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Jan Weiler
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Munk
Erfolgreich und allein - so steht der Architekt Peter Munk mit 51 Jahren da. Beziehungsweise liegt da, mit einem Herzinfarkt auf der Rolltreppe in der dritten Etage eines Kaufhauses. Er überlebt, doch es gibt niemanden, den er vom Krankenhaus aus benachrichtigen möchte. In der Rehaklinik trägt sein Therapeut ihm auf, in seiner Selbsterforschung bei den Menschen zu beginnen, die ihn zu dem Mann gemacht haben, der er ist. Und so blickt Peter Munk erstmals auf die dreizehn Frauen seines Lebens und auf die Lektion, die er von jeder einzelnen gelernt hat. Mit überraschendem Ausgang.…mehr
Munk (eBook, ePUB)
Jan Weiler
Weiler, JanJan Weiler, 1967 in Düsseldorf geboren, ist Journalist und Schriftsteller. Er war viele Jahre Chefredakteur des SZ Magazins. Sein erstes Buch «Maria, ihm schmeckt's nicht!» gilt als eins der erfolgreichsten Romandebüts der Nachkriegszeit. Es folgten unter anderem: «Antonio im Wunderland» (2005), «In meinem kleinen Land» (2006), «Drachensaat» (2008), «Mein Leben als Mensch» (2009), «Das Pubertier» (2014), «Kühn hat zu tun» (2015) und «Im Reich der Pubertiere» (2016). Jan Weiler verfasst zudem Hörspiele und Hörbücher, die er auch selber spricht. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in der Nähe von München.Medien
Interview Jan Weiler - Kühn hat zu tun
Jan Weiler: Das ist auch für mich schwer zu beschreiben. Für mich ist es aber letztlich ein Gesellschaftsroman, vielleicht ein Großstadtroman, in dem es um das Überleben der Hauptfigur geht. Der Krimiplot stand beim Schreiben gar nicht so im Vordergrund, eher sogar die satirischen Elemente. Aber wer bin ich, mich gegen die Leserschaft zu stellen? Wenn die findet, dass das ein Krimi ist, dann soll es so sein.
Hatten Sie vor der Niederschrift des Romans einen groben Plan im Kopf oder hat sich diese vielschichtige Geschichte während des Schreibens entwickelt?
Jan Weiler: Ohne Plan würde ich keinen Roman anfangen. Das empfinde ich als Zeitverschwendung. Ich weiß immer ziemlich genau, was ich will. Der Plan ist also nicht grob, sondern schon ziemlich genau. Einzelne Figuren entwickeln sich beim Schreiben noch, aber nicht die Handlung und das Gerüst.
Immer wieder erzählen Schriftsteller, dass die von ihnen geschaffenen Figuren während des Schreibens ein Eigenleben entwickeln.…mehr
Ihr neuer Roman "Kühn hat zu tun" hat zwar eine Krimihandlung, ist aber viel mehr als ein Krimi. Wie würden Sie Ihr Buch beschreiben?
Jan Weiler: Das ist auch für mich schwer zu beschreiben. Für mich ist es aber letztlich ein Gesellschaftsroman, vielleicht ein Großstadtroman, in dem es um das Überleben der Hauptfigur geht. Der Krimiplot stand beim Schreiben gar nicht so im Vordergrund, eher sogar die satirischen Elemente. Aber wer bin ich, mich gegen die Leserschaft zu stellen? Wenn die findet, dass das ein Krimi ist, dann soll es so sein.
Hatten Sie vor der Niederschrift des Romans einen groben Plan im Kopf oder hat sich diese vielschichtige Geschichte während des Schreibens entwickelt?
Jan Weiler: Ohne Plan würde ich keinen Roman anfangen. Das empfinde ich als Zeitverschwendung. Ich weiß immer ziemlich genau, was ich will. Der Plan ist also nicht grob, sondern schon ziemlich genau. Einzelne Figuren entwickeln sich beim Schreiben noch, aber nicht die Handlung und das Gerüst.
Immer wieder erzählen Schriftsteller, dass die von ihnen geschaffenen Figuren während des Schreibens ein Eigenleben entwickeln. Ging es Ihnen bei "Kühn hat zu tun" auch so und, wenn ja, mit welcher Figur?
Jan Weiler: Mit der Hauptfigur Kühn. Das liegt ja auch daran, dass ich ihm viel zumute. Der arme Kerl muss sehr leiden. Und als derjenige, der ihm als Autor den ganzen Kummer zufügt, leide ich mit. Das ist wirklich so. Er ist mir ganz nah.
Kühn ist 44, hat eine Tochter, die sich unbedingt ein Pferd zum Geburtstag wünscht, und einen 16-jährigen Sohn, der ins rechte Lager abzudriften droht. Kühns Ehe ist ein bisschen eingerostet, das Geld reicht hinten und vorn nicht. Was ist eigentlich Kühns größtes Problem?
