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Autor im Porträt
Stephan Thome
zur AutorenweltToptitel von Stephan Thome
Pflaumenregen
Broschiertes Buch
Pflaumenregen entfaltet ein historisches Panorama, in dessen Zentrum eine familiäre Tragödie steht. Stephan Thomes berührender Roman ist eine Liebeserklärung an seine Wahlheimat Taiwan und den zähen Überlebenswillen ihrer Bewohner.
Taiwan in den 1940er Jahren, am Ende der japanischen Kolonialzeit. Während der Pazifische Krieg unaufhaltsam näher rückt, wächst die achtjährige Umeko behütet in einer Kleinstadt im Norden der Insel auf. Sie ist stolz auf ihr gutes Japanisch und himmelt ihren älteren Bruder an, den Star des örtlichen Baseballteams. Als die Armee jedoch am Ortsrand ein Lager für ausländische Kriegsgefangene einrichtet, gerät ihr Leben in einen Strudel aus Schuld und Verbrechen, der die Familie siebzig Jahre später immer noch gefangen hält.
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Taiwan in den 1940er Jahren, am Ende der japanischen Kolonialzeit. Während der Pazifische Krieg unaufhaltsam näher rückt, wächst die achtjährige Umeko behütet in einer Kleinstadt im Norden der Insel auf. Sie ist stolz auf ihr gutes Japanisch und himmelt ihren älteren Bruder an, den Star des örtlichen Baseballteams. Als die Armee jedoch am Ortsrand ein Lager für ausländische Kriegsgefangene einrichtet, gerät ihr Leben in einen Strudel aus Schuld und Verbrechen, der die Familie siebzig Jahre später immer noch gefangen hält.
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Statt 25,00 €****
14,00 €
Gebrauchsanweisung für Taiwan
Broschiertes Buch
Stephan Thome blickt tief in die Seele seiner zweiten Heimat: Taiwan ist eine ebenso junge wie umkämpfte Demokratie, geprägt von Kolonialherrschaft, Diktatur und neuer Freiheit. Hier mischt sich das japanische Erbe mit chinesischem Brauchtum und den Traditionen der Ureinwohner. Reisende erwartet eine auf ihre Unabhängigkeit pochende Nation, die sich im Meistern von Krisen bewährt und zu deren größten Obsessionen Essen und Baseball zählen. Dazu grandiose Naturlandschaften mit Nationalparks, imposanten Bergen und Steilküsten, heißen Quellen und wilden Schluchten. Eine außergewöhnliche Dichte an alten Tempeln und unzählige Nachtmärkte mit der köstlichsten Küche Asiens - und so verlockenden Speisen wie »Stink-Tofu«.
Der preisgekrönte Autor lebt seit vielen Jahren in Taiwan und erzählt kundig und unterhaltsam von seiner Liebe zum geschichtsträchtigen Inselstaat im Pazifik.
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Der preisgekrönte Autor lebt seit vielen Jahren in Taiwan und erzählt kundig und unterhaltsam von seiner Liebe zum geschichtsträchtigen Inselstaat im Pazifik.
