Kinderbuch des Monats Januar 2020
„Tilda Apfelkern. Das Zauberpicknick im verwunschenen Garten“ von Andreas H. Schmachtl - Von der bücher.de-Redaktion gelesen und auf Herz und Nieren getestet
Kinderbuch des Monats
Andreas H. Schmachtl: Tilda Apfelkern – Das Zauberpicknick im verwunschenen GartenDie erste Zeitreise von Tilda Apfelkern! Eines Morgens trifft die Kirchenmaus Tilda ihren Nachbarn, den Igel Rupert, der von seiner Forschung zur Geschichte des kleinen Dorfes berichtet. Ihr Vorfahr Anselmus Apfelkern soll im Mittelalter ein rüpelhafter Ritter gewesen sein. Das will Tilda nicht glauben. Also sucht sie zusammen mit ihrer Freundin Molly und dem kleinen Schnecki nach der wahren Geschichte. Als sie in die Burgruine gelangen, wird aus ihrem Picknick ein echtes Abenteuer.
Was?
Die unerschrockene Tilda glaubt an das Gute in jedem Tier und verliert nie die Zuversicht. Das macht nicht nur ihre tollen Freundschaften am Heckenrosenweg aus. Bei ihrem Ausflug ins Mittelalter kann sie damit sogar ein Liebespaar vereinen und ihre Familienchronik retten. Die Geschichte erzählt auch davon, wie ein cleveres Köpfchen selbst die stärksten Ritter besiegt.
Wie?
Das Bilderbuch teilt sich in zwölf kurze Kapitel, die jeweils ein ganzseitiges Bild voller Details sowie eine Textseite mit zusätzlichen Farbillustrationen umfassen. Schon der Einband mit edlem Stoffrücken und einer Spotlackierung zeigt den Ideenreichtum und die liebevolle Gestaltung.
Für wen?
Das Vorlesebuch wird für Kinder ab drei Jahren empfohlen. Fans von Tiergeschichten, Märchen und Rittererzählungen kommen hier gleichermaßen auf ihre Kosten.
Von wem?
Der Kinderbuchautor Andreas H. Schmachtl, Jahrgang 1971, illustriert seine Bücher selbst. Im Arena Verlag sind seit 2007 schon viele Geschichten rund um Tilda Apfelkern, Snöfrid aus dem Wiesental, Hieronymus Frosch und andere Tierwesen erschienen. Im Interview mit bücher.de gibt Schmachtl, der Kunst, Germanistik und Anglistik studiert hat, Einblicke in seine Arbeitsweise, sein Interesse am Mittelalter und seine grenzenlose Tierliebe.
Und weiter?
Tilda Apfelkerns Geschichten sind in vielen Formaten und Varianten erhältlich – vom Pappbilderbuch über das Erstlesebuch bis hin zum schmuckvollen Geschenkbuch. Mit Extras wie dem Familienplaner oder einem Tilda-Stempel lässt sich zudem der Alltag im Stil des Heckenrosenwegs verzaubern. Daran, dass es bald wieder mehr von Tilda geben wird, lässt Andreas Schmachtl im Interview keine Zweifel.
Autoreninterview
Eine Maus wie du und ichInterview mit Andreas H. Schmachtl zu „Tilda Apfelkern – Das Zauberpicknick im verwunschenen Garten“
Für alle, die Tilda Apfelkern bisher noch nicht kennen: Was zeichnet die kleine Kirchenmaus aus?
Andreas H. Schmachtl: Tilda Apfelkern ist fester Bestandteil ihres Freundeskreises. Von ihren Freunden hat jeder seine Ecken, Kanten, Schwierigkeiten und Stärken. Und darum stehen die Herrschaften sogar im idyllischen Heckenrosenweg mit schönster Regelmäßigkeit vor den großen und kleinen Herausforderungen des Alltags. Die meistern sie am besten gemeinsam. Und Tilda ist eben der Leim, der diesen Haufen zusammenhält. Sie packt zu, wenn es sein muss. Sie sieht die Welt grundsätzlich positiv, ist aber nie naiv. Alles in allem ist sie eine Maus „wie du und ich“. Und ich glaube, genau das mag man so an ihr.
„Das Zauberpicknick …“ führt Tilda und ihre Freundin Molly weit in die Geschichte zurück. Was brachte Sie auf die Idee für diese märchenhafte Zeitreise?
