Autor im Porträt
Margaret Atwood
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Hier kommen wir nicht lebend raus
Fünfzehn neue Geschichten von Margaret Atwood
Atwood-Leser:innen wissen es schon lange: Eine der großen Stärken ihrer Lieblingsautorin ist die kurze Form.
Neben zwei umwerfenden Storysequenzen aus dem Leben eines Paares - mit all den großen und kleinen Momenten, aus denen eine lange Liebe besteht - enthält dieser Band viele weitere Geschichten: Zwei beste Freundinnen streiten über die gemeinsame Vergangenheit; wie rettet man jemand vor dem Ersticken; Kabbale und Liebe unter älteren Akademikerinnen; woher weiß man schon, ob die eigene Mutter wirklich eine Hexe ist ... Es geht um geliebte Katzen, eine verwirrte Schnecke, ein märchenerzählendes Alien, Martha Gellhorn, George Orwell und Hypatia von Alexandria.
Wunderbar humorvoll beschrieben geht es um all die großen und kleinen Momente, die eine so lange Liebe ausmachen und damit auch um Abschied und Trauer.
»Margaret Atwood kann einfach alles!« Ann Patchett
»Diese, ihrem verstorbenen Lebensgefährten gewidmeten Reflexionen über Ehe, Sterblichkeit und vielarmige Außerirdische beweisen einmal mehr Atwood Meisterschaft in der kurzen Form.« The Guardian
»Das ist Atwood. Das ist unsere viergesichtige Janus-Göttin - ein Gesicht ist der Vergangenheit zugewandt, eines der Gegenwart, eines der Zukunft und das vierte ist in einem Raumschiff und erzählt Geschichten über Pferde als Zwischenmahlzeit. Lang möge sie regieren! « The New York Times
»Es gibt keine größere lebende Autor:in!« Daily Telegraph
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Penelope und die zwölf Mägde
Margaret Atwood
Margaret Atwood, geboren 1939 in Ottawa, ist eine der wichtigsten Autorinnen Kanadas. Ihre Werke liegen in über 20 Sprachen übersetzt vor und wurden national und international vielfach aus gezeichnet. Neben Romanen verfasst sie auch Essays, Kurzgeschichten und Lyrik. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Booker Prize, dem kanadischen Giller Prize und mit dem Prinz-von- Asturien-Preis (2008),mit dem Nelly-Sachs-Preis (2009) und dem PEN Pinter Prize (2016).Sie lebt mit ihrer Familie in Toronto.Die Geschichte von Zeb - Literaturfestival 2014
Die Macht des Erzählens und "Die Geschichte von Zeb"
Margaret Atwood kommentiert ihren Ende des Jahres anstehenden 75. Geburtstag in unserem Interview mit dem Witz, dass sie "gerade eben doch noch 39" gewesen sei ... Und liest man ihren neuesten Roman - den letzten Teil der "MaddAddam"-Trilogie, "Die Geschichte von Zeb" -, dann spürt man auf jeder Seite, dass Margaret Atwood einfach ein junger Geist ist: so fantasievoll und witzig, vor Einfällen sprühend und immer am Puls der Zeit. Auch ihre Internetpräsenz spiegelt das wunderbar wider - mit den z. B. von Atwood gezeichneten BookTour Comix oder Spielen wie The Happy Zombie Sunrise Home. In Letzterem tobt sich Atwood zusammen mit Autorin und Spieleschreiberin Naomi Alderman aus. Ein weiterer Tipp für Atwood-Fans: ihre Kinderbücher, von denen einige auch auf Deutsch erschienen sind. Anarchische Geschichten und ein großer Spaß ...
"Die Geschichte von Zeb" - SciFi und große Literatur
Nun also legt die kanadische Autorin mit "Die Geschichte von Zeb" den Showdown ihrer Trilogie vor - die SciFi-Romane sind große Literatur. Atwood schafft es auch in diesem Buch -…mehr
Die Macht des Erzählens und "Die Geschichte von Zeb"
Margaret Atwood kommentiert ihren Ende des Jahres anstehenden 75. Geburtstag in unserem Interview mit dem Witz, dass sie "gerade eben doch noch 39" gewesen sei ... Und liest man ihren neuesten Roman - den letzten Teil der "MaddAddam"-Trilogie, "Die Geschichte von Zeb" -, dann spürt man auf jeder Seite, dass Margaret Atwood einfach ein junger Geist ist: so fantasievoll und witzig, vor Einfällen sprühend und immer am Puls der Zeit. Auch ihre Internetpräsenz spiegelt das wunderbar wider - mit den z. B. von Atwood gezeichneten BookTour Comix oder Spielen wie The Happy Zombie Sunrise Home. In Letzterem tobt sich Atwood zusammen mit Autorin und Spieleschreiberin Naomi Alderman aus. Ein weiterer Tipp für Atwood-Fans: ihre Kinderbücher, von denen einige auch auf Deutsch erschienen sind. Anarchische Geschichten und ein großer Spaß ...
