Autor im Porträt
Gaël Faye
zur AutorenweltToptitel von Gaël Faye
Kleines Land
Broschiertes Buch
»Bevor all das geschah, von dem ich hier erzählen werde, gab es nur das Glück, das nicht erklärt werden musste. Wenn man mich fragte, wie geht es dir, habe ich geantwortet: gut.« Damals traf sich Gabriel mit seinen Freunden auf der Straße, erlebte seine Kindheit wie in einem paradiesischen Kokon. Bis seine Familie zerbrach und fast zur selben Zeit sein kleines Land, Burundi, unvorstellbare Grausamkeiten erdulden musste. Und seine Mutter den Verstand verlor. Zwanzig Jahre später erst, nach der Flucht mit seiner Schwester in ein fernes, fremdes Frankreich, kehrt Gabriel in eine Welt zurück, die er längst verschwunden glaubte. Doch er findet dort etwas wieder, das er für unwiederbringlich verloren hielt. - »Kleines Land« ist ein überwältigendes Buch, voller Schrecken und Glückseligkeit, Güte und ewiger Verlorenheit - ein Stück französischer Weltliteratur im allerbesten Sinne.
…mehr
…mehr
12,00 €
© Chris Schwagga
Gaël Faye
Seine erste Karriere startete Gaël Faye, der 1982 in der burundischen Hauptstadt Bujumbura geboren wurde, als Rapper. Im Hip-Hop-Duo "Milk Coffee and Sugar" begann Faye mit dem Franko-Kameruner Edgar Sekloka, Musik mit politischen Themen zu verbinden. Mit seinem ersten Soloalbum, das ihn 2012 als Musiker bekannt machte, ging er den Weg weiter und setzte schon im Titelstück auf kulturelle Kontraste: "Pili pili sur un croissant au beurre" ("Chili auf einem Buttercroissant"). Seine Texte sind ebenso persönlich wie poetisch und nah an der eigenen Geschichte. Musikalisch öffnet er das Hip-Hop-Genre mit Einflüssen aus Jazz und afrikanischer Musik. Dafür arbeitete er unter anderem mit dem Komponisten Guillaume Poncelet zusammen. Eine zweite Platte erschien dieses Jahr unter dem Titel "Rythmes et botanique".Parallel startete Gaël Faye 2016 mit seiner literarischen Karriere durch, als er mit seinem Debütroman "Kleines Land" in Frankreich auf Anhieb einen Bestseller landete. Auch Kritik und Jurys waren begeistert; es folgten zahlreiche Nominierungen und Auszeichnungen. Sein Buch ist noch stärker von der Beschäftigung mit seiner Herkunft und den erlittenen Traumata geprägt als seine Musik:
"Das Schreiben hat mir Halt gegeben, hat mir geholfen, mich abzugrenzen, Schutzwälle aufzubauen, in einem Moment, in dem ich das Gefühl hatte, Spielball der Weltgeschichte zu sein. Denn Sie können sich nicht vorstellen, wie groß die Unsicherheit in einem Kind ist, wenn es sein Land im Krieg verlassen musste. Und wie lange einen diese Unsicherheit verfolgt."
Mit einer ruandischen Mutter und einem französischen Vaters wuchs Gaël Faye in Burundi auf, bis der Bürgerkrieg ihn 1995 ins Exil zwang. Hier ging er weiter zur Schule und absolvierte ein Wirtschaftsstudium. Zwei Jahre arbeitete er in London als Investmentbanker, bevor er nach Frankreich zurückkehrte und sich der Musik widmete. Da er sich in drei Ländern verwurzelt fühlt, beschloss er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern nach Ruanda zu ziehen. Dort lebt er nun mit seiner Familie in Kigali - sofern er nicht gerade wieder nach Frankreich pendelt, Burundi besucht oder auf Konzert- und Lesereise ist.
