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Magnus Montelius
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Magnus Montelius
Heute lebt Magnus Montelius, Jahrgang 1965, wieder in Stockholm - die Jahre davor verbrachte er u. a. in Afrika, Lateinamerika und Osteuropa. Sein Beruf als Berater für Wasser und Umweltmanagement ließ ihn viel in der Welt herumkommen. Sein Debüt "Ein Freund aus alten Tagen" wurde zum Überraschungserfolg in Schweden und weiteren europäischen Ländern. Montelius erzählt, dass die Idee dafür "an einem Sommerabend vor vielen Jahren einfach in meinem Kopf gelandet ist". Der schwedische Geheimdienst und die Zeit während des "Kalten Krieges" spielen in dem Roman eine große Rolle, und der Journalist Tobias Meijtens, erfolglos, Jasminteejunkie und immer auf der Spur irgendwelcher interessanter Zusammenhänge, gibt die sympathische Hauptfigur.
Dieses Faible für Spionagegeschichten hatte Montelius schon als Jugendlicher, er las sogar Fachbücher darüber und war von den "Cambride Five" fasziniert - Spione, die in den 1930er-Jahren vom KGB angeworben wurden. Er bezeichnet sein Buch als "Spannungsroman" und das trifft es ziemlich genau und steht in der Tradition von John le Carré, den Montelius "sehr schätzt". Für seine Schilderungen der linken Bewegung im Schweden der 1960er- und 1970er-Jahre las und recherchierte Montelius sehr lange, konnte aber auch auf familiäre Erfahrungen zurückgreifen. Denn seine Großeltern, wie er erzählt, "waren moskautreue Kommunisten, beschäftigten allerdings auch Hausangestellte". Auch seine Eltern lernten sich in linken Kreisen kennen - es gibt, so Montelius, sogar einen Staatsschutzbericht über ihre Hochzeit. Doch Montelius betont auch, dass er sich "früh und nachdrücklich" von den politischen Ansichten seiner Familie distanziert habe.
"Ein Freund aus alten Tagen" hat also durchaus einen realen Hintergrund, aber die Ereignisse und die Personen sind fiktiv. An seinem Debüt hat Magnus Montelius "jahrelang gearbeitet", neben seinem Job als Berater. Der Erfolg des Buches hat ihn bestätigt, seinen Brotjob hat er auf Teilzeit reduziert,um mehr Raum für das Schreiben zu haben. Aktuell arbeitet er an zwei Büchern gleichzeitig - beides Spannungsliteratur. Und in einem der beiden Romane, so verrät er, "gibt es auch ein Wiedersehen mit dem Journalisten Tobias Meijtens".
Das meint die buecher.de-Redaktion: Magnus Montelius schreibt, als hätte er nie etwas anderes getan. Spannend und literarisch anspruchsvoll, die Figuren voll Saft und Kraft - eine Mischung, die nicht viele so umzusetzen imstande sind. Montelius kann es - ein tolles Debüt!
Interview Magnus Montelius
Magnus Montelius: Es war wirklich überraschend. Ich wollte eigentlich nur ein Buch schreiben, das ich als Leser auch gerne lesen würde - und ich dachte nicht darüber nach, ob es sich vielleicht gut verkaufen würde. Und nun scheint es so, dass Leser und auch Kritiker es sehr mögen - auch wenn meine Geschichte kein Mainstreamkrimi ist ... aber vielleicht mögen sie ihn auch gerade deshalb. Der Plot ist schließlich anspruchsvoll, und bei mir gibt es keine Brutalität oder Gewalt, sondern ich lege mein Augenmerk auf meine Figuren und ihre Motive. Der Erfolg hat mich sehr ermutigt, meinen Stil so weiterzuentwickeln.
Sehen Sie selbst sich in der Tradition eines bestimmten (schwedischen?) Autors, haben Sie literarische Vorbilder?
Magnus Montelius: Momentan liebe ich eher angelsächsische Autoren, z. B. Graham Greene, Somerset Maugham, Ian McEwan und Paul Theroux. Es gibt natürlich auch schwedische Autoren, die ich mag und bewundere - aber als Vorbild würde ich keinen von ihnen benennen können.
In einer…mehr
"Ein Freund aus alten Tagen" wurde zum Überraschungserfolg - wie fühlen Sie sich mit diesem Erfolg?
Magnus Montelius: Es war wirklich überraschend. Ich wollte eigentlich nur ein Buch schreiben, das ich als Leser auch gerne lesen würde - und ich dachte nicht darüber nach, ob es sich vielleicht gut verkaufen würde. Und nun scheint es so, dass Leser und auch Kritiker es sehr mögen - auch wenn meine Geschichte kein Mainstreamkrimi ist ... aber vielleicht mögen sie ihn auch gerade deshalb. Der Plot ist schließlich anspruchsvoll, und bei mir gibt es keine Brutalität oder Gewalt, sondern ich lege mein Augenmerk auf meine Figuren und ihre Motive. Der Erfolg hat mich sehr ermutigt, meinen Stil so weiterzuentwickeln.
