Autor: bücher.de
Datum: 01.11.2019
Tags: Empfehlung, Krimi des Monats

Der Fuchs

Ein junger Hacker manipuliert die Waffensysteme der Supermächte, er bringt die Welt aus dem Gleichgewicht - er darf nicht in falsche Hände geraten
Die meisten Waffen tun, was man ihnen befiehlt. Die meisten Waffen hat man unter Kontrolle. Aber was ist, wenn die gefährlichste Waffe der Welt keine intelligente Rakete oder ein Tarnkappen-U-Boot oder gar ein Computerprogramm ist? Was ist, wenn …
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Krimi des Monats

Frederick Forsyth: Der Fuchs

Adrian Weston, der Held des mit Spannung erwarteten neuen Thrillers von Altmeister Frederick Forsyth, ist ein Mann mit Geschichte. Als er noch auf der festen Gehaltsliste des britischen Geheimdienstes MI6 stand, bestimmte der Kalte Krieg das Verhältnis zwischen den Staaten. Und niemand zweifelte an der Stabilität der Berliner Mauer. Ein Jahrzehnt und eine friedliche Revolution später folgte der britische Premierminister Tony Blair den USA in den Krieg gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein, obwohl ihn sein eigener Geheimdienst gewarnt hatte, dass die für diesen Feldzug angegebenen Gründe höchstwahrscheinlich gefälscht waren. Als die Sache aufflog und Blair den MI6 zum Sündenbock machte, quittierte der mittlerweile zum Sir geadelte Topagent seinen Dienst. Nun ist es ein "Fuchs", für den Adrian Weston von seinem ehemaligen Arbeitgeber reaktiviert wird. Gejagt wird ein Hacker, der so schwer zu fassen ist, dass ihn der MI6 nach dem rotfelligen Wildtier benannt hat, dessen spitze Schnauze längst auch zum üblichen Straßenbild der Großstädte gehört. Diesem Fuchs ist das eigentlich Unmögliche gelungen: Er ist in das IT-System der US-amerikanischen Nation Security, den zentralen Sitz des weltweit operierenden elektronischen Nachrichtendienstes, eingedrungen. Die Sicherheit der westlichen Welt steht auf dem Spiel.

Daran, dass die vernetzte, globalisierte Welt von einem einzelnen 17-jährigen Computer-Nerd aus den Angeln gehoben werden kann, dürfte sich auch die Leserschaft von Frederick Forsyth mittlerweile gewöhnt haben. Und doch schafft es der Autor klassischer Agententhriller ("Der Schakal", "Die Akte Odessa"), die Auswirkungen der digitalen Revolution auf die Welt der Geheimdienste hier noch einmal ganz besonders anschaulich und nachvollziehbar zu schildern. Der Beginn der "Fuchsjagd" entbehrt auch nicht einer gewissen Komik, wenn eine hochgerüstete Spezialeinheit eines Morgens in einem friedlichen Vorort der Provinzstadt Luton ein unscheinbares Einfamilienhaus stürmt und kaum mehr dingfest macht als einen handelsüblichen Home-Computer. Dass der in der Hand eines genialen Tüftlers zur hocheffektiven Waffe werden und zudem Informationen speichern kann, deren Menge zu Zeiten des Kalten Krieges nicht einmal ausreichend Platz in einer Kolonne vollbeladener Lkws gehabt hätte, wäre für Adrian Weston noch vor zwei Jahrzehnten undenkbar gewesen.

