Autor im Porträt
John Boyne
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Als die Welt zerbrach
Broschiertes Buch
Vom Leben mit der Schuld und dem Ende der Zeitzeugenschaft
Gretel Fernsby lebt seit Jahrzehnten in ihrer Londoner Wohnung. Sie führt ein ruhiges Leben, trotz ihrer dunklen Vergangenheit. Über ihre Flucht aus Deutschland vor über siebzig Jahren spricht sie nicht. Vor allem aber verliert sie kein Wort über ihren Vater, der Kommandant in einem Konzentrationslager war. Als eine junge Familie in die Wohnung unter ihr zieht, weckt der neunjährige Henry Erinnerungen, die sie lieber vergessen würde. Eines Nachts wird sie Zeugin eines Streits zwischen Henrys Mutter und dem jähzornigen Vater. Ein Streit, der Gretels hart erkämpfte, zurückgezogene Existenz bedroht. Sie bekommt die Chance, ihre Schuld zu sühnen und den Jungen zu retten. Doch dazu muss sie offenbaren, was sie ein Leben lang verschwiegen hat ...
»Der Roman, in dem mosaiksteinhaft ein Leben bilanziert wird, wandelt sich am Ende noch rasant zum Krimi.« rbb Kultur, Der Morgen
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Gretel Fernsby lebt seit Jahrzehnten in ihrer Londoner Wohnung. Sie führt ein ruhiges Leben, trotz ihrer dunklen Vergangenheit. Über ihre Flucht aus Deutschland vor über siebzig Jahren spricht sie nicht. Vor allem aber verliert sie kein Wort über ihren Vater, der Kommandant in einem Konzentrationslager war. Als eine junge Familie in die Wohnung unter ihr zieht, weckt der neunjährige Henry Erinnerungen, die sie lieber vergessen würde. Eines Nachts wird sie Zeugin eines Streits zwischen Henrys Mutter und dem jähzornigen Vater. Ein Streit, der Gretels hart erkämpfte, zurückgezogene Existenz bedroht. Sie bekommt die Chance, ihre Schuld zu sühnen und den Jungen zu retten. Doch dazu muss sie offenbaren, was sie ein Leben lang verschwiegen hat ...
»Der Roman, in dem mosaiksteinhaft ein Leben bilanziert wird, wandelt sich am Ende noch rasant zum Krimi.« rbb Kultur, Der Morgen
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Statt 24,00 €****
14,00 €
Der Junge im gestreiften Pyjama
Broschiertes Buch
Die Geschichte von »Der Junge im gestreiften Pyjama« ist schwer zu beschreiben. Normalerweise geben wir an dieser Stelle ein paar Hinweise auf den Inhalt, aber bei diesem Buch - so glauben wir - ist es besser, wenn man vorher nicht weiß, worum es geht. Wer zu lesen beginnt, begibt sich auf eine Reise mit einem neunjährigen Jungen namens Bruno. (Und doch ist es kein Buch für Neunjährige.) Früher oder später kommt er mit Bruno an einen Zaun. Zäune wie dieser existieren auf der ganzen Welt.
Preise und Auszeichnungen für »Der Junge im gestreiften Pyjama«:
Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2008 (Jugendjury)Buch des Monats Dezember 2007 der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V., VolkachEmpfehlungsliste des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises 2008Ausgezeichnet als Penguin Orange Readers' Group Book of the Year 2009Ausgezeichnet mit dem Irish Book Award: Bestes Kinderbuch des JahresAusgezeichnet mit dem Listener's Choice Book of the Year: Bestes Hörbuch des Jahres (UK)Nominiert für die Carnegie Medal (UK)Nominiert für den Ottakar's Book Prize (UK)Nominiert für den Paolo Ungari Prize (Italien)…mehr
Preise und Auszeichnungen für »Der Junge im gestreiften Pyjama«:
Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2008 (Jugendjury)Buch des Monats Dezember 2007 der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V., VolkachEmpfehlungsliste des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises 2008Ausgezeichnet als Penguin Orange Readers' Group Book of the Year 2009Ausgezeichnet mit dem Irish Book Award: Bestes Kinderbuch des JahresAusgezeichnet mit dem Listener's Choice Book of the Year: Bestes Hörbuch des Jahres (UK)Nominiert für die Carnegie Medal (UK)Nominiert für den Ottakar's Book Prize (UK)Nominiert für den Paolo Ungari Prize (Italien)…mehr
10,00 €
© privat