Jan Weiler: Sein größtes Problem besteht darin, dass er diese Schwierigkeiten nicht mehr einordnen kann. Sein Leben gerät zunehmend aus den Fugen, weil er damit überfordert ist. Er kann keine Prioritäten mehr setzen, und daher erscheint ihm irgendwann jede Herausforderung unüberwindbar. Und sein größtes Problem erkennt er ja nicht einmal ...
Ein Thema in "Kühn hat zu tun" ist die Verdrängung und was sie mit Menschen oder der Geschichte macht. Möchten Sie dazu noch ein wenig mehr erzählen?
Jan Weiler: Die Verdrängung ist inzwischen zu so einer Art Kulturtechnik des Überlebens geworden. Wir neigen sehr dazu, um in unserer so herausfordernden Zeit besser klarzukommen. Dabei ist es wichtig, sich zu erinnern, um daraus zu lernen. Das ist vielen Menschen aber zu anstrengend. Das gilt beim Gedenken an die Nazizeit ebenso wie bei der Aufarbeitung von persönlichen Niederlagen. Nicht nur im Fußball heißt es ständig: Mund abwischen und weitermachen. Kühn muss feststellen, dass er mit dieser Strategie nicht mehr weiterkommt. Das ist schmerzhaft und wird viele Leserinnen und Leser an ihre eigene Geschichte erinnern.
"Cheri Lady, Goin' through emotion, Love is where you find it, Listen to your heart". Diesen Ohrwurm wird Kühn lange nicht los. Sollte er mehr auf sein Herz hören oder überinterpretieren wir da etwas?
Jan Weiler: Das ist zwar sehr klug gedacht vom Fragesteller, doch geht es hier mit der Interpretation tatsächlich zu weit. Ich habe einfach nachgesehen, welches Lied zu der Zeit, in der die impulsgebende Szene spielt, auf dem ersten Platz der deutschen Charts stand. Aber ich war zugegebenermaßen hocherfreut, dass es gerade dieser passende Song war.
Eine dringende Frage an Jan Weiler, die auch Kühn nicht klären konnte: Seine Frau bittet ihn per SMS, "Schnippikäse" einzukaufen. Was um alles in der Welt ist das?
Jan Weiler: Keine Ahnung. Lustigerweise werde ich das seit Wochen gefragt. Da gibt man sich Mühe, ein hochkomplexes Thema in anspruchsvollste Literatur zu gießen, und die Leute wollen vor allem wissen, was Schnippikäse ist. Ich habe das Wort einfach erfunden. Wahrscheinlich ist es ein ruchloses Produkt der Lebensmittelindustrie, etwas wie Bärchenwurst oder Fruchtzwerge oder so.
Ihr Lieblingsplatz zum Schreiben und wie sehen die idealen Schreibbedingungen für Sie aus?
Jan Weiler: Ich halte nichts von dieser ollen Schriftstellerfolklore mit dem besonderen Platz und dem Blick und dem ganzen Schreibtischkrempel ringsherum. Ich kann theoretisch überall schreiben, außer im Zug. Für gewöhnlich arbeite ich in meinem Büro. Es bietet die perfekten Bedingungen: Es ist ruhig, aufgeräumt und mein Schlagzeug steht neben dem Tisch. Wenn mir danach ist, trommele ich ein bisschen, dann geht es weiter.
Wer liest ein neues Werk von Ihnen als Erste/Erster gegen und warum gerade dieser Mensch?
Jan Weiler: Die wöchentlichen Kolumnen werden zuerst von meiner Frau gelesen. Wenn sie lacht, ist es gut. Wenn nicht, muss ich noch mal ran. Romanteile, also Kapitel oder überarbeitete Stellen, liest meine Lektorin. Meine Frau bekommt diese Texte erst, wenn wir sie für fertig halten (die Texte, nicht meine Frau).
Was für ein Buch liegt aktuell auf Ihrem Nachttisch und wartet darauf, gelesen zu werden?
Jan Weiler: Der neue Houellebecq. Fange damit an, sobald ich Low Fidelity von Gereon Klug fertig habe.
Sie sind, so war zu lesen, etwa zwei Wochen im Monat auf Lesetour und werden von Ihren Fans gefeiert. Ihre Bücher finden sich ganz oben auf den Bestsellerlisten. Wie schaffen Sie es, bei all den Beifallsstürmen auf dem Teppich zu bleiben?
Jan Weiler: Das ist sehr einfach: Der Müll muss raus, der Sohn zum Training und die Dame des Hauses benötigt regelmäßig Fußmassagen. Der Alltag schafft die erforderliche Demut.
Und die allerletzte Frage: Woran arbeiten Sie aktuell?
Jan Weiler: An der Kolumne für kommende Woche. Und dann stehen drei große Projekte an, über die ich an dieser Stelle in gutgelaunter Vorfreude schweige.
Interview: Ulrike Bauer, Literaturtest