Autor im Porträt
Maurizio de Giovanni
zur AutorenweltToptitel von Maurizio de Giovanni
Zwölf Rosen in Neapel
Frost in Neapel / Inspektor Lojacono Bd.4
Ein junger Biochemiker und seine bildhübsche Schwester werden tot in ihrer gemeinsamen Wohnung aufgefunden. Wer steckt hinter dem skrupellosen Doppelmord? Der Vater, der sechzehn Jahre wegen Totschlags im Gefängnis saß? Der Verlobte der Frau, ein Provinz-Rockstar, der die Modelkarriere seiner Frau und das gute Verhältnis zum Bruder eifersüchtig beäugte?
Wenn der Fall nicht schnell aufgeklärt wird, droht dem Kommissariat von Pizzofalcone die Schließung. Doch erst als Inspektor Lojacono und seiner Truppe aufgeht, dass es der Mörder vielleicht nicht auf beide Geschwister abgesehen hatte, kommt Bewegung in den Fall.
…mehr
Maurizio de Giovanni
Maurizio de Giovanni wurde 1958 in Neapel geboren, wo er auch heute noch lebt. Er studierte Literatur, arbeitet aber hauptberuflich als Banker. «Das Krokodil», der erste Fall in der Serie um Inspektor Lojacono, wurde 2012 mit dem wichtigsten Preis für italienische Kriminalromane, dem Premio Scerbanenco, ausgezeichnet. "Der dunkle Ritter" ist der dritte Fall um Lojacono und seine Kollegen von Pizzofalcone. Maurizio de Giovanni ist einer der erfolgreichsten lebenden Krimiautoren Italiens. Seine Bücher werden in zahlreiche Länder verkauft, unter anderem nach Frankreich, England und in die USA.Krimi des Monats - Der dunkle Ritter
Batman als Held?
Der italienische Autor Maurizio de Giovanni legt mit "Der dunkle Ritter" ein weiteres Mal einen außergewöhnlichen Krimi noir vor
Ein Kind ist in einem der wohlhabendsten Viertel Neapels bei einem Schulausflug entführt worden. Der Fall landet bei Inspektor Guiseppe Lojacono und seinem Team, den "Gaunern von Pizzofalcone". So nennen sich die Ermittler scherzhaft-ironisch, nachdem sie vor einiger Zeit in dieses Kommissariat am Fuße des Hügels im Stadtteil San Ferdinando versetzt wurden. Ihre Vorgänger waren wegen eines Kokainskandals auf- und dann rausgeflogen. Und nun muss sich die Truppe um Lojacono, den sie wegen seines Aussehens den "Chinesen" nennen, beweisen. Im ersten Fall, der vor einem Jahr in deutscher Übersetzung erschienen ist, ist ihnen dies gelungen. Nun bekommen sie es in dem Roman "Der dunkle Ritter. Inspektor Lojacono ermittelt in Neapel" (Rowohlt) mit der mysteriösen und vertrackten Entführung des kleinen Dodo zu tun.
Der Erfinder von Lojacono ist der italienische Schriftsteller Maurizio de Giovanni, der bereits seit geraumer Zeit als einer der besten Krimiautoren…mehr
Batman als Held?
Der italienische Autor Maurizio de Giovanni legt mit "Der dunkle Ritter" ein weiteres Mal einen außergewöhnlichen Krimi noir vor
Ein Kind ist in einem der wohlhabendsten Viertel Neapels bei einem Schulausflug entführt worden. Der Fall landet bei Inspektor Guiseppe Lojacono und seinem Team, den "Gaunern von Pizzofalcone". So nennen sich die Ermittler scherzhaft-ironisch, nachdem sie vor einiger Zeit in dieses Kommissariat am Fuße des Hügels im Stadtteil San Ferdinando versetzt wurden. Ihre Vorgänger waren wegen eines Kokainskandals auf- und dann rausgeflogen. Und nun muss sich die Truppe um Lojacono, den sie wegen seines Aussehens den "Chinesen" nennen, beweisen. Im ersten Fall, der vor einem Jahr in deutscher Übersetzung erschienen ist, ist ihnen dies gelungen. Nun bekommen sie es in dem Roman "Der dunkle Ritter. Inspektor Lojacono ermittelt in Neapel" (Rowohlt) mit der mysteriösen und vertrackten Entführung des kleinen Dodo zu tun.