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16,00 €
Stephan Thome
Thome, StephanStephan Thome wurde am 23. Juli 1972 in Biedenkopf, Hessen geboren. Nach dem Zivildienst in einer sozialpsychiatrischen Einrichtung in Marburg studierte er Philosophie, Religionswissenschaft und Sinologie in Berlin, Nanking, Taipeh und Tokio. 2005 erschien unter dem Titel Die Herausforderung des Fremden: Interkulturelle Hermeneutik und konfuzianisches Denken seine Dissertationsschrift. Zur selben Zeit begann er als DFG-Stipendiat am Institut fur Chinesische Literatur und Philosophie der Academia Sinica zu arbeiten, wo er uber konfuzianische Philosophie des 20. Jahrhunderts forschte. Bis 2011 betatigte er sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an verschiedenen Forschungseinrichtungen in Taipeh und ubersetzte unter anderem Chun-chieh Huangs Werk Konfuzianismus: Kontinuitat und Entwicklung ins Deutsche. Sein Roman Grenzgang gewann 2009 den aspekte-Literaturpreis fur das beste Debut des Jahres und stand - wie auch sein zweiter Roman Fliehkrafte - auf der Shortlist zumDeutschen Buchpreis. 2014 wurde Thome von der Akademie der Kunste Berlin mit dem Kunstpreis Literatur ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erhielt die Verfilmung des Romans Grenzgang den Grimme-Preis. Seit 2011 lebt und arbeitet Stephan Thome als freier Schriftsteller; derzeit lebt er in Taipeh.Kundenbewertungen
Gott der Barbaren
In der heutigen Zeit scheint China allgegenwärtig zu sein, ein Land, das alle kennen. Doch was weiß man von seiner Geschichte? Mir zumindest waren die Geschehnisse der Taiping-Revolution, von denen dieses Buch berichtet, unbekannt.
In den Jahren 1851 bis 1864 versuchten die Taiping-Rebellen die Qing-Dynastie zu stürzen, die von den Mandschu, die allgemein als grausam und korrupt galten, begründet worden war. Die Ideologie dieser neuen Bewegung gründete sich neben anderen zu großen Teilen auf christlichen Idealen, die der Gründer Hong Xiuquan vermutlich durch einen Missionar vermittelt bekam.
Stephan Thomes Roman setzt mit dem Jahr 1858 ein, wobei die einzelnen Kapitel zumindest zu Beginn nicht chronologisch aufeinander aufbauen. Ein junger Deutscher, Philipp Johann Neukamp, der sich in den Staaten des Deutschen Bundes 1848 an den bürgerlich-revolutionären Erhebungen beteiligte, flieht über die Niederlande nach China, um dort im Auftrag einer Mission den christlichen Glauben zu verbreiten. In Hongkong, wo er die ersten Jahre lebt, hört er vom Aufstand der Taiping-Rebellen, mit dem er aufgrund seiner Einstellungen sympathisiert. Als einer seiner Kollegen, ein konvertierter Chinese, die Mission verlässt um sich den Rebellen anzuschließen, folgt er ihm einige Zeit später nach.
Dies ist nur einer der drei Protagonisten, aus deren Sicht die damaligen Geschehnisse berichtet werden. Die herrschende Qing-Dynastie wird vertreten durch Zeng Guofan, den Oberbefehlshaber der Hunan Armee, die gegen die Rebellen kämpft. Lord Elgin, Sonderbotschafter der Britischen Krone, steht für die westliche Welt, die China mit allen Mitteln für den britischen Markt öffnen möchte, was auch unter dem Deckmantel 'Zivilisierung der Barbaren' gerechtfertigt wird. Daneben gibt es immer wieder Berichte einzelner Personen, die die jeweiligen Geschehnisse aus ihrer Sicht erzählen, sodass sich ein umfassendes Porträt dieser Zeit herausbildet.
Wer nun tatsächlich 'Die Barbaren' sind, die auch im Buchtitel stehen, bleibt nach dem Lesen dieses dicken Wälzers (über 700 Seiten) unklar. Die Qing-Dynastie, die rücksichtslos ihre Gegner massakriert? Die Rebellen, die grausam die Ungehorsamen und Ungläubigen niedermetzeln? Die Briten, die sich unbarmherzig ihr scheinbares Recht auf einen freien Handel erkämpfen? Oder die Missionare, die selbstherrlich ihren Glauben verbreiten und denen es egal ist, welche Folgen das nach sich zieht?
Untypisch sind die Führer der beiden großen Armeen und sich darin ähnlicher als sie ahnen, Zeng Guofan und Lord Elgin. Beide traten ihre Aufgaben mehr aus Pflichtgefühl als aus Überzeugung an und hadern den Großteil der Zeit mit dem, was ihnen aufgetragen wurde: Krieg zu führen. Man kann sie durchaus als Brüder im Geiste bezeichnen und hätten sie sich jemals getroffen und verständigen können, wären sie vermutlich sogar Freunde geworden. Auch der Dritte im Bunde, Philipp Johann Neukamp, der sich zumindest zu Beginn voller Idealismus und Begeisterung der Sache der Rebellen verschrieben hat, beginnt zu zweifeln. Wenn Etwas am Ende dieses Buches deutlich wird, dann: Nichts rechtfertigt einen Krieg, keine noch so gute Sache.