Eine afrikanische Kindheit: "Kleines Land" von Gaël Faye
Eine afrikanische Kindheit: "Kleines Land" von Gaël Faye
"Kleines Land, man hat dich zerstört, aber du bist immer noch da", rappt der im Exil lebende Musiker Gaël Faye in seinem Stück "Petit pays" über sein Heimatland Burundi. Dieses Lied trifft im Kern sein Herzensthema, das ihm keine Ruhe lässt. Doch ein Lied allein kann bei Weitem nicht die Komplexität der Gefühle und der Erinnerungen greifbar machen. So beschloss Faye, ein Buch zu schreiben, das persönlich, aber nicht autobiografisch ist. Zwar teilt der Protagonist von "Kleines Land", das nun zum französischen Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse auf Deutsch erschienen ist, viele Eckdaten mit dem Autor. Doch ein reines Erinnerungsbuch ist es nicht. Dieses hätte weit mehr Grausamkeiten beinhaltet, sagt Faye. Er habe das Berichtete abgemildert und gleichzeitig authentisch verdichtet. Sein Text soll ein Gegenbild schaffen zu den Nachrichten über Afrika, denn diese "zeigen die Wirklichkeit, aber nicht die Wahrheit", wie es im Buch heißt. Die Hintergründe der Geschichte, der Völkermord an den Tutsi und die fortlaufenden Kriege, reichen weit in die 1990er-Jahre zurück.
In der kurz gehaltenen…mehr
"Kleines Land, man hat dich zerstört, aber du bist immer noch da", rappt der im Exil lebende Musiker Gaël Faye in seinem Stück "Petit pays" über sein Heimatland Burundi. Dieses Lied trifft im Kern sein Herzensthema, das ihm keine Ruhe lässt. Doch ein Lied allein kann bei Weitem nicht die Komplexität der Gefühle und der Erinnerungen greifbar machen. So beschloss Faye, ein Buch zu schreiben, das persönlich, aber nicht autobiografisch ist. Zwar teilt der Protagonist von "Kleines Land", das nun zum französischen Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse auf Deutsch erschienen ist, viele Eckdaten mit dem Autor. Doch ein reines Erinnerungsbuch ist es nicht. Dieses hätte weit mehr Grausamkeiten beinhaltet, sagt Faye. Er habe das Berichtete abgemildert und gleichzeitig authentisch verdichtet. Sein Text soll ein Gegenbild schaffen zu den Nachrichten über Afrika, denn diese "zeigen die Wirklichkeit, aber nicht die Wahrheit", wie es im Buch heißt. Die Hintergründe der Geschichte, der Völkermord an den Tutsi und die fortlaufenden Kriege, reichen weit in die 1990er-Jahre zurück.
In der kurz gehaltenen…mehr
Eine afrikanische Kindheit: "Kleines Land" von Gaël Faye
"Kleines Land, man hat dich zerstört, aber du bist immer noch da", rappt der im Exil lebende Musiker Gaël Faye in seinem Stück "Petit pays" über sein Heimatland Burundi. Dieses Lied trifft im Kern sein Herzensthema, das ihm keine Ruhe lässt. Doch ein Lied allein kann bei Weitem nicht die Komplexität der Gefühle und der Erinnerungen greifbar machen. So beschloss Faye, ein Buch zu schreiben, das persönlich, aber nicht autobiografisch ist. Zwar teilt der Protagonist von "Kleines Land", das nun zum französischen Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse auf Deutsch erschienen ist, viele Eckdaten mit dem Autor. Doch ein reines Erinnerungsbuch ist es nicht. Dieses hätte weit mehr Grausamkeiten beinhaltet, sagt Faye. Er habe das Berichtete abgemildert und gleichzeitig authentisch verdichtet. Sein Text soll ein Gegenbild schaffen zu den Nachrichten über Afrika, denn diese "zeigen die Wirklichkeit, aber nicht die Wahrheit", wie es im Buch heißt. Die Hintergründe der Geschichte, der Völkermord an den Tutsi und die fortlaufenden Kriege, reichen weit in die 1990er-Jahre zurück.
In der kurz gehaltenen Rahmenhandlung lebt der 33-jährige Gabriel ein wurzelloses Leben in Paris; seine Bekanntschaften sind flüchtig und seine Gedanken schweifen ab. "Seit zwanzig Jahren kehre ich zurück, nachts im Traum, tags in Gedanken; in mein Viertel, in die Sackgasse, wo ich mit meiner Familie und meinen Freunden ein glückliches Leben führte." Im Folgenden erinnert er sich detailliert an Erlebnisse seiner Kindheit, an die Zeit als "Dreimangohoch". Schon damals war er befremdet von der Einteilung der Menschen in Ethnien, obwohl sie doch scheinbar nichts unterscheidet: weder die Heimat noch die Religion noch die Sprache. Sollten die Ursache für Hass und Streit zwischen Hutu, Tutsi und Pygmäen etwa die Nasen sein, wie sein Vater behauptete?