"Die Geschichte von Zeb" - SciFi und große Literatur
Nun also legt die kanadische Autorin mit "Die Geschichte von Zeb" den Showdown ihrer Trilogie vor - die SciFi-Romane sind große Literatur. Atwood schafft es auch in diesem Buch - trotz Weltuntergangsszenarien, mutierten Tieren und menschenähnlichen Wesen, einem verseuchten Planeten, Pandemien und ständigen Bedrohungen - alles leicht und humorvoll daherkommen zu lassen. Um allen, die noch kein Buch der MaddAddam-Trilogie gelesen haben, eine ungefähre Vorstellung davon zu geben, hier ein paar Basics. In "Oryx und Crake" entwirft Atwood eine Welt, in der Großkonzerne mithilfe von Sicherheitscorps die Menschen beherrschen und sich hinter den "Komplexmauern" abschotten. - Jenseits dieser Mauern, im Niemandsland, leben die Plebs, also der Rest der Gesellschaft, in Slums. Eine OrgassPluss-Pille, die dauerhafte sexuelle Ekstase versprach, rottet leider fast die gesamte Menschheit aus. Zuvor hatte Crake, der Schöpfer von Orgass-Pluss, auch die Craker geschaffen - Wesen mit menschenähnlicher Gestalt, jedoch ohne Gier oder Eifersucht, dafür aber geistig sehr schlicht entwickelt. Durch das Chaos der Pandemie brechen auch die in Labors entwickelten transgenen Schweine, sogenannte Organschweine mit menschlichem Hirngewebe, oder die blutrünstigen Hunölfe aus.
Die Gottesgärtner und warum Zeb zum Bioterroristen wird
"Das Jahr der Flut" spielt zeitgleich, aber im Pleblsand außerhalb der Mauern. Dort leben die Gottesgärtner - sie lieben alle Lebewesen, sind gewaltlos, bauen Gemüse an und warnen vor den Gefahren der Technologie und vor den Konzernen. Doch es gibt auch die "entmenschten" Painballer - ehemalige Häftlinge; wer ihnen in die Hände fällt, ist sofort tot - sie essen mit Vorliebe die Nieren ... Zeb, ein Gottesgärtner, will nicht gewaltlos leben und entscheidet sich für den Kampf gegen die Konzerne. Er verlässt die Gärtner zusammen mit seinen Anhängern undsie werden zuBioterroristen.
Betörend gut - Toby erzählt underklärt den Crakern die Welt
Aber Handlungen, Ereignisse detaillierter nachzuerzählen, macht bei dieser Trilogie wenig Sinn. Man muss als Leser eintauchen in diese düstere, fantastische Welt, die Atwood in "Die Geschichte von Zeb" vorantreibt, zu einem Endpunkt hin treibt. Erzählerisch betörend gut allein der Einstieg in den Abschluss der Trilogie: Da erzählt Toby, eine Überlebende der Pandemie, den Crakern, die wie Kinder scheinen, nackt herumlaufen, zum Unmut der Menschen andauernd in seltsam hohen Tönen vor sich hin singen und nichts von der Welt verstehen, woher sie kommen.
"Am Anfang lebtet ihr im Ei. Dort hat Crake euch erschaffen.
Ja, der liebe, gütige Crake. Bitte hört auf zu singen, sonst kann
ich nicht erzählen.
Das Ei war groß und weiß und gewölbt und drinnen wuchsen
Bäume mit Laub, Gras und Beeren. Alles, was ihr gerne esst.
Ja, es hat auch geregnet im Ei.
Nein, Donner gab es keinen.
Weil Crake im Ei keinen Donner haben wollte.
Und draußen vor dem Ei war das Chaos, mit vielen, vielen
Menschen,
die nicht so waren wie ihr.
Weil sie eine zusätzliche Haut hatten. Diese Haut nennt man
Kleidung. Ja, wie bei mir."
