Autor im Porträt
David Safier
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Mord auf hoher See / Miss Merkel Bd.3
Eine Seefahrt, die ist lustig. Diese Seefahrt, die bringt Tod. Die Krimi-Kreuzfahrt auf der Ostsee, die Angela für sich und ihre Lieben gebucht hat, soll der Ex-Kanzlerin etwas Abwechslung verschaffen. Doch die Traumschiffreise verläuft ganz anders als im Reiseprospekt angekündigt. Gleich am ersten Abend kommt der Megastar des deutschen Thrillers Florian Watzek unerwartet zu Tode. Und die anderen erfolgreichen Krimiautoren, die sich an Bord befinden, zählen zu den Hauptverdächtigen. Endlich schlägt wieder die Stunde für die Meisterdetektivin.
Ihr dritter und verzwicktester Fall bringt Miss Merkel in tödliche Gefahr.
«Immer witzig, klug, spannend und erhellend.»
Hape Kerkeling
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Mord auf hoher See / Miss Merkel Bd.3 (eBook, ePUB)
David Safier
David Safier wurde 1966 in Bremen geboren. Nach seiner Ausbildung zum Journalisten sammelte er erste Berufserfahrungen in Funk und Fernsehen. Als Drehbuchautor schrieb er die Dialoge zu "Nikola" und "Die Schule am See". Mit der Sitcom "Berlin, Berlin" gewann er den Adolf-Grimme-Preis, den Deutschen Fernsehpreis und den "International Emmy".2008 erschien Safiers erster Roman "Mieses Karma", die bizarre Geschichte einer Frau, die nach ihrem Tod als Ameise auf die Erde zuruckkehrt und gutes Karma sammeln muss, um wiedergeboren zu werden. "Jesus liebt mich" erzahlt von Marie, die sich in einen gewissen Jesus verliebt, den es ins 21. Jahrhundert verschlagen hat, und in "Plotzlich Shakespeare" gerat der Geist einer Frau durch Hypnose in den Korper des englischen Dichters. Safier ist verheiratet, hat zwei Kinder und einen Hund und lebt noch immer in Bremen.
Das meint die buecher.de-Redaktion: Wunderbar komisch mixt Safier Realitat und Fiktion wild durcheinander - ein echter Lesespa?!
28 Tage lang - Literaturfestival 2014
Was fur ein Mensch willst du sein? Packend, beruhrend und authentisch
David Safier, den Lesern bislang bekannt als Bestsellerautor humorvoll-intelligenter Bucher wie "Plotzlich Shakespeare", "Mieses Karma" oder "Happy Family" hat mit "28 Tage lang" sein "Herzensprojekt" verwirklicht und einen Roman uber den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto geschrieben. Safier stammt aus einer judisch-christlichen Familie. Sein Gro?vater vaterlicherseits ist in Buchenwald umgekommen, die Gro?mutter starb im Ghetto von Lodz und auch sein Vater wurde von den Nationalsozialisten verfolgt. Er widmet das Buch seinen beiden Sohnen - und will Erwachsene wie Jugendliche ansprechen. So erscheint von "28 Tage lang" auch eine Ausgabe bei rororo rotfuchs, dem Jugendbuchprogramm von Rowohlt. Wie "seine" Leser auf diesen Stoff reagieren werden, darauf ist Safier sehr gespannt - und naturlich mochte er "besonders viele Menschen damit erreichen". Vor allem auch die, " die normalerweise sagen: ?Ein Buch uber den Nationalsozialismus? Da habe ich jetzt keine Lust, das zu lesen.'"
Spannend, emotional und dramatisch: "28 Tage lang" packt den…mehr
Was fur ein Mensch willst du sein? Packend, beruhrend und authentisch
David Safier, den Lesern bislang bekannt als Bestsellerautor humorvoll-intelligenter Bucher wie "Plotzlich Shakespeare", "Mieses Karma" oder "Happy Family" hat mit "28 Tage lang" sein "Herzensprojekt" verwirklicht und einen Roman uber den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto geschrieben. Safier stammt aus einer judisch-christlichen Familie. Sein Gro?vater vaterlicherseits ist in Buchenwald umgekommen, die Gro?mutter starb im Ghetto von Lodz und auch sein Vater wurde von den Nationalsozialisten verfolgt. Er widmet das Buch seinen beiden Sohnen - und will Erwachsene wie Jugendliche ansprechen. So erscheint von "28 Tage lang" auch eine Ausgabe bei rororo rotfuchs, dem Jugendbuchprogramm von Rowohlt. Wie "seine" Leser auf diesen Stoff reagieren werden, darauf ist Safier sehr gespannt - und naturlich mochte er "besonders viele Menschen damit erreichen". Vor allem auch die, " die normalerweise sagen: ?Ein Buch uber den Nationalsozialismus? Da habe ich jetzt keine Lust, das zu lesen.'"
Spannend, emotional und dramatisch: "28 Tage lang" packt den Leser vom ersten Satz an
"28 Tage lang" ist emotional, spannend und dramatisch erzahlt und packt einen vom ersten Satz an. David Safier schafft es sofort, uns hineinzuziehen in das Buch und das Leben von Mira, seiner Hauptfigur. Sie ist 16 Jahre alt und lebt im Warschauer Ghetto. Eine der ersten Lektionen, die sie gelernt hat: Auch die Erwachsenen konnen ihre Kinder hier nicht mehr beschutzen. Ihr Vater hat sie, so sieht es Mira, im Stich gelassen, als er sich umbrachte. Zuvor hatte er noch die gesamten Ersparnisse als Schmiergeld eingesetzt, um Miras alteren Bruder Simon bei der Judenpolizei unterzubringen. Die Mutter ist nur noch ein Schatten nach dem Tod ihres geliebten Mannes und Mira sorgt fur ihre kleine Schwester Hannah und die Mutter, so gut es eben geht.
Ghetto-Alltag: Deportationen und Hunger - und Mira, 16, erlebt die erste Liebe
Das Grauen des Ghettos, die Willkur, mit der die Nazis regieren, denen ein judisches Leben nichts wert ist, die Deportationen, der Hunger, die lebensgefahrlichen Schmuggeltouren Miras - Safier lasst den Alltag im Ghetto lebendig werden. Und dennoch, bei all dem Grauen, dem Toten und der Todesangst begleiten wir auch Mira im Erleben ihrer ersten zarten Liebe. Das ist nie unglaubwurdig oder gar sentimental, sondern gelingt David Safier sensibel und atemberaubend dicht. Auch die Komposition von "28 Tage lang", in der Safier historische Fakten und Personen mit der Geschichte fiktiver Figuren verwebt, macht den Roman zu etwas ganz Besonderem.
Was fur ein Mensch willst du sein? Wie weit gehst du, um zu uberleben?
Da ist der weltberuhmte Reformpadagoge Janusz Korczak, der im Ghetto ein Waisenhaus leitete, und da ist die fiktive Figur von Miras Freund Daniel, der im Waisenhaus Korczaks rechte Hand ist. Da sind der Vorsitzende des Judenrates, Adam Czerniakow, oder der Ghettonarr Rubinstein, der "alle gleich, alle gleich" rufend durch die Stra?en lief und sich mit List und Witz Essen organisierte.
Und da ist Mira, die bei einer Schmuggeltour au?erhalb des Ghettos fast erwischt wird - doch ein junger Mann steht ihr bei und rettet ihr das Leben - mit einem Kuss. Seit dem Kuss ist fur Mira nichts mehr, wie es war - und sie wird sich entscheiden mussen, wem ihr Herz wirklich gehort, Daniel oder Amos. Das ist eine der gro?en Fragen, die Mira beantworten muss. Eine andere: Was fur ein Mensch willst du sein? Einer, der sein Leben fur andere gibt, oder einer, der andere verrat, um sein eigenes Leben zu schutzen? Wie weit gehst du, um zu uberleben? Um wenigstens noch einen Tag zu uberleben? In der Holle des Ghettos eine Frage, die sich jeden Tag stellt - oft genug mehrmals.
Die dritte Frage fur Mira: Will und kann sie sich den Kampfern im Ghetto anschlie?en? Kann sie wirklich Menschen toten? Als sie erfahrt, dass alle noch lebenden Ghettobewohner getotet werden sollen - ohne Ausnahmen -, entscheidet sie sich fur den Kampf. Er wird 28 Tage dauern, so lange schaffen es die meist jugendlichen Kampfer, Widerstand zu leisten. So lange dauerte auch der reale Widerstand im Warschauer Ghetto.
