Autor im Porträt
Günter Grass
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Figurenstehen
Buch mit Leinen-Einband
Als er gefragt wurde, mit welcher Frau in der Geschichte der Kunst er gerne zu Abend essen würde, nannte Umberto Eco Uta von Naumburg. So geht es auch dem Erzähler dieser Geschichte. Ende der 1980er Jahre auf Lesereise in der DDR, findet er sie, die schönste Frau des Mittelalters, mit elf weiteren Stifterfiguren im Naumburger Dom. Und weil auf dem Papier alles möglich ist, bittet er alle, nach deren Abbild der Künstler im 13. Jahrhundert die lebensechten Skulpturen geschaffen hat, in seinem Garten zu Tisch. Die Tochter des Goldschmieds, die für Uta Modell stand, hat es ihm besonders angetan. In einem gewagten Zeitsprung steht sie in der Gegenwart für ihren Lebensunterhalt auf Plätzen in Köln, Mailand oder Frankfurt »Figuren«. So sehr verfällt ihr der Erzähler, dass er überall nach ihr Ausschau hält und sich schließlich sogar für einen verhängnisvollen Botengang einspannen lässt.Die Erzählung, zunächst als Kapitel für Beim Häuten der Zwiebel konzipiert, wurde erst kürzlich von Grass' langjähriger Mitarbeiterin Hilke Ohsoling im Archiv entdeckt - allerdings nicht einfach in einer verstaubten Schublade. Hinweise auf Figurenstehen hatte sie schon vorher gefunden: in einzelnen Manuskriptseiten im Archiv, in Arbeitsplänen, in einer Skulpturengruppe im Atelier, in Lithographien. Eine bislang ungekannte, feinsinnige Erzählung des Literaturnobelpreisträgers, die nicht in der Neuen Göttinger Werkausgabe enthalten ist.…mehr
18,00 €
Die Artur-Knoff-Geschichten
Gebundenes Buch
In der Schriftenreihe des Literarischen Colloquiums Berlin, LCB-Editionen, erschien 1968 ein schmaler Band der ersten Veröffentlichungen eines jungen Autors mit Namen Artur Knoff. Der Band blieb seinerzeit ein Ladenhüter und der Schriftsteller Knoff fand wenig Beachtung, obwohl diese besonderen Erzählungen bereits vor surrealer Fabulierlust sprühten. Dem Klappentext war zu entnehmen: »Die Geschichten von Artur Knoff, 1937 in Hirschberg, Schlesien geboren, sind seine ersten Veröffentlichungen.« - Und auch ein Autorenbild war als Titel zu sehen. Doch das Foto zeigte nicht Artur Knoff, sondern Günter Grass' erste Ehefrau Anna - als Mann verkleidet, mit Brille, Mütze, angeklebtem Schnurrbart und natürlich Pfeife. Öffentlichkeit und Kritik bemerkten nichts von diesem literarischen Versteckspiel, bis »Artur Knoff« als Pseudonym von Günter Grass 1980 erstmals enthüllt wurde.Es sind besondere Texte, wunderbar komisch und nachdenklich beweisen sie, dass der Romancier und bildende KünstlerGrass zweifellos auch ein Meister der kleinen Form ist.…mehr
12,80 €
© Gerhard Steidl
Günter Grass
Günter Grass (* Danzig 1927) wuchs als einziger Sohn in relativ ärmlichen Verhältnissen in Polen auf. Um der familiären Enge entgehen zu können, meldete er sich, nach eigenen Aussagen, trotz kritischer Betrachtungsweise 1941 für die Hitlerjugend und wurde in die Waffen-SS eingezogen. Nach Kriegsende begann er, literarisch zu arbeiten. Er wurde Mitglied der mittlerweile berühmten Schriftsteller-Gruppe 47 und sein Erstlingsroman "Die Blechtrommel" aus dem Jahr 1959 verschaffte ihm auf Anhieb internationalen Erfolg. Günter Grass wurde 1999 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein letzter biografischer Roman, "Beim Häuten der Zwiebel" 2006, in dem erstmals Grass' Mitgliedschaft in der Waffen-SS bekannt wurde, sorgte für viel Aufmerksamkeit. Günter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.Das meint die buecher.de-Redaktion: Günter Grass gehört zu den bedeutendsten Autoren der Nachkriegsliteratur. Nicht nur als Autor, sondern auch als engagierter politischer Denker wurde Grass zu einer wichtigen Instanz.
Medien
Kundenbewertungen
Figurenstehen
Bewertung von katikatharinenhof am 11.12.2022
Ein kleiner Stern am Bücherhimmel
"Figurenstehen" ist die faszinierende Geschichte zwischen einem Autor und einer Frau, die sich als lebensechte Figurensteherin ein Zubrot verdient. Auch wenn die Frau stumm bleibt, sind es ihr stilles Wesen, ihr immer gleichbleibender Ausdruck, die eine unglaubliche Faszination auf den Betrachtenden ausüben. Es entspinnt sich eine mehr als einseitige Verbundenheit, die von Seiten des Autors fast schon romantische Züge annimmt.
In der für Grass typischen Erzählweise werden auf gerade einmal 68 Seiten Gefühle offenbart, Gedanken freigelegt und Vermutungen geäußert, die sehr tiefgreifend und bewegend sind. Es ist dieser ewig suchende Blick, das fortwährende Ausschauhalten und die Hoffnung auf ein Wiedersehen, die den Autor antreiben und seine Figurensteherin an verschiedenen, für ihn wichtigen, Orten erscheinen lassen.
Die überraschende Wendung lässt zunächst ein warmes, wohliges Gefühl durch die Seiten strömen und versetzt die Leser;innen in den Glauben, dass nun alles gut sei. Aber Grass zieht hier noch einmal alle Register seiner Schreibkunst und weiß zu beeindrucken.
Ergänzt wird diese nachdenklich stimmende und sehr feinsinnig erzählte Geschichte mit Zeichnungen des Autors, die die Intensität des Geschriebenen und die Eloquenz von Grass im Bild belegen. Ein Glück, dass dieses literarische Fundstück den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat.