Autor im Porträt
Sibylle Berg
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Try Praying
Wenn wir von der Liebe sprechen,
Dann meinen wir die Bank damit,
Auf der wir alt und greis einst sitzen,
Wir halten unsre Knochenhände,
Er legt den Kopf in meinen Arm,
Ich streichle ihn doch sehr behände,
Das ist Herr Schmitt, er ist mein Mann.
Es gibt Dinge im Leben, denen man nur mit Reimen begegnen kann. Dem rasanten Verfall von allem, außer einem selbst, dem Menschen, neben dem man jeden Morgen aufwacht. Nieselregen, Neonlicht, Nekrophilie. Sibylle Bergs Gedichte sind Gesänge an die große Sinnlosigkeit. Für die Figuren, die sie bevölkern, gibt es keine Rettung. Und trotzdem kann man nicht genug bekommen von diesen mal bitterbösen, mal mitfühlenden, immer aber furios-witzigen Texten, deren Balladen-Sound gnadenloses Ohrwurmpotenzial hat.
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Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
Lisa verbringt ihre Abende damit, den Weltraum nach extraterrestrischem Leben abzusuchen. Aus gutem Grund, denn ihr Alltag auf der Erde ist nicht erfreulich: Ihre Eltern lassen sich kaum mehr von den Sofakissen unterscheiden, und in der Schule ist sie ein willkommenes Opfer für eigentlich alle. Als eines Nachts ein Raumschiff hinterm Haus landet, wirft die außerirdische Reisegruppe nur einen kurzen, angewiderten Blick auf die Erde und düst wieder ab. Nur einer bleibt: Klakalnamanazdt, von Lisa kurz Walter genannt.
Auf Walters Planet wird vor allem gekuschelt, gespielt und sich umeinander gekümmert. Kein Wunder, dass er hier alles höchst befremdlich findet. Kurzerhand beginnt er, in Lisas Leben aufzuräumen - bis sie auch ohne fremde Kräfte auf unserem überaus seltsamen Planeten Erde zurechtkommt.
Ein furios erzählter und stark illustrierter Comicroman vonSibylle Berg, eine der aufregendsten deutschsprachigen Autorinnen unserer Zeit.
Mein seltsamer Freund Walter behandelt wichtige Themen wie Mobbing und Freundschaft und macht Mut, selbst in schwieriger Lage kleine Schritte zu wagen. Ausdrucksstark und ungewöhnlich als Comicroman umgesetzt von Newcomer-Illustrator Julius Thesing (»You Don't Look Gay«).
Begeisterte Pressestimmen zur Autorin:
»Sibylle Berg ist zuverlässig krass, komisch, bitter und zärtlich.« Die Zeit, 12.03.15 (über »Der Tag, als meine Frau einen Mann fand«)
»Sibylle Bergs Bücher erzählen von der Sehnsucht nach der schönen Seele. Sie tun das ätzend unterhaltsam und führen uns mit unserem widerlichsten Lachen vor.« Insa Wilke, Süddeutsche Zeitung, 02.03.15 (über »Der Tag, als meine Frau einen Mann fand«)
»Berg schreibt witzig über die traurige Existenz der Menschen, anrührend über das trostlose Dasein und aggressiv liebevoll gegen eine düstere Welt.« Steffen Martus, Frankfurter Rundschau (über »Vielen Dank für das Leben«)
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Sibylle Berg
Die deutsch-schweizerische Kolumnistin, Romanschriftstellerin, Theaterautorin und Misanthropin Sibylle Berg ist bekannt für ihre provokanten, bissigen, ironischen Texte und ihren bewusst "bösen Blick" auf ihre Figuren und Sujets sowie ihre grandios pessimistischen literarischen Geschichten. In zahlreichen Romanen, Theaterstücken, Essays und Reportagen beschreibt Berg die Befindlichkeiten der Menschen und deren Alltag auf ihre unnachahmliche, einzigartige Art. Ihre Kolumne "S.P.O.N. - Fragen Sie Frau Sibylle", die sie seit Januar 2011 für Spiegel Online schreibt, spaltet die Gemüter und löst regelmäßig heftigste Kontroversen im Internet aus. Bergs Texte werden gehasst, geliebt, in jedem Fall diskutiert.Geboren wurde Berg 1962 in Weimar, der Vater war Musikprofessor, die Mutter Bibliothekarin. Nach der Schule absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Puppenspielerin. 