialleben zuruckgefahren und praktisch in jeder freien Minute geschrieben.
Im Herbst 2008 schrieb ich dann eine Szene mit einem alten Juden, der bei einer Trauerfeier in einer evangelischen Kirche eine katastrophale Trauerrede halt. Anschlie?end beschloss ich, dass ich die Geschichte dieser Figur in Form eines Krimis erzahlen wollte, und die zweite Szene, die ich schrieb, wurde dann das erste Kapitel des Buchs. Fertig wurde der Krimi im August 2009 und im September habe ich die Geschichte dann an verschiedene Literaturagenten geschickt. Rund um Thanksgiving war der Vertrag mit meinem Agenten unterschrieben. In den USA kam das Buch im Mai 2012 auf den Markt, und es verkaufte sich besser als erwartet - es wurde ungewohnlich gut in den Fachmedien des Verlagswesens besprochen, sodass viele Bibliothekare und Buchhandler darauf aufmerksam wurden. Im Januar 2013 wurde es fur einen Edgar Award fur das beste Erstlingswerk nominiert, spater dann fur den International Thriller Award, den Anthony Award und den Macavity Award. Bekommen habe ich nur den Macavity Award, aber schon allein die Nominierungen brachten dem Buch einezweite Publicitywelle ein, sodass dann auch internationale Verlage und Hollywood darauf aufmerksam wurden.
Wie sehr unterscheidet sich das Schreiben als Journalist vom Schreiben als Romanautor?
Daniel Friedman: Das Wichtigste, was man in der Journalistenausbildung und auch in einer Rechtsanwaltskanzlei lernt, ist, dass man keinen Anspruch auf die Aufmerksamkeit des Lesers hat, ob das nun der Leser eines Magazins oder ein Richter ist. Das hei?t, man muss sie sofort packen, ohne langes Vorgeplankel, ohne gro?e Erklarungen. Man muss unmittelbar ins Herz der Geschichte vorsto?en und die Spannung halten. Prosa muss nicht allzu stark vereinfachen, aber sie sollte klar sein. Das hei?t, aktive Verben benutzen. Als Autor sollte man nicht ausschweifend sein, denn das mogen die Leser gar nicht.
Wie schwer war es, Ihr Debut bei einem Verlag unterzubringen?
Daniel Friedman: Ganz schon schwer. Ich hatte keine Kontakte in die Branche, also brauchte ich meine Literaturagentin Victoria Skurnick, um den Verlagen die Geschichte vorzustellen. Und nicht jeder, der sie las, hat darin auch kommerzielles Potenzial gesehen. Das Buch ist ungewohnlich. Lustige Krimis beschaftigen sich normalerweise nicht mit solchen schweren Themen und dustere Geschichten haben normalerweise nicht so schrullige Helden. Die Tatsache, dass das Buch anders ist als das, was die Leute in dieser Genrenische erwarten, hat sich nach der Veroffentlichung zu seinem Vorteil ausgewirkt, denn die Leser - und ganz besonders Krimileser - wollen uberrascht werden. Aber einige der Agenten und Verleger, die das Buch damals gepruft haben, fanden das wohl eher verwirrend.
Haben Sie irgendwelche literarische Vorbilder?
Daniel Friedman: Ich mag Autoren, die ihren Themen und ihren Genres neue Perspektiven eroffnen. In "Der Malteser Falke" fangt Dashiell Hammett mit einer Geschichte uber einen Mord und die Jagd nach einem Schatz an und landet bei einer Geschichte uber einen Mann, der eine grauenvolle Wahl treffen muss, weil er eine Frau liebt, der er nicht vertrauen kann. Elmore Leonard gilt meine ewige Dankbarkeit, weil er gezeigt hat, dass klare Prosa Stil haben kann und dass Krimis Literatur sein konnen. Dann ware da George R. R. Martin zu nennen, Autor der Fantasy-Serie "Das Lied von Eis und Feuer", der ein gro?es Vorbild fur mich ist. Man muss ein Genre schon sehr genau kennen und verstehen, um die Erwartungen der Leser so perfekt unterlaufen zu konnen ... Auch Hunter S. Thompson und David Foster Wallace haben mich sehr beeinflusst, aber ich werde naturlich einen Teufel tun, sie nachahmen zu wollen.
Toll ist auch John Le Carre. Seine Plots sind au?erst vertrackt strukturiert, werden aber von seinen Figuren vorangetrieben. Er ist ein fabelhafter Beobachter von Menschen und Orten und schreibt wunderbare Prosa. Es gibt nicht viele Autoren, die sich Themen wie Spionage oder Verbrechen mit einer solchen Erfahrungstiefe und einem solchen Talent furs Schreiben widmen konnen.
Was bedeutet Ihnen Literatur?
Daniel Friedman: Geschichten, ob sie nun in Buchern oder anderen Medien erscheinen, sind ein Mechanismus, um uns mit Dingen au?erhalb unserer eigenen Erfahrungswelt bekanntzumachen und um unser Wissen darum zu erweitern, was es hei?t, ein Mensch zu sein.
Ihr liebstes Kinderbuch, das Sie auch heute noch gerne lesen?
Daniel Friedman: Auch wenn das jetzt vielleicht zu offensichtlich sein mag: "Wo die wilden Kerle wohnen" von Maurice Sendak.
Was fur Bucher liegen aktuell auf Ihrem Nachttisch und warten darauf, gelesen zu werden?
Daniel Friedman: Ich bin gerade in der Mitte von "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt angelangt, das ich bisher noch nicht gelesen hatte. Sehr gut gefallen hat mir "Der Distelfink" mit seiner unglaublich komplizierten Struktur. Anschlie?end ist "Galveston" von Nic Pizzolotto dran. Er war 2010 fur einen Edgar Award fur das beste Erstlingswerk nominiert, hat den Preis aber nicht bekommen. Jetzt schreibt er die sehr erfolgreiche HBO-Serie "True Detective".
Was erhoffen Sie sich fur Ihr Leben, wenn Sie einmal 80 sind?
Daniel Friedman: Nun, die Medizin macht ja standig weitere Fortschritte und gesundheitliche Probleme, die vor funfzig Jahren noch meist zum Tod fuhrten, sind heute behandelbar. Noch vor ein paar Jahrzehnten gingen die Leute irgendwann mit Anfang 60 in Rente und starben dann ein paar Jahre spater. Wer dagegen heute 65 wird, hat gute Chancen, auch die 80 zu erreichen, und die Leute leben heute langer bei guter Gesundheit als je zuvor. Wenn ich also mal in Bucks Alter bin, kann ich mit ein bisschen Gluck jeden Tag Golf spielen.
Interview Daniel Friedman: Ulrike Bauer, Literaturtest