Man möchte hier noch lange zuhören und sich die Welt erklären lassen - und das dürfen wir auch. Denn Toby erzählt den Crakern, die an ihren Lippen hängen, viele Geschichten. Geschichten über die Welt, die Dinge in ihr und natürlich Geschichten über Menschen. Zum Beispiel die Geschichte des zurückgekehrten Zeb, dem Ökokämpfer, lange Tobys heimliche Liebe. Nun sind sie ein Paar, und Toby spricht zu den Crakern über Zebs Leben, erzählt von seiner Kindheit und seinen Abenteuern.
Ein Craker trägt die Kraft, die Macht des Erzählens weiter ...
Am Ende wird Blackbeard, ein Craker-Junge, den Toby vieles gelehrt hat, Tobys Stelle einnehmen. Er ist eines dieser nackten Kinderwesen, die blau leuchten, wenn sie sich paaren wollen und können, die scheinbar gar nichts verstehen und gar nichts wissen, nicht wussten, was ein Bär oder ein Fisch ist oder wo sie herkamen - bevor Toby ihnen alles erzählt und erklärt hat ... die Kraft und Macht des Erzählens geht nicht verloren; Blackbeard trägt sie weiter, die Geschichten einer Welt - so fantasievoll und schrecklich, so verloren und doch hoffnungsvoll, wie sie uns Margaret Atwood in "Die Geschichte von Zeb" erzählt.
Die Geschichte von Zeb - Literaturfestival 2014
Margaret Atwood: Ein europäischer Journalist hat mich vor einiger Zeit mal gefragt, ob meine Bücher denn nun lustig seien oder nicht, und ich habe geantwortet: "Beides." Sein Kommentar: "Ah ja. Angelsächsischer Humor." Wie auch immer - ich glaube, es ist ein weitverbreiteter menschlicher Wesenszug, Dingen, die uns Angst machen und/oder eigentlich nicht wirklich lustig sind, mit Humor zu begegnen. Wahrscheinlich ist das ähnlich wie bei den Raben, wenn sie nach den Schwänzen von Wölfen picken und die anderen Raben dazu krächzen,…mehr
Mit die "Die Geschichte von Zeb" erscheint nun der letzte Teil der "MaddAddam"-Trilogie nach "Oryx und Crake" und "Das Jahr der Flut". Sie schreiben über das Ende der Menschheit und eine Welt, die von genmanipulierten Tieren wie den riesigen und sehr gefährlichen Organschweinen mit menschlichem Genmaterial, die sehr schlau sind, oder Mo'Hair-Schafen mit menschlichen Haaren, aber auch von seltsamen menschenähnlich aussehenden Kreationen wie den "Crakern" bevölkert ist. Obwohl der Planet verwüstet und verseucht ist, lesen sich die Romane der Trilogie leicht und durchaus humorvoll - wie erreichen Sie diese Leichtigkeit, diese Balance?
Margaret Atwood: Ein europäischer Journalist hat mich vor einiger Zeit mal gefragt, ob meine Bücher denn nun lustig seien oder nicht, und ich habe geantwortet: "Beides." Sein Kommentar: "Ah ja. Angelsächsischer Humor." Wie auch immer - ich glaube, es ist ein weitverbreiteter menschlicher Wesenszug, Dingen, die uns Angst machen und/oder eigentlich nicht wirklich lustig sind, mit Humor zu begegnen. Wahrscheinlich ist das ähnlich wie bei den Raben, wenn sie nach den Schwänzen von Wölfen picken und die anderen Raben dazu krächzen, als würden sie lachen. Bei meinen Figuren ist das so: In der Krise erleben sie die unmittelbare Not, aber dann setzt ein gewisser Galgenhumor ein. Das ist wahrscheinlich wichtig, um zu überleben. Was würden Sie denn tun, wenn Sie sich plötzlich in einer solchen Welt wiederfänden? Tagelang jammern und klagen oder die Ärmel hochkrempeln und weitermachen? So manch einer würde sich ohne Zweifel fürs Jammern entscheiden - aber nicht lange überleben.
Die Wissenschaftler des Paradiesprojekts (Oryx and Crake), in dem die sogenannten "Craker" geschaffen wurden, versprachen den Menschen eine OrgassPluss-Pille und damit sexuelle Ekstase, Schwangerschaftsverhütung und Jugend. Doch leider raffte eine geheime Zutat der Wundersexpille in einer tödlichen Pandemie fast die gesamte Menschheit hinweg. Wie viel Vergnügen bereitet es Ihnen, solche fantastischen Szenarien zu entwickeln, sich neue Spezies auszudenken und all die Wesen in der "MaddAddam"-Trilogie zu erschaffen?