"28 Tage lang": David Safier verharmlost nichts - kaum auszuhalten, manche Szenen
David Safier spart in "28 Tage lang" nichts aus, verharmlos nichts - kaum auszuhalten, manche Szenen ... Da gibt eine Mutter ihr Baby in den Tod, um ihr eigenes Leben zu retten, oder da ist diese Frau, die auf einem Platz die Kinder der zur Deportation zusammengetriebenen Menschen "erlost", indem sie sie noch vor dem Transport vergiftet. Da geht Janusz Korczak zusammen mit seinen 200 Waisenkindern in den Tod, obwohl er sein Leben hatte retten konnen.
Was fur ein Mensch willst du sein? Diese Frage kann jeder nur fur sich selbst beantworten - viele Figuren in "28 Tage lang" entscheiden sich fur den Kampf, manche weigern sich, selbst zu toten, auch wenn sie das ihr Leben kosten wird. Doch moralisierend ist "28 Tage lang" nie. Safier bewertet nicht, stellt Kampfesmut nicht uber Friedfertigkeit - gerade deshalb beruhren die Zeugnisse der Menschlichkeit wie das von Janusz Korczak besonders. Was fur ein Mensch willst du sein ...?
28 Tage lang - Literaturfestival 2014
David Safier: Diese Idee gab es schon sehr lange. Vor ziemlich genau 21 Jahren wurde ich gebeten, zum 50. Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes eine Rede zu halten. Ich war damals Journalist im Jugendprogramm bei Radio Bremen und man hat jemanden gesucht, der jung und judischer Herkunft ist und auch ein paar Satze geradeaus sprechen kann. Naturlich wusste ich damals schon etwas uber den Warschauer Ghettoaufstand, aber in der Vorbereitung auf diese Rede habe ich angefangen zu recherchieren und sehr, sehr viel dazu gelesen. Und seither war ich fasziniert von diesem Thema, weil es dort so viele Geschichten - sowohl von menschlicher Niedertracht als auch menschlicher Gro?e - zu finden gibt, dass ich damals schon wusste: Daruber mochte ich irgendwann schreiben. Da ich ja auch als Drehbuchautor arbeite, habe ich auch immer mal wieder Exposes zu dem…mehr
Ihre Leser kennen Sie bislang durch Bucher wie "Plotzlich Shakespeare", "Jesus liebt mich" oder "Happy Family" - nun haben Sie mit "28 Tage lang" einen Roman geschrieben, der im Warschauer Ghetto spielt und den Aufstand der Juden dort thematisiert. Wie hat sich die Idee zu diesem Buch bei Ihnen entwickelt?
David Safier: Diese Idee gab es schon sehr lange. Vor ziemlich genau 21 Jahren wurde ich gebeten, zum 50. Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes eine Rede zu halten. Ich war damals Journalist im Jugendprogramm bei Radio Bremen und man hat jemanden gesucht, der jung und judischer Herkunft ist und auch ein paar Satze geradeaus sprechen kann. Naturlich wusste ich damals schon etwas uber den Warschauer Ghettoaufstand, aber in der Vorbereitung auf diese Rede habe ich angefangen zu recherchieren und sehr, sehr viel dazu gelesen. Und seither war ich fasziniert von diesem Thema, weil es dort so viele Geschichten - sowohl von menschlicher Niedertracht als auch menschlicher Gro?e - zu finden gibt, dass ich damals schon wusste: Daruber mochte ich irgendwann schreiben. Da ich ja auch als Drehbuchautor arbeite, habe ich auch immer mal wieder Exposes zu dem Gettoaufstand angeboten - aber aus verschiedensten Grunden sind die Finanzierungen zu Filmen nicht zustande gekommen. Jetzt, nach funf lustigen Bestsellern, hatte ich das Gefuhl: Ich kann dieses Buch schreiben, ohne meine Leser zu "verstoren".
Ihr Verlag, Rowohlt, bringt das Buch sowohl in der rotfuchs-Reihe fur Jugendliche als auch bei Kindler fur Erwachsene heraus. Ihre Anregung?
David Safier: Ja, das war mein Wunsch. Ich wollte den Titel eben nicht nur als "Erwachsenenbuch" herausbringen. Ich denke, so ab 13/14 Jahren - das kommt naturlich auch auf den Jugendlichen an - ist das eine Geschichte, die Jugendliche verkraften konnen. Die Hauptfiguren sind Jugendliche - so wie auch die Kampfer im Warschauer Getto sehr, sehr junge Menschen waren, das fing mit 13 Jahren an und reichte bis Ende 20. Und es gibt sehr wenige Geschichten aus der Zeit des Nationalsozialismus, mit der sich junge Leute identifizieren konnen, vor allem keine Geschichten von "Helden", die aktiv etwas tun, die kampfen.