John Boyne
Boyne, JohnJohn Boyne, geboren 1971 in Dublin, ist einer der renommiertesten zeitgenössischen Autoren Irlands. Seine Bücher wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit seinem Roman »Der Junge im gestreiften Pyjama«, der in vielen Ländern auf den Bestsellerlisten stand und von der Kritik als »ein kleines Wunder« (The Guardian) gefeiert wurde.Hummitzsch, MariaMaria Hummitzsch, geboren 1982, studierte in Leipzig, Lissabon und Florianópolis Übersetzung, Psychologie und Afrikanistik. Seit 2011 arbeitet sie als Literaturübersetzerin aus dem Portugiesischen und Englischen. Sie ist 2. Vorsitzende des Verbands der Literaturübersetzer (VdÜ), Mitbegründerin des Übersetzerzentrums auf der Leipziger Buchmesse und Mitorganisatorin der Deutsch-Brasilianischen ViceVersa-Übersetzerwerkstätten. Zu den von ihr übersetzten Autor/innen gehören u.a. David Garnett, Waguih Ghali, David Foster Wallace, Imbolo Mbue, Iris Murdoch und Ay__bámi Adébáy__. Maria Hummitzsch lebt mit ihrem Partner und ihrer Tochter in Leipzig.Schickenberg, MichaelMichael Schickenberg, geboren 1975, studierte Englisch, Amerikanistik, Skandinavistik und Germanistik in Greifswald, Poughkeepsie, Bergen und Cádiz. Seit 2007 arbeitet er als freier Übersetzer aus dem Englischen und Norwegischen. Unter anderem übersetzte er Romane von Mohammed Hanif, Helen Walsh und Tom Barbash. Er ist Mitglied des Verbands deutschsprachiger Übersetzer und lebt derzeit in Leipzig.Kundenbewertungen
Als die Welt zerbrach
Bewertung von sleepwalker am 13.02.2023
Vor einigen Jahren habe ich John Boynes „Der Junge im gestreiften Pyjama“ gelesen. Jetzt erschien mit „Als die Welt zerbrach“ eine Art Fortsetzung, die ich als Hörbuch gehört habe. Für mich ein Werk, das mich zwiegespalten zurücklässt. Einerseits finde ich das Thema Schuld/Schuldgefühl sehr gut bearbeitet, andererseits ist der Schluss ein Paukenschlag, der für mich vieles ad absurdum führt.
Aber von vorn. Gretel Fernsby ist eine äußerst rüstige Dame über 90, verwitwet, hat einen über 60jährigen Sohn und mehrere Ex-Schwiegertöchter. In direkter Nähe zum Hyde Park lebt sie ein beschauliches Leben in finanzieller Sicherheit, ihre Tage drehen sich um Spaziergänge, Bücher und ihre leicht demente Nachbarin Heidi. Nachdem der Nachbar in der Wohnung unter ihr verstirbt, zieht eine Familie mit elfjährigem Sohn ein. Gretel freundet sich mit Henry an und nimmt ihm gegenüber eine Art Großmutter-Rolle an. Seine Mutter Madelyn, eine sehr hübsche ehemalige Schauspielerin scheint in ihrer Ehe mit dem Filmproduzenten Alex nicht glücklich zu sein und auch Henry ist kein unbeschwertes Kind. Bei Gretel schrillen Alarmglocken, spätestens, als sie bei dem Jungen erst einen gebrochenen Arm und später blaue Flecke sieht.
Soweit könnte das Buch ein Krimi sein. Oder ein Familiendrama. Aber weit gefehlt. Denn Gretel lebt mit einem dunklen Geheimnis. Gretel – die war sie schon immer gewesen. Der Rest ihrer Vita ist allerdings eine Lüge, ihren Mädchennamen und ihren Lebenslauf hat sie sich ausgedacht. Ihr Vater war seinerzeit Kommandant in Auschwitz gewesen, die Familie hatte in unmittelbarer Nähe zum Lager gelebt (wer „Der Junge im gestreiften Pyjama“ kennt, weiß das). Gretel blickt auf ihr Leben zurück. In Gedanken durchlebt sie die Zeit der Flucht vor den Alliierten und ihr gemeinsames Leben mit ihrer Mutter in Frankreich. Sie denkt an ihren Umzug nach Australien, wo sie ausgerechnet auf Kurt, ihren Jugendschwarm und grausamen Nazi traf. In England fasste sie schließlich Fuß, traf ihren Ehemann und wurde Mutter. Und damit treffen die beiden Erzählstränge aufeinander. Denn das Zusammentreffen Gretels mit Henry, der sie so sehr an ihren im Konzentrationslager verschwundenen Bruder Bruno erinnert, weckt bei ihr die alten Erinnerungen und stellt ihr Leben auf den Kopf. So gerne hätte sie das alles, was vor über 70 Jahren passiert war, vergessen. Oder es weiterhin verdrängt und so getan, als würde sie das alles nicht betreffen.