Der Erfinder von Lojacono ist der italienische Schriftsteller Maurizio de Giovanni, der bereits seit geraumer Zeit als einer der besten Krimiautoren Europas gehandelt wird. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, einige wurden verfilmt. Der 1958 in Neapel geborene de Giovanni, der bis heute hauptberuflich als Banker sein Geld verdient, hat einen ganz eigenen Stil entwickelt, der in seiner poetischen und düsteren Intensität an die Noir-Krimis von Massimo Jim Nisbet, Massimo Carlotto oder Nic Pizzolatto erinnert. Hier geht es weniger um eine rasante, bluttriefende Daueraction als um die sprachlich, literarisch und philosophisch meisterliche Auslotung eines bestimmten Themas. In Lojaconos zweitem Fall (es ist eigentlich der dritte, wenn man den Roman "Das Krokodil" hinzuzählt, in dem Lojacono zum ersten Mal auftauchte) kreist de Giovanni um die Frage, was einen guten Menschen ausmacht, ob es so etwas wie Heldentum tatsächlich gibt und wen man eigentlich als Helden bezeichnen kann. Deswegen auch der Titel des Krimis - "Der dunkle Ritter" -, der sich bei der bekannten US-amerikanischen Superheldenfigur Batman bedient. De Giovanni setzt das Thema der Geschichte gleich im Auftaktkapitel, das aus der Sicht des bereits entführten Dodo geschildert wird, der sich in einem dunklen Zimmer befindet. In seinem Arm hält er seine Batman-Figur, über die er in einem Monolog sinniert.
"Aber du, Batman, du bist ein ganz normaler Mensch. Du hast Mut, und du bist klug. Die anderen können fliegen? Du hast deinen Dark-Knight-Gürtel mit den Batarangs, du wirfst ein Seil aufs Dach und hangelst dich nach oben. Die anderen können megaschnell rennen? Du hast dein Batmobil, das noch viel schneller ist. Du bist der größte Superheld von allen, Batman. Weil deine Macht jeder anderen Macht überlegen ist: Du hast Mut. Du bist wie mein Papa."
De Giovanni versteht es, eine äußerste Dichte über eine Sprache zu erreichen, die mal poetisch, mal nüchtern oder prosaischdaherkommt. Diesem Sog kann man sich als Leser, der Sprache liebt, kaum entziehen. Transportiert wird so eine Handlung, die es ebenfalls in sich hat und die mit Rätseln und seltsamen Verquickungen garniert ist und so eine wahnsinnige Spannung erzeugt. Wer den zehnjährigen Dodo - der zudem der Enkel eines stadtbekannten, sehr vermögenden Unternehmers ist - entführt hat, ist natürlich das Rätsel, das es in diesem Fall für Lojacono zu lösen gilt. Zuletzt wurde er mit einer blonden Frau gesehen. Auch die Figur des Lojacono unterscheidet sich wohltuend von den neumodischen Ermittlerfiguren der vergangenen Jahre, die als kaputte, zerrissene, dysfunktionale einsame Wölfe durch die Welt der Moderne hetz(t)en. Lojacono, der aus Sizilien nach Neapel versetzt wurde, hat eine Stärke, die nur wenige Kommissare in der Literatur aufweisen: Er ist empathisch - nicht nur seinem Fall, sondern auch seiner Umwelt und seinen Kollegen gegenüber. Auch sein Team, dessen Mitglieder in dem Buch fast alle eine tragende Rolle spielen, ist kein Trupp aus durchgeknallten Egozentrikern, die sich im Kampf gegeneinander aufreiben. Tatsächlich arbeiten die Ermittler unter Lojacono als Team - trotz all ihrer charakterlichen Verschiedenheit.
De Giovanni legt mit "Der dunkle Ritter", der bereits 2012 in Italien erschien, einen außergewöhnlichen Krimi vor, der - so kann man nur hoffen - nicht nur den Leser überzeugen wird, sondern der auch einen Einfluss auf künftige Krimiautoren ausüben wird, die sich wieder mehr der Kunst der Sprache und einer literarischen Durchdringung der Welt zuwenden werden.
Krimi des Monats - Interview
Interview mit Maurizio de Giovanni
Der Hauptprotagonist Ihres neuen Krimis, Inspektor Lojacono, tauchte erstmals in Ihrem bereits 2012 veröffentlichten Roman "Das Krokodil" auf. Anfänglich sollte daraus wohl keine Serie werden. Warum hat es Sie gereizt, sich mit Lojaconos Charakter noch tiefer auseinanderzusetzen?