Im Warschauer Ghetto gab es drei Menschen, so schreiben Sie, die alle kannten: einer war Janusz Korczak, der Padagoge, der Zweite war Rubinstein - der Ghettonarr. Er lief tanzend durch die Stra?en und rief "Alle gleich, alle gleich!". Sogar die SS lie? ihn lange in Ruhe. Er hat wirklich existiert. In Ihrem Buch gibt er Mira in einem fur seine Verhaltnisse ernsten Gesprach Entscheidendes mit auf den Weg: "Die Frage ist, kleine Mira, was fur ein Mensch mochtest du sein?" Es ist die wichtigste Frage des Buches - warum haben Sie sie Rubinstein in den Mund gelegt?
David Safier: Beim Schreiben gibt es ja oft keine bewussten Entscheidungen, jedenfalls bei mir nicht. Ein Autor - David Milch, der u. a. die Fernsehserie Deadwood geschrieben hat - hatte mal zu mir gesagt: "Alles, was du ubers Schreiben denkst, wenn du nicht schreibst, ist falsch." Man kann so eine Szene eben nicht vorher am Rei?brett entwerfen. Ich habe diese Szene geschrieben und sie entfaltet sich dann aus dem eigenen Gefuhl, aus der eigenen Fantasie heraus - und da machen die Figuren, was sie wollen. Und Rubinstein hatte eben diese Frage gestellt - und sie wurde zur entscheidenden Frage des Romans. Es war also nicht so, dass ich gesagt hatte: Das ist die entscheidende Frage des Romans, wer konnte sie denn jetzt stellen? Sondern ganz im Gegenteil - die Figuren haben das "gemacht" und daraus hat es sich entsponnen.
Mira steht in Ihrem Buch zwischen zwei jungen Mannern. Daniel und Amos - Daniel kummert sich um Waisenkinder im Ghetto, Amos organisiert den Widerstand. Auch Mira muss sich entscheiden, ob sie kampfen will, toten kann oder nicht. Sie widmen diesem Aufstand im Warschauer Ghetto, der auch in Wirklichkeit 28 Tage gedauert hat, Ihr Buch. - Was war das Besondere an diesem Aufstand?
David Safier: Der Warschauer Ghettoaufstand von 1943 ist schon etwas Besonderes. Dass da 1.400 Kampfer zusammenkommen und sich wehren. Ich glaube, dass man in dem Buch sehr gut sieht - gerade auf den Seiten, die ich der Deportation widme -, warum das so war, dass die Menschen sich nicht gewehrt haben. Ich glaube, dass das einerseits so war, weil die Nationalsozialisten ein perfides Spiel mit der Hoffnung der Menschen gespielt haben. Der Einzelne dachte immer noch: Auch wenn andere umkommen, ich kann uberleben. Auf der anderen Seite waren viele Menschen gebrochen und hatten keinen Lebensmut mehr. Die jungen Kampfer, das kann man so sehen, konnten zu den Waffen greifen, weil sie nichts mehr zu verlieren hatten. Die hatten nur noch den Kampf - das ist das Besondere.
Was mich au?erdem sehr faszinierte, war die Tatsache, dass viele Menschen im Warschauer Ghetto etwas Gro?es gemacht haben. Da gibt es unglaubliche Geschichten, die manchmal bei mir nur in einer oder zwei Zeilen vorkommen. Zum Beispiel, dass Eltern sich entscheiden, mit ihren Kindern in die Zuge zu gehen - und dass andere Eltern gesagt haben, ich kann noch weiterleben, Kind, geh du alleine in die Zuge.
Faszinierend auch die Geschichte, dass die Kampfer im Kampf eines Nachts Brot gebacken haben fur die Hungernden. Das sind Sachen, die mich unglaublich fasziniert haben. Es geht eben nicht nur darum, dass da Juden zu den Waffen gegriffen haben, sondern in all dem Wahnsinn haben dort auch viele Aktionen stattgefunden, die von menschlicher Gro?e zeugen. Solche Dinge haben mich sehr beeindruckt.
Der dritte Mensch, den im Ghetto alle kannten, aber verachteten, war Adam Czerniakow, der Vorsitzende des Judenrates. Was war der Grund fur diese Verachtung?