Trotz der seitdem geschehenen Schrecken besteht "Kleines Land" über weite Passagen aus leichten, mitreißenden Anekdoten. Gabriel wächst mit französischem Vater und ruandischer Mutter, mit der kleinen Schwester Ana und Hausangestellten in einer recht guten Wohngegend auf. Mit seinen Freunden treibt Gaby, so sein selbst gewählter Spitzname, kleine Bandenstreiche. Die Jungs stibitzen Mangos aus den Nachbargärten, üben nachts den Sprung vom Zehn-Meter-Turm oder richten sich einen alten VW-Bus als Treffpunkt ein. Wenn Gaby versucht, seiner Brieffreundin in Frankreich von den ersten freien Wahlen in Burundi zu berichten, oder wenn die Familie vom Verwandtschaftsbesuch im Nachbarland nur durch Glück zurück über die Grenze gelangt, dann drängt die Politik bereits in den Kinderalltag. Auch unter seinen Freunden tun sich allmählich Abgründe auf - bis eine Handgranate zum Spielzeug wird. Gabriels Mutter floh als Tutsi aus Ruanda, als das Haus ihrer Familie während eines Massakers niedergebrannt wurde, und sehnt sich nach Sicherheit für ihre Familie. Frankreich wäre die Lösung, doch davonwill der Vater nichts wissen. Dann ist es plötzlich zu spät dafür. Die Familie muss die Gräuel in Ruanda tatenlos verfolgen und um ihr Leben fürchten. Gabriel und seine Schwester Ana können schließlich nach Frankreich geschickt werden, müssen aber ihre Familie und ihre Heimat zurücklassen.
Die Ereignisse von 1994 prägen das kleine Land Burundi bis heute. Der Welthunger-Index zählt es zu den ärmsten Ländern der Welt. So kann Gabriel, als er tatsächlich nach Bujumbura reist, von der Unbeschwertheit seiner Jugend nichts wiederfinden. Dennoch findet er mehr, als er je erwartet hätte ... Gaël Faye ist nur noch zu Besuch im Land seiner Kindheit, dem er mit seinem Buch ein ergreifendes Denkmal setzt, die nebenbei auch eine kleine Hommage an die Literatur selbst ist. Als Musiker und Texter besitzt Faye ein feines Sprachgefühl, sodass dieses literarische Debüt in reifen, poetischen Sätzen verfasst ist. Der kurze Roman öffnete 2016 dem französischen Publikum die Herzen, erhielt den Prix Goncourt des lycéens und wurde zum Bestseller.
"Kleines Land, man hat dich zerstört, aber du bist immer noch da", rappt der im Exil lebende Musiker Gaël Faye in seinem Stück "Petit pays" über sein Heimatland Burundi. Dieses Lied trifft im Kern sein Herzensthema, das ihm keine Ruhe lässt. Doch ein Lied allein kann bei Weitem nicht die Komplexität der Gefühle und der Erinnerungen greifbar machen. So beschloss Faye, ein Buch zu schreiben, das persönlich, aber nicht autobiografisch ist. Zwar teilt der Protagonist von "Kleines Land", das nun zum französischen Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse auf Deutsch erschienen ist, viele Eckdaten mit dem Autor. Doch ein reines Erinnerungsbuch ist es nicht. Dieses hätte weit mehr Grausamkeiten beinhaltet, sagt Faye. Er habe das Berichtete abgemildert und gleichzeitig authentisch verdichtet. Sein Text soll ein Gegenbild schaffen zu den Nachrichten über Afrika, denn diese "zeigen die Wirklichkeit, aber nicht die Wahrheit", wie es im Buch heißt. Die Hintergründe der Geschichte, der Völkermord an den Tutsi und die fortlaufenden Kriege, reichen weit in die 1990er-Jahre zurück.
In der kurz gehaltenen Rahmenhandlung lebt der 33-jährige Gabriel ein wurzelloses Leben in Paris; seine Bekanntschaften sind flüchtig und seine Gedanken schweifen ab. "Seit zwanzig Jahren kehre ich zurück, nachts im Traum, tags in Gedanken; in mein Viertel, in die Sackgasse, wo ich mit meiner Familie und meinen Freunden ein glückliches Leben führte." Im Folgenden erinnert er sich detailliert an Erlebnisse seiner Kindheit, an die Zeit als "Dreimangohoch". Schon damals war er befremdet von der Einteilung der Menschen in Ethnien, obwohl sie doch scheinbar nichts unterscheidet: weder die Heimat noch die Religion noch die Sprache. Sollten die Ursache für Hass und Streit zwischen Hutu, Tutsi und Pygmäen etwa die Nasen sein, wie sein Vater behauptete?