Man sollte sich schon etwas Zeit nehmen für diesen Wälzer, auch wenn die Sprache meist gut verständlich ist (nur gegen Ende hin, wenn die Protagonisten zu ihrem Lebensende hin zu philosphieren beginnen, wird es etwas schwieriger). Manche bemängeln, das Werk sei zu klischeebehaftet - doch man sollte nie vergessen, dass Klischees sich aus der Realität herausbilden. Stephan Thome beschreibt das Leben einer vergangene Epoche eines Landes, die einzelnen Figuren hingegen sind aber alles andere als klischeehaft.
Es ist eine Geschichte über eine Zeit in einem Land, von der mit Sicherheit nur die Allerwenigsten jemals etwas gehört haben. Ein Buch, mit dem man seinen Horizont erweitern kann und in dem einem eindrucksvoll dargestellt wird, wie überflüssig Kriege sind!
Fliehkräfte
Bewertung von Freund spannender Bücher am 04.08.2018
Das Buch ist unspektakulär, ich habe es aber ausgesprochen gerne gelesen. Wahrscheinlich weil ich Road-Bücher mag und dieses im Prinzip eines ist. Ein Professor jenseits der 50 macht sich völlig spontan von Bonn aus über Paris, Südfrankreich und Santiago auf den Weg nach Portugal. Auslöser seines Trips ist eine eheliche Krise. Er besucht eine verflossene Liebe, seinen besten Freund, den er sträflich aus den Augen verlor und seine Tochter. Ein herrliches, tiefsinniges, blendend erzähltes Buch mit interessanten Zitaten.
Grenzgang
Einfühlsam geschilderter Debütroman von Stephan Thome hervorragend vorgelesen von Dietmar Mues und Nina Hoger - man kann sich die 2 Hauptpersonen richtig bildlich vorstellen.
Gott der Barbaren
Bewertung von Wedma am 11.09.2018
„Gott der Barbaren“ von Stephan Thome habe ich sehr gern gelesen. Wenn es nach mir ginge, wäre dieser Roman der Gewinner des dt Buchpreises 2018.
Das Lesen machte richtig Spaß. Schön süffig, charismatisch, sehr gekonnt, mit viel Kenntnis der Materie das Ganze erzählt. Ich genoss jede Seite. Das Buch mochte ich gar nicht aus der Hand legen.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.
Es ist ein opulenter historischer Roman vom Feinsten, mit Niveau und Tiefgang, der seinen Lesern paar erfüllte Lesestunden bereitet.
Das Kopfkino startete sofort auf der ersten Seite. Die Figuren, es gibt jede Menge schräge und schrullige dabei, denn man besucht auch entsprechende Schauplätze, wurden wunderbar authentisch gezeichnet. Die Figuren agierten wie lebendige Menschen mit ihren Ecken und Kanten, ihrem Größenwahnsinn, Zweifeln, religiösem und anderem Fanatismus usw. vor meinem inneren Auge.
Es gibt im Wesentlichen zwei Erzählstränge:
Die Auseinandersetzungen der Engländer und Chinesen in China des 19 Jh. Authentisch, spannend und aufschlussreich dargestellt. Weltmachtgehabe der Engländer, die in China einen Krieg vom Stapel brechen, da sie der Meinung sind, dass sie die „chinesischen Barbaren“, wie sie die lokale Bevölkerung nennen, u.a. zivilisieren müssen, ist sehr plastisch, bildhaft, zum Greifen nah dargestellt worden. Auch die chinesische Seite steht in der Hinsicht, auf ihre eigene Art, im Nichts nach. Auch für die Chinesen sind die europäischen Endringlinge Barbaren, denn sie kamen in ihr Land und waren dabei, ihre Art von Ordnung aufzuzwingen.