Maurizio de Giovanni: Lojacono ist mit meinem Roman "Das Krokodil" entstanden, und als ich das erste Mal über ihn geschrieben habe, war mir gar nicht klar, dass er Protagonist einer ganzen Serie werden würde. Um ehrlich zu sein, habe ich mit dieser Figur weitergemacht, weil ich diesen Sizilianer mit den mandelförmigen Augen liebgewonnen habe, diesen talentierten Ermittler, der seinem Instinkt folgt und so geradeheraus agiert. Ich war einfach neugierig, wie er sich in Neapel, das ihm anfangs so fremd und abweisend erscheint, einleben wird. Diese Neugier haben übrigens auch meine Leser geteilt.
Lojacono ist keiner dieser selbstzerstörerischen Charaktere, wie sie im Krimigenre der vergangenen Jahre populär geworden sind. Er ist sogar sehr empathisch und alles andere als einer dieser "einsamen Wölfe". Zudem ist…mehr
Interview mit Maurizio de Giovanni
Der Hauptprotagonist Ihres neuen Krimis, Inspektor Lojacono, tauchte erstmals in Ihrem bereits 2012 veröffentlichten Roman "Das Krokodil" auf. Anfänglich sollte daraus wohl keine Serie werden. Warum hat es Sie gereizt, sich mit Lojaconos Charakter noch tiefer auseinanderzusetzen?
Maurizio de Giovanni: Lojacono ist mit meinem Roman "Das Krokodil" entstanden, und als ich das erste Mal über ihn geschrieben habe, war mir gar nicht klar, dass er Protagonist einer ganzen Serie werden würde. Um ehrlich zu sein, habe ich mit dieser Figur weitergemacht, weil ich diesen Sizilianer mit den mandelförmigen Augen liebgewonnen habe, diesen talentierten Ermittler, der seinem Instinkt folgt und so geradeheraus agiert. Ich war einfach neugierig, wie er sich in Neapel, das ihm anfangs so fremd und abweisend erscheint, einleben wird. Diese Neugier haben übrigens auch meine Leser geteilt.
Lojacono ist keiner dieser selbstzerstörerischen Charaktere, wie sie im Krimigenre der vergangenen Jahre populär geworden sind. Er ist sogar sehr empathisch und alles andere als einer dieser "einsamen Wölfe". Zudem ist sein Team ein echtes Team, auch wenn dessen Mitglieder sehr unterschiedlich sind. Verfolgen Sie eine Art Kritik mit dieser Charaktergestaltung, die womöglich die postmoderne Idee der Individualisierung hinterfragen möchte?
Maurizio de Giovanni: Tatsächlich ist der ausgeprägte Individualismus ein großes Problem unserer Zeit, vor allem in den westlichen Großstädten. In der Serie um Lojacono und die Gauner von Pizzofalcone habe ich versucht zu zeigen, wie sich die einzelnen Ermittler, die alle einen dunklen Punkt in ihrer Vergangenheit haben, immer mehr bewusst werden, dass sie zusammengehören. Seite für Seite weicht das anfängliche Misstrauen dem Teamgeist, und genau das hat es dem Kommissariat ermöglicht, sich von dem schlechten Ruf, den es anfangs hatte, zu rehabilitieren.
Warum haben Sie die Krimis dieser Serie an den Hügel von Pizzofalcone in Neapel verortet? Dorthin wurden "die Gauner von Pizzofalcone", wie sich das Team um Lojacono scherzhaft nennt, entsandt, nachdem ihre Vorgänger aufgrund eines Korruptionsskandals gefeuert wurden. Gibt es etwas Besonderes an diesem Stadtteil und an den Menschen, die dort leben?
Maurizio de Giovanni: Pizzofalcone habe ich vor allem wegen seiner symbolischen Bedeutung gewählt: Die Legende sagt, dass auf diesem Hügel hinter der Piazza del Plebiscito die Sirene Parthenope beigesetzt wurde. Was den Krimi betrifft, kreuzen sich in Pizzofalcone genau vier verschiedene Aspekte Neapels: das Spanische Viertel, ein Schmelztiegel mit ungeschriebenen Gesetzen; die City der via Toledo mit ihrer vermögenden Oberschicht, die sich an der Wirtschaftskrise bereichert hat; das Neapel der via Chiaia mit seinen Geschäften, die durch die Krise ruiniert wurden; und das vornehme Santa Lucia, ohne Berührungspunkte mit demRest der Stadt. Diese unmittelbare Nähe so verschiedener Realitäten, ein Unikum in Italien, ist zwar in sozialer Hinsicht ein großes Problem, erzählerisch aber natürlich eine reizvolle Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen wollte.