Trotz der seitdem geschehenen Schrecken besteht "Kleines Land" über weite Passagen aus leichten, mitreißenden Anekdoten. Gabriel wächst mit französischem Vater und ruandischer Mutter, mit der kleinen Schwester Ana und Hausangestellten in einer recht guten Wohngegend auf. Mit seinen Freunden treibt Gaby, so sein selbst gewählter Spitzname, kleine Bandenstreiche. Die Jungs stibitzen Mangos aus den Nachbargärten, üben nachts den Sprung vom Zehn-Meter-Turm oder richten sich einen alten VW-Bus als Treffpunkt ein. Wenn Gaby versucht, seiner Brieffreundin in Frankreich von den ersten freien Wahlen in Burundi zu berichten, oder wenn die Familie vom Verwandtschaftsbesuch im Nachbarland nur durch Glück zurück über die Grenze gelangt, dann drängt die Politik bereits in den Kinderalltag. Auch unter seinen Freunden tun sich allmählich Abgründe auf - bis eine Handgranate zum Spielzeug wird. Gabriels Mutter floh als Tutsi aus Ruanda, als das Haus ihrer Familie während eines Massakers niedergebrannt wurde, und sehnt sich nach Sicherheit für ihre Familie. Frankreich wäre die Lösung, doch davonwill der Vater nichts wissen. Dann ist es plötzlich zu spät dafür. Die Familie muss die Gräuel in Ruanda tatenlos verfolgen und um ihr Leben fürchten. Gabriel und seine Schwester Ana können schließlich nach Frankreich geschickt werden, müssen aber ihre Familie und ihre Heimat zurücklassen.
Die Ereignisse von 1994 prägen das kleine Land Burundi bis heute. Der Welthunger-Index zählt es zu den ärmsten Ländern der Welt. So kann Gabriel, als er tatsächlich nach Bujumbura reist, von der Unbeschwertheit seiner Jugend nichts wiederfinden. Dennoch findet er mehr, als er je erwartet hätte ... Gaël Faye ist nur noch zu Besuch im Land seiner Kindheit, dem er mit seinem Buch ein ergreifendes Denkmal setzt, die nebenbei auch eine kleine Hommage an die Literatur selbst ist. Als Musiker und Texter besitzt Faye ein feines Sprachgefühl, sodass dieses literarische Debüt in reifen, poetischen Sätzen verfasst ist. Der kurze Roman öffnete 2016 dem französischen Publikum die Herzen, erhielt den Prix Goncourt des lycéens und wurde zum Bestseller.
Kundenbewertungen
Kleines Land
Bewertung von darkola77 am 02.10.2022
Burundi ist es! Das kleine Land, über das wir Europäer ganz häufig ganz wenig wissen. Und dass in seiner Geschichte in großen Teilen meiner Aufmerksamkeit entgangen ist. Denn: Burundi ist ein Nachbarland Ruandas. Und Ruanda mit seinem Leid, Bürgerkrieg und Völkermord dürfte wohl vielen ein Begriff sein. Und dessen Auswirkungen auf Burundi können da schnell aus dem Blick geraten.
Gael Faye rückt die Menschen in dem „kleinen Land“ in den Fokus – eine wichtige, großartige Leistung! Durch die Augen des Protagonisten Gabriel erleben wir Burundi als das Land der blühenden Mangobäume, der schier endlosen Tage und einer Kindheit, die auch aufgrund der materiellen Sicherheit der Familie, in Teilen wohlbehütet und glücklich ist. Wären da nicht die Streitigkeiten seiner Eltern, die Sehnsucht seiner Mutter und Großmutter nach einem Leben in Ruanda, aus welchem sie vertrieben wurden, und schließlich die zunehmende Verfolgung der Tutsi, der Terror, der Völkermord.
800.000 bis 1 Mio. Menschen fanden in annähernd 100 Tagen den Tod. So die Schätzungen. Die Zahlen sind so groß und unermesslich wie das Leid der Menschen, die Gräuel, Grausamkeiten, das Blutvergießen.
Und auch für Gabriel und seine Familie verändert sich alles. Alles zerbricht. Auch der Verstand.
Noch immer habe ich eine Gänsehaut, wenn ich über die Geschehnisse nachdenke – denen des Romans und deren Entsprechung in der Realität. Kann es nicht begreifen. Erst recht nicht, wie die Vertriebenen hier zu leben vermögen – wie der Kontrast des westeuropäischen Friedens sich in das vom Krieg zerbrochene Innere einzufügen vermag.