Und genauso geht es wohl auch dem mittlerweile 81-jährigen Forsyth, der damals selbst nicht nur als Journalist, sondern tatsächlich auch als Agent für den MI6 tätig gewesen sein soll. Nun setzt er also seinen fiktiven Agenten Adrian Weston mitsamt einem vom Asperger-Syndrom betroffenen 18-jährigen Hacker auf einen Fall an, der auf wahren Begebenheiten basiert. Es geht nicht nur ins Internet, sondern durch sehr reale Orte in Russland, Nordkorea und im Iran, wo die kenntnisreich geschilderte Welt der analogen Spionagearbeit zunehmend mit den Praktiken von Cyberkriegern verschmilzt. Fast zwangsläufig erscheint es, wenn Forsyth hier auch Klarnamen politisch Verantwortlicher nutzt. So taucht nicht nur Tony Blair in "Der Fuchs" auf, sondern auch David Cameron. Dessen unschwer als Theresa May auszumachende Nachfolgerin wird hingegen Premierministerin Mrs. Marjorie Graham genannt, und wer sich hinter einem gewissen, lediglich mit seinem Amt betitelten US-Präsidenten verbirgt, erklärt sich in der Handlung ebenfalls rasch von selbst. So gelingt Frederick Forsyth einmal mehr ein fesselnder Blick hinter die Kulissen der Sicherheitsdienste, dessen weltpolitische Brisanz selbst in seinem eigenen Werk seinesgleichen sucht.

Autorenporträt

Autorenporträt Frederick Forsyth

Das Leben von Frederick Forsyth wirkt selbst wie ein Thriller, beinahe zu spannend, um wirklich wahr zu sein: Mit nur 19 Jahren wurde er der jüngste Jetpilot bei der Royal Air Force. Als Journalist berichtete er aus Bürgerkriegsgebieten in Afrika, ebenso von beiden Seiten des Eisernen Vorhangs, unter anderem aus der DDR und der BRD. 20 Jahre lang soll der Mann, der fünf Sprachen beherrscht, zudem für den britischen Geheimdienst MI6 tätig gewesen sein. Seit den frühen 1970er-Jahren feierte er große Erfolge als Thrillerautor. Etliche seiner Bücher wurden verfilmt, darunter "Der Schakal" mit Bruce Willis und Richard Gere. Forsyths mittlerweile mehr als zwanzig Romanen und Erzählbänden ist in ihrer Detailfreude und atmosphärischen Dichte anzumerken, dass da jemand genau weiß, wovon er schreibt.

Geboren wurde der Sohn eines Kürschners 1938 in der Stadt Ashford in der britischen Grafschaft Kent. Nach dem Zweiten Weltkrieg verbrachte er einige Jahre als Schüler auch in Deutschland und studierte später in Spanien, an der Universität Granada. An seine Jahre beim Militär schloss sich eine Tätigkeit als Korrespondent der BBC an. Er berichtete aus dem nigerianischen Bürgerkrieg, als sich das Interesse seiner Arbeitgeber nahezu ausschließlich auf den Vietnamkrieg verlagerte. Forsyth kündigte und blieb als freier Journalist weitere zwei Jahre in Nigeria. Über diese Zeit berichtete er in seinem ersten Buch "Biafra Story. Bericht über eine afrikanische Tragödie". 1971 erschien dann sein erster Roman "Der Schakal", der mitsamt den bald darauffolgenden Bänden "Die Akte Odessa" und "Die Hunde des Krieges" seinen Ruf als Meister des politischen Thrillers begründete.

Es sollte bis zum Jahr 2015 dauern, bis Forsyth öffentlich bekannt gab, damals in Nigeria vom britischen Geheimdienst MI6 angeworben worden zu sein. Seine Agententätigkeit verschlug ihn in den folgenden Jahren in die Republik Rhodesien, nach Südafrika und - auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges - auch nach Ost-Berlin, in die DDR. Es klang nach einem standesgemäßen Finale einer einzigartigen Karriere, als Forsyth 2015 mit "Outsider" tatsächlich den autobiografischen Roman seines Lebens vorlegte und bald darauf seinen Ruhestand als Thrillerautor verkündete. Seine Frau habe ihm verboten, auf Recherchereisen für weitere Romane zu gehen. Das sei in seinem Alter einfach zu gefährlich. "Der Fuchs" könnte nun ein Indiz dafür sein, dass Frederick Forsyth mit der Cyber-Kriminalität ein Thema gefunden hat, das er relativ ungefährdet von zuhause aus recherchieren und mit seiner langjährigen Erfahrung verknüpfen kann. Sein Spätwerk hat also vielleicht gerade erst begonnen.

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