Aber das gelingt ihr nicht mehr. Und dem Autor gelingt ein Buch über Schuld und Schuldgefühle, Verdrängen und Vergessen und ob man manche Verbrechen jemals vergeben können sollte. Und er zwingt sein Publikum zum Nachdenken. Denn nichts an der Geschichte ist einfach – so sehr Gretel sich das auch wünschen würde. Ob sie zu menschlich und ihre Rolle im Holocaust zu harmlos dargestellt werden? Ich kann es nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist, dass es ein Buch ist, das lange und heftig nachhallt und das man, wie auch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ oft nur schwer ertragen kann. Zu präsent sind (zumindest bei mir) auch die Gedanken an die eigenen Großeltern, die etwa in Gretels Alter wären und auch die Frage, wie ich selbst an ihrer oder Gretels Stelle gehandelt hätte. Ein schwieriges Buch, das einem viel abverlangt. Der Schluss ist allerdings für mich zwar eine Mischung aus an den Haaren herbeigezogen und Paukenschlag (näher kann ich aus Spoiler-Gründen nicht darauf eingehen), aber er ist stimmig. Elisabeth Günther liest das Buch hervorragend, einfühlsam und gekonnt fängt sie die alte Dame aus 2022 genauso ein wie die junge Frau um 1950.
Mich hat das Buch auf jeden Fall tief berührt. So viel abgrundtief Böses und so schreckliche Geheimnisse hinter harmlosen Fassaden – das alles hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ich vergebe fünf Sterne.
Als die Welt zerbrach
Bewertung von EineMami am 14.10.2023
Wenn aus Wegschauen Hinschauen wird …
Bei John Boynes Roman „Als die Welt zerbrach“ handelt es sich um die Fortsetzung des Weltbestsellers „Der Junge im gestreiften Pyjama“. Das Buch kann unabhängig vom ersten Teil gelesen werden.Gretel Fernsby ist über 90 Jahre alt. Ein bewegtes Leben liegt hinter der alten Dame und sie möchte ihre letzte Zeit auf Erden in Ruhe und Frieden in ihrem Apartment verbringen. Doch damit ist es vorbei, als in die leere Wohnung unter ihr eine junge Familie einzieht.Gretel freundet sich mit deren 9jährigem Sohn Henry an, doch der Junge ist ungewöhnlich verschlossen für ein Kind in seinem Alter. Freunde hat er keine, dafür streiten sich seine Eltern häufig. Als Gretel immer wieder Verletzungen am Körper des Kindes entdeckt, gerät sie in einen Strudel von Erinnerungen. Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit, in der viele Menschen einfach wegschauten, während ihren Mitmenschen Grauenvolles angetan wurde. Der Zeit des 2. Weltkrieges. Gretel war damals noch ein Kind, dennoch fühlt sie sich schon ihr ganzes Leben schuldig. Kann Schuld durch eine couragierte Tat getilgt werden?Das Hörbuch wird von der sehr angenehmen und Alte-Dame-tauglichen Stimme von Elisabeth Günther vorgetragen. Bekannt z.B. durch die „Violet“ in „Bridgerton“.Ich mag ihre ruhige und gesetzte Art des Vorlesens, die den Charakter „Gretel“ für mich sehr greifbar gemacht hat. Optimal gewählt, meiner Meinung nach.Die Geschichte wird kapitelweise abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit ab kurz nach dem 2. Weltkrieg erzählt. Nach und nach werden die beiden Zeitstränge ineinander verflochten.Ich war teilweise sehr geschockt über die grauenvollen Dinge, die Menschen bereit sind sich gegenseitig anzutun. Zunehmend hat mich die Geschichte gepackt und in den Bann gezogen.Gretel habe ich als sehr plastischen Charakter empfunden. Sie war für mich nicht grundsätzlich eine Sympathieträgerin, aber handelt und entwickelt sich authentisch. Immer wieder haben mich die Szenen zum Nachdenken gebracht. Was ist Schuld, wer trägt sie zurecht und kann man getanes Unrecht wieder gutmachen?Sehr gut gefallen haben mir die überraschenden Wendungen, die der Autor eingebaut hat. An einigen Stellen entwich mir der ein oder andere überraschte Ausruf.Insgesamt hat mich der Roman ausgezeichnet unterhalten. Ich habe dem runden, flüssigen und packenden Erzählstil sowohl Boynes als auch Günthers mit Genuss gelauscht.