Und genau dieses Nicht-Begreifen-Können, meine Fragen und diese Bilder sind es, für die ich Faye dankbar bin. Diese Denkanstöße sind bitter nötig – gerade für uns hier in Europa. Gerade in Gesellschaften, deren Aufgabe und Verpflichtung es ist, geflüchteten Menschen eine neue Heimat zu bieten. Und ihnen Empathie und Verständnis entgegenzubringen – leider nicht immer eine Selbstverständlichkeit.
Kleines Land
Bewertung von sommerlese am 08.01.2019
Über den Völkermord in Ruanda und Burundi zwischen Hutu und Tutsi wissen wir hierzulande nur wenig, die Informationen der Nachrichten geben die immense Anzahl der Getöteten mit bis zu 1.000.000 Menschen an und zeigen damit auch das Ausmaß dieser kriegerischen Katastrophe.
In diesem Roman wird aus der Sicht eines Kindes, des 11jährigen Gaby, über die Entwicklung im Lande Burundi erzählt. Anfangs friedlich zusammenlebende Hutu und Tutsi liefern sich im Jahre 1994 einen erbitterten Bürgerkrieg.
Gaby erzählt über eine Heimat, die im Krieg auseinanderbricht, wo Nachbarn zu Feinden werden und die Grausamkeiten unvollstellbar sind. Seine anfangs glückliche Kindheit zerbricht als sich die Eltern trennen und als der Krieg ausbricht. Auch seine Freunde werden gewalttätig und lassen sich von den Auseinandersetzungen voller Haß anstecken und mitreißen.
Der Erzählstil des Autors hat mich sehr berührt und gefesselt, hier muss ich auch ein großes Lob an die perfekt gelungene Übersetzung aussprechen.
Der sprachliche Tonfall ist leicht zu verfolgen, sehr treffend und trotz der dramatischen Ereignisse immer irgendwie schonungslos und sachlich beschreibend. Das verleiht dem Buch eine ganz intensive Wirkung, der man sich als Leser nicht entziehen kann.
Gaby sagt über seine Heimat: "Nichts ist süßer als der Augenblick, in dem die Sonne hinter den Berggipfeln versinkt." Zitat Seite 81
Soviel Romantik vermutet man bei einem jungen Autor gar nicht. Überhaupt sieht er die Schönheit seiner Heimat ganz bildhaft und intensiv. Je mehr er sich an seine Kindheit erinnert, umso schöner beschreibt er die Umgebung. Während die kriegerischen Auseinandersetzungen und Morde ihm eine Welt voller Gewalt und Grausamkeit vor Augen halten, in die er letzten Endes auch hineingezogen wird und zu einer grausamen Tat gezwungen wird.
"Völkermord ist ein schwarzer Sumpf, wer nicht darin untergeht, ist für sein Leben verseucht." Zitat Seite 188
Das zeigt die furchtbare Atmosphäre nach dem Militärputsch, in deren Ungewissheit und Schusswechselstimmung, Gabys Leben nur in verschlossenen Zimmern stattfinden ließ. Er findet Ablenkung in Büchern, verdrängt die Situation, so gut er kann.
Gaël Faye berichtet aus kindlicher Perspektive von seiner unbeschwerten Kindheit, aber auch von aufkommendem Krieg, Mord und Vertreibung. Vom Kippen des Friedens in Gewalt und Zerstörung. Wie schnell sich vollziehen konnte, mussten Tausende Afrikaner am eigenen Leibe erfahren.
In Gabys Fall könnte man auch sagen: Vom Kinderparadies in die Hölle. Die Schrecken dieser Zeit lassen Gaby nicht los, seine Freunde greifen zu Waffen und die Hölle bricht los.
Als er lange Zeit später zurückkehrt, findet er gefällte Bäume vor, hohe Mauern statt Mangobäumen und Büschen.
Dieser Roman hat mir sehr eindringlich gezeigt, wie schnell Menschen von Freunden zu erbitterten Feinden und Bestien werden können. Einige Szenen hallen noch in mir nach und so wird dieser Roman mir noch lange in Erinnerung bleiben.
Intensiv erzählt und berührend stellt "Kleines Land" glückliche Kindheits- und Heimaterinnerungen und schreckliche Kriegserlebnisse nebeneinander und ist ein herausragendes und sehr ergreifendes Buch. Ein wichtiger Appell an die Vernunft für Heimat und Frieden!