Der Sound und der Rhythmus der Sprache in Ihrem neuen Buch sind wirklich umwerfend - sie wechseln zwischen prosaischen und poetischen Passagen, die sich mit Themen wie der Düsternis, mit der Frage des Heldentums oder der, was einen guten Menschen ausmacht, beschäftigen. Woher stammt diese poetisch-philosophische Herangehensweise in Ihren Krimis?
Maurizio de Giovanni: Aus der Wichtigkeit von Instinkten und ihrer Pervertierung, die meines Erachtens die Grundlage jeden Verbrechens sind. Diese Urinstinkte kann man auf Hunger - im Sinne von Bedürfnisbefriedigung - und Liebe - also den Wunsch nach Besitz - reduzieren. Es ist die tiefe Beschäftigung mit der menschlichen Seele, die es mir erlaubt zu verstehen, wie und warum jemand bei bestimmten Verhaltensweisen landet, aus denen es kein Zurück mehr gibt.
Obwohl Lojacono der Hauptprotagonist Ihrer Geschichte ist, gibt es zahlreiche weitere Charaktere, die Sie ebenfalls sehr tief und ausladend porträtieren. Haben Sie nicht manchmal die Befürchtung, dass Sie den Leser mit zu vielen Informationen verwirren könnten? Oder ist die Verwirrung ein Teil Ihrer Idee?
Maurizio de Giovanni: Ich glaube nicht, dass ich den Leser verwirre. Ich habe beim Schreiben immer das ganze Ermittlerteam vor Augen, das eben aus einzelnen Charakteren besteht. Meine Figuren leben, verändern sich und landen an einem anderen Ort als dem Ausgangspunkt. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, sie in ihrer Entwicklung zu verfolgen. In diese Entwicklung greife ich nicht ein, ich schaue ihnen nur beim Leben zu, und ich erzähle so, als würde ich sie vom Fenster aus beobachten und Freunden, die drinnen auf dem Sofa sitzen und sie nicht sehen, von ihnen berichten.
Die Camorra oder Mafia scheint keine Rolle in diesen Krimis zu spielen. Interessiert Sie dieses Thema nicht mehr, weil schon so viel über die Camorra geschrieben worden ist?
Man sagt, dass Sie von den "87th Precinct-Novels" von Ed McBain inspiriert wurden. Stimmt das? Und was fanden Sie an einer Truppe von Cops so faszinierend, die in einer Art "Schicksalsteam" im Italien der Gegenwart miteinander verbunden sind?
Maurizio de Giovanni: Ed McBain ist tatsächlich mein Vorbild, und in meinen Augen ist er ein Genie, das es kein zweites Mal geben wird. Die 55 Romane des 87. Distrikts sind allesamt Perlen, und ich lese sie immer wieder, bevor ich ein neues Buch zu schreiben beginne, denn ich hoffe, dass ein wenig von ihrem Zauberpulver an meinen Fingern kleben bleibt. In Italien ist es, glaube ich, ein Novum, dass im Zentrum einer Krimiserie ein ganzes Team und nicht ein einzelner Ermittler steht.
Sie arbeiten immer noch als Banker. Ist Ihr Status als berühmter Schriftsteller nicht manchmal hinderlich in Ihrem Beruf? Und könnenSie sich einen Moment vorstellen, in dem Sie den Job des Bankers doch aufgeben könnten?
Maurizio de Giovanni: Ich habe meinen Job als Banker vor über einem Jahr aufgegeben. Er ließ sich einfach nicht mehr vereinbaren mit den wachsenden Aufgaben des Schreibens, zu denen seit Neuestem auch das Schreiben von Drehbüchern und Theaterstücken dazugekommen ist. Ich bin sehr froh, dass ich die finanziellen Möglichkeiten hatte, diesen Schnitt mit der Vergangenheit zu vollziehen, auch wenn ich denke, dass sich viel Material genau aus all den Geschichten ergeben hat, die mir in 31 Jahren als Arbeitnehmer begegnet sind.