Als die Welt zerbrach
Gelungene Fortsetzung
Kennt ihr noch das Buch DER JUNGE IM GESTREIFTEN PIJAMA? Nein? Dann hier die Kurzfassung:
1943: Der 9-jährige Bruno, Sohn des SS Hauptmanns und Kommandant im KZ Auschwitz, lernt den kleinen Jungen Schmuel kennen, der Insasse und hinter dem Zaun in einem „gestreiften Pyjama“ lebt. Eines Tages möchte er Schmuel helfen seinen Vater zu finden, denn dieser ist auf einmal nicht mehr im „Ferienlager“ auffindbar. Bruno klettert unter den Zaun durch und zieht sich, um weniger im Lager aufzufallen, einen „gestreiften Pyjama" an und kommt nie zurück.
Hier kommt die Fortsetzung:
Als die Welt zerbrach
John Boyne
Dieser Roman wird in zwei Zeitebenen erzählt:
- Die Mit-Neunzigerin Gretel Fernsby wohnt in Mayfair, London. Sie ist eine wohlhabende Dame, die ihre Ruhe schätzt. Über ihre Vergangenheit oder darüber, das sie deutsche Abstammung ist, schweigt sie sich aus. Der Tod ihres Bruders, der bereits viele Jahre her ist, belastet sie noch immer. Seinen Namen spricht sie nie aus.
Eines Tages wird ihre Ruhe gestört: Im Parterre, direkt unter ihrer Wohnung, zieht eine neue Familie ein. Schnell merkt sie, dass der 7-jährige Sohn Henry viel zu oft Blessuren am Körper hat. Als Gretel seinem Vater mit einer Anzeige beim Jugendamt droht, entlarvt dieser Gretel als Tochter eines hochrangigen Nazis.
In diesem Erzählstrang erzählt Gretel immer wieder in kleinen Rückblicken aus ihrem früheren Leben.
- Die junge 14-Jährige Gretel, versucht gemeinsam mit ihrer Mutter nach Kriegsende aus Deutschland zu fliehen. Sie sind auf der Flucht vor Nazijägern, vor Leuten, die immer wieder ihren deutschen Akzent erkennen und sie anfeinden. So richtig heimisch werden sie nirgendwo. Als ihre Mutter sich das Leben nimmt versucht sie einen Neuanfang in Australien.
Der eindrückliche Schreibstil Boynes setzt Kopfkino frei. Unglaublich, wie er es schafft, so viele Emotionen in mir freizusetzen. In der einen Minute mochte ich die alte Gretel, habe ihren trockenen Humor geliebt, und in der nächsten verachte ich sie für ihre Feigheit.
Doch kann man überhaupt einer 12-Jährigen Schuld geben?
Lest dieses Buch und entscheidet selbst.
Fazit:
Ein emotionaler Roman, eine gute Fortsetzung, der dem ersten Teil in nichts nachsteht. Grosse Leseempfehlung von mir!
5 /5
Die Geschichte eines Lügners
Dieses Buch von John Boyne hat mir sehr gut gefallen, weil es ihm gelungen ist, mich zu fesseln und immer wieder aufzuwühlen. Und das, weil der Protagonist des Buches einfach ein wahnsinnig unsympathischer, egoistischer und selbstverliebter Mensch ist, der keinerlei Skrupel hat, anderen Menschen (sogar seiner Familie) zu schaden, um sich Vorteile zu verschaffen. Und als Leser sind einem die Hände gebunden: Man verfolgt mit, was er tut und kann nichts ändern. Man sieht seinen Erfolg und wird mit dem Wissen stehengelassen, dass er mit dem, was er tut, durchkommen wird, da es meistens nicht mal strafbar, sondern "nur" moralisch verwerflich ist. Ich finde, das hat der Autor wirklich großartig geschrieben, und obwohl ich den Protagonisten absolut nicht leiden konnte, war es mir nicht möglich, das Buch aus der Hand zu legen.