Im Wechsel wurde das Schicksal eines jungen Mannes namens Philipp Johann Neukamp, des Sohnes eines Zimmermeisters aus dem Märkischen, erzählt. Er ging als Mitarbeiter der Basler Missionsgesellschaft nach China. Dort freundete er sich mit einigen vor Ort lebenden Engländern und Chinesen an, und wollte eines Tages, da es mit dem Missionieren nicht so rund lief, seinen chinesischen Bekannten, der nach eigenen Angaben nun einen hohen Posten bekleidete, in Nanking besuchen. Das bedeutete, dass er ein gutes Stück vom Süden nach Norden zurücklegen musste. Der Vorhaben wurde zu einem atemberaubenden und beinah das Leben raubenden Abenteuer, der seinesgleichen suchte.
Es hat echt viel Spaß gemacht, dieses Feinhumorige und Tiefgründige des Romans! Man versinkt in diesen Geschehnissen, folgt den Überlegungen des englischen Lords Elgin, der es mit den Chinesen aufgenommen hat und das Ganze von seiner Warte aus betrachtet. Er denkt über vieles nach: über die chinesische Sprache, über ihre Art zu denken, zu leben, über ihren Charakter usw. Man lauscht auch gern den Antworten seines chinesischen Sekretärs, der schon länger in China lebt und sich dort viel besser auskennt. Man hört aber auch gern von Philipp und folgt ihm auf seinen spannenden Abenteuern.
Nach und nach entsteht ein üppiges, farbenprächtiges Gemälde der damaligen Zeit mit all den hist. Ereignissen, Besonderheiten und Tücken, ob es um die gebunden Füße der chinesischen Frauen, sowie ihrer Stellung in der Gesellschaft insg., geht oder auch um die Rebellen und ihr Streben nach Macht usw. Bei all dem ist man auf den Seiten dieses Romans hautnah dabei und erlebt das Ganze unmittelbar mit. Es gibt da auch paar gruselige Ereignisse, Opium wird reichlich konsumiert, Köpfe abgehackt, dies ist aber nie ein Selbstzweck, wird eher nüchtern und kurz erwähnt.
Bin gern abends zum Roman zurückgekehrt, sich schon tagsüber darauf gefreut, da weiter lesen zu können.
Wer oder was nun Gott der Barbaren ist, soll jeder selbst für sich entscheiden. Genug Stoff zum Nachdenken bekommt man auf jeden Fall. Spätestens in der Mitte des Buches kommt man drauf. Paar gute Tipps sind hier und dort im Text verstreut.
Man kann noch viel über diesen großartigen Roman erzählen, besser, man liest den selbst.
Gekürzt.
Gott der Barbaren
China, Mission, Opiumkrieg und Taiping-Rebellion
711 Seiten, mein erster dicker Schinken 2019 und es lohnt sich.
Philipp Johann Neumann heißt der fiktive Ich-Erzähler, der als historisches Vorbild den deutschen Missionar Karl Gützlaff hat. Dieser wird im Buch auch genannt, aber er stirbt bereits 1851, als der zweite Opiumkrieg und der Höhepunkt der Taiping-Rebellion noch in weiter Ferne lag.
Der Autor sorgt dafür, dass unser Protagonist die Eigenschaften Gützlaffs übernimmt und nach Nanking reist, der Hauptstadt des Himmlischen Reiches, wie sich das Gebiet der Taiping-Rebellion nennt.
Unterwegs wird er mit seinem Kompagnon Alonzo Potter überfallen, den es auch gab, aber nicht in China, und verliert seine linke Hand.
Das geschieht auf dem Gebiet der Hainan-Armee, die im Bürgerkrieg auf Seiten des Kaisers kämpft. Ihr General Zeng Guofan traut sich nicht die beiden Ausländer zu töten, sondern pflegt den Verletzten dank des Mädchens Huang Shuhua, dessen Schicksal wir im weiteren Verlauf in ihrem Tagebuch miterleben.