Andreas H. Schmachtl: In den Geschichten rund um den Heckenrosenweg ereignen sich neben alltäglichen auch immer mal wieder zauber- und märchenhafte Dinge. So spukten schon Geister durch das Dorf, Tilda geriet mit Feen und Elfen in einen Sommernachtstraum und entschwand an der Hand sirenenhafter Wesen auf den Meeresgrund. Da war eine waschechte Zeitreise längst überfällig.
Das Mittelalter stellt man sich oft dunkel und schaurig vor. Das ist in Ihrem Kinderbuch anders. Was mögen Sie am Mittelalter?
Andreas H. Schmachtl: Ja, es mag damals rüde zugegangen sein. Trotzdem war das Hochmittelalter eine Epoche herausragender Erfindungen auf praktisch allen Gebieten der inzwischen selbstverständlichen Wissenschaften. Von Kunst und Kultur ganz zu schweigen. Immerhin hat das Mittelalter die Gotik hervorgebracht. Auch Rechtsprechung und moralische Vorstellungen waren jedenfalls zeitweise deutlich fortschrittlicher, als wir annehmen würden. All das fasziniert mich. Wenn ich zum Zahnarzt muss, bevorzuge ich allerdings ganz klar unsere Zeit.
Anselmus Apfelkern ist ein tierlieber Ritter. Würden auch Sie keinem Drachen etwas zuleide tun?
Andreas H. Schmachtl: Drachen und vor allem jedes deutliche realere Getier sind vor mir sicher. Ich habe schon als Kind lauthals angeprangert, wie Menschen mit Tieren umgehen. Schon weil die Unterscheidung zwischen Mensch und Tier oder Mensch und Natur rundheraus blödsinnig ist. Wir sitzen da alle im selben Boot. Inzwischen scheinen das deutlich mehr Menschen zu begreifen. Die artenreichere, in diesem Sinne noch etwas heilere Welt der Vergangenheit ist leider dennoch verloren.
Sie haben besonders ein Herz für kleine und niedliche Tiere. Gibt es Tiere, die einfach zu groß oder unförmig sind für Ihre Geschichte und Ihren Zeichenstil?
Andreas H. Schmachtl: Ich mag grundsätzlich alle Tiere. Und so ganz und gar nicht nur die niedlichen. Die Auswahl meiner Protagonisten liegt tatsächlich vor allem daran, dass sie für meine Erzählweise besonders gut geeignet sind. Ich hätte aber kein Problem mit Geschichten über Wale und Riesenkraken. Kompliziert wird es nur, wenn die wiederum mit Mäusen befreundet sind. Denn entweder passt der eine nie ganz ins Bild oder der andere ist verschwindend klein. Grundsätzlich stehe ich aber für alles von der Ameise bis zum Brontosaurus offen.
Ihre Bilder sind unglaublich detailliert und facettenreich. Wie lange sitzen Sie beispielsweise an einer ganzseitigen Bilderbuchillustration? Kommen Ihnen beim Zeichen dann immer mehr Ideen?
Andreas H. Schmachtl: Das Konzept meiner Illustrationen hängt von der Buchform ab. Natürlich überwiegt im Vorlesebuch der Text. Beim Bilderbuch denke ich das Bild schon mit, wenn ich den Text schreibe. Ich habe dann einen groben Aufbau im Sinn. Aber die Details zeichne ich spontan. Das Ganze kann bei einer Bilderbuchseite schon mal drei – echt anstrengende – Tage dauern.
Tilda Apfelkern hat schon viele Fans gefunden. Wie wird es mit ihr weitergehen? Und wird Schnecki eines Tages sprechen?
Andreas H. Schmachtl: Schnecki wird auch weiterhin der womöglich ruhigste Hausgenosse aller Zeiten bleiben. Er ist eben kein Freund vieler Worte. Und dass es mit Tilda und all den anderen weitergeht, steht wohl fest. Und wie? Tja, das erfahre ich meistens auch erst, wenn die kleinen Herrschaften mich mal wieder in den Heckenrosenweg einladen. Meistens zu Tee und reichlich Gebäck. Ich kann das nur empfehlen.
Interview: Literaturtest, 2019
Autorenporträt
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