1984 beantragte sie die Ausreise aus der DDR und lebte zuerst in Berlin, dann in Hamburg, wo sie Ozeanografie und Politikwissenschaften studierte. Berg veröffentlichte bald Magazinbeiträge und Reportagen in verschiedenen Publikationen wie Marie Claire, Allegra oder der Neuen Zürcher Zeitung. Bekannt wurde sie hierzulande einem breiten Publikum mit ihrer regelmäßigen Kolumne im Zeit-Magazin. 1996 zog sie in ihre Lieblingsstadt Zürich, seit 2004 ist sie verheiratet. Sibylle Berg lebt heute in der Schweiz, manchmal auch in Tel Aviv; sie besitzt die schweizerische Staatsbürgerschaft.Ihr erster Roman "Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot" erschien 1997 im Reclam Verlag. Nur kurz nach der Veröffentlichung schrieb sie ihn zu einem Theaterstück um, das 1999 in Stuttgart Premiere feierte. Die Arbeit am und für das Theater ist seither wichtiger Bestandteil von Bergs Schaffen, das Stück "Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen" (2013) wurde 2014 von der Zeitschrift Theater heute zum "Stück des Jahres" gekürt. Auch zahlreiche weitere Romane hat sie seither veröffentlicht, zuletzt erschienen "Der Mann schläft" (2009), "Vielen Dank für das Leben" (2012) und "Der Tag, als meine Frau einen Mann fand" (2015).Viel Lob gab es beispielsweise von Kritikern für Bergs Roman "Der Mann schläft", eine Liebesgeschichte, die den Widerstreit zwischen einer trocken-zynischen Icherzählerin und der Sehnsucht nach etwas zeigt, was man bei Berg kaum für möglich gehalten hat: der romantischen Liebe. Stellenweise liest sich das Buch wie ein heiterer Liebesroman, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung, indem sich allerdings auch hier wieder die unversöhnliche Haltung der Autorin zeigt, weil bei ihr "Leben Demütigung heißt".Sibylle Bergs Werke wurden in 34 Sprachen übersetzt, für ihre Lesungen kooperiert sie oftmals mit Schauspielern, Musikern und anderen Künstlern. 2016 lief in den deutschen Kinos der Film "Wer hat Angst vor Sibylle Berg?", ein Porträt über die streitbare Autorin.
Literaturfestival - Wunderbare Jahre
Andere Zeiten, anderer Blick
1. Januar 2016, Sibylle Berg besucht ihre Familie in Tel Aviv. Die Böller gehen los. Moment mal, denkt sie sich, Böller gibt es nicht zu Neujahr in Israel, zu angespannt ist die Lage. Kurz darauf sieht sie schreiende Menschen und weinende Kinder die Straße entlanglaufen, die sich ducken und in Hauseingänge flüchten. Das ist kein Fest da unter dem Balkon, sondern ein Anschlag. Berg ist in ihrem Leben im Auftrag von Zeitungen und Zeitschriften viel auf Reisen gewesen, der damit verbundene Spaß ist für sie jetzt endgültig vorbei. In ihrem neuen Buch "Wunderbare Jahre. Als wir noch die Welt bereisten" präsentiert sie insgesamt 19 Texte aus den Jahren 1994 bis zu eben jenem Moment in Tel Aviv über das Reisen. Darunter finden sich Erzählungen, Beobachtungen, Reportagen, ja, auch Texte mit fiktiven Figuren. Sie berichtet einerseits von einer Welt, als die Menschen Fernweh hatten, als das Reisen noch unbeschwert, schön, abenteuerlich und romantisch war, und zeigt andererseits, wie sehr die Welt sich doch bis heute verändert hat.
