Autor im Porträt
Patricia Highsmith
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Der talentierte Mr. Ripley
Broschiertes Buch
Unbeschwerte Dolce Vita: Das ist das Leben, von dem Tom Ripley in seinem New Yorker Kellerloch träumt und das sein Schulfreund Dickie Greenleaf führt. Dickies Vater, ein reicher Reeder, bittet Tom, nach Italien zu fahren und seinen verlorenen Sohn nach Amerika zurückzuholen: ein Traumauftrag für einen armen Nobody wie Tom. Noch ahnt niemand, wie weit Ripley gehen wird, um für immer zu Dickies Welt zu gehören.
40 Jahre nach René Cléments Kultverfilmung mit Alain Delon (Nur die Sonne war Zeuge) drehte Oscar-Preisträger Anthony Minghella 2000 ein Remake (Der talentierte Mr. Ripley) mit Matt Damon."…mehr
40 Jahre nach René Cléments Kultverfilmung mit Alain Delon (Nur die Sonne war Zeuge) drehte Oscar-Preisträger Anthony Minghella 2000 ein Remake (Der talentierte Mr. Ripley) mit Matt Damon."…mehr
14,00 €
Der Junge, der Ripley folgte
Broschiertes Buch
Als Tom Ripley in der Nähe seines prächtigen Landsitzes bei Paris einen jungen Amerikaner mit einem dunklen Geheimnis kennenlernt, sieht er in ihm schnell einen Wesensverwandten. Die beiden freunden sich an und reisen gemeinsam nach Berlin, um den Jungen vor seiner Familie in Sicherheit zu bringen. Doch das hedonistische West-Berlin ist gefährlicher als gedacht, und als Frank plötzlich entführt wird, muss Tom Ripley alle Register ziehen, um seinen Freund zu retten.…mehr
14,00 €
© Simone Sassen
Patricia Highsmith
Patricia Highsmith wurde 1921 in Fort Worth geboren und wuchs in Texas und New York auf. Sie studierte Literatur und Zoologie und verzeichnete erste Erfolge als Comictexterin. Ab 1950 folgten Buchveröffentlichungen, die auch von Alfred Hitchcock verfilmt wurden und sie berühmt machten.Patricia Highsmith gilt als die "Meisterin des subtilen Terrors und der Banalität des alltäglichen Schreckens" (Frankfurter Rundschau). Sie erfindet Geschichten "um zu unterhalten, nicht um den Leser moralisch aufzurüsten". Namhafte Regisseure wie Alfred Hitchcock, Wim Wenders, Claude Chabrol, Hans W. Geissendörfer u. a. haben ihre Romane verfilmt. 'Ihre Geschichten rangieren in der allerhöchsten Kategorie, in der sich die Grenzen zwischen Thriller, Unterhaltung und ernstester Literatur verwischen. Von dieser unterscheidet sich ihr Werk nur durch seine Lesbarkeit.
Patricia Highsmith verstarb 1995 in Locarno.
Medien
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Ripley
»Gerechtigkeit und Moral langweilen mich«, sagte einmal Patricia Highsmith.
Und das zeigt sie in ihrem 1955 erschienenen Suspense-Roman, indem sie das Krimigenre aufbricht, nicht von der Jagd nach dem Mörder schreibt, sondern den Täter selbst zum Helden ihrer Geschichte macht, der durch geschicktes Agieren und viel Fantasie mit seinem Verbrechen davonkommt. Für den wir sogar Sympathie empfinden und somit zum mitfiebernden Komplizen werden.
Tom Ripley, der sich mit kleinen Gaunereien durchschlägt, wird von einem reichen Reeder angeheuert, seinen Sohn Dickie, der in Italien lebt, zur Heimkehr zu bewegen. In dem malerischen Küstenort angekommen, ist Tom von Dickies sorgenlosen, vom Vater finanzierten Bohemeleben fasziniert. Als sein Auftrag zu scheitern droht, bringt er Dickie um, nimmt dessen Identität an und lebt ein Doppelleben.
Doch wer ist dieser Ripley? Was aber genau fesselt uns Leser auch 70 Jahre später noch an dieser zwiespältigen Figur?
