Autor im Porträt
Hans-Ulrich Treichel
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Mein Sardinien
Broschiertes Buch
Er ist unerlöst, der junge Doktorand aus Berlin, und er leidet unter einer Italiensehnsucht, wie sie vor ihm höchstens Goethe kannte. Auf dem Rückweg von der Philharmonie, wo er als Türschließer arbeitet, betritt er aus Neugier eine italienische Bar auf der Schöneberger Hauptstraße, und auch wenn er hier nicht den Süden findet, so findet er doch Cristina, eine Südsardin mit undurchdringlichem Blick. Wochen später wagt er eine schüchterne Liebeserklärung, und zu seiner eigenen Überraschung werden die beiden ein Paar. Als Cristina beschließt, in ihre Heimat Sardinien zurückzukehren, packt auch er seine Koffer, denn eine Trennung kann er sich nicht vorstellen. Und ist es nicht die Erfüllung eines Traums: künftig in zwei Welten zu leben, in Schöneberg und in Italien? Mit wenig Gepäck und vielen Hoffnungen machen sich die beiden auf den Weg ... Ein Reisebuch, ein Stück Autobiografie, vielleicht ein Roman - in jedem Fall aber eine Liebesgeschichte, die so schön und traurig ist wie die Insel selbst. Heiter, ironisch und melancholisch erzählt Hans-Ulrich Treichel von seinem Sardinien und davon, wie es war, der Sehnsucht nach dem Süden zu folgen.…mehr
8,99 €
Anatolin
Broschiertes Buch
In seinem Bestseller Der Verlorene erzählte Hans-Ulrich Treichel zum ersten Mal von dem unbekannten älteren Bruder, der 1945 bei der Flucht abhanden kam, in Menschenflug machte sich sein in der Midlife Crisis steckender Held zaudernd auf, den Verlorenen zu suchen, der seine Kindheit überschattete. Jetzt, in Anatolin, mündet die Geschichte in einer überraschenden Wende - doch der Schmerz der verlorenen Erinnerung bleibt. Anatolin ist ein komischer und melancholischer Roman um die Suche nach der eigenen Biographie. Und wer meint, daß hinter dem Erzähler der erfolgreiche Autor steckt, hat nicht unrecht - und wird doch an der Nase herumgeführt.…mehr
8,00 €
@ Heike Steinweg / Suhrkamp Verlag
Hans-Ulrich Treichel
Treichel, Hans-UlrichHans-Ulrich Treichel, am 12.8.1952 in Versmold/Westfalen geboren, lebt in Berlin und Leipzig. Er studierte Germanistik an der Freien Universitat Berlin und promovierte 1984 mit einer Arbeit uber Wolfgang Koeppen. Er war Lektor fur deutsche Sprache an der Universitat Salerno und an der Scuola Normale Superiore Pisa. Von 1985-1991 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter fur Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin und habilitierte sich 1993. Von 1995 bis 2018 war Hans-Ulrich Treichel Professor am Deutschen Literaturinstitut der Universitat Leipzig. Seine Werke sind in 28 Sprachen ubersetzt.Kundenbewertungen
Tagesanbruch
Bewertung von Winfried Stanzick am 14.06.2016
Hans-Ulrich Treichel, Tagesanbruch, Suhrkamp 2016, ISBN 978-3-518-42525-1
Es ist mitten in der Nacht. Der Tag hat noch nicht begonnen. Eine alte Frau hält ihren erwachsenen Sohn in den Armen. Seit Monaten hat die verwitwete Frau ihn gepflegt, nachdem er schwer erkrankt wieder nach Hause zurückgekehrt war. Nun ist er tot, wie sie schon registriert hat.