Wer den Untertitel allerdings allzu wörtlich nimmt und darauf hofft, in dem Buch eine…mehr
Andere Zeiten, anderer Blick
1. Januar 2016, Sibylle Berg besucht ihre Familie in Tel Aviv. Die Böller gehen los. Moment mal, denkt sie sich, Böller gibt es nicht zu Neujahr in Israel, zu angespannt ist die Lage. Kurz darauf sieht sie schreiende Menschen und weinende Kinder die Straße entlanglaufen, die sich ducken und in Hauseingänge flüchten. Das ist kein Fest da unter dem Balkon, sondern ein Anschlag. Berg ist in ihrem Leben im Auftrag von Zeitungen und Zeitschriften viel auf Reisen gewesen, der damit verbundene Spaß ist für sie jetzt endgültig vorbei. In ihrem neuen Buch "Wunderbare Jahre. Als wir noch die Welt bereisten" präsentiert sie insgesamt 19 Texte aus den Jahren 1994 bis zu eben jenem Moment in Tel Aviv über das Reisen. Darunter finden sich Erzählungen, Beobachtungen, Reportagen, ja, auch Texte mit fiktiven Figuren. Sie berichtet einerseits von einer Welt, als die Menschen Fernweh hatten, als das Reisen noch unbeschwert, schön, abenteuerlich und romantisch war, und zeigt andererseits, wie sehr die Welt sich doch bis heute verändert hat.
Wer den Untertitel allerdings allzu wörtlich nimmt und darauf hofft, in dem Buch eine Sammlung zauberhafter Reisereportagen aus einer guten alten Zeit zu finden, kennt die Schriftstellerin und Kolumnistin (Spiegel Online, Zeit-Magazin) schlecht. Natürlich war die Welt früher für Berg - bekannt für ihre konstant schlechte Laune - auch nicht besser. Angstfrei reisen konnte man ohnehin nie, nur haben sich im neuen Jahrtausend noch einmal die Dimensionen verschoben: "Wollen wir wirklich in einer Welt herumfahren, wo der Strand zur Kampfzone wird, der Konzertsaal zum Bunker, wo neben dem Café die Bomben fliegen?", fragt Berg. Um den Unterschied von früher zu heute zu betonen, setzt sie daher hinter jeden Text Postskriptum-Kommentare und zählt auf, was seit ihrem letzten Besuch an jenem Ort Schlimmes passiert ist, welche Anschläge, Unfälle und Katastrophen sich dort seither ereignet haben.
Ob der Besuch eines Flüchtlingslagers im Kosovo, die Reise auf einem Luxusdampfer, ob Schweiz, Italien oder die USA, ob der Besuch der Bayreuther Festspiele oder eine Reise nach Südafrika - die versammelten Texte und Themen sind ganz unterschiedlicher Art. Da ist zum Einen das bekannte Lamentieren Bergs über die Wohlstandsgesellschaft, zum Anderen finden sich in dem Buch aufrüttelnde Erzählungen wie "Mein Leben als Hund", das Schicksal Paruls, die in den Slums von Bangladesch unter der Gewalt ihres Mannes bis zur Unerträglichkeit leiden muss, nur um dann am Ende gegen eine Andere ausgetauscht zu werden.
Dabei konstatiert Berg, dass es der eigene Blick ist, der sich über die Jahre verändert hat - von einem kindlich-jugendlichen zu einem erwachsenen. Es liegt ja auch an einem selbst, die eigene Wahrnehmung stumpft, je mehr man gesehen hat, eben ab: "Die Schönheit macht nichts mehr mit mir, das Meer ist nur Wasser. Die Erinnerung, das einzig Lebendige, Trauerum die Zeit, in der alles Aufregung war." Abwechslungsreich sind die Erzählformen, mancher Text ist eher Literatur als Reisebericht. Als ein Drehbuch gestaltet ist die Erzählung "Italien. Eins. Und ein wunderbarer Film" über einen Mittdreißiger, der in den 1990er-Jahren eine große Nummer in der Medienwelt war, dessen Stern aber untergeht und der noch einmal ein großes Fest für seine Freunde im "goldenen, schweren Herbst" Bellagios geben will, um sich dann umzubringen, was er aber letztendlich nicht schafft.
Es ist dieser Wechsel des Erzählten, der Stimmungen, des Stils und des Blicks von Berg auf ihre Umgebung, der das Buch so lesenswert und überraschend macht. Der Wechsel vom bekannten giftig-polemischem Kommentieren mit sehr ernsthaften, berührenden und aufrüttelnden Momenten.