Es ist die tiefe Charakterisierung, die im Laufe der Geschichte immer mehr an Kontur gewinnt. Ripleys Ängste und Hoffnungen, seine Enttäuschungen, seine Empathie, seine Verletzungen, die Highsmith meisterhaft und nachvollziehbar zeigt, die auf uns so glaubhaft wirken. Er verliert früh seine Eltern, wächst bei einer wenig liebevollen Tante auf, von deren spärlicher finanzieller Zuwendung er abhängig ist, sein Traum, Schauspieler zu werden, platzt und am unteren Rand der Gesellschaft bleibt ihm nicht anderes übrig, als den Reichen zuzusehen, wie sie ihr Leben genießen. Er fühlt sich vom Leben betrogen und ist der festen Meinung, dass ihm auch ein Stück von dem Kuchen zusteht. Niemand wird als kaltblütiges Monster geboren, es ist Ripleys latente Wut auf die Chancenlosigkeit der amerikanischen Gesellschaft der frühen 50er Jahre, die ihn letztlich zu einen Lügner, einem triumphierenden Mörder ohne Gewissensbiss werden lässt.
Dank seiner schauspielerischen Leistung laviert er sich immer wieder überzeugend aus brenzlichen Situationen. Je weiter die Geschichte fortschreitet, beobachten wir, wie Ripley sich verändert. Zwar erscheint er nach außen souverän, doch wird zunehmend labiler, die Angst, aufzufliegen, wächst und setzt ihn zunehmend unter Druck. Auch wenn sich Ripley darüber amüsiert, dass der Schwindel auffliegen könnte, und sich an dem Risiko berauscht.
Bei Lesen fiebert man zwar mit, wie er es wohl ein weiteres Mal schafft, seinen Verfolgern zu entkommen, doch versteht auch allmählich seinen inneren Zwiespalt, nur um am Ende einzusehen, dass er im wahrsten Sinne des Wortes schwer zu fassen ist.
Ein beeindruckendes Psychogramm eines charmanten, manipulativen, narzisstischen Mörders, das von einer schnellen Handlung lebt und zeigt, dass es keine starren Grenzen zwischen Gut und Böse gibt. Eine Geschichte, die bis heute nichts an ihrer Faszination eingebüßt hat, mehrfach ausgezeichnet und verfilmt wurde.
Zwei Fremde im Zug
Mit ihrem 1950 erschienenen Erstlings-Roman „Strangers on a Train“ (dt. „Zwei Fremde im Zug“) hatte die US-amerikanische Schriftstellerin Patricia Highsmith zunächst wenig Glück, denn er war zuvor von sechs Verlagen abgelehnt worden. Die Hitchcock-Verfilmung nach einer Drehbuchbearbeitung von Raymond Chandler ein Jahr später machte Highsmith jedoch über Nacht weltberühmt.
Der Architekt Guy Haines ist mit dem Zug auf dem Weg zu seiner von ihm getrennt lebenden Frau Miriam, von der er sich scheiden lassen will, denn er hat sich in eine andere Frau verliebt. Während der Bahnfahrt kommt er mit dem bereits leicht betrunkene Charles Bruno, einem reichen Lebemann, ins Gespräch. Dabei entdecken sie, dass es für beide vorteilhaft wäre, wenn es eine bestimmte Person in ihrem Leben nicht geben würde. Bruno möchte an das Erbe seines verhassten Vaters kommen. Es wäre doch das perfekte Verbrechen, wenn Bruno Miriam und im Gegenzug Haines Brunos Vater. Danach würden sie ihren Kontakt abbrechen, sodass die Morde niemals aufgeklärt werden könnten.
Haines weist den mörderischen Deal Brunos zurück und verlässt unbemerkt den Zug, doch ein paar Tage später ist seine Frau tot – erwürgt. Für Haines beginnt jetzt ein Alptraum, denn Charles taucht auf und fordert ihn auf, seinen Teil der „Abmachung“ zu erledigen. Schließlich schaltet sich der Privatdetektiv Arthur Gerard ein.
Die Diogenes-Neuausgabe ist eine Übersetzung von Melanie Walz, ergänzt durch ein Nachwort des Herausgebers Paul Ingendaay, der die systematische Doppeldeutigkeit des Romans, die leider in der Hitchcock-Verfilmung verloren ging.
Ripley
Mit „The Talented Mr. Ripley“ (1955, dt. „Der talentierte Mr. Ripley“) erschloss Highsmith dem Kriminalroman neue Dimensionen. Sie wich vom traditionellen Gattungsschema ab: Im Mittelpunkt stand nicht die Aufklärung des Verbrechens, sondern der Täter, der kaltblütig seinen Freund ermordet, um dessen Identität zu übernehmen. Der elegante Tom Ripley, der keinerlei Schuldgefühle verspürt, ist geradezu charmant und sympathisch; der Leser kann kaum anders, als mit dem Protagonisten mit zu fiebern.