David Safier: Die Gefuhle fur Czerniakow waren sehr zwiespaltig - und es gibt im Buch ja auch den Dialog, woihn jemand verteidigt. Der Judenrat wurde ja von den Nationalsozialisten eingesetzt als Verwaltung. Im Getto von Lodz z. B. sa?en Verbrecher im Judenrat, in Warschau war Czerniakow z. B. keiner, der sich selbst bereichert hat, aber er hat sozusagen aus seiner schwachen politischen Position heraus dafur gesorgt, dass viele Anordnungen der Nationalsozialisten umgesetzt wurden. Und viele, gerade die Kampfer, haben ihn deswegen als Marionette der Nazis gesehen. Doch als es dann den Befehl gab, die Kinder in die Konzentrationslager zu deportieren, hat er sich selbst umgebracht. Diesen Befehl konnte er nicht mehr unterzeichnen. Er wollte kein Mensch sein, der andere Menschen in den Tod schickt.
Die Kraft/Die Macht der Fantasie hilft Mira oft, weiter zu hoffen und den Lebensmut nicht zu verlieren. Miras Schwester Hannah erzahlt z. B. wunderbare Geschichten. Wie wichtig ist diese Kraft in dunklen Zeiten und wie wichtig ist sie dem Autor David Safier?
David Safier: Ich entdecke mein Buch beim Schreiben. Und so habe ich auch entdeckt, dass die kleine Schwester von Mira Geschichten erzahlt. Spater ubernimmt auch Mira das Weitererzahlen der Geschichte von den 777 Inseln. Und sie werden wie eine Rettungsinsel fur sie.
Auch ich als Autor lebe naturlich in Fantasiewelten. Aber eigentlich kennen wir das alle, denn viele Menschen finden in der Fantasie Trost. Jeder, der auch nur ein kleines Problem hatte wahrend seines Tages und der abends ins Kino geht oder ein Buch liest, findet da oft Trost und Kraft ...
Sie erzahlten schon, dass Sie dieses Buchprojekt schon sehr lange mit sich herumgetragen haben. Wie aufwendig waren die Recherchen, wie sahen die Vorarbeiten aus?
David Safier: Ja, ich habe schon vor 21 Jahren angefangen, mich in das Thema "Aufstand im Warschauer Ghetto" einzuarbeiten und habe seither daruber immer wieder etwas gelesen. Es gibt viele Erinnerungsbucher und es gibt unglaublich gut dokumentierte Sachbucher, das sind oft schon Metastudien uber den Ghettoalltag. Es gibt z. B. Karten, wo welcher Laden wann war oder wie viel in welchem Monat ein Ei gekostet hat. Das Getto ist also extrem gut dokumentiert, auch dadurch, dass es Menschen wie z. B. Emanuel Ringelblum [Ringelblum-Archiv] gab, die alles fur die Nachwelt aufgezeichnet und diese Aufzeichnungen verscharrt haben. Ich habe mich in dieser Vorbereitung noch mal durch all diese Bucher und Erinnerungen gearbeitet.
Ein Teil Ihrer Familie, der vaterliche Zweig, stammt aus Wien und wurde im Dritten Reich ermordet. Ihr Gro?vater ist in Buchenwald umgekommen, Ihre Gro?mutter starb im Ghetto von Lodz und auch Ihr Vater wurde von den Nationalsozialisten verfolgt ...
David Safier: Ja, das ist richtig. Mutterlicherseits stammt die Familie aus Bremen und hat einen christlichen Hintergrund. Meine Mutter (Jahrgang 1936) ist ein Kriegskind, das durch den Bombenhagel traumatisiert war. Aber mein Vater war Jahrgang 1915, ist in Wien aufgewachsen, dort zur Schule gegangen, hat sein Abitur gemacht und an der Wiener Universitat Bauingenieurwesen studiert. Als es 1938 den Anschluss gab, wurde er erst mal verhaftet und war in einer Zelle mit sehr vielen anderen - und er hat mir erzahlt, dass da auch, und das gab es sehr selten, ein Polizist ohne Hakenkreuzbinde war. Dieser Polizist hat die Zellentur geoffnet und ein paar Gefangene rausgelassen. Mein Vater hatte das Gluck, dass er vorne stand und rauskonnte - und er floh daraufhin nach Palastina. Viel mehr hat mein Vater allerdings auch nicht erzahlt. Ich wei? nicht, wie er aus Osterreich rauskam. Was er mir noch erzahlt hat, war, dass auch seine zwei Jahre altere Schwester nach Palastina geflohen war.