Worum geht es? Maurice Swift will Schriftsteller werden und ist bereit, alles für dieses Ziel zu tun. Und tatsächlich besitzt er ein gewisses Schreibtalent - ihm fehlen aber die Ideen! Bis er eines Tages die Lebensgeschichte des älteren Autors Erich Ackermanns in einem Buch veröffentlicht - und damit seinen großen Durchbruch hat. Nur leider braucht er, um daran anzuknüpfen, wieder eine Idee, und er hat keine Skrupel, sie sich woanders zu holen...
Als die Welt zerbrach
Bewertung von Juma am 09.12.2022
Elisabeth Günther hat sich mit dieser tragisch-komischen Geschichte in mein Herz gelesen. Sie spricht Gretel und die anderen Figuren mit soviel Gefühl und Stimmmodulation, dass man glaubt, einem stundenlangen Hörspiel zu lauschen. Chapeau, Frau Günther, und Glückwunsch an den Hörbuch-Verlag für diese Sprecherwahl plus perfekte Dramaturgie.
Zur Geschichte: John Boyne liefert einen gelungenen Nachfolgeroman zu „Der Junge im gestreiften Pyjama“, der tief ins Herz sticht. Gretel, Tochter eines (fiktiven) KZ-Kommandanten, die in Auschwitz aufwächst, dort ihren Bruder verliert und das erste Mal verliebt ist in einen jungen, schicken SS-Mann, ist die absolut anziehende Hauptperson in dem sich entwickelnden Drama. Gretel erzählt wie nebenbei ihre Lebensgeschichte, die sich zum Ende als Lebensdrama erweist. Sie ist unterdessen 90 Jahre, lebt in London und ist verwitwet. Ihr Sohn, um die 60, heiratet zum vierten Mal, Nachbarin Heidi hat eine Demenz, aber von Zeit zu Zeit lichte Momente, die neu eingezogene Familie mit dem kleinen Sohn Henry bringt zuerst Abwechslung, dann Tragik ins alltägliche Einerlei. Boyne schildert alles, das Heutige wie das Vergangene mit unglaublicher Leichtigkeit und trotzdem einer psychologischen Tiefe, die niemanden kalt lassen kann.
Einzig die Begegnung Gretels mit dem ehemaligen SS-Mann Kurt in Australien einige Jahre nach dem Krieg birgt eine gewisse Trivialität. Dorthin hatte sich Gretel nach dem Tod der Mutter in Paris, wohin beide am Kriegsende geflüchtet waren, aufgemacht, um das alte Leben und die von ihr als bedrückend empfundene Schuld endgültig hinter sich zu lassen. Das funktioniert nicht und ihr Weg führt sie weiter nach England. Dort lernt sie ihren späteren Ehemann Edward kennen und lebt viele Jahre ein halbwegs normales Leben. Dass dieses Leben im hohen Alter noch einmal völlig auf den Kopf gestellt wird, wird höchst unterhaltsam und doch tiefgründig erzählt.
Die Last der Schuld, die einem Mädchen aufgebürdet wird, das neben einem Vernichtungslager, mit einem Vater, der das Morden verantwortet, mit einer Mutter, die es toleriert, mit einem Bruder, der in diesem Vernichtungslager auch durch ihr Zutun „versehentlich“ stirbt, diese Last wird geradezu körperlich spürbar. Ob diese Schuldgefühle berechtigt sind, kann auch Boyne nicht abschließend beantworten. Ja, Gretel hat auch für den Führer geschwärmt und an das tausendjährige Reich geglaubt, aber irgendwann ist auch bei ihr der Gedanke gereift, dass es Unrecht war, was sie als Kind erlebt hat.
Gretel, die ein ganzes Leben lang damit leben muss, sich immer damit quält und die Wahrheit verstecken möchte bis zum Ende ihrer Tage, diese 90jährige Gretel aber erlöst sich auf gänzlich unerwartete Art am Ende des Romans selbst. Großartig. 5 Sterne.
Als die Welt zerbrach
Aufrüttelnd, fesselnd und bewegend
Die liebenswerte 90-jährige Gretel Fernsby verbringt ihren Lebensabend in einem Londoner Villenviertel. Ihr ruhiges Leben wird durch den Einzug einer kleinen Familie in die Wohnung unter ihr aufgerüttelt. Sie ahnt nicht, dass der neunjährige Henry sie an ein enges Familienmitglied von ihr erinnert. Um Henry zu retten, muss sich Gretel entscheiden, ob sie sich weiter verstecken will oder sich ihren vergangenen Dämonen stellen muss.