An dieser Stelle sollten man vielleicht sagen, dass das Buch aus 25 Hauptkapitel besteht, die von Philipp Johann Neumann, Lord Elgin, dem britischen Sonderbotschafter im Zweiten Opiumkrieg, und General Zeng Guofan handeln. Das Tagebuchs des Mädchens kommt nur in Zwischenkapiteln vor, die sonst auch Briefe, Zeitungsberichte oder Parlamentsdebatten enthalten. Anders als bei Laetitia Colombani „Der Zopf“ finde ich hier die Einschübe sinnvoll.
Der Roman bringt uns die chinesische Geschichte nahe, denn unser Ich-Erzähler erreicht Shanghai, wo die Europäer Handel treiben wollen. Wer hätte gewusst, dass die Chinesen im Ersten Opiumkrieg erst eine Vereinbarung unterschrieben, sie dann aber nicht erfüllten, so dass Lord Elgin zwei Jahre später zurückkommen musste. Aber auch die Briten sind keine Unschuldslämmer.
Einerseits gefällt mir auch die Verbindung von Opiumkrieg mit Taiping-Rebellion, andererseits wird dadurch das Buch so lang, wie es ist. Außer dem Tod von Lord Elgin in Indien fällt mir aber wenig ein, was wirklich unwichtig ist.
Im Gegenteil nach Shanghai kommt unser „Missionar“ nach Nanking und die Herrschaft einer christlichen Sekte dort ist wirklich das absurdeste, was ich seit langem gelesen habe (und es ist historisch gesichert…). Witzig ist schon der Brief über die Fragen zum Christentum auf S.162ff und die wohl ernst gemeinte Antwort auf S.192.
Mir ist bewusst, dass die Inhaltsangabe nicht vollständig ist, etwa fehlt die Beschreibung der Kampfhandlungen in Peking und auch das Ende wird nicht verraten.
Für mich hätte es etwas spannender sein können, aber da ich viel, sehr viel gelernt habe, vergebe ich 5 Sterne.
Zitat:
Gewissheit bekommt man nicht geschenkt, man muss sie sich verdienen. (Robert Blum S.142)
Grenzgang
Bewertung von Freund spannender Bücher am 07.08.2019
Mein drittes Buch von Herrn Thome, ein klares Zeichen, dass ich den Autor schätze. Die Handlung springt zwischen verschiedenen Zeitpunkten, die alle am jährlich stattfindenden "Grenzgang" liegen, einem lokalen Voksfest. Ein Mann und eine Frau begegnen sich, interessieren sich füreinander und kommen doch nie zusammen. Jetzt, in den besten Jahren, mussten beide sich von Lebensentwürfen verabschieden. Hätte eine Beziehung der beiden jetzt etwas tröstliches? Oder würde sie das endgültige Eingestehen des eigenen Scheiterns bedeuten?
Fliehkräfte
Wenn die Kinder aus dem Haus sind
Schon der Titel des Romans von Stephan Thome deutet an, worum es geht. Fliehkräfte sind jene Kräfte, die beim Abweichen vom geraden Weg entstehen und eben diese Abweichung zu verhindern suchen. Protagonist der in der Gegenwart angesiedelten und im Präsens erzählten Geschichte ist ein honoriger Philosophieprofessor, dessen wohlgefälliges, bürgerliches Leben im beschaulichen Bonn aus den Fugen geraten ist. Den Rahmen der Handlung skizziert Thome sehr gekonnt durch die Pointe eines eingefügten Witzes. «Menschliches Leben beginnt, wenn die Kinder aus dem Haus sind» erklärt lebensklug ein Rabbiner seinen verdutzten katholischen und evangelischen Berufsgenossen, die natürlich Zeugung respektive Geburt als Beginn ansehen.