Nach dem tragischen Unfalltod seiner Eltern wächst Tom bei der Schwester seiner Mutter auf. Mit kleinen Betrügereien versucht er sich durchs Leben zu schlagen. Da bittet ihn der Vater eines seiner Schulfreunde, ihm zu helfen und seinen Sohn Richard (Dickie) aus Europa in die USA zurückzuholen. In der Nähe von Neapel freundet sich Tom mit Dickie an und fasst den Plan, in Dickies Identität zu schlüpfen und dessen Vermögen an sich zu reißen. Nach dem Mord kann Tom immer wieder der italienischen Polizei entwischen. Schließlich verlässt er Italien unbehelligt und reist nach Griechenland, doch die Angst vor seiner Entdeckung ist sein ständiger Begleiter.
Mit dem Buch gelang Highsmith eine sensible psychologische Studie über eine Verbrecherkarriere. Sie habe das „Gespür für Gut und Böse“ verloren, schrieb sie in ihr Notizbuch. Der Roman wurde bereits 1960 verfilmt („Nur die Sonne war Zeuge“) mit Alan Delon in der Hauptrolle. Bis 1991 ließ Highsmith noch vier weitere Romane mit dem skrupellosen Ripley folgen und schuf damit eine der beliebtesten Romanfiguren. Die Diogenes-Ausgabe ist mit einem Nachwort von Paul Ingendaay versehen. Fazit: Ein spannender Krimi, der längst ein Klassiker ist.
Tiefe Wasser
Bewertung von schmoekerstunde am 15.07.2023
Der Roman ist ein fesselnder Psychothriller, der die dunkle Seite der menschlichen Natur zum Vorschein bringt und die Abgründe von Eifersucht, Besessenheit und manipulative Beziehungen erforscht.
Es wird eine Atmosphäre der Beklemmung und der unheilvollen Vorahnung aufgebaut, die den Leser durchgehend in Atem hält.
Die präzisen Beschreibungen und die detaillierte Darstellung der Gedanken- und Gefühlswelt der Charaktere verstärken die Wirkung und sorgen dafür, dass man sich tief in die Geschichte hineinversetzt fühlt.
Die Neuauflage des Buches mit einem Nachwort von Paul Ingendaay bereichert das Leseerlebnis. Ingendaay liefert eine fundierte Analyse der Themen und Motive des Romans und gibt interessante Einblicke in Highsmiths Schreibprozess.
Ein Leseerlebnis für alle Leser, die an psychologisch anspruchsvolle Romane interessiert sind.
Tage- und Notizbücher
Im Januar 2021 war der 100. Geburtstag der amerikanischen Krimi-Schriftstellerin Patricia Highsmith (1921-1995). Anlässlich des Jubiläums hat der Diogenes Verlag zahlreiche ihrer Romane in Neuausgaben herausgebracht. Mit etwas Verspätung folgt nun als Abschluss der Highsmith-Edition eine umfangreiche Ausgabe ihrer Tage- und Notizbücher, die ihre Lektorin Anna von Planta nach Highsmiths Tod in ihrem Wäscheschrank gefunden hatte. Seit ihrer College-Zeit hatte die Schriftstellerin in 18 Tage- und 38 Notizbüchern ihr Leben und ihre Gedanken festgehalten. Die rund achttausend Seiten müssen nun als Teil ihres Werkes verstanden werden.
Obwohl Highsmith die Tage- und Notizbücher bis zu ihrem Tode versteckt hielt, wurden sie doch für eine spätere eventuelle Publikation geschrieben. Bereits mit 24 Jahren gab sie Leseanweisungen: „Achtung, liebe Nachwelt! Dieses Tagebuch sollte parallel zu meinen Notizbüchern gelesen werden, damit man nicht den Eindruck hat, ich würde nur von Weltlichem schreiben!“ In den Tagebüchern hielt sie ihren Alltag fest; sie dienten ihr auch als Ruhepunkt und Zwiegespräch mit sich selbst. In beklemmender Offenheit schildert sie auch ihre wechselnden Liebschaften oder bekennt sich zu ihrer Homosexualität. Die Tagebücher entlarven aber auch ihre Einsamkeit und ihre Alkoholabhängigkeit. Sie beschönigt nichts: „Mein Leben ist eine Abfolge unglaublicher Fehler.“ Die Notizbücher dienten Highsmith dagegen zum Aufzeichnen von Arbeitsberichten und Ideen.