Margaret Atwood: Nun, Vergnügen hat mir das nicht so sehr bereitet, auch wenn wir wahrscheinlich nicht unbedingt Snats entwickeln würden. In der Regel basieren meine Szenarios ja auf der Realität. Was die Pillen angeht, so sind wir heute schon in der Lage, das Erbgut von Mikroorganismen zu spleißen, gegen die wir nicht oder kaum immun sind. Der Verlauf der Epidemie folgt dem Schwarzen Tod, zu dem es ja eine umfangreiche Literatur gibt, und basiert auch auf dem Auftreten neuer Erreger, insbesondere aus der Ebola-Marburg-Familie. Das Spleißen entwickelt sich rasch weiter. Auf der Website margaretatwood.ca gibt es ein Flipboard mit Geschichten zu den wissenschaftlichen Hintergründen, zum Beispiel zu leuchtenden Pflanzen, der Funktion des Schnurrens bei Katzen und zu vielem mehr.
In "Die Geschichte von Zeb" gehört Toby, die ehemalige Gottesgärtnerin und Expertin für Muscheln und Bienen, zu den wenigen Überlebenden nach der Pandemie der wasserlosen Flut. Sie und der Ökokämpfer Zeb - schon lange ihre heimliche Liebe - werden ein Paar. Für Leser, die die ersten beiden Teile nicht kennen: Wer ist Zeb und was für eine Geschichte hat er?
Margaret Atwood: Im zweiten Buch, "Das Jahr der Flut", ist Zeb ein Außenseiter unter den pazifistischen und vegetarischen Gottesgärtnern, denn er lehrt die Gärtnerkinder Urban Bloodshed Limitation, also den Straßenkampf und wie sie im Notfall Tiere töten, häuten und essen. Er kommt und geht auf gefährlichen Wegen, denn er ist der Bote der Gärtner und wie Toby Mitglied des inneren Zirkels der Adams und Evas. Doch er hat eine Partnerin, und Toby hält ihn deswegen für unerreichbar. Außerdem verbindet ihn eine seltsame Beziehung mit Adam Eins, dem Anführer der Gottesgärtner, die Toby nicht recht zu deuten vermag. Und nicht zuletzt hat sie arge Zweifel daran, dass er wirklich an die Theologie der Gottesgärtner glaubt. Was also hat er dort zu suchen?
Es gibt wohl für jeden von uns einen Film/ein Buch (SciFi oder nicht) den/das man als Kind oder Jugendlicher gesehen/gelesen hat und nie vergisst. Bei mir was das z. B. "Soylent Green" - den verzweifelten Ruf von Thorn alias Charlton Heston, "Soylent Green ist Menschenfleisch", hab ich nie vergessen. Welches Buch, welcher Film war das bei Ihnen?
Margaret Atwood: Jede Menge! "1984" natürlich und einige der Bücher von John Wyndham und von Ray Bradbury. Die Science-Fiction-Filme in den 1950ern waren noch ziemlich unbeholfen, meistens haben wir nur über sie gelacht. Toll finde ich auch Blade Runner, aber der kam viel später.
Was ist für Sie als Autorin das Beste daran, über die Zukunft zu schreiben?
Margaret Atwood: "Die" Zukunft gibt es nicht, sie ist ja nicht vorherbestimmt, sondern es gibt viele verschiedene Möglichkeiten. In realistischen Büchern, die in der Gegenwart spielen, kann man diese Möglichkeiten immer nur auf wenige Arten durchspielen: Die Figuren können darüber diskutieren, sie können darüber nachdenken oder über sie schreiben, sie können von ihnen träumen oder halluzinieren. Aber wenn man ein Buch in einer solchen Zukunft spielen lässt, können die Figuren diese Möglichkeiten leben. Damit kommt man viel näher heran.
Sie sagten in einem Interview, dass vieles von dem, worüber Sie in der "MaddAddam"-Trilogie schreiben, heute schon möglich ist oder schon gemacht wird. Wie halten Sie sich auf dem aktuellen Stand, was die Entwicklungen in den Wissenschaften angeht? - Denn da passiert ja ungeheuer viel! Und: könnten Sie uns zwei Beispiele dafür nennen, was heute schon gemacht wird, Realität ist?