John Boyne versteht es, die Leserschaft von Anfang an in seinen Bann zu ziehen. Auch wenn man den ersten Teil "Der Junge im gestreiften Pyjama" nicht kennt, wird man von dieser Geschichte gefesselt. Mir hat der warme Erzählstil und die spürbare Nähe zu den Protagonisten sehr gefallen. Die Sprecherin Elisabeth Günther verleiht dieser emotionalen Handlung zusätzlich noch eine besondere Note. Ich konnte mich nur schwer von der Erzählung trennen. Die knapp 11 Stunden Hörzeit vergingen wie im Flug.
Der Autor lässt anfangs im Jahr 2022 die 90-jährige Gretel als Ich-Erzählerin zu Wort kommen. Sie berichtet von ihrem gemütlichen Leben in ihrer großzügigen Londoner Stadtwohnung, plaudert über ihr Verhältnis zu ihrem Sohn, der wieder einmal heiraten möchten. Sie verbringt ihre Tage ruhig und mit wenig Abwechselung. Man kann sich sehr gut diese nette alte Dame vorstellen.
Der Sprung in das Jahr 1946 zeigt eine andere Gretel. Zusammen mit ihrer Mutter ist das deutsche Mädchen von Polen nach Paris geflohen. Beide bemühen sich, ihre Herkunft zu verheimlichen. Statt - wie gewohnt - in sehr guten Verhältnissen zu leben, schlagen sie sich dank ihrer Ersparnisse mehr schlecht als recht durch. Die junge, quirlig und neugierige Gretel ist sehr sympathisch und man nimmt Anteil an ihrem Leben als Flüchtling.
Erst nach und nach werden immer mehr Details aus Gretels Leben aufgedeckt. Es gibt viele dunkle, grausame Schatten, die sie ihr Leben lang begleitet und bedrückt haben. Als Hörerin war ich oft gefühlsmäßig hin- und hergerissen. Die Deutsche Geschichte ist voller Gräueltaten und niemand sollte davon kommen, der Schuld auf sich geladen hat. Doch ganz so einfach ist die Schuldzuweisung rückblickend nicht. Nicht nur Gretel ringt um eine Entscheidung, sondern auch ich konnte mich selbst nach langem Nachdenken nicht so einfach festlegen, wie Gretel handeln sollte.
Es geht um Schuld, Verbrechen und dem Selbsterhaltungstrieb, der in jedem Menschen steckt.
Ein Hörerlebnis, welches mich noch lange Zeit beschäftigt hat.
Großartig, wenn SchriftstellerInnen es verstehen, geschichtliche Elemente gekonnt in Romanhandlungen zu verweben und ihren Teil zum Nichtvergessen beitragen. Ein wunderbares, sehr empfehlenswertes Hörbuch.
Der Junge auf dem Berg
Dieses Buch konnte ich nicht aus der Hand legen...man ist sofort in der Geschichte ,kann ich sehr empfehlen...werde mir die anderen Bücher von John Boyne auch kaufen....
Das sich ein KInd durch die Macht eines anderen so verändert verändert....
Als die Welt zerbrach
Bewertung von Gavroche am 13.01.2023
"Der Junge im gestreiften Pyjama" hat mich sehr beeindruckt, als ich es vor vielen Jahren gelesen habe und nun war ich neugierig auf die Fortsetzung. Schon das Cover ist eine gute Erinnerung an den ersten Band mit den Streifen. Der Eiffelturm lässt natürlich sofort an Paris denken, wo die Handlung auch beginnt. Denn dorthin sind Gretel und ihre Mutter geflohen und leben dort im Geheimen und geben sich als Französinnen aus. Die Geschichte wird auf verschiedenen Zeitebenen erzählt; einmal in der Vergangenheit, beginnend mit der Ankunft in Paris und dann folgen wir Gretel auch auf ihrem weiteren Weg in die Welt hinaus. Die zweite Ebene spielt in der Gegenwart. Gretel ist mittlerweile um die 90 Jahre alt, lebt alleine in einer großen Nobelwohnung in London und wird immer wieder an ihre Vergangenheit erinnert, besonders nach dem Einzug der neuen Nachbarn. Die Protagonistin lernt man im Laufe der Handlung immer besser kennen und ich musste so manches Mal meinen Eindruck abändern.
Das Hörbuch wird gut und abwechslungsreich von Elisabeth Günther vorgelesen.
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