Den einzelnen Jahren wurden zur besseren Einordnung der Aufzeichnungen und Notizen kurze Einleitungstexte vorangestellt. Der umfangreiche Anhang bringt eine Chronik zu Leben und Werk von Patricia Highsmith, ein tabellarische Übersicht ihrer Tage- und Notizbücher und ein Nachwort der Highsmith-Biografin Joan Schenkar.
Fazit: Die Tage- und Notizbücher gewähren einen neuen und spannenden Einblick in den Highsmith-Kosmos.
Der süße Wahn
Bewertung von schmoekerstunde am 10.07.2023
"Der süße Wahn" ist ein fesselnder Romann in eine verstörende und faszinierende Welt der Obsession und der menschlichen Psyche. der den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht. Highsmiths präzise und eindringliche Art vermittelt ein tiefes Verständnis für die menschliche Psyche und die düsteren Seiten der menschlichen Obsession. Die Geschichte wird mit jeder Wendung spannender, und man kann sich dem Sog der Erzählung kaum entziehen.
Insgesamt ist "Der süße Wahn" von Patricia Highsmith eine packende und verstörende Lektüre, die sowohl Fans der Autorin als auch Liebhaber psychologischer Thriller begeistern wird. Die Neuauflage von 2021 mit dem Nachwort von Paul Ingendaay ist eine wertvolle Ergänzung, die den Roman in einen breiteren Kontext stellt und das Verständnis für Highsmiths Schreibkunst vertieft. Ein absolutes Muss für alle, die sich für fesselnde Geschichten mit einer tiefgründigen psychologischen Komponente interessieren.
Ripley Under Ground
Der Kriminalroman „Ripley Under Ground“ (1970) erschien 15 Jahre nach dem erfolgreichen Auftakt „The Talented Ripley“ und ist gewissermaßen eine Fortsetzung. Patricia Highsmith lässt die Handlung aber Ende der 1950er Jahre, also im Anschluss ihres Erstlingswerkes, spielen.
Es ist sechs Jahre her, seit Ripley Dickie Greenleaf ermordet und sein Geld geerbt hat. Jetzt lebt er in einer wunderschönen französischen Villa, umgeben von einer Kunstsammlung von Weltrang und verheiratet mit einer Pharmaerbin, einer Tochter aus reichem Hause. Alles scheint seinen geregelten Gang zu gehen. Doch dann fliegt ein Kunstfälscherring auf, den zu gründen Ripley die Idee hatte und dessen stiller Teilhaber er ist. Ein amerikanischer Sammler in London hat bei dem Erwerb eines teuren Gemäldes Verdacht geschöpft. Ripley braucht jetzt eine perfekte Lösung, um seine Rolle bei dem Betrug geheim zu halten und seinen Ruf sauber zu halten. Da kommt er auf die Idee, verkleidet als der Künstler in London zu erscheinen, um die Echtheit seines Bildes zu garantieren. Doch der Sammler hat weiterhin Zweifel, sodass ihn Ripley in seinem Keller erschlägt.
In dem weiteren Verlauf schildert Highsmith detailliert Ripleys Anstrengungen, den Nachforschungen der französischen und englischen Polizei zu entkommen. Außerdem befürchtet er, dass der eigentlichen Fälscher der Gemälde, ein gewisser Bernard Tufts, der durch die Angelegenheit in Panik geraten und geflüchtet ist, sich der Polizei offenbaren wird. Also macht sich Ripley auf die Suche nach ihm. Der Ausgang der Geschichte soll jedoch nicht verraten werden.
In ihrem zweiten Ripley-Roman bietet Patricia Highsmith eine faszinierende und verstörende Geschichte, in der Ripley vor nichts zurückschreckt, um sein Lügengewirr zu bewahren.
Der Junge, der Ripley folgte
„Der Junge, der Ripley folgte“ (1980) ist der vierte Kriminalroman der fünfbändigen Ripley-Reihe von Patricia Highsmith. Tom Ripley führt ein sorgenloses Leben auf seinem prächtigen Landsitz bei Paris. Neben Müßiggang kann er sich hier ganz der Gartengestaltung widmen, bei der ihm ein 16-jähriger amerikanischer Teenager hilft, den er in seinem Stammcafé kennengelernt hat.