Sehen Sie selbst sich in der Tradition eines bestimmten (schwedischen?) Autors, haben Sie literarische Vorbilder?
Magnus Montelius: Momentan liebe ich eher angelsächsische Autoren, z. B. Graham Greene, Somerset Maugham, Ian McEwan und Paul Theroux. Es gibt natürlich auch schwedische Autoren, die ich mag und bewundere - aber als Vorbild würde ich keinen von ihnen benennen können.
In einer Kritik wurden Sie mit John le Carré verglichen. Ehrt Sie das oder können Sie mit solchen Vergleichen nichts anfangen?
Magnus Montelius: Oh, ich fühle mich sehr geehrt. Er ist wirklich einer meiner absoluten Lieblingsautoren. Ich lese und verehre ihn, seit ich ein Teenager bin.
Sie arbeiten als Umweltberater und haben lange in Afrika, Lateinamerika und Osteuropa gelebt. Wie haben diese Aufenthalte dort Ihre Sicht auf die Welt verändert und was davon floss in den Krimi "Ein Freund aus alten Tagen" ein?
Magnus Montelius: Ich glaube, für jeden Menschen, der sich dafür interessiert, wie andere Menschen ticken, der andere Menschen verstehen will, ist es toll, eine Zeit lang im Ausland zu leben. Plötzlich ist man selbst der Ausländer und versteht, wie sich andere "Outsider" fühlen, versteht ihren Blick auf die Welt. Da ich als Berater für Umweltthemen viel für Ministerien oder Kommunen gearbeitet habe, konnte ich auch mein Interesse für Menschen, Gesellschaften und die Dynamik von Politik, politischer Macht vertiefen.
Ich konnte für das Buch auch einige Details meiner Arbeit in Osteuropa verwenden. Zum Beispiel habe ich die Szene im Hotel Moskva in Belgrad genau dort geschrieben. Ich habe auch ein großes Netzwerk von Freunden und ehemaligen Kollegen in Osteuropa - die helfen mir, bestimmte Dinge herauszufinden oder gegenzuchecken. Aber natürlich spielt das Buch hauptsächlich in Schweden.
Ihr Spionageroman führt zurück in die Zeit des "Kalten Krieges": Was interessiert Sie daran als Autor?
Magnus Montelius: Es ist einfach eine faszinierende Ära. In Schweden haben wir natürlich nicht diese extremen Erfahrungen gemacht wie im geteilten Deutschland oder in den osteuropäischenStaaten - aber unter der ruhigen und neutralen Oberfläche gab es durchaus eine zweideutige Rolle, die Schweden in dieser Zeit spielte und daher gibt es auch viel zu erzählen. Zum Beispiel gab es in Schweden "kalte Krieger", die in Spionagefälle verwickelt waren und es liefen auch umfangreiche verdeckte Überwachungen der linksgerichteten Gruppen. Viele von diesen Aktivitäten waren dem Parlament gar nicht bekannt. Was Schweden von den andern westlichen Staaten unterschied, war diese unklare Linie zwischen der Regierungspartei (den Sozialdemokraten) und der Regierung. Und obwohl es natürlich legitim ist, ein Auge auf bestimmte Gruppen zu haben, verselbstständigte sich diese Geschichte und wurde eher zu einer Sache der Partei als zu einer Sache des Staates. Als dann die politische Stimmung in den 1960er-Jahren umschlug, versuchten die Sozialdemokraten, den linken Gruppierungen entgegenzukommen, rekrutierten z. B. ehemalige Aktivisten und passten ihre Politik an (z. B. was die Haltung gegenüber dem Vietnamkrieg anging). Für mich war all das immer eine Geschichte, die ich erzählen wollte, und all das bildet auch den Hintergrund für meinen Spionageroman "Ein Freund aus alten Tagen".
Dazu kommt bei mir, dass ich für das Buch sozusagen aus familiären Geschichtsressourcen schöpfen konnte: Meine Großeltern waren moskautreue Kommunisten und auch meine Eltern trafen sich zum ersten Mal bei "Clarté", einer linken Organisation. Ich habe diese politischen Ansichten nie geteilt - im Gegenteil, ich habe dagegen rebelliert, sehr nachdrücklich und auch schon sehr früh. Ich denke, so konnte ich auch die Arbeit an "Ein Freund aus alten Tagen" gut bewältigen. Ich weiß sehr gut, wovon ich erzähle, muss mich aber für nichts rechtfertigen oder verteidigen. Aber die Geschichte im Buch hat nichts mit meiner Familiengeschichte zu tun. Ich konnte meine Erfahrungen zwar einfließen lassen, was bestimmte Charaktere, Figuren angeht, ihre Motive und auch viele Details dieser Zeit, aber ich habe meine Verwandtschaft aus dem Roman herausgehalten.