Prof. Hainbachs Tochter studiert in Portugal, der Heimat ihrer Mutter, seine Frau arbeitet als Assistentin eines chaotischen Theatermenschen in Berlin, man führt seit zwei Jahren eine Wochenendehe. Auch beruflich ist er frustriert durch die Reformwut an den Universitäten, die selbst vor seiner Fakultät nicht haltmacht. Als er überraschend ein Angebot eines befreundeten Verlegers aus Berlin bekommt, steht er plötzlich vor einer folgenschweren Entscheidung. Er ist unschlüssig und flüchtet sich spontan in eine Reise, die sich als Selbstfindungstrip über viele Stationen erstreckt und als ganz persönlicher Jakobsweg bei seiner Tochter in Portugal endet.
Die durchgängig aus der Perspektive des Protagonisten erzählte Geschichte zeigt uns in vielen gekonnt eingebauten Rückblenden und Episoden recht anschaulich und stimmig seinen Lebensweg auf. Thomes Sprache ist klar und unaufgeregt, leicht lesbar und niemals langatmig. Sein Plot ist mit lebensnahen Dialogen und vielen atmosphärischen Details üppig angereichert und trifft letztendlich punktgenau die Befindlichkeiten unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft, beschreibt zutreffend ein gegenwärtiges Zeitgefühl. Wir haben alles und sind doch nicht zufrieden, Melancholie also allenthalben. Die Personen sind treffend geschildert, bleiben aber seltsam distanziert, pralles Leben ist anders. Nur die Schwester des frustrierten Helden, die «kleine dumme Ruth», wird froh und lebensklug dargestellt, der proletarische, mit dem Leben besser zurechtkommende Gegenentwurf zu all den anderen eher schwermütig bourgeoisen Charakteren des Romans.
Der Vergleich zu manchen hoch gelobten amerikanischen Autoren drängt sich bei diesem Buch geradezu auf. Thome steht da durchaus in gleicher Erzähltradition mit seiner üppig angelegten Prosa, deren Lektüre nicht minder angenehm ist, wenn man diesen Stil denn mag. Ein entscheidender Vorteil ist sogar, für mich jedenfalls, das nichtamerikanische Milieu, in dem sich diese Geschichte abspielt. Dass allerdings auch hier sehr viele Klischees bemüht werden, die Anspielungen unübersehbar dick aufgetragen werden, mag manchen Leser stören, liegt aber doch voll im Trend der schon erwähnten, gattungstypischen Literatur. Über Gehalt und Motive, über die Botschaft dieser Geschichte kann man trefflich streiten, und man tut es ja auch, bei den Rezensionsprofis genauso wie bei den Kritikerlaien. Ohne Zweifel wird man gut unterhalten, bekommt manchen interessanten Einblick und erhält ganz unvermutet Schützenhilfe bei der eigenen Standortbestimmung, falls man denn bereit ist, über den Stoff hinaus auch noch ein wenig weiter zu denken.
Gegenspiel
Bewertung von Freund spannender Bücher am 17.09.2018
Zuerst las ich Fliehkräfte, das mir ausgezeichnet gefiel. In Gegenspiel wird die gleiche Geschichte aus der Perspektive der Frau erzählt. Gleich vorweg: Auf dem Umschlag wird das Buch als "...voller psychologischer Klugheit" bezeichnet. Dem möchte ich widersprechen, da ich leider genau diese schmerzlich vermisse. Mir wird nie klar, was Maria antreibt, im Gegenteil finde ich die Person ziemlich unstimmig und unglaubwürdig. Eigentlich ging es dem Autor um Hartmut, den er in Fliehkräfte auch stimmig und glaubwürdig entwickelte. Maria, die Protagonistin in "Gegenspiel", war nur eine Projektionsfläche Hartmuts und aus ihr eine eigene Figur zu entwickeln gelang nicht.
Trotzdem schreibt Herr Thome wunderbar, so dass ich auch diesen Roman weitgehend genoss. Etwas weniger intellektuelle Selbstgefälligkeit und dafür mehr Psychologie hätte dem Buch allerdings gut getan.
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