Margaret Atwood: Ich halte mich auf den ganz normalen Wegen auf dem Laufenden: Zeitschriften, Zeitungen, das Internet, Bücher. Außerdem schickt mir mein Bruder, ein Biologe, häufig Sachen, von denen er meint, dass sie mich interessieren könnten. Hier zwei Beispiele: menschliche Nieren in Schweinen, die in Oryx und Crake auftauchen, waren 2001/3 erst eine theoretische Möglichkeit, aber heute sind wir schon nahe dran. Und was die Cyber-Insekten angeht, so wird bereits an verschiedenen Versionen gearbeitet.
Sie selbst sind aktiv in der Ökobewegung. Gibt es in Ihnen die Hoffnung, dass die "MaddAddam"-Trilogie Leser und Leserinnen dazu ermutigt, sich aktiv gegen all die Schreckensszenarien zu wehren, die Sie entwerfen?
Margaret Atwood: Ich glaube nicht, dass fiktive Literatur eine solche direkte Wirkung hat, und man weiß nie, wie die Leser reagieren. Leser sind individuelle Persönlichkeiten, die es im Allgemeinen nicht mögen, wenn sie das Gefühl haben, dass man ihnen eine Predigt hält oder sie in Agitpropmanier manipulieren will. Und wer sich engagieren will, hat viele Möglichkeiten, ohne dazu auf die Literatur zurückgreifen zu müssen. Ich schreibe über Dinge, weil sie mich interessieren und etwas mit mir machen - und nicht, um die Leute zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen.
In Ihrer Dankesrede zur Verleihung des "Nelly-Sachs-Preises" sagten Sie u. a.: "Nur wir Menschen sind in der Lage, uns selbst als Spezies zu reflektieren - und dies ist nicht immer erfreulich." Was macht Ihnen dennoch Hoffnung, was gibt Ihnen Zuversicht?
Margaret Atwood: Eben diese Tatsache, dass wir intelligente Wesen und sehr erfindungsreich sind. Wir sind widerstandsfähig. Wir wissen, was auf uns zukommt und wir können Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Frage ist nur, ob wir das auch wirklich wollen - das gilt es herauszufinden.
Wie schaffen Sie es, bei all den schlechten Nachrichten nicht in Pessimismus, Nörgelei und Besserwisserei zu versinken? Und was tun Sie dagegen, falls es doch mal passiert?
Margaret Atwood: Ich denke, dass ich einfach ein fröhliches Gemüt habe. Ich war nie gut in Depressionen, auch wenn viele meinen, dass Schriftsteller depressiv sein sollten. Vielleicht bin ich auch einfach nur albern - was meinen Sie?
Auf Ihrer Webseite veröffentlichen Sie auch Ihre "BookTour Comix" - herrlich! Weiter gibt es da auch ein Videospiel zum Download: Intestinal Parasites und The Happy Zombie Sunrise Home. Was steckt hinter dem "Zombie"?
Margaret Atwood: Auch das gehört zu meiner albernen Seite, fürchte ich. Das Ganze ist ein Gemeinschaftswerk mit Naomi Alderman, der Königin der Audio-Podcast-Serie und Trainings-App "Zombies, Run!". Wir wechseln uns einfach bei den Kapiteln ab, ohne vorher irgendetwas zu planen - jede von uns schreibt zum Schluss einen Cliffhanger, bei dem die andere dann wieder weitermacht. Erschienen ist das auf Wattpad; für mich ein tolles Instrument, um die Lesefähigkeiten junger Menschenzu stärken, wie ich im Guardian-Artikel "Why Wattpad Works" dargelegt habe.
Welches Kinderbuch würden Sie heute noch lesen?
Margaret Atwood: Ohne Zweifel "Die Schatzinsel" von Stevenson. Welch ein Stilist!
Welche Bücher liegen auf Ihrem Nachttisch und warten darauf, von Ihnen gelesen zu werden?
Margaret Atwood: Da ich gerade nicht zu Hause bin, nicht allzu viele. Im Augenblick die Geschichte der Kathedrale in Norfolk.
Haben Sie schon Pläne, ob und wie Sie Ihren 75. Geburtstag in diesem Jahr feiern werden?
Margaret Atwood: Wie - ich werde schon 75? Was ist denn da passiert? Gerade eben war ich doch noch 39 ...
Interview Margaret Atwood: Ulrike Bauer, Literaturtest