Uber die Geschichte meiner Gro?eltern wei? ich nur das, was ich in den ganz wenigen Unterlagen gefunden habe. Mein Vater hat - das gibt es ja bei sehr vielen Menschen aus dieser Generation der Verfolgten - nichts aus der Zeit erzahlt. Wenn er uber Wien erzahlt hat, hat er immer nur uber das Kabarett und die Kabarettisten erzahlt und dass er als Claqueur immer umsonst Eintritt hatte, weil er immer geklatscht hat. Da gab es eine gro?e, gro?e Liebe zu Wien, die eben dann abgebrochen ist. Uber seine Eltern hat er nichts erzahlt. Ich wei?, wann sie geboren sind - und dass meine Gro?mutter in Lodz gestorben ist, das steht in einer Todesurkunde und der Name meines Gro?vaters taucht in einer Datenbank auf. Ich selbst habe in Wien also keine Verwandten mehr.
Durch die Zeugnisse meines Vater wusste ich ja, auf welcher Schule in Wien er war, und durch einige Urkunden wusste ich ebenfalls, in welcher Stra?e er gewohnt hat und in welchem Haus. Als ich zu einer Preisverleihung im Wiener Rathaus war - mein Buch "Plotzlich Shakespeare" hatte den Leserpreis fur den beliebtesten Roman in Osterreich bekommen -, habe ich mir diese Adressen angesehen. Und beim Stobern in einer Wiener Buchhandlung habe ich ein Buch aus den 1980er-Jahren gefunden uber Erinnerungen aus dem judischen Viertel. Ich habe mir das Buch gekauft und ein Gedicht gefunden, in dem eine junge Frau beschreibt, wie sie in den 1970er-Jahren zuruck nach Wien kommt und sich an ihre Kindheit erinnert - und diese Frau war meine Tante. Diese Tante trat ubrigens auch im Wiener Kabarett auf. Mehr wei? ich nicht von dieser Familiengeschichte.
Ein gro?es Thema sind heute auch die Traumata von Kindern und Enkeln der Opfer von Verfolgung und Ermordung. Wie haben Sie das erlebt?
David Safier: Das ist schwer zu beantworten. Das Problem haben aber nicht nur Familien von Holocaustopfern, sondern auch die gesamte Kriegsgeneration ist betroffen. Die heute 75-Jahrigen erlebten z. B. ja auch den Bombenhagel als Kinder. Ich glaube, das Thema wird generell unterschatzt. Wenn da Menschen sagen, dass sie die Vergangenheit nicht mehr interessiert, sage ich, Leute, das ist eure Familiengeschichte. Das sind eure Eltern, Gro?eltern, die haben euch erzogen und das geht naturlich weiter, was z. B. Traumata angeht.
Zu mir personlich mochte ich nur sagen: Ich denke, ich habe uberproportional viele Verfolgungstraume und sicher kein umfassendes Sicherheitsgefuhl - und naturlich arbeite ich mich selbst auch daran ab, dass dem so ist. Mein Vater war ja Jahrgang 1915, direkt kriegsverfolgt, und ich bin die Generation danach, und es gibt all diese Traumata. Auf der anderen Seite gibt es ja auch die Tatsache, dass mein Vater, trotz allem, was ihm passiert ist, Leben in die Welt gesetzt hat. Und das ist fur mich schon so etwas wie ein positiver Auftrag. Immer gewesen.
Bald wird es keine lebenden Zeitzeugen mehr geben, die z. B. in Schulen gehen und von ihrer Verfolgung erzahlen. - Was lost dieser Gedanke in Ihnen aus?
David Safier: Ja, bei mir war es so, dass zwischen 1995 und 2000 meine Tante, mein Vater und mein Onkel starben. Sie sind nicht mehr da, aber ich wurde jetzt gerne mit ihnen uber diese Zeit reden - und es ist eben zu spat.
Als Autor hoffe ich, dass das, was ich da jetzt mit "28 Tage lang" versucht habe, die Moglichkeit einer neuen Annaherung an diese Zeit schafft. Sich also anzunahern, indem man mit einer modernen Sprache, einer modernen Dramaturgie eine hohere Identifikation fur die Leser schafft und so eine Brucke sein kann.
Interview: Ulrike Bauer, Literaturtest