Frank, so heißt der Milliardärssohn, wird aber bereits von Kidnappern und Erpres-sern gesucht, denn er soll seinen reichen Vater mit dem Rollstuhl die Klippen vor dem Sommerhaus der Familie in Maine hinuntergestoßen haben. Die beiden freunden sich an und reisen gemeinsam nach Berlin. Um den Jungen vor seiner Familie in Sicherheit zu bringen, besorgt ihm Ripley einen falschen Pass. Doch in Berlin wird Frank plötzlich entführt. Ripley, der sich in dem jungen Amerikaner gewissermaßen wiedererkennt, zeigt in dem Roman seine fürsorgliche Seite und so gelingt ihm Franks Befreiung. Schließlich kann er ihn überreden, mit ihm in die USA zurückzukehren, um dort wieder ein „normales“ Leben zu führen. Doch der schwermütige Heranwachsende kommt hier mit dem Alltag und seiner Vergangenheit nicht zurecht. Schließlich stürzt er sich von den Klippen, wo er seinen Vater umgebracht hatte.
Fazit: Ein außergewöhnlicher Band der Ripley-Reihe, in dem Tom auch seine menschliche Seite zeigt. Ein informatives Nachwort des Literaturwissenschaftlers Paul Ingendaay ergänzt die Diogenes-Ausgabe, die Teil der auf 35 Bände angelegten Patricia Highsmith-Werkausgabe ist.
Der talentierte Mr. Ripley
Bewertung von Volker M. am 28.08.2024
Über das Buch muss man kaum etwas sagen. Es ist meiner Meinung nach der beste Roman von Patricia Highsmith, ein Meisterwerk psychologischer Charakterzeichnung, unglaublich raffiniert gestrickt, dramaturgisch auf den Punkt inszeniert. Von der ersten Zeile ist man gefesselt und kaum jemals fiebert man bei einem Kriminalroman dermaßen mit dem Täter. Es ist alles dabei: Exotische Kulissen, unerfüllte Liebe, intelligente Wendungen und ein grandios konstruiertes Finale. Es ist der perfekte Roman.
Ich kannte bisher nur die klassische Übersetzung von Barbara Bordtfeld aus dem Jahr 1961, die ich eigentlich immer ganz gut fand, und war auf die alternative Übersetzung von Melanie Waltz (die aber auch schon von 2002 stammt) sehr gespannt, zumal sie die inhaltlichen Korrekturen Patricia Highsmiths von 1991 mit berücksichtigt und die leichten Kürzungen der Fassung von 1961 ergänzt. Außerdem soll es die homoerotischen Motive, die den Roman als Leitfaden durchziehen, deutlicher hervorheben.
Genau vor diesem Hintergrund habe ich die Szene, die ich immer als Schlüsselszene des Romans empfunden habe, einmal Wort für Wort in beiden Übersetzungen gegeneinander gehalten: Es ist die Kleidertauschszene, in der Tom zum ersten Mal in die Rolle von Dickie Greenleaf schlüpft und von diesem dabei erwischt wird, als er dessen Kleider anzieht. Diese Szene steckt voller unterdrückter Erotik, ein typisches Stilmittel von Patricia Highsmith, die die direkte Darstellung von Sexualität verabscheute.
Die Neuübersetzung bemüht sich erkennbar, sich von Bordtfelds Fassung abzugrenzen. Es ist buchstäblich jeder Satz anders konstruiert, aber wenn ich ehrlich sein soll, wird dadurch nicht jeder Satz gleichzeitig besser. Es ist vieles dabei, das heute klarer formuliert ist als damals, aber es gibt genauso viele Passagen bei Bordtfeld, die ich treffender und vor allem sprachlich eleganter finde. Ich habe keine Vergleichsmöglichkeit zum englischen Original und möchte das auch nicht werten, sondern ich bewerte es nur aus der Sicht eines deutschen Muttersprachlers und meinem Gefühl für „das richtige Wort am richtigen Platz“. Satzmelodie und Rhythmus sind nun mal Teil meiner Sprachästhetik.
Mein Fazit ist, dass beide Übersetzungen ihre Gültigkeit haben und beide auch dem Roman gerecht werden. Perfekt wäre es aus meiner Sicht, aus diesen beiden Welten das Beste zu einem neuen Ganzen zu schmieden.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)
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