Noch vor Tagesanbruch führt sie mit ihrem Sohn ein langes Gespräch, und erst nachdem die Sonne schon lange aufgegangen ist, wird sie den Arzt anrufen. Zuvor führt sie einen Monolog, der ihr sowohl dazu dient, sich zu erinnern als auch zum ersten Mal dem Sohn ein lange gehütetes Geheimnis zu offenbaren:
„Man muss alles aussprechen. Und wenn man es nicht aussprechen kann, dann muss man es aufschreiben. Ich habe alles aufgeschrieben. Auch wenn die Hand zittert. Auch wenn es nur ein paar Seiten in meinem Spiralblock sind.“
Sie erinnert sich an ihr Leben im Nachkriegsdeutschland. Ein Leben mit einem Ehemann, der als Versehrter aus dem Krieg heimkehrte, an den Aufbau eines gemeinsamen Textilgeschäftes, an die Arbeit und das Streben nach Anerkennung im Dorf. Wie sie alles für ihren einzigen Sohn taten, ihm sogar ein schwarzes Klavier kauften. Der Versuch ihm zu helfen, sozial aufzusteigen. In einer kurzen Bemerkung erfahren wir, dass er das später wohl auch schaffte. Über sein sonstiges Leben erfahren wir nichts.
Die Frau, der die wohl seit langem in ihrer Kehle und im Herzen steckenden Worte nur so heraussprudeln, hat ihren Sohn über alles geliebt, und doch ist er ihr immer fremd geblieben. Denn sein Leben verdankt sich möglicherweise einer traumatischen Gewalterfahrung, die die Frau auf der Flucht vor den Russen machen musste, ohne dass ihr Mann eingreifen und ihr helfen konnte. Für die Ehe hatte das Folgen:
„Obwohl mein Mann und ich uns seit diesem Ereignis näher denn je waren, geradezu miteinander verschweißt, sind wir uns seit diesem Tag im Januar 1945 zugleich auf schmerzliche Weise fremd geworden, um nicht zu sagen: verloren gegangen. Miteinander verschweißt und füreinander verloren. Wir haben es beide gespürt und nie darüber gesprochen. Weder damals noch später. Man kann nicht alles aussprechen.“
Und so erzählt sie sich, sich endlich befreiend von dem, was sie jahrzehntelang gedrückt hat, durch die Nacht hinein in den Tagesanbruch. Der erste Tag eines Lebens, das sie von nun an ganz allein führen wird. Ob sie wagt, noch einmal neu anzufangen mit dem Leben, das ihr bleibt? Ob es ihr gelingt, ihren Sohn und die dramatische Geschichte seiner Entstehung loszulassen und sich trotz ihres Alters noch einmal zu öffnen für andere Menschen?
Als ich das schmale Bändchen mit dieser berührenden Novelle ausgelesen hatte, habe ich es mit diesen Fragen im Herzen beiseitegelegt, spürend, dass ich seine Geschichte noch lange in Erinnerung behalten werde.
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Der irdische Amor
Bewertung von Lisega am 09.09.2009
Das Liebesleben der Hauptfigur Albert ist eigentlich nur eine Aneinanderreihung von Peinlichkeiten. Dass daraus trotzdem kein Comedy-Roman mit Schenkelklopfer-Humor wurde, sondern ein intelligent-witziger Liebesroman, ist Hans-Ulrich Treichels wunderbar elegantem, heiter-ironischem Schreibstil zu verdanken. So sind Alberts Erlebnisse mit Schulfreundinnen, einer römischen Polizistin, Frauen im Schwimmbad, einem Hermaphroditen und seiner vermeintlich großen Liebe, der Sardin Elena, zwar sehr lustig zu lesende Episoden, aber die Verzweiflung in Alberts naivem und tollpatschigen Streben nach der großen Liebe schimmert immer durch die humorvolle Schreibe durch und verleiht dem Buch auch einen melancholischen Zug. Die himmlische Liebe, nach der Albert strebt, gibt es nicht, und die irdische entpuppt sich oft als Enttäuschung. Macht nichts, solange das so humorvoll und unterhaltsam geschildert wird wie hier bei Hans-Ulrich Treichel.