Eine Ihrer Hauptfiguren ist Tobias Meijtens, bislang ziemlich erfolgloser Journalist und kurz vor dem finanziellen Ruin bei einem Boulevardblatt untergekommen. Was für ein Mensch, was für eine Art Journalist ist Tobias?
Magnus Montelius: Tobias Meijtens ist sehr engagiert, arbeitet hart, sogar obsessiv an den Sachen, für die er sich interessiert. Er ist ein brillanter und neugieriger Geist, aber er ist auch hoffnungslos ungeschickt in solchen Dingen wie "Geld verdienen" oder "Redaktionspolitik". Als er anfängt, die Geschichte hinter dem ermordeten Mann mit einem albanischen Pass aufzudecken, gibt er nur sehr widerwillig zu, dass er Unterstützung braucht. In diesem Fall bekommt er sie von der sehr medienwirksamen und leicht zynischen Kollegin Natalie Petrini. Und Natalie hilft ihm auch, mit skeptischen Verlegern klarzukommen oder den Verbindungen, die in direktem Zusammenhang mit den Mächtigen im Land stehen. Schließlich muss Tobias aber zugeben, dass sie zusammen das perfekte Team sind.
Welche Rolle spielt der traumatisierte Kriminalinspektor Tilas in dieser Geschichte?
Magnus Montelius: Während Tobias Meijtens und Natalie Petrini den Spuren zurück in die Vergangenheit folgen, zurück zu der Zeit der Spionage, kümmert sich Tilas als Kriminalinspektor um die Gegenwart und folgt der Fährte eines Mörders.
Schließlich findet er heraus, dass alles mit einer Geschichte aus der Vergangenheit zusammenhängt. Und genau diese Erkenntnisse gefallen dem Geheimdienst gar nicht. Aber Tilas will nur seinen Job machen ... Zuletzt trifft er eine überraschende Entscheidung - sein privates Trauma bringt ihn dazu.
Wie war Ihr Weg hin zum Schreiben, was bedeuten Schreiben Ihnen?
Magnus Montelius: Ich war immer schon ein begeisterter Leser, Literatur hat mich interessiert. Zum Schreiben brachte mich dann letztendlich die Idee zu "Ein Freund aus alten Tagen". Ich las dafür einige schon gelesene und geliebte Thriller wieder und analysierte die Technik des Schreibens von unterschiedlichen Autoren. Dann entschied ich mich für einen Erzählstil, den ich vorantreiben, entwickeln wollte und schrieb das Buch - ich habe es zehn Mal überarbeitet, bevor ich es an Verlage gesendet habe. Das war meine Schule des Schreibens. Während der Arbeit an dem Buch fing ich auch an, Kurzgeschichten zu schreiben. Zuerst als Übung und weil ich Kurzgeschichten mag, aber dann gewann ich damit einige Kurzgeschichtenwettbewerbe, und das ermutigte mich, an meinem "großen Projekt" weiterzuarbeiten.
Natürlich ist das Schreiben an manchen Tagen eine Qual, aber insgesamt ist es einfach eine wunderbar kreative Art, alles herauszulassen. Ich genieße auch dieses Obsessive am Schreiben. Manchmal, wenn ich in anstrengenden Meetings in meinem Job als Umweltberater saß, schweifte mein Geist ab - manchmal holte ich dann mein Notebook heraus und schrieb mir schnell eine Idee auf oder ich beschrieb eine bestimmte Geste, die mein Gegenüber gerade gemacht hatte, um sie später im Buch zu verwenden. Ein Schriftsteller lebt immer irgendwie auch in einem Paralleluniversum.
Was fasziniert Sie an dem Genre Kriminalroman?
Magnus Montelius: Für mich ist ein guter Kriminalroman wie ein guter Roman - er enthält all seine "Zutaten": das sind z. B. eine Geschichte, die man zuordnen kann, glaubwürdige und interessante Charaktere und eine klare Idee. Ein Krimi muss natürlich gleichzeitig den Leser mit einem Geheimnis ködern.
Ich glaube, dass wirklich gute Thriller die Dinge so schildern können, dass wir uns darin wiederfinden - denn das Streben nach Karriere, die Feigheit, der Konformismus oder Verrat sind Themen, die sozusagen universell sind. In einem Krimi, in dem es um Mord, Spionage oder internationale Intrigen geht, liegt das Risiko schon höher - weil damit natürlich nicht jeder Erfahrungen hat. Wenn also ein Leser eine Geschichte über Verrat, Mord und Klüngelei liest und denkt: "Hey, in dem Buch geht es genauso zu wie in dem Büro, in dem ich gearbeitet habe", dann hat der Autor gewonnen, hat sein Ziel erreicht.
Interview: Literaturtest